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Abstiegscheck der Premier League Teil 2: Wolverhampton, Bournemouth und Co.

11. Oktober 2023 | Spotlight | BY Lukas Heigl

Auch in dieser Saison wollen wir euch regelmäßig über die Geschehnisse im Abstiegskampf der Premier League auf dem Laufenden halten. Im Gegensatz zur letzten Saison sieht es so aus, als würden sich die zuvor erwarteten Mannschaften im Tabellenkeller befinden. Daher verweisen wir für die Grundlagen wie Transfers auf unseren ersten Teil.

Wolverhampton Wanderers – Kongeniales Stürmertrio

Wir starten mit einem Team, das trotz der düsteren Aussichten, die es nach einem schweren Transfersommer gab, hervorragend in die neue Saison gestartet ist. Die Wolverhampton Wanderers mussten gleich mehrere essentielle Spieler abgeben und hatten kaum Geld zur Verfügung, diese zu ersetzen. Das führte zu einem Transferplus von 75 Millionen Euro und der Frage, ob der Kader von seiner individuellen Qualität her noch stark genug für die Premier League sei. Diese Frage lässt sich nach acht Spielen mit einem klaren „Ja“ beantworten. Nach einem schweren Start mit drei Punkten aus fünf Spielen blieben die Wolves zuletzt dreimal in Folge ungeschlagen und stehen nun bei starken acht Punkten.



Und das, obwohl es das Programm alles andere als gut meinte. Zunächst holte man in Luton trotz 50-minütiger Unterzahl einen Punkt (1:1), dann schlug man Meister Manchester City (2:1), der davor jedes einzelne Spiel gewonnen hatte. Zuletzt gab es dann noch ein Remis gegen Aston Villa (1:1). Grund für die starken Leistungen ist vor allem ein Offensivtrio, das hervorragend harmoniert. Pedro Neto (23) und Hee-chan Hwang (27) verstehen sich blind – Neto konnte Hwang diese Saison bereits drei Tore auflegen (Bestwert in der Liga) – und Matheus Cunha (24) agiert als falsche 9 sowohl mit als auch gegen den Ball stark. Die drei kommen zusammen auf 13 Torbeteiligungen – der Rest des Kaders, der sich aufgrund des Niveaus in der Offensive vor allem auf die Arbeit gegen den Ball konzentrieren kann, auf zwei. Entsprechend abhängig ist man allerdings auch von den Offensivspielern. Ob das eine ganze Saison lang gut geht?

AFC Bournemouth – Zwei essentielle Spieler fehlen

Wie bereits im ersten Artikel der Reihe geschrieben, sind die Cherries so etwas wie das neue Lieblingsteam vieler neutraler Fans, die sich viel mit Talentscouting und taktischen Entwicklungen beschäftigen. Genauso groß wie die Hoffnungen auf die Zukunft waren jedoch auch die Bedenken hinsichtlich der kurzfristigen Resultate. Ein derart radikaler Umbruch geht für gewöhnlich nicht geräuschlos vonstatten. Als Beispiel hierfür lässt sich aus der jüngeren Vergangenheit Brighton nennen. Die Seagulls hatten nach zwei Klassenerhalten Trainer Chris Hughton (64) entlassen, um mit Graham Potter (48) attraktiveren Fußball zu spielen. Es dauerte bis zur dritten Saison unter Potter, ehe die neue Spielweise auch wirklich zu besseren Ergebnissen führte. Ähnlich könnte es auch in Bournemouth sein.

Da mit Tyler Adams (24) und Alex Scott (20) zwei essentielle Bausteine aufgrund von Verletzungen fehlten, lief der – sehr schwierige – Saisonstart entsprechend schlecht. Gegen Topteams wie Liverpool (1:3), Tottenham (0:2), Brighton (1:3) oder Arsenal (0:4) war wenig zu holen. Die übrigen Spiele machten aber trotz geringer Punktausbeute durchaus Mut. West Ham (1:1), Brentford (2:2) und Chelsea (0:0) konnten die Cherries jeweils einen Punkt abnehmen. Doch dann kam das letzte Wochenende. Beim direkten Konkurrenten Everton sahen die Cherries kein Land und verloren auch in der Höhe verdient mit 0:3. Ein Ergebnis, das durchaus dazu führen könnte, dass Andoni Iraola (41) zukünftig konservativer spielen lässt – was zwar verständlich, aber auch sehr schade wäre.

