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Premier League | Gelungene Kollektivperformance schlägt Fehleranfälligkeit – Die Einzelkritik zu Arsenals Sieg bei Chelsea

21. April 2022 | Spotlight | BY Victor Catalina

News | Etwas überraschend gewann Arsenal das Nachholspiel des 25. Premier League-Spieltags am Mittwochabend 4:2 an der Stamford Bridge bei Chelsea. Die Akteure in der Einzelkritik.

Spektakel vor der Pause, Arsenal zieht mit Tottenham gleich

Nachdem sich Chelsea in der Anfangsphase aktiver zeigte, ging Arsenal durch einen individuellen Aussetzer von Andreas Christensen in Führung, Eddie Nketiah schob zum 0:1 ein. Lediglich vier Minuten später glich Timo Werner aus. Noch vor der 30-Minuten-Marke holte sich Arsenal die Führung durch einen herausragenden Spielzug von hinten nach vorne, vollendet von Emile Smith Rowe, wieder zurück.

 



 

Allerdings hatte auch diese Führung nur vier Minuten Bestand, César Azpilicueta stellte am kurzen Pfosten auf 2:2. Nach der Pause machten die Gunners durch abermals Nketiah und Bukayo Saka vom Punkt alles klar. Damit ziehen sie in der Tabelle mit dem viertplatzierten Nordlondoner Rivalen Tottenham, der vergangenes Wochenende Brighton 0:1 unterlag, gleich. Die Einzelkritik zum Spiel.

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Chelsea FC: Schwarzer Abend für Christensen und Sarr – Werner überzeugt

Edouard Mendy: War zur Stelle, wenn er gebraucht wurde. Da das selten der Fall war, erlebte der Senegalese einen recht ruhigen Abend. Bei den Gegentoren machtlos. Makel: Seine Abschläge waren heute nicht immer präzise. Note: 3,5

Reece James: Ließ sich zu leicht überspielen, war beim Gegentor zum 1:2 (27.) nicht nah genug am Mann. Wurde im Laufe der zweiten Halbzeit auf seine starke Position als rechter Schienenspieler beordert, konnte von dort aus auch seine offensiven Qualitäten zu Geltung bringen, wenngleich seine Flanken nicht immer präzise waren. Note: 4,0

Andreas Christensen (bis 46.): Riesenpatzer vor dem frühen 0:1 (13.), als er Nketiah die Kugel ungewollt auflegte. Auch sonst fahrig, nie nah genug am Gegner. Wurde zur Pause ausgewechselt – und das nicht ganz zu unrecht. Note: 5,5

Malang Sarr: War beim Gegentor zum 1:2 nicht nah genug am Mann, hatte auch am 2:3 (57.) seine Aktien. In den Zweikämpfen nicht griffig genug und fahrig. Symptomatisch: Seine wohl beste Aktion war ein taktisches Foul, mit dem er einen gefährlichen gegnerischen Angriff unterband. Note: 5,5

Cesar Azpilicueta: Las die Situation und lief seinem Manndecker im richtigen Moment davon, um das 2:2 zu erzielen (32.). Zudem in der Defensive noch der sicherste „Blue“ an diesem Abend. Allerdings unterlief auch ihm ein dicker Schnitzer, als er vor dem 2:3 die Kugel dem Gegner leichtsinnig in die Füße spielte. Note: 3,5

N’Golo Kanté: Im Pressing schlampig, auch sonst nicht nah genug am Mann, oft zu spät. Er trug mindestens eine Mitschuld dafür, dass es vier Gegentore hagelte. Nicht sein Abend. Note: 5,0

Ruben Loftus-Cheek: Sehr starke Anfangsphase. Eroberte viele Bälle in höheren Zonen, leitete so eine gute Chance und den Ausgleichstreffer ein. Ließ mit der Zeit etwas nach, war auch nicht immer griffig genug in den Zweikämpfen. Dennoch einer der Besten aufseiten der „Blues“. Note: 3,0

