Arsenal vs Manchester United – Prestigeduell reloaded?

22. Januar 2023 | Premier League | BY 90PLUS Redaktion

Die in den letzten Jahren „gefallenen Riesen“ gehören in der aktuellen Premier-League-Saison (bisher) zu den positiven Überraschungen. Nun empfängt Tabellenführer Arsenal ein wiedererstarktes Manchester United zum Spitzenspiel im Emirates.

Arsenal vs Manchester United – gefallene Riesen

Mit der Gründung der Premier League im Jahr 1993 schlug der englische Fußball eine völlig neue Dimension in Sachen TV-Vermarktung ein. Die Fernsehgelder flossen von da an en Masse und die Liga löste die Serie A als den attraktivsten nationalen Wettbewerb Europas ab. Im Fokus dieser Startjahre stand das Duell zwischen Manchester United und Arsenal um die legendären Coaches Sir Alex Ferguson und Arsene Wenger. Die Red Devils hatten sich in den 1990er Jahren als die dominierende Kraft im englischen Fußball etabliert, während die Gunners die Rolle des Herausforderers – mit dem ansehnlicheren Spielansatz – einnahmen. Von 1996 bis 2005 machten die beiden Giganten die Meisterschaft ausschließlich unter sich aus, die Duelle waren teilweise von purem Hass geprägt.

Die Premier League zog mit ihrer globalen Strahlkraft zahlreiche Investoren an – und so wurde diese Doppelspitze von dem neureichen Chelsea auseinander gerissen. Etwas später stieß auch noch das mit unendlichen Geldquellen aus Katar ausgestattete Manchester City in die Spitzengruppe. Arsenal musste derweil mit dem Emirates ein neues Stadion finanzieren, was den Verein zunächst finanziell und dann auch (deswegen) sportlich in einen großen Nachteil gegenüber der Konkurrenz brachte. In den letzten Wenger-Jahren ging es ausschließlich um Teilnahmen an der Königsklasse. Ferguson hielt United dagegen weiterhin wettbewerbsfähig gegen die neureichen Vereine, obwohl die damaligen neuen Besitzer, die wohl bald scheidende Glazer-Familie, den Klub finanziell und sportlich auf Jahre schwächen sollte.

Arsenal Manchester United Wenger Ferguson

(Photo by PAUL ELLIS/AFP via Getty Images)

Mit einer letzten Meisterschaft 2013 dankte der Schotte ab, von da an wechselten bei dem Rekordmeister zahlreiche Übungsleiter und damit Spielphilosophien, weswegen der Verein seit nunmehr einer Dekade keinen klaren Weg mehr verfolgt. Wenger hielt sich zwar noch fünf Jahre länger als sein schottischer Widersacher im Amt, doch auch Arsenal taumelte nahezu zeitgleich aus der Spitzengruppe. Liverpool gegen Manchester City ist das Duell der jüngeren Premier-League-Geschichte, welches lediglich von Chelsea mehrmals unterbrochen wurde. Sogar Tottenham machte mit seinem sensationellen Einzug ins Champions-League-Finale 2019 eher auf sich aufmerksam. Doch in dieser Spielzeit scheinen die einstigen Giganten ihre Renaissance zu erleben, allen voran Arsenal als bisher dominanter Tabellenführer unter Coach Mikel Arteta. Doch auch United hat unter Erik ten Hag in den letzten Wochen und Monaten eine beeindruckende Entwicklung hingelegt. Vor diesem Hintergrund könnte ein wahres Spitzenspiel am Sonntag zu erwarten sein, quasi ein Prestigeduell reloaded.

Arsenal: Das beste Team der Premier League

Nachdem Arsenal unter Arteta zu Beginn der vergangenen Spielzeit augenscheinlich in eine Sackgasse geraten war (drei Niederlagen zum Auftakt), gelang dem Team doch noch der Turnaround. Die Champions League wurde zwar am Ende 2021/22 unnötig verspielt, doch insgesamt ließ sich bei dem jungen Team als positiver Trend erkennen, weswegen mit den Gunners umso eher in dieser Saison gerechnet werden musste. Was der englische Pokalsieger von 2020 aber in den ersten 18 Spielen 2022/23 bisher hingelegt hat, übertrag bisher jedoch jede Erwartungshaltung. Gerade mal zwei Remis und eine einzige Niederlage stehen bisher zu Buche, ansonsten gewann Arsenal ausnahmslose jede (!) Begegnung in der Premier League. Wenig überraschend thronen die Londoner mit einer solchen Ausbeute auf dem ersten Rang, schon fünf Punkte vor Titelverteidiger Manchester City und dabei sogar mit einer absolvierten Partie weniger.

Arsenal Manchester United

(Photo by ADRIAN DENNIS/AFP via Getty Images)

Umso wichtiger ist es für Arsenal, den aktuellen Lauf auch gegen das Team aufrecht zu erhalten, gegen welches man bisher die einzige Niederlage (1:3) kassierte. Im Gegensatz zu dem Hinspiel im September funktionieren die Automatismen mittlerweile nahezu reibungslos. In einem nun sehr gut funktionierenden Gebilde fällt dabei nochmal Martin Ödegaard (Toptorjäger mit acht Treffern) zurzeit besonders positiv auf. Fände in diesen Tagen die Wahl zum Spieler der Saison statt, wäre der norwegische Mannschaftskapitän wahrscheinlich als der Topfavorit. Neben Ödegaard sowie seinen kongenialen Partnern Thomas Partey und Granit Xhaka in der Zentrale stechen in den letzten Wochen zudem besonders die Flügelstürmer Bukayo Saka und Gabriel Martinelli heraus. Gerade der Brasilianer war in den letzten zehn Premier-League-Spielen im Emirates an zehn Treffern direkt beteiligt.

