La Liga | Atlético Madrid: Ein meisterlicher Sturzflug

8. Februar 2022 | Spotlight | BY Victor Catalina

Mit 2:4 unterlag Meister Atlético Madrid am Sonntagnachmittag im Camp Nou. Eine Niederlage, die mitnichten zufällig zustande kommt, sondern die logische Konsequenz immer wiederkehrender Fehler dieser Saison ist.

Atléticos Fehlerfestival führt zur klaren Niederlage

Es war eine Szene, die bezeichnend für die ganze Partie stand. 21 Minuten war das Spiel zwischen dem FC Barcelona und Atlético Madrid alt, als Adama Traoré im Dribbling Mario Hermoso aussteigen ließ. In der Mitte schraubte Gavi seine 1,72 Meter in die Höhe und drehte das Spiel für die Katalanen.

Allein letzter Halbsatz steht der eigentlichen Philosophie Atléticos diametral gegenüber. Noch vor einigen Jahren war es nahezu undenkbar, gegen Atlético nach Rückstand überhaupt nochmal ins Spiel zurückzufinden. Nun tat Barcelona genau jenes binnen weniger als einer Viertelstunde.

 



 

Kurz vor und nach der Pause stellten Ronald Araújo sowie Dani Alves auf 4:1 für Barcelona. Zwar holte Atlético durch den Treffer von Luis Suárez in Tateinheit mit dem 2:0 aus dem Hinspiel noch den direkten Vergleich. Doch das kann angesichts der abermals enttäuschenden Leistung nur ein schwacher Trost für den Meister sein. Vor allem das einstige Prunkstück der Mannschaft, die Defensive, bereitet Probleme.

Die vier Gegentore haben alle ein Muster: sie fielen durch grobe defensive Unachtsamkeiten. Vor dem Ausgleich dribbelte sich Adama Traoré fest, Dani Alves durfte jedoch nachsetzen und Torschütze Jordi Alba hatte im Rückraum niemand mehr auf der Rechnung. Selbiges gilt beim vierten Treffer für Alves selbst. In Minute 43 bekam Atléti einen Abpraller nicht unter Kontrolle, am zweiten Pfosten durfte Araújo freistehend volley versenken, wenngleich schon der erste Versuch von Ferran Torres misslang.

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30 in 22: Atlético steuert auf neuen Negativrekord zu

So stehen die Colchoneros bei mittlerweile 30 Gegentoren nach 22 Spielen. Für ihre eigenen Verhältnisse ein enormer Wert. Zum Vergleich: In der vergangenen Spielzeit, als Atlético den Titel holte, waren es zum selben Zeitpunkt gerade einmal deren 14 – und 25 am Saisonende. Atlético steuert darauf zu, defensiv den zweitschwächsten Wert der Ära Simeone hinzulegen, seit seiner Debütsaison 2011/12, mit 46 Gegentoren.

Von ihrem eigenen Maßstab, die beste Defensive der Liga zu stellen, ist Atlético meilenweit entfernt. Aus der oberen Tabellenhälfte sind sie die Mannschaft mit den meisten Gegentoren. Ligaweit haben nur Espanyol (30 Gegentore), Elche (31), Granada (34), Real Mallorca (34), Valencia (36), Cádiz (38), Alavés (38) sowie Tabellenschlusslicht Levante (46) gleich viele oder mehr Gegentore kassiert.

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Photo by JOSEP LAGO/AFP via Getty Images

Die Mannschaft wirkt nach dem großen Erfolg der Vorsaison satt und bisweilen behäbig. Es ist nicht so, als wäre das, was sich im Camp Nou ereignete, ein einmaliger Ausrutscher. Schon gegen Mallorca (1:2), in Granada (1:2) oder im Halbfinale der Supercopa gegen Athletic (1:2) unterlag Atlético nach eigener Führung. Zudem gaben sie in Valencia ein 3:1 in der Nachspielzeit noch her.

Zu den defensiven Problemen kommen allerdings auch offensive: Luis Suárez steht bei gerade einmal acht Treffern in 22 Spielen. João Félix hat noch immer Schwierigkeiten, nach seinem 126-Millionen-Wechsel seine Rolle im Team zu finden, zwei Tore stehen für ihn zu Buche. Auch die Tatsache, dass Diego Simeone in den letzten drei Pflichtspielen drei verschiedene Grundformationen ausprobierte, dürfte nur bedingt zur Stabilität seines Teams beigetragen haben.

Bei der Ankunft Xavis hatte Atlético, auf Platz 4 stehend, sechs Punkte Vorsprung auf Barcelona. Doch während die Katalanen seitdem in neun Spielen 18 Punkte holten, waren es beim amtierenden Meister „nur“ deren zehn. So ist man mittlerweile auf Rang 5 abgerutscht. Von hinten machen Europa-League-Sieger Villarreal, Real Sociedad und vor allem der formstarke Athletic Club bereits Druck.

Noch ist tabellarisch – trotz lediglich zwei Siegen aus den jüngsten fünf Ligapartien – nicht viel passiert. Der Rückstand auf Platz 4 beträgt gerade einmal zwei Punkte. Um jedoch den Weg wieder nach oben zu finden, wäre Atlético gut beraten, sich wieder auf die Tugenden der Vorsaison zu besinnen: Mit dem erfolgbringenden 3-1-4-2 aus einer aggressiven, kompakten Defensive heraus, Spiele zu gewinnen. Egal wie. Für die Schönheitspreise im Fußball sind ohnehin andere zuständig.

Photo by Eric Alonso/Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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