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Photo by Justin Setterfield/Getty Images

Marcos Alonso (bis 81.): War offensiv sehr bemüht. Suchte stets den Abschluss und wurde auch das ein oder andere Mal gefährlich. Rochierte auch immer wieder mit Werner und bot sich im linken Halbraum an. Dafür einmal mehr mit Mängeln gegen den Ball: Ließ sich oft ausspielen, sah gegen Saka phasenweise kein Land. Note: 4,0

Mason Mount: Einer der Aktivposten in der Offensive. Initiierte viel, suchte aber auch selbst den Abschluss. Zudem mit einer starken Vorlage zum 2:2. Großes Aber: Mount hätte Gelb sehen müssen, nachdem er Tavares schmerzhaft traf (22.), hatte in der Schlussphase sogar Glück, für ein weiteres rüdes Foulspiel nicht vom Platz zu fliegen (84.). Auf den Friedensnobelpreis hätte er an diesem Abend keine Chance gehabt. Note: 3,0

Romelu Lukaku (bis 60.): Ein guter Abschlussversuch und ein hoher Ballgewinn in der Anfangsphase, danach: nichts mehr. Nada. Der Belgier hing völlig in der Luft, war überhaupt nicht ins Spielgeschehen eingebunden. Konnte sich nach dem Seitenwechsel zumindest etwas besser beteiligen, die Auswechslung nach 60 Minuten war jedoch mehr als gerechtfertigt. Note: 5,0

Timo Werner: Nach für ihn schwieriger Anfangsphase biss sich der Deutsche voll rein und erzielte den Ausgleich (17.). Auch in der Folge zeigte sich Werner spielfreudig, beteiligte sich gut am Kombinationsspiel, wich auch immer wieder auf den linken Flügel aus, war so für den Gegner unberechenbar. Der gefährlichste und zugleich beste „Blue“ an diesem Abend. Note: 2,5

Einwechslungen von Chelsea

Thiago Silva (ab 46. für Christensen): Nach seiner Einwechslung wirkte die Dreierkette zumindest einen Tick sattelfester. Silva sicherte oft als letzter Mann ab, hatte jedoch am Gegentor zum 2:3 jedoch seine Aktien. Note: 4,0

Kai Havertz (ab 60. für Lukaku): Wurde für den blassen Lukaku eingewechselt. Viel mehr als der Belgier konnte Havertz jedoch auch nicht ausrichten. Beteiligte sich hin und wieder ordentlich am Kombinationsspiel, gewann den ein oder anderen Offensivzweikampf – das war es dann aber auch. Note: 4,0

Hakim Ziyech (ab 81. für Alonso): keine Bewertung

Thomas Tuchel: Keine Spielkontrolle, ineffizientes Pressing und damit ein Gegner, der praktisch mit jedem Umschaltmoment gefährlich wurde. Die vier Gegentore kamen nicht von irgendwoher. Es war ein Spiel, das so ganz und gar nicht dem Gusto Tuchels entspricht. Dass er selbst daran Mitschuld trug, gestand er offen und ehrlich im Nachgang des Spiels. So hätte er etwa einen Jorginho bringen können, um mehr Kontrolle und Ballsicherheit im Mittelfeld zu erlangen. Immerhin: Der Gedanke, Christensen und Lukaku nach einer schwachen ersten Halbzeit früh rauszunehmen, war kein schlechter. Auch, dass er Reece James im Laufe der zweiten Halbzeit auf seine starke Position als rechter Schienenspieler beorderte, ergab Sinn. So erzeugten die „Blues“ auch vom rechten Flügel aus mehr Gefahr. Dennoch: Die Niederlage geht auch auf seine Kappe. Note: 4,5

Michael Bojkov

Arsenal FC: Saka und Nketiah runden die gelungene Kollektivperformance ab

Aaron Ramsdale: Beim Gegentreffer zum 1:1 ist er nicht aus der Verlosung zu nehmen. Zudem hätte er in Minute 64 mit einer missglückten Klärungsaktion das 3:2 für Chelsea verschuldet. Aber auch mit einigen starken Szenen im Herauslaufen. Gemischter Abend für den Keeper der Gunners. Note: 3,0.

