Spotlight

Leicester, Crystal Palace und Co. – der Abstiegscheck der Premier League

1. März 2023 | Trending | BY Lukas Heigl

Premier League ǀ Stürzt Crystal Palace noch komplett ab? Kann es Leicester tatsächlich erwischen? Und wie machen sich die neuen Trainer? Das ist der Stand im Abstiegskampf der Premier League.

Zunächst sah es in den letzten Wochen so aus, als würde sich das Feld im Abstiegskampf etwas lichten. Einige Mannschaften schienen sich nach oben abzusetzen, Southampton hingegen verlor den Anschluss. Inzwischen ist es jedoch wieder derart eng, dass sich nun sogar neun Teams und damit fast die halbe Liga im Abstiegskampf befinden.

Premier League – Individuell zu stark für den Abstieg?

West Ham United

Die Hammers gehen als großer Favorit in die KO-Spiele der UEFA Conference League. Gleichzeitig befinden sie sich in der heimischen Liga auf Platz 16 mitten im Abstiegskampf. Das zeigt einmal mehr, wie stark die Premier League inzwischen in der Breite ist. Zuletzt lief es für die Mannschaft aus dem Osten Londons jedoch ordentlich. In vier Spielen holte man fünf Punkte, und das, obwohl es das Programm mit Newcastle, Tottenham und Chelsea durchaus in sich hatte.



Viele der Verletzten wie etwa Innenverteidiger Nayef Aguerd (26) kamen nach und nach zurück, die zur Zeit noch ausfallenden Spieler wie Kurt Zouma (28) werden in den nächsten Wochen zurückerwartet. Und so sollte sich am Ende der Saison eigentlich die individuelle Qualität der Hammers durchsetzen und West Ham nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Die einzige Frage ist, ob die – für West Ham wünschenswerten – vielen internationalen Spiele in den kommenden Wochen die Konzentration weg von der Liga richten.

Wolverhampton Wanderers

Bei den Wolves merkt man in den letzten Wochen den positiven Einfluss von Neu-Trainer Julen Lopetegui (56) mehr und mehr. Der Spanier ist eigentlich viel zu gut für den Abstiegskampf, und das zeigt sich sowohl in der Spielweise als auch den Ergebnissen des Teams aus den West Midlands. Abgesehen von einem Ausrutscher gegen Bournemouth (0:1) zeigte man starke Leistungen und holte in vier Spielen sieben Punkte. Vor allem die Partie gegen Liverpool (3:0) war mehr als beeindruckend.

Julen Lopetegui und Ruben Neves von den Wolverhampton Wanderers bejubeln einen enorm wichtigen Erfolg im Abstiegskampf der Premier League gegen Liverpool

(Photo by DARREN STAPLES/AFP via Getty Images)

Vor allem die Winterneuzugänge zeigen, dass sie ihr Geld wert waren. Mario Lemina (29), Pablo Sarabia (30) und Craig Dawson (32) haben sich schnell zu wichtigen Stützen entwickelt. Dazu hat Lopetegui mit Hugo Bueno (20) endlich wieder einem jungen Talent den Weg aus der Jugendakademie zu den Profis geebnet. Der Linksverteidiger spielt unter seinem spanischen Landsmann sehr regelmäßig. Ein Punkt, der vor allem die Fans sehr begeistert.

Leicester City

Kurz sah es so aus, als könne man die Foxes aus dem Abstiegskampf bereits raus nehmen. Den Februar startete man mit zwei Siegen bei Aston Villa (4:2) und zu Hause gegen Tottenham (4:1). War der Erfolg in Birmingham noch eher glücklich, spielte Leicester die Spurs regelrecht an die Wand und gewann auch in der Höhe absolut verdient. Auch wenn die folgenden Niederlagen gegen Manchester United (0:3) und Arsenal (0:1) gegen die beiden aktuell wohl besten Teams der Liga waren, ist Leicester dadurch mit drei Punkten Vorsprung auf Platz 18 weiter in Abstiegsgefahr.

Mehr News und Storys rund um die Premier League

Ähnlich wie bei den Wolves zeigen sich auch bei den Foxes die Neuzugänge des Januars als echte Verstärkungen. Harry Souttar (24) ist sofort Stammspieler geworden und stabilisiert die Abwehr sichtlich. Linksverteidiger Victor Kristiansen (20) scheint bereits jetzt den Zweikampf gegen Luke Thomas (21) für sich entschieden zu haben. Und offensiv ist Tete (23) endlich der dribbelstarke, schwer vom Ball zu trennende Rechtsaußen, den Leicester seit dem Abgang von Riyad Mahrez (32) gesucht hat. Mit diesen Neuzugängen sowie dem davor schon individuell starken Kader sollte für Leicester der Klassenerhalt nur noch Formsache sein.

