Manchester-Derby: Der es ist und der es gern wäre
30. Oktober 2023 | Spotlight | BY Michael Bojkov
Das 190. Manchester-Derby wurde zur glasklaren Angelegenheit für ManCity. Die Skyblues feierten einen 3:0-Sieg gegen Stadtrivale ManUnited, dessen Trainer Erik ten Hag einiges sah, was ihm gefiel – allerdings nicht von seiner Mannschaft.
In Manchester zeigt der Feind, wie man es selbst gern hätte
Neid auf den Erzfeind würden die allermeisten aus dem Geschäft wohl als Sünde verteufeln. Erik ten Hag (53) aber dürfte genau das gefühlt haben, als er sah, wie Manchester City seine Mannschaft mit 3:0 besiegte. Als er sah, wie jeder Spieler in Skyblue immer mindestens zwei Anspieloptionen in direkter Nähe hatte. Als er er sah, wie der Gegner Pass um Pass spielte, und das in einem sehr hohen Temo. Warum Neid? Weil genau das der Fußball ist, den der Niederländer eigentlich liebt und ihn auch bei früheren Stationen, zuletzt sehr erfolgreich in Amsterdam, hat spielen lassen.
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Einen schön anzusehenden Ballbesitzfußball, den wollte der 53-Jährige auch im roten Teil Manchesters etablieren. In seiner ersten Saison war vieles neu, Manchester United labil und das Spielermaterial nicht das richtige. Zauberfußball im Old Trafford, das war 2022/23 ein Ereignis ferner Träume. In der Rückserie stabilisierte ten Hag die Red Devils mit einem pragmatischen Ansatz, schaffte die Champions-League-Qualifikation.
Im Sommer kamen neue Spieler, die Mannschaft hatte erste Gesichtszüge, die denen des Trainers auch wirklich ähnelten. In André Onana (27) bekam ten Hag einen mitspielenden Torhüter, in Sofyan Amrabat (27) einen spielstarken Sechser und in Rasmus Höjlund (20) einen Stürmer, der Bälle festmachen und sie verwerten kann. Ergänzend zum bereits bestehendem Spielermaterial – etwa einem Lisandro Martínez (25) oder Bruno Fernandes (29) – verfügt der ehemalige U23-Coach des FC Bayern in dieser Saison über einen Kader, mit dem sich auch spielerische Elemente einstudieren und etablieren ließen.
Davon sichtbar ist bislang jedoch wenig bis gar nichts – und wenn überhaupt, dann nur gegen deutlich schwächere Mannschaften. Gegen stärkere Gegner beschränkt sich die Herangehensweise auf das Spiel gegen den Ball und Konter, eine spielerische Weiterentwicklung zur Vorsaison ist kaum erkennbar. Trotz widriger äußerer Umstände und gewohnt vieler Nebenkriegsschauplätze kann das nach über einem Jahr Amtszeit und einem auf ihn zugeschnittenen Kader gewiss nicht der Anspruch ten Hags sein.
Michael Bojkov
Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 im Team. Hat unter anderem das Champions-League-Finale 2024 und die darauffolgende Europameisterschaft vor Ort für 90PLUS begleitet.