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A La Liga | Barça lässt Federn, Atleticos Erfolgsserie und ein Traditionsduell im Abstiegskampf

19. April 2023 | Spotlight | BY Michael Bojkov

Spotlight | Verkehrte Welt in La Liga? Während der FC Barcelona zwei Spiele in Folge ohne Tor geblieben ist, feiert Atletico eine seltene Siegesserie. Derweil kam es im Tabellenkeller zum direkten Duell zwischen Valencia und dem FC Sevilla.

In „A La Liga“ thematisiert 90PLUS-Redakteur Michael Bojkov die Brennpunkte des spanischen Fußballs. Das Format erscheint im zweiwöchigen Rhythmus.

FC Barcelona: Vorne trotz Lewandowski harmlos

Einmal Doppelpfosten durch Raphinha und Alejandro Balde, einmal Robert Lewandowski, der am gegnerischen Torhüter scheiterte – mehr brachte der FC Barcelona im Gastspiel beim FC Getafe nicht auf die Palette. Während der abstiegsbedrohte Gegner die Räume eng machte und aufopferungsvoll verteidigte, fehlten den Katalanen die Ideen. Auch im letzten Heimspiel gegen Girona präsentierten sich die Blaugrana insgesamt schlicht und ergreifend zu harmlos in der gegnerischen Hälfte. Beide Spiele endeten mit einem aus Barça-Sicht enttäuschenden 0:0.

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Die gute Nachricht: Man weiß, woran es liegt. Mit Pedri und Ousmane Dembele muss der Tabellenführer auf zwei seiner wichtigsten Spieler verzichten, und das seit Wochen. Beide sind mit ihren Qualitäten von elementarer Bedeutung für das Spiel der Katalanen. Während Pedri für Kreativität aus dem Mittelfeldzentrum sorgt, bringt Dembele mit seinen Stärken im Eins-gegen-Eins Unordnung in die gegnerischen Defensiven. Aktuell fehlt beides und das macht sich auf dem Platz bemerkbar.

Es ist das Punktepolster, das Fans und Vereinsumfeld beruhigt. In La Liga thront Barça mit elf Zählern Vorsprung auf Real Madrid an der Tabellenspitze, in anderen Wettbewerben ist man nicht mehr vertreten. Wäre die nationale Meisterschaft nicht nur Formsache und hätte man ein Champions-League-Viertelfinale vor der Brust, sähe die Gemengelage deutlich anders aus.

Dass drei Spiele in Folge ohne eigenes Tor – zuvor verlor Barça den Clasico in der Copa del Rey 0:4 – unabhängig von der gesamtsportlichen Lage weit unter den Ansprüchen liegt, weiß man in Barcelona dennoch. Am kommenden Sonntag hat man gegen Atletico die Chance zu beweisen, dass man es auch ohne Pedri und Dembele kann. Und apropos Atleti: Die sind aktuell formstark wie keine andere Mannschaft in La Liga.

Das plötzlich andere Atletico

13 Spiele am Stück hat die Mannschaft von Diego Simeone in La Liga nicht mehr verloren, am Sonntag feierte sie den sechsten Sieg in Folge. In den letzten Spielen kam eine Qualität zum Tragen, die man sonst überhaupt nicht kennt von den Colchoneros: Die Torchancenerarbeitung. Sowohl beim 2:1-Sieg bei Rayo Vallecano als auch zuletzt gegen Almeria (ebenfalls 2:1) erarbeitete man sich zahlreiche gute Möglichkeiten und hätte auch höher gewinnen können. Mangelende Effizienz vor des Gegners Tor – wer hätte gedacht, dass man das eines Tages ausgerechnet bei Atleti monieren würde?

Neben der Tatsache, dass die Mehrfachbelastung durch den Europapokal wegfällt, was der kräftezehrenden Spielweise von Simeone mit Sicherheit entgegenkommt, trägt der Aufschwung der letzten Wochen vor allem einen Namen: Antoine Griezmann. In der laufenden Spielzeit hat der Franzose endlich wieder zu seiner alten Stärke zurückgefunden.