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Diese Formstärke bekam in der Vorwoche Tottenham zu spüren, gegen den Erzrivalen hatte Arsenal im Nord London Derby bei dem 2:0 Auswärtssieg nicht allzu große Probleme. Die Gunners besitzen aktuell ein derart großes Selbstvertrauen, dass sie es sich durchaus erlauben können, wie am letzten Sonntag, nach einer (Zwei-Tore-)Führung tief zu verteidigen und kräfteschonend lediglich auf Konter zu lauern. Denn das mit den Kräften ist momentan die eigentlich einzige bedenkliche Angelegenheit. Arteta setzt Woche für Woche fast auf die gleiche Startelf, schon eine Verletzung von Partey oder Ödegaard hätte einen enormen Qualitätsabfall zur Folge. Aus diesen Gründen verpflichtete Arsenal in dieser Woche Offensivspieler Leandro Trossard (Brighton) für etwa 25 Millionen Euro. Der Belgier könnte gegen den Rekordmeister sein Debüt feiern, wie Arteta vor dem Spitzenspiel bestätigte. Weiterhin verzichten muss der Tabellenführer hingegen unter anderem auf Gabriel Jesus.

Manchester United: Ausfall von Casemiro wiegt schwer

Nach einer vielversprechenden Vorbereitung ging der Saisonstart für die Red Devils unter ten Hag komplett schief. Nach zwei, teilweise komplett blamablen, Darbietungen gegen Brighton und Brentford stand United zeitweise sogar auf dem letzten Tabellenplatz. Doch der Niederländer zog daraus seine Lehren, wählte entsprechend dem vorhandenen Spielermaterial einen pragmatischeren Ansatz und sollte in den kommenden Wochen und Monaten dafür die Lorbeeren ernten. Manchester United rollte das Feld nach und nach von hinten auf und stellte den Anschluss zu den Champions-League-Plätzen her. Mittlerweile hat man sich auf diesen mit einem komfortablen Vorsprung (sechs Zähler Vorsprung) eingenistet. Ähnlich wie beim heutigen Kontrahenten ist nun mehr eine klare Spielidee und eine mannschaftliche Geschlossenheit auf dem Platz zu erkennen.

Arsenal Manchester United

(Photo by Clive Rose/Getty Images)

Zudem setzte sich der Niederländer in einen lange schwellenden Machtkampf mit Cristiano Ronaldo durch, vergleichbar mit der Situation um Arteta und Pierre-Emerick Aubameyang in der letzten Saison, welcher letztendlich in dem Abgang der Vereinslegende mündete. Seit dem Abgang Ronaldos wirkt die Mannschaft noch befreiter und gewann bis zum vergangenen Mittwoch gegen Crystal Palace (1:1) alle Pflichtspiele nach der WM – und dabei kassierte man den Ausgleich erst mit einem nicht zu verteidigenden Traumfreistoß in der Nachspielzeit. Die Gegner wie beispielsweise Nottingham, Wolverhampton (Premier League), Everton (Carabao Cup) oder Charlton (FA Cup) klingen zunächst nicht nach den allergrößten Herausforderungen, doch auch diese Partien müssen erstmal gewonnen werden. Und dass es auch gegen die ganz großen Namen funktioniert, bewies Manchester United erst in der Vorwoche im Stadtderby gegen Manchester City (2:1).

Der Titelverteidiger reihte sich neben Liverpool, Tottenham oder auch eben Arsenal in die Reihe der Topteams ein, welche allesamt Old Trafford ohne einen Punkt wieder verlassen mussten. Als das absolute Herzstück des Teams hat sich dabei in ganz kurzer Zeit Neuzugang Casemiro etabliert, welcher ausgerechnet heute wegen einer Gelbsperre fehlen wird. Der Brasilianer, im Starensemble von Real Madrid wahrscheinlich immer ein wenig unterschätzte, überragt seit Wochen und wird im Emirates kaum zu ersetzen sein. Neben Casemiro wird ten Hag ohne die verletzten Diogo Dalot und Anthony Martial auskommen müssen. Auch Jadon Sancho fehlt der Mannschaft höchstwahrscheinlich nach wie vor. Einmal mehr wird es daher auf Marcus Rashford ankommen, der bei dem Remis bei Palace zum ersten Mal seit der WM in einem Pflichtspiel ohne Treffer blieb. In der Defensive könnte Weltmeister Lisandro Martinez seinen Platz wieder an Tyrell Malacia verlieren. Der Niederländer verteidigte gegen City überragend gegen Ryad Mahrez und wurde gegen Palace geschont. Für ihn könnte der formstarke Luke Shaw erneut in der Innenverteidigung aufgeboten werden.

Prognose:

Die Gastgeber gehen nicht nur wegen dem Ausfalls von Casemiro als Favorit in das Spitzenspiel. Allerdings haben die Gäste bereits im Hinspiel gezeigt, dass sie wenige Momente benötigen, um die den Gegner zu treffen. Daraus dürfte Arteta jedoch seine Lehren gezogen haben, weswegen das Rückspiel mit einem knappen Heimsieg oder einem Remis enden wird.

Mögliche Aufstellungen:

Arsenal: Ramsdale – White, Saliba, Gabriel, Zinchenko – Xhaka, Partey – Saka, Ödegaard, Martinelli – Nketiah

Manchester United: De Gea – Wan-Bissaka, Varane, Martinez (Malacia), Shaw – Eriksen, Fred – Antony, Fernandes, Garnacho – Rashford

(Photo by OLI SCARFF/AFP via Getty Images)

 

 


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