Durchbruch nach FIFA-Transfer-Verbot: So wurde Oscar Bobb Norwegens nächstes Juwel
26. Januar 2024 | Spotlight | BY Antonio Riether
Die Geschichte von Oscar Bobb ist höchst ungewöhnlich. Das 20-jährige Offensivtalent wäre beinahe in Portugal ausgebildet worden, allerdings hatte die FIFA etwas gegen einen frühen Wechsel. So landete Bobb über den wohl steinigeren Weg im Profiteam von Manchester City und erzielte kürzlich seine ersten Treffer für das Starensemble. Ein Porträt über den Youngster, der Pep Guardiola ins Schwärmen bringt.
Oscar Bobb: FIFA machte Porto-Wechsel einen Strich durch die Rechnung
In seiner Geburtsstadt Oslo erlangte Oscar Bobb bereits in jungen Jahren relativ große Berühmtheit. So war er bereits als Kind Protagonist einiger Fernsehreportagen, mit 13 Jahren wurde er etwa vom Sender TV2 begleitet und interviewt. Bobb war bereits ein kleiner Star in der 630.000-Einwohner-Hauptstadt, während er in der Jugendakademie des aktuellen Zweitligisten Lyn 1896 Fotballklubb kickte. Sein Talent blieb auch angesichts der medialen Aufmerksamkeit auch über die norwegischen Landesgrenzen hinweg nicht unbemerkt.
Doch eigentlich war es Bobbs Talent, das die Späher überzeugte. Nach Angaben der portugiesischen Zeitung Expresso, spielte sich der damals 9-Jährige im März 2013 bei einem Fußballturnier an der Algarve mit starken Dribblings und präzisen Abschlüssen in den Fokus der Scouts des FC Porto, die daraufhin Kontakt zu seiner Mutter, der Schauspielerin Turid Gunnes aufnahmen. Im Anschluss soll der FC Porto die Reisen des norwegischen Talents nach Portugal bezahlt haben, wo Bobb seinen designierten neuen Klub besuchte. 2015 folgte der Umzug der alleinerziehenden Mutter und ihres damals 12-jährigen Sohnes nach Portugal.
Damit begann allerdings eine wahre Posse, denn nach Artikel 19 des FIFA-Reglements dürfen Vereine Minderjährige nur im Ausnahmefall verpflichten. So wäre ein Transfer erlaubt, sollten die Eltern des Spielers aus Gründen, die „nicht mit dem Fußball zusammenhängen“, in das Land des neuen Vereins gezogen sein. Die FIFA sah diesen Umstand allerdings nicht gegeben, obwohl Bobbs Mutter darauf pochte, dass sie aufgrund eines persönlichen Kontaktes einen Job an einer Theater- und Tanzakademie im nahgelegenen Vila Nova de Gaia begonnen habe. So lehnte der Weltverband 2016 sämtliche Anträge der Mutter ab, da die Verbindung zwischen dem FC Porto und ihrem Sohn bereits seit 2013 anhielt.
Oscar Bobb com a camisola do Porto 💙🥺 pic.twitter.com/wfbe6GFcyk
— fcporto_.fas (@fcportofas19) January 13, 2024
Oscar Bobb: Rückkehr nach Norwegen und neuer Anlauf in Manchester
Die beiden blieben dennoch in Porto, Anfang 2017 schloss sich der talentierte Bobb der Associação Juvenil Escola de Futebol Hernâni Gonçalves an, woraufhin seine Mutter einen neuen Versuch startete, ihn bei der FIFA anzumelden. Der neue Verein bestritt in der Folge gegenüber dem Weltverband und dem Internationalen Sportgerichtshof in der Schweiz jegliche Verbindungen zum FC Porto, trotzdem gab es letztlich kein grünes Licht und Bobb musste mit seiner Mutter zurück nach Norwegen. Dort angekommen, schloss er sich der Jugendabteilung des damaligen Erstligisten Vålerenga an. Der Traum von der Ausbildung bei einem großen Klub war jedoch lange nicht ausgeträumt.
Denn auch nach seiner Rückkehr nach Oslo machte Bobb da weiter, wo er aufgehört hatte und zeigte fortan bei Vålerenga sein Können. Bei den großen Klubs in Europa stand er nach dem FIFA-Urteil ohnehin hoch im Kurs, weshalb ihn letztlich Manchester City holte. Die Faszination für norwegische Überflieger begann bei den „Cityzens“ also keineswegs erst seit der Verpflichtung Erling Haalands. Im Sommer 2019 wechselte Bobb also mit 16 Jahren auf legalem Weg nach England, um seine Chance von der großen Fußballbühne im zweiten Anlauf wahrzunehmen.