Ben White: Klärte in Minute 64 gegen den abstaubenden Marcos Alonso. Ansonsten war die wilde Partie naturgemäß nichts für die Defensiven. Note: 3,5.

Rob Holding: Ein unauffälliges Spiel von Arsenals Innenverteidiger, was bei einer solch spektakulären Partie bei weitem keine Selbstverständlichkeit ist. Note: 2,5.

Gabriel Magalhães: Größtenteils sicher, wenngleich er vor dem 2:2 zu zögerlich agierte, Azpilicueta die Innenbahn anbot und so den Gegentreffer nicht mehr verhindern konnte. Note: 2,5.

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Photo by GLYN KIRK/AFP via Getty Images

Bukayo Saka (bis 90’+5): Wie gewohnt einer von Arsenals Besten. Ständiger Gefahrenherd auf der rechten Seite. Leitete mit einem gelungenen Dribbling eine Topchance für Eddie Nketiah ein (24′), drei Minuten später kombinierte er sich mit Ødegaard und Smith Rowe zum 1:2. Zudem in der 91. Minute maximal geschickt, wobei der Vorwurf eher beim Schiedsrichter-, respektive VAR-Team liegt, die Szene korrekt aufzuklären. Den Elfmeter verwandelte er souverän. Note: 2,0.

Mohamed Elneny: Souverän und abgeklärt sicherte der Ägypter Granit Xhaka ab, sodass dieser mehr ins Risiko gehen konnte. Nicht spektakulär, aber äußerst effektiv. Note: 2,5.

Granit Xhaka: Leitete mit einem gewagten Solo den Treffer von Emile Smith Rowe ein (27′), fälschte die Kugel vor dem 1:1 allerdings noch äußerst unangenehm für Ramsdale ab. Ansonsten immer wieder mit Risiko, aber auch defensiv aufmerksam Note: 2,5.

Nuno Tavares: Viel in das Offensivspiel eingebunden. An der Entstehung des 2:3 beteiligt, ließ die Entscheidung aus guter Position Minuten vor dem 2:4 liegen. Bei den beiden Gegentreffern ohne Aktien. Note: 3,0.

Martin Ødegaard: Vor allem in der ersten Hälfte offensiv enorm auffällig, leitete Arsenals Kapitän immer wieder clever und mit viel Übersicht Spielzüge ein. So wie vor dem 1:2, als er Emile Smith Rowe bediente. In Minute 45 hätte er einen weiteren Assist bekommen können. Diesmal verzog Smith Rowe allerdings. Nach der Pause machte Chelsea vermehrt Druck, weshalb der Norweger zu weniger Aktionen kam. Note: 3,0.

Emile Smith Rowe (bis 75′): Brachte Arsenal mit viel Gefühl zum zweiten Mal in Führung. Etwas mehr davon hätte nach seinem herausragenden Dribbling auch in Minute 45 nicht geschadet, so blieb es bei „nur“ einem Treffer für Arsenals Nummer 10. Mit 32 Prozent Ballbesitz war er zumeist in der Defensive gefordert, erledigte seine Aufgabe jedoch auch dort souverän. Note: 2,0.

Eddie Nketiah (bis 70′): In den letzten Partien hatte Arsenal allzu oft zu viel Verschnitt. Diesmal zeigte sich die Offensive, allen voran Eddie Nketiah, wesentlich konsequenter. Das Geschenk von Andreas Christensen nahm er dankend an, zudem setzte er vor dem 2:3 klasse nach und war in der Schlussphase nur eine Fußspitze von seinem Dreierpack entfernt. Note: 2,0.

