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Premier League: Meistermentalität, Chancenwucher und Liverpool-Fluch

20. Februar 2023 | Spotlight | BY Chris McCarthy

Fünf Awards zum 25. Spieltag der Premier League. Der FC Arsenal meldet sich durch einen fulminanten Comeback-Sieg zurück. Manchester City verpasst eine große Chance und auf Newcastle United lastet der Liverpool-Fluch. 

„Meistermentalität“-Award: FC Arsenal

Sind wir mal ehrlich. Selbst als der Vorsprung des FC Arsenal an der Spitze der Premier League acht Punkte betrug, haben wir eigentlich nur darauf gewartet, dass die Gunners einbrechen und Manchester City zu seiner gewohnten Souveränität und Vormachtstellung zurückkehrt.



Als Arsenal am Samstag mit einem 1:2-Rückstand gegen Aston Villa in die Kabine ging, schien es soweit zu sein. Nur drei Tage nach der Pleite im direkten Duell mit den Cityzens, drohte das vierte sieglose Spiel in Serie und damit die Stabübergabe an der Tabellenspitze (zu diesem Zeitpunkt hatten beide Teams 23 Spiele absolviert und City das bessere Torverhältnis). Nein, man hätte der jüngsten Mannschaft der Premier League wohl keinen all zu großen Vorwurf gemacht, wenn sie die immer schwerer hängenden Köpfe zum Seitenwechsel nicht mehr hoch bekommen hätte.

Doch stattdessen kam Arsenal mit breiter Brust aus der Kabine. Die Gunners schalteten in einen ungeahnten Gang, beackerten jeden Grashalm und attackierten nun entschlossen die Räume, die sie schon im ersten Durchgang, ja bereits gegen Manchester City mit starkem Positionsspiel geöffnet hatten. Auch ohne ihre zwei besten Spieler (Thomas Partey und Gabriel Jesus) ließen sie nicht nach, ehe sie den Sieg erzwungen hatten. Zwei überraschende Helden traten hervor: Oleksandr Zinchenko, als Linksverteidiger-Mittelfeld-Hybrid seit Wochen ein X-Faktor, markierte mit seinem ersten Premier-League-Tor das 2:2, ehe der vielkritisierte Winterneuzugang Jorginho seine starke Leistung als Strippenzieher krönte. Mit seinem Weitschusshammer zum 3:2 erschütterte der 31-jährige nicht nur die Unterlatte sondern das Titelrennen der Premier League.

Der Nachhall war auf der ganzen Insel zu hören, so spektakulär war die Entstehung, so beeindruckend die Resilienz der Truppe. „Viele Leute haben über Arsenals Charakter geredet, können sie diesen Titelkampf aufrechterhalten?“, sagte Ex-Profi Peter Crouch nach dem 4:2-Comebacksieg der Gunners bei BT Sport und betonte: „Ich denke, das haben sie heute beantwortet.“ Ob es am Ende für den Titel reicht, bleibt abzuwarten. Aber eines steht fest: Arsenal hat zumindest die Mentalität eines Meisters.

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„Chance(n) verpasst“-Award: Manchester City

73 Prozent Ballbesitz, 23:4 Schüsse, 6:1 Schüsse aufs Tor, 2,81 zu 1,13 expected Goals – Manchester City dominierte Nottingham Forest am Samstag nach allen Regeln der Kunst, musste sich am Ende aber dennoch mit einem frustrierenden 1:1-Unentschieden begnügen.

Auch nach dem 1:0 durch Bernardo Silva erspielte sich das Team von Pep Guardiola beim Aufsteiger genügend Chancen, die für drei Spiele genügen würden. Aber Phil Foden vertändelte in aussichtsreicher Position und Erling Haaland feuerte an die Latte, ehe er den Nachschuss aus wenigen Metern komplett in die Wolken setzte. Und so kam es wie es kommen musste: Chris Wood glich mit dem einzigen Torschuss der Hausherren spät aus.

Die Cityzens verpassten nicht nur eine Unmenge an Chancen auf dem Platz, sondern auch die Gelegenheit, mit der Rückeroberung der Tabellenspitze den Druck auf Arsenal aufrecht zu erhalten. „Die harte Arbeit, die wir am Mittwoch [beim Sieg gegen Arsenal] geleistet haben, war nicht umsonst“, sagte Kyle Walker bei der BBC, „aber das ist ein Rückschlag.“

War das Duell zwischen Arsenal und Manchester City am Mittwoch ein Sechspunktespiel, dann holten die Londoner am Samstag fünf Punkte und eine große Portion Momentum zurück.

