Borussia Dortmund | Nnamdi Collins – ein Versprechen für die Zukunft

9. Mai 2020 | News | BY 90PLUS Redaktion

Borussia Dortmund hat den Vertrag vom 16-jährigen Innenverteidiger Nnamdi Collins bis 2023 verlängern können. Der BVB hat große Hoffnungen, dass der deutsche Nachwuchsspieler den Durchbruch bei den Profis schafft.

Wir wollen Nnamdi Schritt für Schritt an den Profibereich heranführen und ihm Zeit geben, sich zu entwickeln“, sagte Sportdirektor Michael Zorc über das Top-Talent aus der U17. Auch Lars Ricken zeigt sich sehr zufrieden mit der Vertragsverlängerung: „Wir sind sehr glücklich, dass wir mit Nnamdi ein herausragendes Talent des deutschen Nachwuchsfußballs langfristig an den BVB binden können.“ 

Diese Aussagen und die Tatsache, dass für einen U17-Spieler, welcher noch nicht einmal in der Youth League für den BVB auf dem Platz stand, eine eigene Pressemitteilung rausgegeben wird und diese nicht als „so mal nebenbei“ verkauft wird, unterstreicht die Wertschätzung, welche Collins beim BVB genießt.

Das Potenzial von des 16-Jährigen ist riesig. Die Zukunft vielversprechend. Doch welche Qualitäten bescherten Collins überhaupt solch ein hohes mediales Interesse und veranlassten die Verantwortlichen zu solch lobenden Worten?

(Photo by Filipe Farinha/Getty Images for DFB)

Umschulung beim BVB

Als Collins 2016 die Jugendabteilung von Fortuna Düsseldorf verließ und sich Borussia Dortmund anschloß, war er zunächst  für die Offensive beim BVB eingeplant. Doch aufgrund der körperlichen Entwicklung, entschloss man sich früh im Zuge der Potenzialoptimierung ihn zum Innenverteidiger umzuschulen. Grund hierfür ist die außergewöhnliche Entwicklung seines Körpers. Heute ist Collins etwa um die 1,90 m groß und hatte bereits in den Jahren zuvor einen physischen Vorteil gegenüber seinen Gegenspielern. Dies im Verbund mit seiner Geschwindigkeit und Abgeklärtheit, brachte den BVB zu dieser Entscheidung. Durch seine Zeit als Offensivspieler, entwickelte sich Collins zu einem sehr interessanten Verteidiger mit einem außergewöhnlichen Skillset.

Körperliche Überlegenheit

Sein Körperbau fällt jedem sofort ins Auge, sobald Collins auf dem Platz steht. Der 16-Jährige verfügt nicht nur, wie bereits erwähnt, sehr groß, hinzu kommt noch eine sehr breite Grundstatur, welche mit Krafttraining aufgebessert wurde. Breite und physisch imposante Innenverteidiger gibt es allerdings genügend. Die Besonderheit bei Collins: Seine Geschwindigkeit gepaart mit einem starken Antritt sind nicht überdurchschnittlich, sie sind ein absoluter Top-Wert – das nicht nur im Vergleich mit Verteidigern, sondern auch mit Flügelspielern und Stürmern. Der 16-Jährige ist momentan als Jung-Jahrgang 2004 in der U17 aktiv und wirkt dennoch schon stark unterfordert, wenn er in den Zweikampf mit seinen zumeist älteren Gegenspielern muss. Er demonstriert seine physische Überlegenheit sehr gerne in Form von Körpereinsätzen, welche für deutlichen Respekt bei seinen Gegenspielern sorgen.

Sollte ihm z. B. zu einem Stellungsfehler unterlaufen, kann sich Collins auf sein Tempo verlassen und seinen Gegenspieler wieder einholen. Lange Bälle hinter die Kette sind gegen Collins kein bewährtes Mittel.

Technik und Mut als Alleinstellungsmerkmal

Es gab schon viele Spieler, die in der Jugend aufgrund ihrer Physis positiv auffielen, aber den Durchbruch als Profi nicht schafften, weil dieser Vorteil plötzlich nicht mehr so wertvoll war. Doch Collins hat auch Stärken beim Spiel mit dem Ball.

Seine Technik ist sehr sauber und seine Ballkontrolle ist überdurchschnittlich gut. Diese Fähigkeiten kann man gerade in Dribblings erkennen, welche der Innenverteidiger sehr gerne startet. Es passiert nicht selten, dass der 16-Jährige mit seinem Offensivdenken und Selbstvertrauen teilweise sogar als letzter Mann ins 1 gegen 1 geht, woraus er dann gerne durch die Mitte andribbelt. Collins hat die Fähigkeiten, um zwei bis drei Gegenspieler aussteigen zu lassen und somit die erste Pressinglinie der gegnerischen Mannschaft auszuhebeln. Seine enge Ballkontrolle im Verbund mit einer guten Beweglichkeit und dem hohen Tempo lässt seine Erfolgsrate dabei beachtlich aussehen. Dass er dabei den Ball auch stark abschirmen kann, ist aufgrund seiner Physis schon fast selbstverständlich.

