Spotlight

Umbau 2.0 & mehr Flexibilität: Wie PSG ohne Mbappé noch besser werden will

12. August 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Paris Saint-Germain geht als amtierender französischer Meister in die Saison 2024/25. Branchenprimus in Frankreich zu sein, reicht PSG aber schon lange nicht mehr. Der Griff nach den Sternen auf europäischer Ebene ist das Ziel – ohne die Ligue 1 zu vernachlässigen. 

Dafür wurde im Sommer einiges angepasst. Kylian Mbappé, der Superstar des Teams, ist zwar ablösefrei zu Real Madrid gewechselt, aber nicht wenige sehen genau darin eine Chance. Das durch die Einsparung des hohen Gehalts freigewordene Budget wurde genutzt, um den Kader zu verändern. PSG will flexibler werden, auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Doch ganz so einfach ist das nicht.

Erneuter Umbau bei PSG soll den Kader stärken

Vor der Saison 2023/24 rief PSG den Großangriff aus. Eine Kaderrevolution sollte her, damit Luis Enrique den Angriff auf alle Titel starten kann. Die Transfers lasen sich vielversprechend, unter anderem wechselten Marco Asensio, Kang-in Lee, Hugo Ekitike, Bradley Barcola, Ousmane Dembele, Lucas Hernandez, Manuel Ugarte und Randal Kolo Muani nach Paris. Über 450 Millionen Euro nahm der Klub in die Hand. Das Starensemble gewann mit neun Punkten Vorsprung die Meisterschaft, holte sich den Titel im Coupe de France.



In der Champions League verfehlte man das Ziel aber erneut, verlor im Halbfinale zweimal gegen Borussia Dortmund. Die Enttäuschung war groß, zumal es auch in der Ligue 1 einige Phasen gab, die alles andere als souverän verliefen. Nicht selten verließ sich PSG hier auf die eigene individuelle Klasse, frei nach dem Motto, dass es schon irgendjemand richten wird. In vielen Fällen war das Mbappé, auf den das Spiel zugeschnitten war.

Diese Abhängigkeit von einem Spieler soll nun reduziert werden. Dafür benötigt es aber noch Anpassungen im Kader. Drei Spieler wurden bisher verpflichtet: Matvey Safonov (vorher Krasnodar) soll den Konkurrenzkampf im Tor fördern, Willian Pacho (Eintracht Frankfurt) ist eine zusätzliche Option in der Abwehr und Joao Neves (Benfica) soll im Mittelfeld die Fäden ziehen. Desire Doue (Rennes) soll ebenso noch verpflichtet werden wie mindestens ein Spieler für die offensive Außenbahn. Die Hausaufgaben sind also nur zum Teil erledigt, bis zum Ende des Transferfensters wird es spannend.

Alles rund um die Ligue 1 bei 90PLUS findet ihr hier 

Die ganz großen Topstars fehlen: Eine Chance für Luis Enrique?

Der Blick auf den PSG-Kader zeigt, dass dem Branchenprimus aus Frankreich die ganz großen, schillernden Topstars fehlen. Klar, für Ligue-1-Verhältnisse ist es ein absoluter Luxuskader, das steht außer Frage. Gianluigi Donnarumma im Tor, Achraf Hakimi als Rechtsverteidiger, der spielstarke Vitinha im Mittelfeld, die angesprochenen Dembele, Kolo Muani oder Barcola im Angriff: Das alles ist gut, sehr gut sogar.

Zudem stehen Spieler wie Lucas Beraldo (20), Warren Zaire-Emery (18) oder Kang-in Lee (23) im Kader, denen zeitnah ein größerer Schritt nach vorne zuzutrauen ist. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es viele Fragezeichen oder instabile Spieler gibt. Insbesondere in der Abwehr, Presnel Kimpembe ist dauerverletzt und hat seit einer gefühlten Ewigkeit keine zwei Spiele in Folge mehr absolviert, Nuno Mendes ist ebenso anfällig, gleiches gilt für Lucas Hernandez nach seinem erneuten Kreuzbandriss. Mit diesen Spielern lässt sich nicht fix planen, auch deswegen wurde noch einmal nachjustiert. Und das erneut mit Spielern, die viel Klasse mitbringen, aber noch einen Qualitätssprung vor sich haben. 

PSG Zaire-Emery

(Photo by FRANCK FIFE/AFP via Getty Images)

Gut möglich, dass genau das der Schlüssel ist. Dass Nasser Al-Khelaifi und die Verantwortlichen begriffen haben, dass es nicht ausreicht, sich auf ein paar große Namen zu verlassen. Spektakuläre Spiele mit einem Offensivtrio bestehend aus Messi, Neymar und Mbappé gab es in der Verganhenheit ganz sicher, aber wenn derart große Egos aufeinandertreffen kann das, insbesondere wenn die Basis dahinter fehlt, zu Problemen kommen. Phasen, in denen sich alle drei für das Team aufgeopfert haben, gab es zu selten.

Trainer Luis Enrique hat beim aktuellen Kader ein Mitspracherecht, segnete die bisherigen Verpflichtungen ab, scheint zufrieden mit den Entwicklungen zu sein. Das ist nicht überraschend, denn der Spanier will mit seinem Team ein möglichst fluides Kombinationsspiel aufziehen, bei dem das System über allem steht, vor allem über Einzelschicksalen. Die Umbaumaßnahmen im Kader und der Abgang von Mbappé ermöglichen es, hier eine flache Hierarchie aufzubauen und ein neues Kapitel einzuläuten.

Das PSG-Projekt startet neu

Momentan gewinnt man den Eindruck, bei PSG geht es nicht mehr nur darum, möglichst schnell den maximalen Erfolg zu erkaufen. Vernunft statt Größenwahnsinn könnte man sagen, besser noch: Die Basis im Kader stärken, damit sich eine Topmannschaft entwickeln kann. Mit hohen Investitionen, versteht sich, aber mit nachhaltigeren. Schlägt ein Spieler wie Neves ein, dann könnte er mit Zaire-Emery etliche Jahre das Bild im Mittelfeld des französischen Topklubs prägen. Und steht eine solche Basis, dann ist es leichter für den Klub, auf einzelnen Positionen benötigte Qualität für entsprechende Summen hinzuzuholen.

90PLUS sucht Verstärkung: Jetzt bewerben 

Diesem Kurswechsel kann man in diesem Sommer zusehen. Das PSG-Projekt startet quasi neu, ohne alles über den Haufen zu werfen, was bisher zur Philosophie gehörte. Was den Parisern dabei in die Karten spielt: In der Ligue 1 ist man zwar nicht konkurrenzlos, aber einen anderen echten Anwärter auf den Titel gibt es nicht. Ohne Superstars rotiert es sich auch leichter, denn es macht einen Unterschied, intern und medial, ob nun ein Kolo Muani oder ein Neymar auf der Bank sitzt.

Der Plan sieht also wie folgt aus: PSG bastelt sich einen Multifunktionskader mit vielen verschiedenen Spielertypen, aber einer klaren Ausrichtung. Das Team soll dominant spielen, dabei aber ein Maximum an Flexibilität auf den Platz bringen und durch kleinteilige personelle Anpassungen in der Lage sein, neue Elemente zum eigenen Spiel hinzuzufügen. Dafür sind noch einige Anpassungen notwendig. Wenn diese in diesem Transferfenster erfolgen, steht die Basis. Und Paris Saint-Germain könnte vor einer großen Zukunft stehen.

(Photo by RONNY HARTMANN/AFP via Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


Ähnliche Artikel