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Premier League | Stürzt Arsenal ManCity vom Thron? Das Expertenpanel zum Saisonstart

11. August 2023 | Spotlight | BY 90PLUS Redaktion

Am Freitag startet die Premier League. Kann Arsenal Manchester City vom Thron stürzen? Wer steigt ab? Unsere Experten diskutieren.

Vor dem Start der Saison 2023/2024 haben wir uns mit Adam Bate, der für Sky Sport UK über die Premier League berichtet, sowie Uli Hebel, Kommentator und Co-Host des Podcasts KlickNRush, unterhalten. Für 90PLUS antwortete Chris McCarthy.



Premier League 2023/2024: Lässt ManCity nach? Ist Arsenal stärker?

Zugegeben, es dauerte einige Monate, bis Manchester City 2022/2023 auf allen Zylindern lief. Mit dem Jahreswechsel aber erreichten die Cityzens unter Pep Guardiola ein ganz neues Level, erstickten jeden Gegner mit maschinenartiger Präzision und holten das langersehnte Triple. Gibt es Hoffnung für die Konkurrenz, dass ManCity kommende Saison nachlassen könnte?

Adam Bate: Pep Guardiola hat bewiesen, dass er unermüdlich und schonungslos ist. Es ist daher schwer vorstellbar, dass das Niveau bei Manchester City sinken wird, aber es gibt Herausforderungen: Sie haben ihren torgefährlichsten Flügelspieler (Riyad Mahrez) und ihren torgefährlichsten Mittelfeldspieler (Ilkay Gündogan) verloren. Die schlechte Nachricht für die Konkurrenz ist, dass man sich 2023 vor allem darauf konzentriert hat, das Aufbauspiel aus der Abwehr heraus zu perfektionieren und die Mannschaft nun voller starker Innenverteidiger ist. Guardiola scheint erkannt zu haben, dass sein Team zu verwundbar geworden ist. Daher ist zu erwarten, dass City wieder robust sein wird.

Uli Hebel: Hoffnung ist das richtige Wort, denn die wird es ziemlich sicher geben. Es ist auch möglich, dass die Spieler nach dem Erreichten nicht mehr mit dem selben Hunger in die Saison gehen. Können. Das wäre nur menschlich. Ich würde aber nicht darauf Wetten.

Chris McCarthy: Ich sehe das wie Uli: Pep bemängelte die Sättigung der Mannschaft bereits im Titelrennen letzte Saison, ehe er einen Weg fand, ein Feuer zu entfachen. Diese Saison könnte das schwerer werden. Erst recht ohne die Siegermentalität und Führungsqualitäten eines Ilkay Gündogan. Darüber hinaus hatte City 2022/2023 das größte „Verletzungsglück“. Sollte das ausgehen, könnte die Titeltür einen Spalt aufgehen. Aber wenn das jemand verhindern kann, dann Pep.

Der FC Arsenal hat sich mit Declan Rice, Kai Havertz und Jurrien Timber namhaft verstärkt, die Erfahrung eines Titelkampfs gesammelt und ist tiefer sowie variabler geworden. Ist das genug, um die Lücke zu Manchester City zu schließen? Oder könnte gar ein Dritter dazwischen grätschen?

AB: Arsenal hat letzte Saison teilweise den besten Fußball der Premier League gespielt und hätte mit ein wenig mehr Kadertiefe vielleicht sogar den Titel gewinnen können. Die Neuzugänge sollten sie weiter verbessern, die Erwartungen werden also hoch sein. Declan Rice ist ein klares Upgrade im Mittelfeld. Die Erfahrung eines Titelrennens – unabhängig vom Ausgang – sollte den jungen Spielern ebenfalls helfen. Sie haben die Gelegenheit, an letzter Saison anzuknüpfen. Die einzige Komplikation? Die Champions League. Die erneute Vizemeisterschaft wäre ein Erfolg.

UH: Arsenal geht nirgendwo hin; ich habe sie als härtesten Konkurrenten, vor allen Dingen, weil sich organisch verbreitert haben. Je nachdem, ob – oder welchen – Sechser Liverpool bekommt, könnte ich mir vorstellen, dass die eine Zeit lang Schritt halten könnten.

