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Aston Villa – Ein Anwärter auf die Königsklasse?

14. Dezember 2023 | Trending | BY Lukas Heigl

Blickt man auf die Tabelle der Premier League, springt ein Name schnell ins Auge: Aston Villa. Die Lions stehen aktuell auf einem hervorragenden dritten Tabellenplatz, haben zuletzt sowohl Manchester City (1:0) wie auch den FC Arsenal (1:0) geschlagen. Vor allem zu Hause sind sie eine Macht, haben ihre letzten 14 Heimspiele allesamt gewonnen. Im Folgenden wollen wir etwas auf die Gründe für den Aufschwung eingehen und warum es eigentlich gar nicht so überraschend kommt, dass Villa ganz oben mitspielt.

Aston Villa – Aufschwung durch Emery

Seit inzwischen etwas mehr als einem Jahr ist Unai Emery (52) zurück in England. Der Spanier, der bei seinem ersten Stint auf der Insel beim FC Arsenal schlechter gemacht wurde als er war und seither in seiner Heimat einige Erfolge feiern konnte (u.a. den Sieg der Europa League mit dem FC Villarreal), löste am im November 2022 Steven Gerrard (43) ab.



Etwas überraschend war der Wechsel, da Emery noch bei Villarreal Trainer war. Doch mit einer entsprechenden Ablöse stand einem Wechsel nichts mehr im Weg. Seither entlockt Emery dem Kader die in ihm steckende Qualität. Ohne echte Vorbereitung – die Pause während der Weltmeisterschaft kann man kaum als solche bezeichnen – führte der Spanier den Verein aus dem Abstiegskampf nach Europa.

Kader sinnvoll verstärkt

Im Sommer bekam Emery dann von den Besitzern, die zu den reichsten und ambitioniertesten der Liga gehören, ordentlich Geld zum Shoppen. Und dieses Geld wurde sinnvoll investiert. Insgesamt kamen vier Spieler, die das Team sowohl in der Spitze wie auch in der Breite verstärkten. Dabei waren auch Neuzugänge, die man als eigentlich zu groß für Villa ansah. So kam mit Moussa Diaby (24) einer der in den letzten Jahren besten Offensivspieler der Bundesliga für die stolze Summe von 55 Millionen Euro, Innenverteidiger Pau Torres (26) folgte Emery aus Villarreal nach Birmingham und Nicolo Zaniolo (24) beendete sein sechsmonatiges Türkei-Intermezzo zunächst auf Leihbasis mit Kaufpflicht.

Diaby und Tielemans sind zwei namhafte Neuzugänge für Aston Villa

(Photo by James Gilbert/Getty Images for Premier League)

Das größte Ausrufezeichen war wohl die Verpflichtung von Youri Tielemans (26). Der Belgier war in den letzten Jahren für Leicester City einer der besten Mittelfeldspieler der Liga und ablösefrei zu haben. Ein echter Coup, dass Villa ihn von einer Unterschrift überzeugen konnte – nach Boubacar Kamara (24) bereits im zweiten Jahr in Folge, dass ein ablösefreier Mittelfeldspieler, der auch den absoluten Topteams gut zu Gesicht gestanden hätte, in seiner Prime nach Birmingham kam. Aufgrund eines Kreuzbandrisses von Kapitän Tyrone Mings (30) im ersten Saisonspiel kam für die Breite zudem noch Innenverteidiger Clement Lenglet (28) aus Barcelona.

Während Villa auf der Einkaufsseite von den meisten Experten als der große Gewinner der Transferphase gesehen wurde, gab es auf der Abgangsseite vor allem von den eigenen Fans durchaus Kritik. Dies lag vor allem daran, dass man mit Cameron Archer (21), Aaron Ramsey (20) und Jaden Philogene (21) gleich drei hochtalentierte Spieler aus dem eigenen Nachwuchs ziehen ließ. Archer ging nach Sheffield, Ramsey zu Burnley und Philogene nach Hull. Für die drei nahm Villa zwar viel Geld ein (in Summe 43,8 Millionen), dazu besitzt Villa jeweils eine Rückkaufoption, die Fans waren dennoch sauer.