Erling Haaland schließt enttäuscht die Auge: Manchester City verpasste am Samstag die Chance, den Druck in der Premier League auf Arsenal zu erhöhen.

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

„Liverpool Fluch“-Award: Newcastle United

Eddie Howe wird froh sein, dass Newcastle United in dieser Saison nicht mehr auf den FC Liverpool treffen muss. Wenn es gegen die Reds geht, scheinen seine Magpies regelrecht verflucht zu sein. Zweimal kassierte Newcastle 2022/2023 zwei Gegentore. Zweimal ging Newcastle 2022/2023 als Verlierer vom Platz. Beide Male hieß der Gegner Liverpool. Die 0:2-Pleite am Samstagabend war besonders bitter – sowohl was Entstehung als auch Folgen angeht.

Die Magpies waren vor allem in der Anfangsphase das bessere Team, wussten aber ihre Gelegenheiten nicht zu nutzen. Ganz anders das Team von Jürgen Klopp, das in Person von Darwin Núñez und Cody Gakpo binnen zwanzig Minuten zweimal eiskalt zuschlug. Darüber hinaus sah Stammkeeper Nick Pope nach 22 Minuten für ein Handspiel außerhalb des Sechzehners Rot, wovon sich sein Team nicht mehr erholte.

Das Nachspiel des Liverpool-Fluchs? Die Magpies stürzen auf Platz fünf – der Vorsprung auf die Reds beträgt plötzlich nur noch sechs Zähler. Darüber hinaus steht am Sonntag das Ligapokalfinale gegen Manchester United an – und mit Pope fehlt einer der besten Keeper der Premier League nun rotgesperrt.

„Form seines Lebens“-Award: Marcus Rashford

Es war Ende letzten Jahres, da erhielt Marcus Rashford von Manchester United an dieser Stelle den „Revival“-Award. Nach einer schwachen Saison 2021/2022 schien der englische Nationalspieler wieder zur Bestform gefunden zu haben.

Zwei Monate später stellt sich eine andere Frage: Erleben wir aktuell den besten Rashford aller Zeiten? Drei Tage nachdem er in der Europa League gegen den FC Barcelona im Camp Nou eine Galavorstellung lieferte, setzte er seine phänomenale Form in der Premier League fort: Beim 3:0 über Leicester City brachte er die Red Devils mit einem Doppelpack auf die Siegerstraße, beide Abschlüsse strotzten von der Qualität und des Selbstbewusstseins eines Top-Stürmers.

Die Zahlen sprechen für sich: Es ist Februar und Rashford hat schon jetzt die beste Torausbeute seiner Karriere. Wettbewerbsübergreifend steht er bei 24 Toren – 16 davon erzielte er in den 17 Spielen seit der WM 2022.

„Klammheimlich nach Europa?“-Award: FC Fulham

Vor dem Saisonstart sahen die meisten Experten Aufsteiger FC Fulham wieder im Abstiegskampf verstrickt. Der Ruf als Fahrstuhlmannschaft eilt den Londonern bekanntlich voraus. Bereits im Februar lässt sich allerdings mit großer Sicherheit sagen: Die Rückkehr in die Championship dürfte den Cottagers diese Saison erspart bleiben.

Zugegeben, der 1:0-Erfolg über Brighton am Wochenende war einer der glücklicheren Sorte – der verletzte Goalgetter Aleksandar Mitrovic fehlte an allen Ecken und Enden. Doch das tut der herausragenden Saison, die der FC Fulham unter der Leitung von Marco Silva spielt, keinen Abbruch. Das Team überzeugt durch Spielfreude, Geschlossenheit und Selbstbewusstsein. Selbst der 34-jährige Willian – bei Arsenal noch als Flop abgestempelt – erlebt einen zweiten Frühling.

Seit Weihnachten haben einzig Manchester United (23) und Manchester City (20) mehr Punkte geholt als Fulham (19) – und das Duo hat bereits ein Spiel mehr absolviert. Rang sechs in der Premier League, drei Punkte hinter einem Europa-League-Platz, ist die Folge.

(Photo by GEOFF CADDICK/AFP via Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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