CM: Würde man die Premier League in Ebenen unterteilen, wären einzig ManCity und Arsenal in der ersten. Zu ausgereift und hochwertig sind die jeweiligen Spielanlagen Stand heute. Nach der beachtlichen Entwicklung der Gunners wird wohl auch die individuelle Qualität des Kaders nur von den Cityzens übertroffen. Bei den beiden müsste schon einiges passieren (bspw. Verletzungspech), damit ein Dritter dazwischenfunkt.

Premier League: Ist der FC Arsenal 2023/2024 reif für den Titel?

Wer kommt in die Top-Four der Premier League?

Letztes Jahr komplettierten Manchester United und Newcastle United die Top-Four. Liverpool erwischte ein Seuchenjahr, während Chelsea und Tottenham – für ihre Verhältnisse – im Chaos versanken. Wer fliegt am ehesten aus den Top-Four, wer kommt am ehesten dazu?

Randnotiz: Der fünfte Platz könnte dieses Jahr ebenfalls zur Champions League genügen 

AB: Newcastle hat das Momentum auf seiner Seite, spielt mit Intensität und Überzeugung, sodass es gewagt erscheint, gegen sie zu wetten. Und doch sind sie wahrscheinlich dem Zeitplan voraus. Welchen Impact wird die Champions League auf die Liga haben? Das ist Neuland für die Spieler und den Trainer. Chelsea ist vielleicht die interessanteste Mannschaft der Premier League in dieser Saison, weil man schlichtweg nicht weiß, was man erwarten kann. Mauricio Pochettino hat ein Chaos zu beseitigen, aber angesichts des Talents in der Mannschaft wäre es kein großer Schock, wenn sie wieder angreifen.

UH: Wie so oft in der Premier League muss man von oben her rechnen: City und Arsenal sind gesetzt, Liverpool kann mit neuem Sechser Zweiter oder Dritter werden; ohne auch Sechster oder Siebter. United geht in die richtige Richtung, ist meiner Einschätzung nach aber weniger stabil als Newcastle. Sonst habe ich keinen Kandidaten; Chelsea hat unglaubliche Qualität, aber zu viel um die Ohren.

CM: Ebene zwei der Premier League besteht für mich aus Liverpool, Manchester United und Newcastle United. Mein Gefühl sagt mir für 2023/2024: auch genau in dieser Reihenfolge. Und das obwohl die Magpies aus dieser Gruppe die meiste Kontinuität aus dem Vorjahr mitbringen, als sie für mich die drittausgereifteste Spielanlage der Premier League hatten. Allerdings erwarte ich, dass Newcastle – sofern nicht Gravierendes mehr auf dem Transfermarkt passiert – Probleme haben wird, durch die zusätzliche Belastung der Champions League Woche für Woche die für sie elementare Intensität aufrechtzuerhalten. Und die Konkurrenz ist besser geworden: Liverpool sollte mit einem neuen, frischem Mittelfeld wieder in die Spur kommen und ManUtd mit den Verstärkungen auf Schlüsselpositionen einen weiteren Schritt Richtung Erik Ten Hags Wunschfußball machen. In beiden Fällen erwarte ich allerdings noch keine Sprünge auf Ebene eins.

Mit dem FC Burnley, Sheffield United und erstmals Luton Town kommen drei völlig verschiedene Aufsteiger dazu. Was erwartet ihr von ihnen?

AB: Die Rückkehr von Luton in die erste Liga nach so langer Zeit ist eine inspirierende Geschichte – zwischenzeitlich waren sie in die fünfte Liga abgestiegen. Alle freuen sich darauf, in der Kenilworth Road (ca. 10.000 Zuschauer, d. Red.) Premier-League-Fußball zu sehen. Auf dem Rasen dagegen wird es schwierig. Weder von Luton noch von Sheffield United sind große Investitionen in den Kader zu erwarten. Burnley hat angesichts der dortigen Ressourcen und der Art des Fußballs, den sie unter Vincent Kompany spielen, bessere Chancen, wöchentlich zu konkurrieren. Der Trainer scheint schon jetzt für Höheres berufen zu sein und wird daher wollen, dass sein Team mit einem gewissen Esprit spielt.