Everton FC – Mit Ausnahme eines Ausrutschers gut dabei

Eine Mannschaft, für die es in der Premier League besser als erwartet läuft sind die Toffees aus Liverpool. Die Mannschaft von Sean Dyche (52) zeigte sich vom späten Abgang des letztjährigen Topscorers Alex Iwobi (27) wenig beeindruckt. Im Gegenteil, man hat das Gefühl, dass Trainer Dyche nun einen Kader zusammen hat, der seiner Spielidee perfekt liegt. Die Mannschaft arbeitet hervorragend gegen den Ball, gewinnt die meisten Zweikämpfe der Liga, ohne dabei allerdings sonderlich viel zu foulen. Nach Ballgewinnen geht es schnell nach vorne. Essentiell für die Gegenangriffe ist vor allem Abdoulaye Doucouré (30).

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Der in Frankreich geborene Malier ist als dynamischer Box-to-Box-Mittelfeldspieler das perfekte Bindeglied zwischen Defensive und Offensive und besetzt inzwischen die frei gewordene Iwobi-Position hinter der Spitze. Seit dieser Umstellung konnten die Toffees in fünf Spielen sieben Punkte holen. Auch wenn man bedenken muss, dass das Auftaktprogramm wohl das leichteste der Liga war, kann man mit dieser Punktausbeute durchaus zufrieden sein. Besonders der Sieg am letzten Spieltag gegen Bournemouth (3:0) gibt Hoffnung. Einziger Wermutstropfen war die Heimniederlage gegen Luton, die so eigentlich nicht passieren darf. Die Niederlage könnte sich noch rächen, in den sieben Spielen nach der Länderspielpause spielt Everton gegen fünf Europapokalteilnehmer, es dürften bis in den Dezember hinein also nicht mehr viele Punkte dazu kommen.

Luton Town – Fehlende individuelle Qualität macht sich bemerkbar

Überraschend gut mithalten kann Luton Town. Mit der deutlich geringsten individuellen Qualität in die Saison gestartet, konnten die Hatters bereits dem ein oder anderen Team Kopfzerbrechen bereiten. West Ham (1:2) und Fulham (0:1) konnten jeweils erst spät und mit nur einem Tor Differenz gewinnen, selbst gegen Tottenhm (0:1) hielt man lange gut mit und hätte sich einen Punkt durchaus verdient gehabt. Aber auch so konnte Luton bereits Zählbares einfahren. Gegen die Wolverhampton Wanderers reichte es trotz langer Überzahl zwar nur zu einem Punkt (1:1), bei Everton gewann die Mannschaft von Rob Edwards (40) dann aber mit 2:1.

Morris trifft beim 1:1 gegen Wolverhampton vom Punkt

(Photo by Alex Broadway/Getty Images)

Als wichtigster Spieler der noch jungen Saison hat sich bisher Carlton Morris (27) herauskristallisiert. Der Stürmer, im Sommer 2022 für die für Luton-Verhältnisse stolze Summe von zwei Millionen Euro aus Barnsley verpflichtet, ist mit drei Treffern und einer Vorlage an 67% der bisherigen Tore der Hatters beteiligt. Durch seine Treffer sicherte er dem Verein auch drei der vier Punkte, da er sowohl gegen Wolverhampton als auch gegen Everton traf. Und auch außerhalb seiner Tore ist Morris enorm wichtig. Der 1,85-Meter-Mann macht immer wieder Bälle vorne fest, verschafft der Abwehr Verschnaufpausen und der eigenen Mannschaft gute Offensivaktionen. Kein Spieler gewinnt mehr Kopfballduelle als Morris (5,5 pro 90 Minuten). Bleibt der 27-Jährige in dieser Form, könnte er der Hoffnungsschimmer für Luton im Kampf um den Klassenerhalt sein.