Individuell schwach, aber mit der richtigen Spielweise?

Nottingham Forest

Eine Mannschaft, die in den letzten Wochen wieder etwas eingebremst wurde, ist Nottingham Forest. Nachdem die Reds nach der WM-Pause mit elf Punkten aus sechs Spielen gestartet waren und man schon denken konnte, die Mannschaft hätte sich aus dem Abstiegskampf verabschiedet, setzte es aus den letzten drei Spielen zwei Niederlagen. Der einzige Punkt kam äußerst schmeichelhaft gegen Manchester City zustande (1:1). Vor allem die Niederlage bei West Ham im letzten Spiel tat weh (0:4). Dennoch steht die Mannschaft von Trainer Steve Cooper (43) nach wie vor gut da.

Keylor Navas beim Abschlag. Der Keeper ist ein extrem wichtiger Faktor für Nottingham Forest im Kampf um den Klassenerhalt in der Premier League

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Das liegt zu einem nicht unerheblichen Teil auch an den Neuzugängen, die im Januar dazu kamen. Gleich sechs konnten sich schnell in der Startelf etablieren. Der mit Abstand beste Neuzugang ist Keylor Navas (36). Der Costa-Ricaner zeigt durchweg herausragende Leistungen und gehört ohne Frage zu den besten fünf Keepern der Liga. Immer lauter wird die Frage danach, wie ein solch starker Spieler im englischen Abstiegskampf landen konnte. Navas könnte am Ende des Tages der große Unterschiedsspieler für Forest im Vergleich zur Konkurrenz sein, der durch seine individuelle Qualität Punkte im Alleingang sichert.

Everton FC

Bei den Toffees herrscht Aufbruchsstimmung. Verantwortlich dafür ist ein Mann: Sean Dyche (51). Seit der Engländer Ende Januar den Trainerjob übernommen hat, sind Mannschaft und Fans, die sich in den letzten Jahren sehr voneinander entfernt hatten, wieder sichtlich zusammengerückt. Das lag sicherlich auch daran, dass man direkt im ersten Spiel Tabellenführer Arsenal schlagen konnte (1:0). Durch diesen Sieg war die Stimmung sofort positiv, was die weitere Arbeit für Dyche leichter machte.

In den vier Spielen unter dem ehemaligen Burnley-Trainer gab es zwei Siege und entsprechend sechs Punkte. Neben dem Erfolg gegen Arsenal war auch der Triumph gegen den direkten Konkurrenten aus Leeds (1:0) enorm wichtig. Mit dem Ball ist zwar auch weiterhin wenig Konzept erkennbar, dafür gegen den Ball umso mehr. Everton steht gut gestaffelt, jeder Spieler kennt seine Rolle. Situativ wird hoch gepresst, vor allem zu Hause. Insgesamt zeigt sich bereits nach wenigen Wochen die klare Handschrift von Dyche, die die Toffees durchaus bis zum Klassenerhalt tragen kann.

AFC Bournemouth

Eine Mannschaft, von der niemand so wirklich versteht, warum sie noch nicht längst abgeschlagen am Tabellenende steht, ist der AFC Bournemouth. Die Cherries haben trotz solider Investitionen im Januar nach wie vor den individuell schwächsten Kader der Liga. Dennoch gelingt es dem Team von der englischen Südküste immer wieder, überraschende Punkte zu holen. In den letzten vier Spielen gelang das etwa zu Hause gegen Newcastle (1:1) oder in Wolverhampton (1:0). Auch in Brighton war man nah dran an einem Remis, kassierte erst kurz vor Schluss das 0:1.

Bei den Cherries haben im Gegensatz zu den meisten direkten Konkurrenten die Wintertransfers noch nicht eingeschlagen. Dango Ouattara (21), Antoine Semenyo (23) und Hamed Junior Traore (23) kommen zwar regelmäßig zum Einsatz, null Tore und zwei Vorlagen sind für die drei Offensivspieler zusammen jedoch eine sehr magere Ausbeute. Der teuerste Neuzugang, Innenverteidiger Ilya Zabarnyi (20), laboriert an einer Knöchelverletzung und kam noch gar nicht zum Einsatz. Können sich die Neuzugänge in den nächsten Wochen integrieren, könnte der vor der Saison nicht für möglich gehaltene Klassenerhalt tatsächlich klappen.

Individuell ordentlich, aber zu wenig Ruhe?