UH: Von Burnley erwarte ich sehr viel. Die werden zwar einige Tode in Schönheit sterben – aber Kompany ist eine tolle Persönlichkeit. Und bislang hat er auf so ziemlich alles richtig reagiert. Die Clarets bleiben drin. Sheffield und Luton sind wahrscheinlich zu schwach.

CM: Auf den FC Burnley darf man gespannt sein. Seit Kompany das Sagen hat, wird bei den Clarets nicht mehr Fußball zerstört sondern zelebriert. Können sie das auch eine Etage höher? Die Vision des Trainers und die Rekrutierung (z.B. James Trafford und Zeki Amdouni) sorgen für Optimismus, dass es mit etwas mehr Pragmatismus gelingt. Luton hat auf dem Papier die geringste Qualität, aber die tollste Geschichte. Und sind wir mal ehrlich: Sie wären nicht der erste Underdog, der sich diesen Schwung zusammen mit der unbestrittenen mannschaftlicher Geschlossenheit und Resilienz zu Nutzen macht, um zu überraschen. Bei Sheffield United fehlt mir neben der Qualität dagegen auch die Fantasie.

Premier League: So gut sind die Aufsteiger für die neue Saison gerüstet

Wer wird Meister, wer steigt ab?

Prediction-Time: Euer Meister, eure Absteiger und ein Hot-Take bitte.

AB: An der Spitze ist es schwierig, an Manchester City vorbeizuschauen, denn die Champions League wird Arsenal das Leben schwer machen und alle anderen Teams ein wenig zu weit hinten dran sind. Luton und Sheffield United sind offensichtliche Abstiegskandidaten, weil das Niveau in der Premier League so hoch ist und es nicht klar ist, ob sie sich ausreichend verstärkt haben. Aber es gibt eine Reihe von Mannschaften, die in dieser Saison ebenfalls in Schwierigkeiten geraten könnten: Everton, Nottingham Forest, Wolves, Crystal Palace und sogar Fulham könnten Probleme bekommen. Die Stimmung bei den Wolves ist wahrscheinlich am besorgniserregendsten und es scheint kein Geld vorhanden zu sein. Aston Villa könnte die überraschende Erfolgsgeschichte der Saison werden. Es ist 27 Jahre her, dass der Verein eine große Trophäe gewonnen hat, aber Unai Emery baut bei Villa etwas auf. Mit einigen guten Neuverpflichtungen sowie einer ersten richtigen Vorbereitung, in der er mit den Spielern arbeiten konnte, sollte das Warten auf Silberware ein Ende haben.

UH: City holt das Ding – aber Arsenal macht einen weiteren Schritt. Absteiger sind Sheffield, Luton und mein Gefühl sagt: Nottingham verliert den Kopf und geht folglich runter. Hot-Take: Mauricio Pochettino ist überschätzt; und überlebt die Saison auch nicht. Wahrscheinlich gar nicht so hot.

CM: Ich wage mal eine steile These: Die Logik sagt, dass Manchester City erneut den Titel holt. Sie haben die beste Mannschaft sowie den besten Trainer der Welt und sind der klare Favorit. Aber Fußball ist nicht logisch. Ich tippe aus dem Bauch heraus, dass ManCity wie eingangs erwähnt das ein oder andere Problemchen bekommt und Arsenal daraus Kapital schlägt: Die Gunners machen den nächsten Entwicklungsschritt und gewinnen den Titel. Sheffield United und Luton steigen ab. Ich möchte sagen Everton gesellt sich dazu, aber lehne mich etwas weiter aus dem Fenster und sage die Wolves. Es ist der schwächste Kader seit dem Aufstieg, wichtige Abgänge, keine Verstärkungen und zwei Tage vor Saisonstart hat sich der frustrierte Trainer Julen Lopetegui verabschiedet. Hot-Take: Kai Havertz (die offensive Acht ist maßgeschneidert für ihn) und Mykhaylo Mudryk (er ist einfach zu talentiert und dürfte jetzt angekommen sein) erreichen diese Saison jeweils 20 Scorerpunkte.

(left photo by David Ramos/Getty Images; right photo by Richard Heathcote/Getty Images)

 


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