Burnley FC – Weniger offensiv als erwartet

Die Clarets kamen mit einer Menge Vorschusslorbeeren in der Premier League an. Die Mannschaft von Vincent Kompany (37) spielte letzte Saison in der Championship einen traumhaften Ballbesitzfußball und gewannen die Liga mit am Ende 101 Punkten, den meisten Punkten seit 2013/14. Wer nun damit gerechnet hat, dass Burnley diesen Stil auch in der Premier League so fortführen würde, hat sich jedoch getäuscht. Anders als in der Vergangenheit etwa Norwich City oder Leeds United hat Kompany der Mannschaft einen deutlich defensiveren Spielstil verpasst. Die Mannschaft aus dem Nordwesten Englands steht aktuell mit 48,6% Ballbesitz nur auf Platz 12 der Liga, auch die Passquote ist unterdurchschnittlich (82,6%, Platz 11).

Auf der einen Seite ist das durch den Qualitätsnachteil verständlich, auf der anderen Seite nimmt es dem Team einen Großteil seines Charmes, den es letzte Saison noch versprüht hatte und weswegen sich auch viele neutrale Fans sich auf die Rückkehr gefreut hatten. Nun ist man gefühlt doch nur ein weiterer klassischer Aufsteiger. Und entsprechend sind auch die Ergebnisse. Bisher konnte Burnley nur vier Punkte einfahren, drei davon gegen Mitaufsteiger Luton (2:1). Ansonsten kann man nur selten mithalten, zuletzt gab es gegen das bisher diese Saison sehr biedere Chelsea ein 1:4. Kompany wird sich in der Länderspielpause überlegen müssen, ob er nicht doch zum offensiveren Ansatz zurückkehrt. Die aktuelle Spielweise verspricht wenig Aussicht auf den Klassenerhalt.

Sheffield United – Wie verdaut man den 0:8-Schock?

Sheffield United präsentiert sich in dieser Saison eigentlich überraschend stabil. Man holt für seine ordentlichen Leistungen jedoch zu wenige Punkte. Von acht Spielen verloren die Blades nur eines mit mehr als zwei Toren Differenz, gleich dreimal verlor man Spiele erst in den Schlussminuten. Gegen Nottingham (1:2 in der 89. Minute) und Manchester City (1:2 in der 88. Minute) wäre jeweils ein Punkt drin gewesen, gegen Tottenham (1:1 in 90+8., 1:2 in 90+10.) sogar ein Sieg. Doch „Hätte, hätte, Fahrradkette…“, Sheffield steht nach acht Spielen bei nur einem Punkt und damit bereits drei Zähler hinter dem rettenden Ufer. Und dann hat man sich am siebten Spieltag durch ein 0:8 zu Hause gegen Newcastle United auch noch die ansonsten hervorragende Tordifferenz versaut.

Sheffield United kassierte gegen Newcastle eine ordentliche Abreibung

(Photo by George Wood/Getty Images)

Diese Klatsche gegen die Magpies hatte bisher überraschenderweise noch keine Auswirkungen. Weder personell (Trainer Paul Heckingbottom (46) durfte seinen Job behalten), noch bei den Ergebnissen. In den Köpfen der Spieler scheint diese Demontage keine Rolle mehr zu spielen. In beiden Spielen nach dem Debakel agierte man ordentlich, von Verunsicherung war keine Spur. Das ist durchaus überraschend. Dennoch muss sich zeigen, ob Heckingbottom auf Dauer den Posten als Coach in der Steel City behalten darf. Um dies zu gewährleisten, muss die Mannschaft nach der Länderspielpause den Bock schnell umstoßen. Keine leichte Aufgabe angesichts der Tatsache, dass nach der Pause in den nächsten vier Spielen Manchester United, Arsenal und Brighton warten.

(Photo by Justin Setterfield/Getty Images)

Lukas Heigl

Liebhaber des britischen Fußballs: Von Brighton über Reading und Wimbledon bis nach Inverness. Ist mehr für Spiele der dritten englischen Liga als für den Classico zu begeistern. Durch das Kommentatoren-Duo Galler/Menuge auch am französischen Fußball interessiert


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