Southampton FC

Die Saints sind das erste Team im heutigen Artikel, das seit dem letzten Bericht den Trainer ausgetauscht hat. Im Falle der Südengländer war es bereits der zweite Trainerwechsel in dieser Saison. Erst Mitte November hatte Nathan Jones (49) von Ralph Hasenhüttl (55) übernommen. Doch mit dem Waliser, der zuvor in Luton gut gearbeitet hatte, klappte es überhaupt nicht. In der Premier League holte man nur einen Sieg aus acht Spielen, die anderen sieben gingen allesamt verloren.

Ruben Selles, neuer Trainer von Southampton, jubelt über den Sieg bei Chelsea

(Photo by Stu Forster/Getty Images)

Nun steht Ruben Selles (39) an der Seitenlinie. Der Spanier kam im Sommer 2022 als Co-Trainer zu den Saints, machte sich als Interimstrainer nach der Entlassung von Jones gut und darf nun bis Saisonende zeigen, was er kann. Daher kann man über den Zustand der Saints wenig sagen, da es sehr auf Selles ankommt. Im ersten Spiel gewann man bei Chelsea (1:0), doch wer macht das dieser Tage nicht? In Leeds gab es dann direkt einen herben Dämpfer (0:1). Und so ist Southampton weiterhin Tabellenletzter, der Rückstand auf das rettende Ufer beträgt vier Punkte.

Leeds United

Die Whites sind der zweite Verein mit neuem Trainer. Nicht ganz ein Jahr war Jesse Marsch (49) im Amt, ehe eine Serie von sieben sieglosen Spielen zu seiner Entlassung führte. Nachfolger ist Javi Gracia (52). Der Spanier, zuletzt bei Al-Sadd in Katar tätig, hat bereits Premier-League-Erfahrung. Ab Anfang 2018 war er eineinhalb Jahre Cheftrainer bei Watford. Mit den Hornets schaffte Gracia zweimal den Klassenerhalt und zog sogar einmal ins FA-Cup-Finale ein. Nach nur einem Punkt aus den ersten vier Spielen wurde er Anfang September 2019 entlassen.

Ob der Trainer auch mit Leeds den Klassenerhalt schaffen kann ist indes sehr unsicher. Er gewann zwar seine erste Partie gegen Southampton (1:0), doch der harte Restspielplan (acht der verbleibenden 14 Gegner spielen um Europa) in Verbindung mit dem immer noch dünnen Kader machen Sorgen. Auch die Winterneuzugänge konnten hier kaum Abhilfe schaffen. Maximilian Wöber (25) ist zwar Stammspieler, besser als die anderen Innenverteidiger präsentiert sich der Österreicher jedoch nicht. Weston McKennie (24) und Georginio Rutter (20) kommen bisher über den Status eines Rotationsspielers nicht hinaus.

Crystal Palace

Die Eagles sind die eine Mannschaft, die im Vergleich zum letzten Bericht im Abstiegskampf neu dabei ist. Das Team aus dem Süden Londons hielt sich im zweiten Jahr unter Trainer Patrick Vieira (46) lange Zeit schadlos im Mittelfeld der Tabelle. Zuletzt ging jedoch kaum noch etwas. Keines der letzten sieben Spiele konnte gewonnen werden, nur vier Punkte holte man. Und so steht Palace inzwischen nur noch fünf Punkte vor einem Abstiegsplatz. Auch für Vieira selbst könnte es bald eng werden, ging man im Verein doch davon aus, in dieser Saison eher einen Schritt nach vorne als einen zurück zu machen.

Wilfried Zaha ist entsetzt, dass Crystal Palace im Abstiegskampf angekommen ist

(Photo by Richard Heathcote/Getty Images)

Individuell ist der Kader eigentlich deutlich zu stark besetzt für den Abstiegskampf. Das Innenverteidiger-Duo Joachim Andersen (26) und Marc Guehi (22) gehört zu den besten der Liga, in der Offensive hat man mit Eberechi Eze (24) und Michael Olise (21) hochinteressante Spieler und mit Wilfried Zaha (30) einen waschechten Superstar in seinen Reihen. Dennoch wollte es zuletzt nicht mehr klappen. Der auslaufende Vertrag von Zaha scheint den kompletten Verein zu paralysieren. Und so bleibt abzuwarten, ob die Eagles rechtzeitig den Schalter umlegen können und in den „Modus Abstiegskampf“ gehen können.

(Photo by Clive Brunskill/Getty Images)

Lukas Heigl

Liebhaber des britischen Fußballs: Von Brighton über Reading und Wimbledon bis nach Inverness. Ist mehr für Spiele der dritten englischen Liga als für den Classico zu begeistern. Durch das Kommentatoren-Duo Galler/Menuge auch am französischen Fußball interessiert


Ähnliche Artikel