Taschengeldkürzung – Warum sich José Mourinho nicht beschweren darf…

20. August 2018 | Nachspielzeit | BY Chris McCarthy

400 Millionen Euro in zwei Jahren waren scheinbar nicht genug. Wenige Tage vor Transferschluss fragte sich José Mourinho in aller Öffentlichkeit, ob von seiner fünf Spieler umfassenden Wunschliste zumindest einer noch verpflichtet werden könnte. Die Antwort lautet nein.

Warum der Portugiese weitere Verstärkungen forderte, war trotz der effektiven Saison als Vizemeister auf dem Platz durchaus zu erkennen. Warum United seinem Trainer das Taschengeld kürzte, allerdings auch….

 

Baustellen

Ja, die Vizemeisterschaft wurde auch wegen der effektiven, wenngleich eher unattraktiven Spielweise Mourinhos erreicht. Bei der verdienten 2:3 Niederlage gegen Brighton wurden die oftmals aus Ergebnis-Sicht folgenlosen, negativen Eindrücke der Vorsaison, aber auch des Sieges gegen Leicester, erneut bestätigt. Überall auf dem Feld gibt es Baustellen. Viele davon hat der Trainer selbst zu verantworten.

Mourinhos Wunsch-Innenverteidiger Victor Lindelöf und Eric Bailly waren ihm insgesamt 73 Millionen Euro wert. Gegen Brighton bildeten sie die große Schwachstelle. Selbst mit den gezielten Angriffen eines vermeintlichen Abstiegskandidaten war das Duo total überfordert. Alle drei Tore der Gastgeber, inklusive der Entstehung des Elfmeters zum 3:1 nach Kommunikationsproblemen und einer tollpatschigen Grätsche Baillys, wären mit einer funktionierenden Innenverteidigung zu verhindern gewesen. Das schien Mourinho schon vor der Saison zu erahnen. Nicht ohne Grund wollte der Übungsleiter Harry Maguire zum teuersten Abwehrspieler aller Zeiten machen. Diese Operation verlief nicht nur erfolglos, sondern auch nicht gerade geheim. Vertrauensbeweise an die vorhandenen Spieler sehen anders aus.

Mourinhos Mittelfeld, bestehend aus Fred, Nemanja Matic und Paul Pogba, kostete insgesamt 205 Millionen Euro. Über fehlende Qualität konnte sich der Coach gegen Brighton, trotz der Abwesenheit Matics, sicherlich nicht beschweren. Daran dürfte auch die Tatsache, dass in Pereira ein gelernter Offensivspieler auf der Sechs auflief, wenig ändern. Auch ohne lange Vorbereitung war die fehlende Homogenität im Zentrum erschreckend. Das Mittelfeld ließ jegliche Form von Struktur, Esprit und Dynamik vermissen. Ausgerechnet in der teuren Schaltzentrale um den WM-Helden der Franzosen übernahm das„kleine“ Brighton mit den unspektakulären, allerdings so effektiven und eingespielten Groß, Stephens und Pröpper komplett die Kontrolle.

Mourinhos Wunschstürmer Romelu Lukaku (85 Millionen Euro) hing gegen die gut strukturierte Defensive der Seagulls, zugegebenermaßen weitestgehend schuldlos, ebenfalls komplett in der Luft. Der unzufriedene, daher lustlose Anthony Martial, ein schwacher Juan Mata, aber auch die später eingewechselten Jesse Lingard und Marcus Rashford, wussten den belgischen Stoßstürmer nicht in Szene zu setzen. Mit Ausnahme von Lukaku erbte Mourinho diese Offensivspieler. Betrachtet man sich das vorhandene Personal, gibt es dennoch keine Ausrede dafür, dass diese talentierten Akteure so selten kreative Gefahr ausstrahlen. Durchdachte, kombinationsreiche Angriffe sind unter Mourinho eher zur Seltenheit geworden.
Übrigens, ob der verletzte Alexis Sanchez, den Mourinho zum Top-Verdiener der Liga machte, da er Henrikh Mkhitaryan nicht effektiv einzusetzen wusste, das Spiel positiver beeinflusst hätte, ist ebenfalls anzuzweifeln. Der Chilene fiel im letzten halben Jahr eher durch unzählige Ballverluste auf.

 

Taschengeldkürzung

Vielleicht sind diese Baustellen der Hauptgrund, wieso Mourinhos Wunsch nach weiteren Neuzugängen von den Entscheidungsträgern im Old Trafford nicht entschlossen verfolgt wurde. Vize-Vorstand Ed Woodward, der in aller Öffentlichkeit vom Trainer aufgrund des für ihn zu passiven Transferfensters angegiftet wurde, scheint allmählich der Meinung zu sein, dass dem zunehmend frustrierten Mann an der Seitenlinie genügend Ressourcen zur Verfügung gestellt wurden, um erfolgreich arbeiten zu können.

Irgendwo auch nachvollziehbar, wenn dieser nach Ausgaben von über 400 Millionen Euro in allen Feldabschnitten Baustellen aufzuweisen hat und schlimmer noch, Spieler kostspielig ersetzen möchte, die er für viel Geld selbst verpflichtete.

Mourinho muss mit dem vorhanden Spielermaterial eine zufriedenstellende Hinrunde spielen. Bleiben, neben einer ansehnlichen Spielweise, wie gegen Brighton auch die Resultate aus, droht Mourinho mehr als nur die Streichung des Taschengelds…

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


Ähnliche Artikel