Der Kapitän der U16-Nationalmannschaft geht mit Läufen wie diesen ein enormes Risiko ein, doch er weiß was er kann und hat das notwendige Selbstvertrauen in Kombination mit einer gewissen Gelassenheit. Er erinnert hier ein stückweit an Dan-Axel Zagadou, welcher ebenso Läufe wie diese startet. Der Unterschied ist lediglich, dass Collins diese mit einem noch höheren Tempo durchführt und über eine weiterentwickelte Ballführung verfügt. Zagadous Läufe sind ein wichtiges Element im Spiel von Borussia Dortmund. Collins ist hier schon auf einem ähnlichen Niveau und wird sich noch steigern können, sodass diese Vorstöße noch gefährlicher werden. Das Potenzial in diesem Bereich ist unverkennbar.

(Photo by Lars Baron/Bongarts/Getty Images)

Collins: Entscheidungsfindung als Stärke

Die hohe Erfolgsquote der angesprochenen Läufe basiert mitunter auch auf seiner guten Entscheidungsfindung. Er weiß, wann er beim nach vorne Verteidigen sofort das Spiel schnell machen kann, sei es mit einem Offensivlauf, oder, ob er denn Ball sofort abgeben muss. Selbst unter größtem Druck sind seine Zuspiele dabei zumeist präzise. Ballverluste unterlaufen ihm selten.

Aber auch sein Spielaufbau ist sehr gut entwickelt. Collins verlagert das Spiel gerne auf die Außen. In der Jugend erreicht er hier meistens Samuel Bamba, welcher sofort mit dem Ball nach vorne umschalten kann. Aber auch lange Bälle auf „Stoßstürmer“ Bradley Fink, welcher mit 1,91 über die notwendige Physis verfügt, um einen Ball wie diesen festzumachen. Sei es eine einfache Seitenverlagerung für den Aufbau oder ein etwas mutigerer und offensiverer Ball, welcher unmittelbare Gefahr erzeugt: Er kann beides.

Collins: Defensiv stabil

Auch wenn Collins ein offensivdenkender Innenverteidiger ist, ist er immer noch ein Verteidiger. Qualitäten wie seine Physis und Athletik helfen ihm in dieser Rolle natürlich, aber der U16-Nationalspieler kann auch mit gutem Timing und Stellungsspiel überzeugen. Er versteht es sehr gut seinen Körper zu verwenden um den Gegner leicht aus der Balance zu bringen, sodass er dies dann nutzen kann, um zum perfekten Zeitpunkt auf den Ball zu gehen und diesen daraufhin zu sichern. In die Rückwärtsbewegung, und somit in das passive Verteidigen, kommt Collins in der Tendenz sehr selten. Er versucht schon zuvor den Ball auf eine aggressive, aber faire, Art und Weise für sich zu gewinnen. Verliert er das erste direkte Duell, macht er seinen Fehler durch sein Tempo wieder wett und schließt die Lücke. Kommt es aber zum abwartenden Verteidigen in der Rückwärtsbewegung, liegt hier sein Schwachpunkt. Er fällt dabei nicht sonderlich negativ auf, aber in den anderen defensiven Abläufe sind seine Fähigkeiten deutlich besser ausgeprägt.

(Photo by Filipe Farinha/Getty Images for DFB)

Führungsspieler im Verein und Kapitän in der Nationalmannschaft

Collins gehört, egal wo er spielt, immer zu den Spielern die voran gehen. Zwar ist er in der U17 nicht Kapitän, diese Rolle übernimmt Dennis Lütke-Frie (17), aber das heisst nicht, dass Collins aufgrund dessen zurück hält. Er bleibt der Abwehrchef und strahlt weiterhin Sicherheit, sowie Überlegenheit aus – auch ohne Binde. Er ist unangefochtener Stammspieler unter Sebastian Geppert (Trainer der U17 des BVB). Dieser testete neulich auch eine Dreierkette, in welcher Collins als zentrales Glied auflief und eine ähnliche Rolle wie Mats Hummels bei den Profis übernahm. Als „ballspielender Innenverteidiger“ hatte Collins noch mehr Aufgaben im Spielaufbau und genoß ebenso mehr Freiheiten im Spiel nach vorne. Durch eine weitere Absicherung, versuchte Geppert seine Offensivqualitäten in Perfektion auszuspielen. Zwar agierte Collins wenig überraschend gut in dieser Rolle, doch die Formation lag der Mannschaft relativ wenig. Sobald wieder der normale Spielbetrieb startet, ist ein Wechsel zurück auf eine Viererkette wahrscheinlich, in der Collins wieder den rechten Part neben seinem Innenverteidiger Pendant Colin Noah Kleine-Bekel spielen wird. Zwar ist Collins primär Rechtsfuss, ist aber auch mit dem linken Fuß gut genug, um problemlos die Rolle als linker Innenverteidiger ohne großen Qualitätsabfall zu bekleiden.