Mehr News und Storys rund um die Premier League
Bereits während seiner Zeit in der Jugendakademie von Manchester City feierte der nur 1,75 Meter hohe Techniker die ersten großen Erfolge, sowohl mit seinen Teams als auch persönlich. In den Spielzeiten 2019/20 und 2020/21 wurde er zweimal englischer U18-Meister, parallel gewann er mit der U23 in der Saison 2020/21 erstmals den Titel der Reserveteams in der Premier League 2, auch wenn er nur zweimal eingesetzt wurde. In den beiden Folgespielzeiten hatte er bei seinem zweiten und dritten Meisterschaft mit der U23 aber umso mehr Anteil. In 60 Pflichtspielen für die City-Reserve sammelte er nicht nur 13 Treffer, sondern bereitete starke 27 Tore vor. So war es nur eine Frage der Zeit, bis er sich eine Etage höher zeigen durfte.
Oscar Bobb: Pep Guardiola schwärmt von seinem „dynamischen“ Angreifer
Pünktlich vor der Asienreise der Manchester-City-Profis legte Sportdirektor Txiki Begiristain Chefcoach Pep Guardiola einen aus seiner Sicht besonderen Spieler ans Herz. „Txiki hat mir am Ende der letzten Saison gesagt, dass Oscar Bobb in der U23 der mit Abstand beste Spieler war, und ich habe gesagt: ‚Okay, er kommt mit nach Japan, um mit uns zu trainieren'“, erzählte der Katalane im Nachgang den Vereinsmedien. Bobb habe „sofort etwas wichtiges gelernt: sich auf seine Teamkollegen zu verlassen“, erinnerte sich Guardiola. „Wenn die Mannschaftskameraden sagen können: ‚OK – dieser Spieler kann bei uns spielen‘, dann ist das der beste Erfolg“, meinte Guardiola über seinen Senkrechtstarter, der offenbar auch innerhalb des Teams gut ankam.
„Sofort“ habe Bobb funktioniert, so Guardiola. „Er ist so dynamisch und kann auf fünf Positionen spielen, Stürmer, rechter Flügel, links, in der Spitze“, meinte der 53-Jährige begeistert, „und seine Arbeitsmoral ist unglaublich“. Das viele Lob ist nicht unbegründet, schließlich entwickelte sich Bobb seit seinem Profidebüt am 2. September stetig weiter. Damals kam er im Premier-League-Spiel gegen Fulham zwar nur für die letzten zwei Minuten ins Spiel, zum Ende des Monats durfte er aber schon 90 Minuten im EFL-Cup gegen Newcastle (0:1) absolvieren, drei Tage später stand er in der Liga 45 Minuten gegen Wolverhampton (1:2) auf dem Platz. So war es nur eine Frage der Zeit, bis Bobb auch Zählbares nachweisen konnte.
Oscar Bobb: Ein Premierentreffer folgt auf den nächsten
Bei seinem dritten Champions-League-Einsatz belohnte sich Bobb am 13. Dezember für seine harte Arbeit mit seinem ersten Treffer für die Profis, als Guardiolas Team mit 3:2 bei Roter Stern Belgrad gewann. Exakt einen Monat später, am 13. Januar 2024, gelang ihm sein bisher wichtigstes und gleichzeitig erstes Premier-League-Tor. Beim Stand von 2:2 wurde er in Newcastle eingewechselt und sicherte seinem Team in der ersten Minute der Nachspielzeit mit seinem 3:2 drei Punkte. Nach einer Flanke von Kevin De Bruyne setzte er sich zunächst auf links gegen Kieran Trippier durch, ehe er mit einer Finte an Keeper Martin Dubravka vorbeikam, um den Ball einzuschieben. „Ein großartiges Gefühl (…) ein lebenslanger Traum und das mit der besten Mannschaft der Welt, das ist unbeschreiblich“, freute sich der 20-Jährige bei TNT Sports nach Abpfiff über seinen Premierentreffer.
Nicht nur bei Manchester City scheint es zu laufen, denn auch mit der norwegischen Nationalelf feierte Bobb erst kürzlich sein Einstand und seinen ersten Treffer. Nachdem er alle Juniorennationalteams seit der U16 durchlaufen hatte, wechselte ihn der ehemalige Köln-Coach Ståle Solbakken Mitte Oktober gegen Zypern für eine knappe halbe Stunde ein. Bei seinem dritten Anlauf war es dann so weit, Mitte November traf er beim 2:0-Testspielsieg gegen die Färöer Inseln selbst und legte einen weiteren Treffer auf. Womöglich tankte der Mann, dessen Vater aus Gambia stammt, bei der Nationalmannschaft bereits die Energie für seine ersten Tore im Trikot der „Skyblues“.
Bei Manchester City ist Bobb aufgrund des verletzungsbedingten Ausfalls seines Landsmanns Haaland aktuell gefragt und wird wohl auch bis zu dessen vollständiger Genesung eine Rolle spielen. Bei der kommenden FA-Cup-Partie bei Tottenham Hotspur stehen die Chancen auf einen Startelfeinsatz des Osloers nicht schlecht, gegen einen Treffer nach einer Einwechslung wie in Newcastle hätte er aber vermutlich auch nichts. Die einzigen, die sich regelmäßig über Bobbs Tore ärgern dürften, wären wohl die Verantwortlichen des FC Porto.
(Photo by OLI SCARFF/AFP via Getty Images)