Allein acht Spiele im April: Wird das Programm zum „Feind“ von Manchester City im Kampf um die Titel?
30. März 2023 | Spotlight | BY Manuel Behlert
Als Fußballprofi oder -trainer strebt man jederzeit nach dem größtmöglichen Erfolg. Manchester City und Trainer Pep Guardiola haben kurz vor dem Beginn der Schlussphase der Spielzeit 2022/23 die Möglichkeit, eine Saison der Superlative zu spielen. In der Premier League, der Champions League und im FA-Cup winkt Silberware. Noch sind aber viele Hürden zu überspringen. Und das in einer extremen Taktung.
Wer sich auch nur ein bisschen mit Pep Guardiola (52) beschäftigt, der weiß, dass der spanische Fußballlehrer ein Perfektionist ist, immer den nächsten Erfolg und den nächsten Entwicklungsschritt im Blick hat. In der Restphase der aktuellen Spielzeit könnten für Guardiola und Manchester City noch drei Titel herausspringen. Ein Team mit der Qualität der Skyblues und einem solch erfahrenen Trainer gehört jederzeit zu den Favoriten auf den Titel. Doch die besondere Saison bringt auch ein besonderes Ende mit sich.
Manchester City: Das Programm als Faktor
In der Länderspielpause, der letzten in dieser Saison, flogen etliche Spieler von Manchester City zu ihren Nationalmannschaften, trainierten, spielten, reisten dort. Die Belastung blieb hoch, gleichzeitig ist das nur ein Vorgeschmack auf das, was auf die Spieler wartet. Manchester City hat nämlich ein nahezu absurdes Programm zu absolvieren. Das hat sich das Team selbst eingebrockt. Die Saison 2022/23 ist aufgrund mehrerer Gegebenheiten eine kuriose. Die Weltmeisterschaft mitten im Winter sorgte für Anpassungen des Spielkalenders. Die Premier League ging damit besonders radikal um. Kurz vor dem Start des Turniers pausierte der Ligabetrieb, nur wenige Tage nach dem Endspiel startete der Carabao-Cup, danach die Liga.
Hinzu kam der Tod der Queen im Jahr 2022, wodurch ein kompletter Spieltag abgesagt werden musste. Nachholspiele wurden terminiert, kollidierten aber wiederum mitunter mit anderen Partien. Die Folge war ein immenses Durcheinander, eine Tabelle, bei der zur Einordnung permanent die Anzahl der Spiele der Konkurrenten mit einbezogen werden musste. Und Manchester City? Eilte von Spiel zu Spiel und hielt sich abgesehen vom Carabao Cup, der ohnehin nicht als der wichtigste Wettbewerb in England angesehen wird, alle Optionen offen. Das hat Folgen, denn mit dem 1. April und dem Spiel gegen den FC Liverpool in der Premier League startet ein Mammutprogramm.
Die erste Woche ist noch ruhig, ja fast entspannt. Nach dem Spiel gegen die Reds hat Manchester City sieben Tage Zeit, dann steht das Duell mit Southampton auf dem Programm (8.4.). Drei Tage später kommt der FC Bayern in das Etihad Stadium, wieder nur vier Tage später gastiert Leicester City in Manchester. Es folgen die Auswärtsreise nach München (19.4.) und das Halbfinale im FA-Cup gegen Sheffield drei Tage später. Das angedachte Spiel gegen Brighton musste sogar verschoben werden, weil am 26. April der FC Arsenal im Etihad vorbeischaut. Vier Tage später geht es ins Craven Cottage zu Fulham. Der Mai könnte ähnlich spannend werden, sechs Spiele kommen sicher auf das Guardiola-Team zu, das Weiterkommen in den Pokalwettbewerben könnte den Plan erneut verkomplizieren.
Spitzenspiel gegen ein ausgeruhteres Arsenal
Bisher absolvierten die Skyblues in dieser Saison 43 Pflichtspiele. Hinzu kommen einige Spieler, die mehr als nur eine handvoll Spiele bei der Weltmeisterschaft, quasi ohne wirkliche Vorbereitung, sammelten. Trotz Rotation und einigen Partien, in denen die Guardiola-Elf die Chance hatte, das Tempo etwas früher aus dem Spiel zu nehmen, machten sich Auswirkungen der fehlenden Ruhephasen bemerkbar. 30 Siege in der bisher extrem stressigen Saison sprechen für die enorme Qualität im Kader des Teams, aber es gab sie eben, die kleinen Leistungsdellen, die Spiele, in denen ein paar wenige Prozentpunkte fehlten. Ein 1:1 bei Aston Villa, ein 1:1 gegen Everton, ein 1:1 bei Nottingham: Das waren die Spiele, die für minimale Rückschläge sorgten.
Weitere Partien, in denen es am letzten Funken Konzentration und/oder Konsequenz fehlt, kann sich die Mannschaft nicht erlauben. Bei einem absolvierten Spiel weniger hat Manchester City gegenwärtig acht Punkte Rückstand auf den FC Arsenal, der ausschließlich noch in der Premier League zu tun hat. Arsenal kann sich auf fast jedes Spiel zumindest fünf bis sechs Tage lang vorbereiten. Und hat zwei Spiele weniger vor dem direkten Duell auf dem Programm. Das kann den Gunners helfen, anders als im Hinspiel am Ende womöglich doch den längeren Atem zu haben. Zumindest in der Premier League besteht also die Wahrscheinlichkeit, dass der Spielplan einen Einfluss auf den Ausgang der Saison haben kann.
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Manchester City: Serie mit offenem Visier?
Gleichzeitig ist hier immer noch die Rede von Manchester City. Einem Team, das auch bei einem Rückstand in der Tabelle der Premier League einfach so eine Serie von zehn Siegen nacheinander starten und in einen maschinenartigen Modus schalten kann. Manchmal gibt diese Mannschaft dem Kontrahenten eine Phase der Hoffnung, nur um diese dann sofort wieder einzureißen, weil sich über einige Wochen hinweg dann doch die Qualität bemerkbar macht. Wenn Kevin de Bruyne (31) einen Traumpass nach dem anderen spielt und Erling Haaland (22) die Bälle mehrfach so vor die Füße fallen, dass er sie mit seiner unbeschreiblichen Qualität in das Netz wuchten kann. Wenn Guardiola seiner Mannschaft mit auf den Weg gibt, dass sie an sich glauben soll, dass sie Stärken hat wie sonst kein anderes Team. Genau dann können die Skyblues in ihren gefürchteten Modus schalten, in dem sie alles und jeden aus dem Weg räumen.
Offen bleibt allerdings in dieser Saison die Frage, ob die Umstände eine solche Serie zulassen. Haaland musste sich zuletzt mit einer Verletzung abmelden, sein Comeback ist noch offen. Auch Phil Foden (22) muss derzeit passen, nachdem er sich einer Blinddarm-OP unterziehen musste. Die Zeit, kleinere Wehwehchen auszukurieren oder Spieler langsam heranzuführen, gibt es in den letzten Wochen der Saison nicht. Und genau deswegen könnte nicht Arsenal, der FC Bayern oder Real Madrid, sondern das Programm per sé der größte Gegner der Cityzens sein.
(Photo by OLI SCARFF/AFP via Getty Images)
Manuel Behlert
Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.