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Warum Cristiano Ronaldo trotz Wechselwunsch keinen neuen Klub findet

19. Juli 2022 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Dass Cristiano Ronaldo Manchester United in diesem Sommer verlassen will, ist keine Neuigkeit mehr. Der Portugiese will in der Champions League spielen, was mit den Red Devils nach einer durchwachsenen Saison 2021/22 nicht möglich ist. Aktuell erscheint ein Wechsel nicht als besonders wahrscheinlich. Die Gründe sind vielschichtig. 

  • Cristiano Ronaldo will Manchester United verlassen
  • Portugiese wurde vielen Klubs angeboten
  • Eine Lösung ist nicht in Sicht

Cristiano Ronaldo will Manchester United verlassen

Im Sommer 2021 herrschte in Manchester Aufregung. Cristiano Ronaldo (heute 37) wollte Juventus verlassen, kam also auf den Markt. Ein Wechsel nach England schien für den Portugiesen eine logische Option zu sein. Beide Klubs aus der Stadt, also United und City, wurden mit dem Spieler in Verbindung gebracht. Der entscheid sich für die „alte Liebe“, also die Red Devils. Die Euphorie war groß, schließlich galt und gilt „CR7“ noch immer also absolut herausragender Torjäger, hat eine große Strahlkraft.

Der verlorene Sohn, so glaubte man bei United, könnte maßgeblich dazu beitragen, dass sich die Leistungsschwankungen des Teams einpendeln und er mit seinem brillanten Abschluss und seinem naturgegebenen Torinstinkt in den engen Spielen, die vorher nicht gewonnen wurden, den Unterschied machen kann. Ein Jahr später hat United die Königsklasse verpasst – trotz zahlreicher Treffer des Portugiesen. Ein Ronaldo alleine, so groß der Name auch ist, recht nicht mehr, um tiefergreifende Probleme zu kaschieren.



Fußballprofis streben nach dem Maximum. Für einen Spieler mit dem Selbstverständnis und dem Anspruch eines Cristiano Ronaldo ist das nicht die Europa League. Deswegen informierte die Spielerseite die Verantwortlichen des Klubs in diesem Sommer über den Wunsch nach einer Veränderung. Die Ursprungsmeldung wurde schnell von den führenden Sportmedien Englands bestätigt und verbreitere sich rasend schnell. Und die Rückkehrromantik aus dem Sommer zuvor war verflogen.

Ronaldo-Berater Mendes macht seine Arbeit

Bei Manchester United nahm man die Neuigkeiten zunächst einmal relativ kühl auf. Einen Stürmer, der verlässlich über 20 Pflichtspieltore erzielt, einfach so abzugeben, würde bedeuten, dass ein Ersatz gefunden werden muss. In einem Jahr, in dem der Stürmermarkt mit dem bereits erfolgten Wechsel von Erling Haaland (21) und dem bevorstehenden Transfer von Robert Lewandowski (33), die nur die Spitze des Eisbergs sind und waren, ohnehin sehr aufgeheizt ist. Die Haltung des Klubs war klar: Ronaldo soll bleiben.

Jorge Mendes (56), Ronaldo-Berater und auf dem Markt hervorragend vernetzt, begann aber schon, im Hintergrund die nötigen Schritte zu unternehmen. Der Berater klopfte mögliche Ziele ab und erkundigte sich bei den großen Klubs in Europa. Dass mit Chelsea und der SSC Neapel, als die Nachricht die Runde machte, nur zwei Klubs ernsthaft mit dem Spieler in Verbindung gebracht wurden, hätte schon für mehr Aufregung sorgen sollen, als es damals der Fall war.

Der 37-jährige Hauptdarsteller der Transfersaga blieb indes entspannt – und dem Trainingsauftakt fern. Aus „familiären Gründen“, wie der Klub mitteilte. Damit nahm United natürlich sofort Feuer aus der ganzen Geschichte. Bis heute hat sich CR7 aber nicht zu seinen Teamkollegen gesellt, der Ausgang dieser Geschichte ist offen.

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Einige potenzielle Abnehmer, viele Enttäuschungen

Für den erfahrenen Berater an der Seite von Ronaldo sind solche Transfergeschichten kein Neuland. Er weiß, was zu tun ist, um Wechsel vorzubereiten und Klubs umzustimmen. Zunächst war es also von Bedeutung, einen Interessenten zu finden, der bereit ist, ein Angebot abzugeben. Genau hier fingen die Probleme an. Dass die Liste potenzieller Abnehmer nicht riesengroß sein konnte, war abzusehen. Bei Juventus spielte der Portugiese gerade erst, Manchester City und Inter hatten namhaft zugeschlagen, die Option Barcelona war keine und viele Klubs, die sicher in der Königsklasse vertreten waren, konnten sich das Gesamtpaket Ronaldo schlicht nicht leisten.