Dies tut er überwiegend in der Nationalmannschaft und agiert auch von hier gleich mutig und selbstbewusst. Er genießt beim DFB sehr hohes Ansehen und man ist glücklich, dass er sich vorerst für den Deutschen Fussballverband entschieden hat. Aufgrund seiner Wurzeln wäre Collins auch für Nigeria spielberechtigt. Sofern der Deutsch-Nigerianer noch kein Spiel Pflichtspiel für die A-Nationalmannschaft bestritten hat, ist es für ihn dennoch jederzeit möglich den Verband zu wechseln und bei internationalen Turnieren für Nigeria aufzulaufen. Allem Anschein nach wird Collins dem DFB höchstwahrscheinlich erhalten bleiben.

Hervorragende Perspektive – aber mit Geduld und Gelassenheit

„Der 16 Jahre alte Abwehrspieler trägt seit 2016 Schwarzgelb und wurde in dieser Saison bereits in der U17-Bundesliga eingesetzt. Ab der kommenden Saison soll Collins, der noch ein weiteres Jahr in der U17 spielen könnte, schon in der U19-Bundesliga spielen“, heißt es auf der offiziellen Webseite des BVB.

Das Ansehen im Verein ist groß. Für seine Entwicklung ist es jedoch wichtig nochmal die U19 zumindest teilweise zu durchlaufen. So sollte Collins als ziemlich vielversprechendes Talent diese Zeit nutzen und weiter an seinen Fähigkeiten mit Spielpraxis auf hohem Niveau zu arbeiten. Hinzukommt die Bewährung auf internationalem Packet in Form der Youth League. Hier wird Collins zwar dennoch mit seiner Physis herausstechen und brillieren, aber dieser Vorteil kann nicht mehr so deutlich ausgespielt werden. Die Gegner werden taktisch besser geschult sein, sich im Kollektiv besser verhalten und Collins noch intelligenter pressen können. Er wird einen größeren Gegnerdruck erfahren und gegnerische Stürmer mit zumindest ähnlich breiter Statur werden ihm nun auch begegnen.

Ebenso sollte er die Zeit nutzen, um sein Aufbauspiel in Form von flachen Pässen durch die erste Pressingslinie zu perfektionieren. Diese Qualitäten unterscheiden einen guten, modernen Innenverteidiger von einem herausragenden, modernen Innenverteidiger. Auch seine technischen Ballverarbeitungen könnten noch einen Feinschliff vertragen. Das sind zwar Dinge die in der U17 und wahrscheinlich auch in der U19, nicht auffallen, aber am Ende einen entscheidenen Unterschied machen.

(Photo by Filipe Farinha/Getty Images for DFB)

Mit der Kante zur Arroganz, mit welcher Collins in der Jugend agiert, wird eine neue Herausforderung auf ihn zu kommen. Sollte er sich auch hier weiterhin souverän durchsetzen, ist ein ähnlicher Karriereweg, wie ihn Giovanni Reyna nahm, durchaus möglich. Sommertrainingslager mit den Profis, vermehrtes Training mit der ersten Mannschaft und Teilnahme an Testspielen, woraus bei guter Leistung die ersten Kadernominierungen erfolgen.  Ob dies so schnell und flüssig wie bei Reyna verläuft, bleibt aufgrund seiner Position abzuwarten. Das Einwechseln von Innenverteidigern zum „ins kalte Wasser schmeißen“ ist zwar durchaus möglich, aber bei weitem nicht so üblich wie es mit Offensivspielern gemacht wird.

Beim BVB weiß man mit dem frühen und großen Hype von Talenten umzugehen. Ebenso, wie man das ganze Potenzial abruft und es sogar erweitert. Sollte Collins gesund bleiben, seine Spielpraxis bekommen und die Mannschaft nicht überraschend in ein Leistungstief fallen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass Collins bei Bedarf und Möglichkeit in der kommenden Saison sein Profidebüt feiern darf. Das Talent hierzu hat er definitiv und der Durchbruch ist ihm definitiv zuzutrauen. Er wäre mit Moukoko und mit Abstrichen Reyna, welcher zuvor aus dem Ausland kam, mal wieder ein Spieler aus der eigenen Jugend, welcher in die erste Mannschaft integriert werden könnte. Doch man sollte den Spielern die notwendige Zeit geben, sich an das Niveau der Profis zu gewöhnen. Gerade für einen Innenverteidiger ist die Anpassung nochmal schwieriger, als für einen Offensivspieler.

Die Sehnsucht im Verein nach solchen Spielern ist groß und mit Collins steht jemand bereit, welcher in diese Rolle wachsen könnte.

Jan Perret

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(Photo by Filipe Farinha/Getty Images for DFB)


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