La Liga

(Photo by PIERRE-PHILIPPE MARCOU/AFP via Getty Images)

Zwölf Punkte bescherte er den Rojiblancos bereits – in La Liga liegt er damit nur hinter Borja Iglesias, der Betis schon 15 Punkte sichern konnte. Der 32-Jährige ist Kreativposten und Vollstrecker zugleich. Elf Tore und acht Vorlagen hat er in La Liga beigesteuert und liegt damit im vereinsinternen Ranking in beiden Kategorien vorne. Gegen Almeria nickte er erst aus kurzer Distanz per Kopf ein, später stand er wieder goldrichtig und erzielte die erneute Führung, die gleichbedeutend mit dem Siegtreffer war.

In der Hinrunde noch hatte man ganz andere Sorgen, nun steht man wenige Wochen vor Saisonende nur zwei Pünktchen hinter Real Madrid auf Platz drei in La Liga. Mit vollem Fokus auf die nationale Meisterschaft und einem überragenden Griezmann stehen die Chancen gut, Vizemeister zu werden und damit in der Tabelle vor dem Stadtrivalen abzuschließen.

La Liga: Blick nach oben, Blick nach unten

Zwei große Traditionsklubs, beide in den letzten Zügen einer Katastrophen-Saison: Am Sonntag kam es zum – man hätte es sich vor wenigen Jahren nicht im entferntesten vorstellen können – Kellerduell zwischen dem FC Valencia und dem FC Sevilla. Dass die beiden spanischen Fußballgrößen in den letzten Wochen unterschiedliche sportliche Tendenzen aufgewiesen haben, zeigte aber auch die Anzeigetafel im Mestalla: 0:2 unterlagen die Fledermäuse den Andalusiern. Eigentlich agierten beide Mannschaften auf Augenhöhe. Es war ein Mix aus freundlicher Mithilfe der Defensive, einem gut aufgelegten Suso und mehreren unglücklichen Schiedsrichterentscheidungen zuungunsten der Hausherren, die zu jenem Ergebnis führten.



Und doch passt es in die Gesamtgemengelage eines Klubs, der reihenweise merkwürdige Entscheidungen trifft und einer Mannschaft, die ohne Spirit daherkommt. Man hat das Gefühl, dass der Glaube an den Klassenerhalt nicht mehr so ganz da ist. Unter den Dächern des Mestalla hat das Abstiegsgespenst die Fledermäuse verscheucht. Dabei sind es eigentlich nur drei Punkte Rückstand auf das rettende Ufer, die Valencia gutmachen muss. Dafür werden die nächsten drei Spiele wegweisend: Mit Elche, Valladolid und Cadiz hat man drei Gegner aus dem unteren Tabellendrittel vor der Brust. 

Derweil hat sich Sevilla einen Acht-Punkte-Vorsprung auf die rote Zone erarbeitet. Mit dafür verantwortlich ist der Trainerwechsel vor einigen Wochen. Der neue Mann an der Seitenlinie heißt Mendilibar. Zwar spielen die Andalusier unter dem 62-Jährigen unspektakulären Fußball, doch der Fokus auf die Basics hat sich schon jetzt ausgezahlt. Mendilibar weiß, wie Abstiegskampf funktioniert (in der letzten Ausgabe A La Liga haben wir es thematisiert).

Während man auswärts zweimal hintereinander bei der direkten Konkurrenz (überlebens-)wichtige Siege einfahren konnte (je 2:0 in Cadiz und Valencia), konnte man in der Europa League im Old Trafford kurz vor Schluss noch einen 0:2-Rückstand in ein 2:2 verwandeln, schaffte sich damit eine gute Ausgangslage für das Viertelfinal-Rückspiel am Donnerstag. Die Sevillistas haben augenscheinlich den Glauben an sich selbst wiedergefunden und sollten den Abstiegskampf in La Liga hinter sich gelassen haben.

(Photo by Angel Martinez/Getty Images)

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 bei 90PLUS und vorwiegend in Spanien unterwegs.


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