Die verbleibenden Optionen telefonierte Berater Mendes dann Schritt für Schritt ab. Real Madrid signalisierte, kein Interesse zu haben. Gleiches gilt für den FC Bayern, auch wenn sich die Gerüchte nachhaltig hielten und gleich zweimal von den Verantwortlichen dementiert werden mussten. Chelsea blieb anfangs eine Option, hat sich später aber auch gegen einen Transfer des Portugiesen entschieden, obwohl die neuen Eigentümer diesen recht charmant gefunden hätten.

Vor allem in den Medien gab es viele Hinweise darauf, wie intensiv die Ronaldo-Seite an einem Wechsel arbeitet. Vor allem Bayern scheint im Kopf des Spielers eine Rolle zu spielen. Von allem wenig beeindruckt zeigte sich Manchester United, das bis heute keine Anstalten macht, auch nur einen Millimeter auf Ronaldo zuzugehen. Nach den zahlreichen Absagen wurden die Gerüchte wilder, Atletico gilt mittlerweile in manchen Medien als eine Option. Konkret ist aber auch das nicht.

Ronaldo: Die Gründe für die Absagen

Die Entwicklungen der letzten Wochen haben dafür gesorgt, dass Ronaldo und Mendes mit einer bitteren Wahrheit konfrontiert wurden. Es reicht nicht mehr, mit dem Finger zu schnipsen, damit die Interessenten Schlange stehen. CR7 auf den Markt und zu einem neuen Klub zu bringen, ist harte Arbeit. Einer der Gründe ist finanzieller Natur. Ronaldo für ein Jahr oder zwei zu verpflichten, hätte einen gewissen Reiz. Aber: Mit Vertragsablauf ist der Spieler dann 38 oder 39 Jahre alt, insbesondere ein Vertrag über zwei Spielzeiten würde Ungewissheiten mit sich bringen, finanzielle Risiken. Zumal United den Angreifer auch nicht ablösefrei abgibt.

Ronaldo

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

Ein weiterer Punkt, der eine Rolle spielt, wurde bereits angerissen. Macht Ronaldo eine Mannschaft wirklich noch besser? In einem funktionierenden Team wäre er eine gute Ergänzung, die den Unterschied machen kann. Ist ein homogenes Grundgebilde aber nicht vorhanden, passiert, was in Manchester passierte. Der Spieler erzielt seine Tore und fällt sonst nicht weiter positiv auf. Juventus und Manchester United wurden nicht bedeutend besser, als Ronaldo kam. Er fungierte als Zielspieler und die Rechnung, wo man denn ohne seine Tore stünde, diente als beliebtes Beispiel zur Rechtfertigung des Einflusses, allerdings war das deutlich zu einfach gedacht.

Man stelle sich vor, der Portugiese spielt im Angriff des FC Bayern, einem vergleichsweise jungen Team, und Trainer Julian Nagelsmann (34), der eine hohe Intensität fordert, schimpft in der 23. Minute gegen den VfL Bochum zum dritten Mal, weil das Pressing nicht intensiv genug ausgeübt wird. Eine abwertende Ronaldo-Handbewegung später herrscht drei Wochen Unruhe in München. Das kann und will sich ein Klub auch nicht leisten. Diesen Gedanken dürften viele potenzielle Abnehmer gehabt haben.

Bleibt festzuhalten, dass die hohe individuelle Klasse, die der 37-Jährige zweifellos mitbringt, noch immer vorhanden ist. Daran wird sich auch im Verlauf der Saison 2022/23 nichts ändern. Doch Tore allein sind im Fußball nicht alles. Muss eine Mannschaft dafür im Spiel gegen den Ball zurückstecken, ist es das nicht immer wert. Und: Ronaldo ist ein Zielspieler, der in einer Vielzahl der Angriffe gesucht wird. Auch das ist nicht immer ein Vorteil. Diese Faktoren bestimmen den Ausgang der Ronaldo-Saga in diesem Sommer maßgeblich mit. Und alles deutet darauf hin, dass Manchester United 2022/23 eine möglichst homogene Mannschaft auf das Feld bringen muss, um die Qualitäten des 37-Jährigen gewinnbringend einzusetzen.

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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