Klare Spielidee und intensives Stadion

Und so hat Aston Villa, das bereits vor Emerys Zeit einen individuell sehr ordentlichen Kader hatte, inzwischen eine erste Elf, die gespickt ist mit sehr guten Einzelspielern und sich vor kaum einer Mannschaft in der Premier League verstecken muss. In nahezu allen großen Nationalmannschaften sind die Lions inzwischen mit ihren Spieler vertreten. Stürmer Ollie Watkins (27) und Mings sind regelmäßig bei den Three Lions dabei, die beiden Sechser Douglas Luiz (25) und Boubacar Kamara (24) gehören zum festen Stamm der brasilianischen respektive französischen Auswahl. Keeper Emiliano Martinez (31) wurde im letzten Jahr als Stammspieler Weltmeister mit Argentinien.

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Was dem Kader gefehlt hat, war eine klare Spielidee. Diese hat Emery nach Birmingham gebracht. So wählt er in nahezu jedem Spiel dieselbe taktische Herangehensweise. Zuerst soll gegen den Ball gut gestanden werden. Mit Ball gilt der Fokus dem Konterspiel, was durch die individuelle Qualität von Watkins und Diaby auch hervorragend funktioniert. Mit 51,7 Prozent hat Villa lediglich den neuntmeisten Ballbesitz in der Liga, auch die Passquote ist mit 85,2 Prozent nur im oberen Mittelfeld. Auch gegen kleinere Teams will man nicht unbedingt mehr Ballbesitz als der Gegner haben.

Vor allem zu Hause lebt das Team zudem von einer enormen Intensität. Der Villa Park ist in Sachen Stimmung neben dem St. James Park in Newcastle sowie dem Goodison Park, in dem Everton seine Heimspiele austrägt, wohl das elektrisierendste Stadion der Premier League. Auch die absoluten Topteams können sich dem nicht erwehren, wenn nach einer gelungenen Aktion das ganze Stadion die Mannschaft nach vorne peitscht und die Lions ihren Gegner minutenlang mit hohem Pressing terrorisieren. Entsprechend ist Villa zu Hause auch kaum zu knacken. Inzwischen steht man bei einem Lauf von 14 Heimsiegen in der Liga nacheinander. In dieser Zeit wurden neben City und Arsenal u.a. auch Brighton (6:1 und 2:1), Tottenham (2:1) und Newcastle (3:0) geschlagen.

Fehlende Rotation als Problem?

Der große Kritikpunkt an Emery ist die fehlende Rotation. Obwohl sein Kader inzwischen breit genug wäre, um in jedem Spiel vier- oder fünfmal ohne großen Qualitätsverlust zu rotieren, tut der Spanier dies kaum. Selbst nach dem extrem intensiven Spiel gegen Manchester City stand drei Tage später gegen Arsenal die exakt selbe Startelf auf dem Platz. Und so hat Aston Villa bereits jetzt neun Spieler, die über 1.000 Spielminuten in der Liga gesammelt haben. Und auch wettbewerbsübergreifend wird kaum rotiert. Diaby als Spieler mit den zehntmeisten Minuten hat schon 1.434 Spielminuten in den Beinen. Lediglich auf der elften Position in der Startelf wird je nach Gegner rotiert.

Aston Villa rotiert sehr wenig

(Photo by Ryan Pierse/Getty Images)

Eine Quote, die sich auch angesichts der europäischen Mehrbelastung nicht halten lassen wird. Emery verschleißt die Spieler, was ihm in der Rückrunde auf die Füße fallen könnte, wenn die – eigentlich unvermeidlichen – Verletzungen eintreten. Ebenso kann es durchaus passieren, dass sich Unruhe in der Kabine einschleicht, wenn Spieler wie Nicolo Zaniolo (24), Alex Moreno (30), Leander Dendoncker (28) oder Jacob Ramsey (22) trotz unbestrittenen Qualitäten nicht regelmäßig zum Einsatz kommen. Mit Tielemans gab es zu Saisonbeginn bereits Streitigkeiten, zwischendurch hieß es, der Belgier würde den Verein bereits im Winter wieder verlassen. Inzwischen ist er seit einigen Spielen fester Bestandteil der Startelf. Aber das wird nicht bei jedem Spieler klappen. Hier muss Emery aufpassen, das Rad „keine Rotation“ nicht zu sehr zu drehen und an beiden Enden zu verlieren.

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Lukas Heigl

Liebhaber des britischen Fußballs: Von Brighton über Reading und Wimbledon bis nach Inverness. Ist mehr für Spiele der dritten englischen Liga als für den Classico zu begeistern. Durch das Kommentatoren-Duo Galler/Menuge auch am französischen Fußball interessiert


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