Messi bei PSG: Eine Geschichte von utopischen Erwartungen und fehlender Wertschätzung
12. Juni 2023 | Trending | BY Jannek Ringen
Spotlight | Lionel Messi verlässt Paris Saint-Germain diesen Sommer. Ein Rückblick auf die Höhen und Tiefen in seinen zwei Jahren in der französischen Hauptstadt.
Nach zwei Jahren verlässt Lionel Messi PSG
Im Sommer 2021 gab es für Lionel Messi (35) und den FC Barcelona eine Hiobsbotschaft. Der auslaufende Vertrag des Argentiniers konnte nicht verlängert werden, da die Katalanen aufgrund der Regeln in La Liga Gehalt einsparen mussten und sich eine Gehaltskürzung des Argentiniers nicht mit dem spanischen Arbeitsrecht vereinbaren ließ. In einer emotionalen Pressekonferenz erklärte „La Pulga“ unter Tränen, dass er den Klub, bei dem er seit seinem 13. Lebensjahr war, verlassen würde. Es zog ihn in die französische Hauptstadt zu Paris Saint-Germain.
Nach zwei Jahren endet die Zeit des argentinischen Weltmeisters auch in Paris. Anfang Mai deutete sich die Trennung der beiden Parteien an, da PSG ihm offenbar keinen neuen Vertrag geben wollte und auch er selbst kein Interesse an einer Verlängerung hatte. Mittlerweile ist es Gewissheit, dass Messi nach zwei Jahren bei Paris Saint-Germain zu Inter Miami geht. Doch was hat der Wechsel für die beiden Parteien gebracht?
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Status Quo bei der Ankunft von Messi
Die Saison 2020/21 verlief für PSG katastrophal. In der Liga musste man sich überraschend dem OSC Lille geschlagen geben und verpasste erstmals seit 2017 die französische Meisterschaft, die in Paris als eine Selbstverständlichkeit gilt. Auch den großen Wunsch nach dem Titel in der Champions League musste der Scheichclub nach einer chancenlosen Darbietung gegen Manchester City im Halbfinale ad acta legen. Lediglich der Coupe de France stand am Ende der Saison zu Buche. Die Mannschaft benötigte das Sieger-Gen, um wieder in die Spur zu finden.
Die Katastrophen-Saison mündete in einer Transferoffensive im Sommer mit zahlreichen klangvollen Namen. Der mehrfache Champions-League-Sieger Sergio Ramos, der frisch gebackene Europameister Gianluigi Donnarumma, Georginio Wijnaldum und eben der mehrfache Weltfußball Lionel Messi sollten Paris endlich auch zu internationalem Ruhm führen. Besonders an den Argentinier wurden fast schon utopische Erwartungen geschürt.
Es folgte eine pompös inszenierte Vorstellung der Neuzugänge, bei der Messi alle in den Schatten stellte. Vom Publikum wurde er frenetisch gefeiert, als er hätte er bereits sämtliche Titel für Paris Saint-Germain gewonnen. Auch die internationale Presse überschlug sich mit Superlativen. „Eine außerordentliche Geschichte beginnt mit der Ankunft von Lionel Messi in Paris“, titelte Le Parisien. Mit der Angriffsreihe um Lionel Messi, Kylian Mbappe und Neymar sollte der CL-Titel doch drin sein.
Wie hat sich Messi geschlagen? Die Erwartungen an ihn waren utopisch
Am Ende der zwei Jahre lässt sich die Statistik von Messi im Trikot von Paris Saint-Germain gut lesen. Er absolvierte 75 Spiele für den Hauptstadtklub, erzielte 32 Tore und bereitete 35 weitere vor. Für jeden normalen Spieler wären diese Zahlen in zwei Jahren eine hervorragende Ausbeute, allerdings nicht für die Erwartungen, die man in PSG an den Weltfußballer stellte. Besonders die Torausbeute und dass er in der ersten Saison noch nicht die Trefferquote aus seinen Barca-Zeiten hatte, wurden zum Kritikpunkt.
Auch dank der Leistungen des kleinen Argentiniers holte PSG in den beiden Jahren zweimal die Meisterschaft. Jedoch kamen weder ein Pokalsieg noch die Trophäe in der Königsklasse in seine Trophäensammlung. Besonders die verlorenen Spiele in der Königsklasse wurden ihm als Manko angeheftet.
