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FC Barcelona | Hohe Schulden, wenig Probleme: Wie der Klub Lewandowski & co. finanziert

19. Juli 2022 | Spotlight | BY Florian Weber

Vor einem Jahr musste Lionel Messi gehen, weil kein Geld da war. In diesem Sommer wurden Raphinha und Robert Lewandowski verpflichtet. Über 100 Millionen Euro kosteten den FC Barcelona die beiden Neuzugänge. Wie ist das möglich und was sagt das über den Profi-Fußball?

Das Unmöglich wurde möglich, als Lionel Messi den FC Barcelona im Sommer 2021 verließ. „Ich hatte keine andere Wahl als zu gehen“, sagte Messi auf einer tränenreichen Pressekonferenz. Der FC Barcelona war klamm, laut einigen Berichten sogar nahe an der Insolvenz. Eine Vertragsverlängerung mit Messi konnte sich der Klub nicht leisten.

„Ich wollte meinen Vertrag unterschreiben und dann sofort wieder mit dem Training beginnen. Ich dachte, alles sei geregelt und es fehle nur noch meine Unterschrift [auf dem Vertrag]. Aber als ich in Barcelona ankam, wurde mir gesagt, dass das nicht mehr möglich sei, dass ich nicht bleiben könne und dass ich mir einen anderen Verein suchen müsse, weil Barcelona nicht die Mittel habe, meinen Vertrag zu verlängern. Das hat meine Pläne über den Haufen geworfen“, beschrieb Messi die Situation.

Der klamme FC Barcelona

Ein Klub, der eine der größten Vereinslegenden und den besten Spieler der Welt gehen lässt – die Lage muss ernst sein, dachte man sich. Der Klub selbst sprach von 1,35 Milliarden Euro Schulden. Fragen, die in jener Zeit umhergeisterten: Hat sich der FC Barcelona etwa verhoben? Ist die glorreiche Zeit des Klubs aus Katalonien vorbei?



Ein Jahr später weiß man: Nein. In den letzten Tagen wurden Transfers bekannt, die mindestens irritieren, wenn man die Begründung für Messis Abgang noch im Hinterkopf hat. Der Klub verstärkt sich mit Raphinha und Robert Lewandowski. Gemeinsamer Kostenpunkt: über 100 Millionen Euro. Hinzu kommen die Gehälter dieser beiden Neuzugänge – und die von Andreas Christensen und Franck Kessié, die ablösefrei kamen.

Die Frage, wie sich ein vor einem Jahr noch so klammer Klub diese Neuzugänge leisten kann, drängt sich auf. Die Antwort ist eine vielschichtige.

Karten umdrehen und weiter einkaufen

Monopolyspieler kennen die Methode, mit der der FC Barcelona einen großen Teil der Kosten dieser Transfers zu stemmen vermag. Wer auch immer der mit einem Hotel bebauten Schlossallee schon mal einen unfreiwilligen Besuch abgestattet hat, kann sich meist nur dadurch retten, dass er Hypotheken auf Straßen aufnimmt, die er selbst besitzt. Die Straßenkarten werden umgedreht. Dafür bekommt er Geld, von der Bank oder Mitspielern. Klingt gut. Abwenden lässt sich die Niederlage damit aber nur in Ausnahmefällen, den Einnahmen kann man mit den veräußerten Straßen nicht mehr erzielen. Meistens verzögert es den eigenen Bankrott nur.

Ähnliches hat der FC Barcelona getan. Das Schlossallee-Pendant sind Auflagen des spanischen Ligaverbandes LFP, nach denen der Klub für jeden Euro Gehaltsausgaben drei Euro bei den Gehältern einsparen musste, wenn der Klub nicht in Naher Zukunft nicht 600 Millionen einnimmt. Diese Auflage, die den Klub de facto lähmen würde, muss mit aller Macht vermieden werden. Wo also die 600 Millionen auftreiben?

Karten umdrehen, würde man bei Monopoly sagen, Rechte verkaufen, sagt man beim FC Barcelona. Und da so ein globaler Fußballklub allerlei begehrte Exklusivrechte besitzt, wurde auf einer Mitgliederversammlung im Juni über den Verkauf einiger abgestimmt. Die Mitglieder stimmten in überwältigender Zahl für den Verkauf von 49,9 Prozent der Fanartikel-Geschäfte. Davon erhofft sich der Klub Einnahmen in Höhe von 200 bis 300 Millionen Euro.

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FC Barcelona: Neue Schulden, um alte zu tilgen

Außerdem bestätigten die Mitglieder, 25 Prozent der TV-Rechte für längstens 25 Jahre zu verkaufen, um die zusätzlich benötigten Einnahmen zu generieren. Die Investmentfirma Sixth Street kaufte zehn Prozent der TV-Rechte bereits für über 200 Millionen Euro. Der Schlossallee-Bankrott des FC Barcelona konnte mit diesen Hypotheken also abgewendet werden.
Aber wie sind darüber hinaus solche Investitionen wie die auf dem Transfermarkt möglich?

Neben den 435 Millionen aus dem Spotify-Sponsoring-Deal, gewährte die Investmentbank Goldman Sachs zur Bewältigung der Schuldenkrise einen Kredit in Höhe von 595 Millionen Euro. Zusätzlich sind die Ablösesummen und Gehälter der Spieler so gestaffelt, dass ein Großteil der Ausgaben erst in Zukunft fällig werden. Die Dogmen lauten also: Neue Schulden, um alte zu tilgen. Die Zukunft maximal strapazieren, um den Karren in der Gegenwart am Laufen zu halten.

Noch detaillierter, noch genauer, arbeitete Swiss Ramble die finanzielle Situation des FC Barcelona in einem fantastischen Thread auf:

Es ist der Glaube daran, dass man in Zukunft besser wirtschaften wird, der dieses Modell trägt. Also wettbewerbsfähig bleiben, eine große Marke bleiben und die steigenden Einnahmen aus der Champions League und den Marketingtöpfen dafür nutzen, um die Schulden in Zukunft virtuos abzubauen. Eine Art zu wirtschaften, wie es nur einer elitären Zahl an Klubs in Europa möglich ist. Andere, kleinere Klubs wären längst zahlungsunfähig.

Die zugegeben nicht neue Metaerkenntnis daraus ist traurig. Die Situation um den FC Barcelona zeigt einmal mehr, und in einer groteskeren Art als jemals zuvor, wie ungerecht es im Profi-Fußball zugeht und wie weit er sich von einem fairen sportlichen Wettkampf wegbewegt hat. Reiche Klubs bleiben trotz schlechter Arbeit reich. Arme Klubs trotz guter Arbeit arm. Innerhalb des Systems herrscht Stillstand. Nur mit Impulsen von außen sind noch Verschiebungen im Machtgefüge möglich. Und wie solche Impulse in diesem Geschäft aussehen, zeigt das Beispiel Newcastle United.

 (Photo by Pau BARRENA / AFP) (Photo by PAU BARRENA/AFP via Getty Images)


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