Auswechslungen von Arsenal:

Gabriel Martinelli (ab 70′): Kam 20 Minuten vor Schluss für Nketiah, um noch etwas Tempo ins Spiel zu bringen. Ein ähnlicher Lauf wie 2020, als er über zwei Drittel des Feldes sprintete und souverän einschob, gelang ihm diesmal nicht. Dennoch hielt er Chelseas Verteidiger mit seiner Präsenz davon ab, es sich in der Schlussphase zu bequem in der gegnerischen Hälfte zu machen. Note: 3,0.

Cédric Soares (ab 75′): Der in Singen am Bodensee geborene Außenverteidiger ersetzte in der Schlussviertelstunde Smith Rowe. Acht Minuten vor Ende der regulären Spielzeit setzte er sich robust aber fair gegen Malang Sarr durch, zögerte allerdings zu lange mit dem Abspiel, sodass die Szene – anders, als gut 24 Stunden zuvor bei Liverpools Führungstreffer gegen Manchester United – ungenutzt versandete. Ansonsten äußerst aktiv im Offensivspiel. Auch defensiv ließ er sich nichts zu Schulden kommen. Note: 2,5.

Alexandre Lacazette (ab 90’+5): Mit ihm nahm Arteta noch etwas Zeit von der Uhr. In der einen Minute, die er auf dem Feld stand, sammelte Lacazette ganze vier Ballkontakte. Eine seriöse Bewertungsgrundlage lässt sich daraus nicht basteln. Note: ohne Bewertung.

Mikel Arteta: Man kann schwer sagen, er hätte Thomas Tuchel „ausgecoacht“. Sicher, seine Mannschaft war giftig, griffig und sehr gut auf Spiel und Gegner eingestellt. Die Umstellung von Dreier- auf Viererkette hat auch für mehr Stabilität gesorgt. Dennoch mussten sie gegen ein indisponiertes Chelsea lediglich ihre Umschaltsituationen sauber ausspielen und defensiv nicht zuviel Schlagseite entwickeln. Beides war – vor allem nach der Pause – der Fall. Auch seine Wechsel ergaben durchaus Sinn. Cédric leitete noch eine Topchance ein, Martinelli war allein durch sein Tempo – und die Tatsache, dass sein Sololauf von 2020 durchaus noch in den Köpfen der Spieler präsent sein dürfte – eine ständige Bedrohung. Stand ob drei Niederlagen in Folge zuletzt unter Druck, könnte mit diesem Sieg jedoch das Momentum vor den beiden Schlüsselspielen um die Champions League gegen Manchester United und bei West Ham wieder auf seine Seite ziehen. Note: 2,5.

Jonathan Moss: Die Entscheidung, Mason Mount für sein Foul an Cédric nicht vom Platz zu stellen, übertrafen sein Team und er nur dadurch, dass der Elfmeter nicht von Stockley Park überprüft wurde. Im Vorfeld der Elfmeterszene schaute er sich zudem die Rudelbildung im Oldschool-Sportlehrer-Stil an, entschied dort noch korrekt auf Gelb für Azpilicueta und Gabriel. Dennoch sollte man sich auf diesem Niveau nicht zwei solche Aussetzer leisten. Note: 5,0.

Spielnote: „Vogelwild“ nannte Thomas Tuchel die Partie und traf damit den Nagel auf den Kopf. Es war ein Spiel, dass nachhaltig von Fehlern geprägt und deshalb auch – vor allem vor der Pause – äußerst unterhaltsam war. Zwar nicht so hochklassig, wie die beiden Partien zwischen Manchester City und Liverpool, dennoch ein Spitzenspiel, das seinem Anspruch durchaus gerecht geworden ist, mit einem überraschenden, aber keineswegs unverdienten Sieg für Arsenal. Note: 2,0.

Victor Catalina

Photo by Mike Hewitt/Getty Images

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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