Seine Auswirkungen zeigten sich auch in den Statistiken seiner kongenialen Partner Kylian Mbappe und Neymar. In der Saison vor der Ankunft des kreativen Offensivspielers verzeichnete Mbappe 34 Torbeteiligungen. In den beiden Jahren danach waren es 47 und 35. Bei Neymar, der aufgrund zahlreicher Verletzungen weniger Spieler als der Franzose machte, lief es ähnlich. Im vorherigen Jahr war er an 15 Treffern beteiligt, danach an 19 und 24. Den beiden Superstars verlieh die Ankunft Messis einen zusätzlichen Schub, da er vor allem Mbappe zahlreiche Tore auflegte.
Die Krux mit den Superstars
In Paris lautete die Kalkulation, dass eine Anhäufung internationaler Superstars auch zu internationalen Titel führen sollte. Mit zwei Jahren Abstand lässt sich diese widerlegen, da sie zweimal im Achtelfinale der Königsklasse die Segel streichen mussten. Sowohl Real Madrid als auch der FC Bayern München bewiesen über das Kollektiv, wie wichtig eine intakte Mannschaft ist. In der Königsklasse sind die Teams meistens nur Nuancen auseinander und funktionierendes Kollektiv ist neben dem benötigten Glück unerlässlich. Und dieses ging den Parisern in den Partien komplett abhanden.
Auf der anderen Seite musste die Mannschaft die Bürde der Offensivreihe tragen. Kylian Mbappe, Neymar und Lionel Messi sind nicht dafür bekannt, dass sie gut gegen den Ball arbeiten. Gegen Mannschaften wie den FC Bayern, die große Stärken im mannschaftstaktischen Bereich aufweisen, ist er nur schwer zu bestehen, wenn sich bloß sieben Feldspieler gegen den Ball bewegen. Die geballte Offensivpower ging auf Kosten der Defensive und sorgte am Ende dafür, dass auch nach der Ära Messi, sich kein Henkelpott in der Vitrine von Paris Saint-Germain befindet.
Fazit: Die gegenseitige Wertschätzung hat gefehlt
Mit zunehmender Zeit in Paris verbesserten sich seine Leistungen und in dieser Saison standen 16 Tore und 16 Vorlagen in 32 Ligaspielen zu Buche. Jedoch erhöhte sich mit zunehmender Zeit auch der Druck und die Kritik an seiner Person. Im Umfeld von PSG sorgte Messi für immer mehr Frust. Bei einer 0:1-Niederlage gegen Olympique Lyon im April pfiffen die eigenen Fans den Superstar erneut aus. Sie zeigten sich unzufrieden mit seiner Leistung. Und auch die Presse schlug danach auf den vielleicht besten Fußballer aller Zeiten ein. „Die Magie verfliegt“, titelte Le Parisien und die französische Zeitung L’Equipe wurde mit „Symbol des Untergangs“ noch deutlicher.
Aber auch Messi fand zu seiner Zeit in Paris harte Worte. „Es waren zwei Jahre, in denen ich nicht glücklich war, ich mochte es nicht“, erklärte er kurz vor seinem Wechsel zu Inter Miami. Ein seltener Einblick ins Gefühlsleben der Barca-Legende. Dies hat man während der Weltmeisterschaft schon gesehen, als er im Trikot der Nationalmannschaft deutlich mehr Leidenschaft versprühte als noch für PSG.
Obwohl die sportlichen Leistungen in weiten Teilen der zwei Jahre stimmten, wurde aus Messi und PSG nie die Liebesbeziehung, die sich die Fans erwünscht hätten. Im Trikot von Barca oder der argentinischen Nationalmannschaft ist er glücklicher. Die Geschichte von Lionel Messi und Paris Saint-Germain war geprägt von utopischen Erwartungen und fehlender Wertschätzung auf beiden Seiten.
(Photo by Julian Finney/Getty Images)
Jannek Ringen
Sozialisiert durch die Raute von Thomas Schaaf, gebrochen durch den Abstieg unter Florian Kohfeldt. Fußball in Deutschland ist sein Fachgebiet, aber immer mit einem Blick in England und Italien.