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Derby della Capitale: Ein Derby hält die Stadt in Atem

20. März 2022 | Trending | BY Sarom Siebenhaar

Spotlight | Am Sonntag steht es wieder an, das Derby della Capitale, zwischen der AS Rom und Lazio Rom. Traditionell ein sehr ausgeglichenes aber gleichzeitig hitziges Aufeinandertreffen, auch der Fanlager.

  • AS Rom: Sieg nach Belastung unter der Woche?
  • Derby della Capitale: Ein Derby der Fans
  • Lazio Rom: Offensivfeuerwerk gegen Roma?

Derby della Capitale spaltet die Stadt

AS Roma gegen Lazio Rom: Jede Saison aufs Neue spaltet das Derby della Capitale die Hauptstadt Italiens, in der die Anspannung im Zeitraum dieser Partie greifbar zu sein scheint. Es ist eines der aufregendsten, aber auch gefährlichsten Stadtderbys des europäischen Fußballs. Sportlich geht es in dieser Partie schon seit längerer Zeit kaum um mehr, als um drei Punkte in der Meisterschaft. Und dennoch hält dieses Duell die italienische Hauptstadt in Atem. Vor allem der Zwist zwischen den Fanlagern lässt das sportliche Aufeinandertreffen oft in den Hintergrund rücken.



Während die Anhänger der Giallorossi politisch gemischt sind, machen die Laziali immer wieder durch ihren Hang zur Rechtsextremität von sich Reden. Vor allem die Gruppierungen Irriducibili Lazio und die AS Rom Ultras lieferten sich in der Vergangenheit immer wieder erbitterte Scharmützel, die schon lange nichts mehr mit der sportlichen Rivalität zu tun haben.

„Es ist das wohl gewalttätigste Derby, bei dem ich je war“, sagte Eli Mengem, tätig für das britische Unternehmen Copa90Football, über das Aufeinandertreffen. Der Brite reist in der YouTube-Serie „Derby Days“ für Copa90 rund um den Globus und erlebt dabei die Rivalitäten der Derby-Klubs hautnah mit. Unter anderem begleitete Mengem Derbys wie AC Milan gegen Inter Mailand, Hamburger SV gegen FC St. Pauli oder Partizan Belgrad gegen Roter Stern Belgrad.

Roma Fans

Photo: Paolo Bruno/Getty Images/Imago

„Manche leben für diese Art der Rivalität und fiebern das ganze Jahr nur diesen Duellen entgegen“, sagte der italienische Journalist Tancredi Palmeri über das Derby della Capitale. „Wenn wir sie (die anderen Fans, Anm.d.Red.) sehen, haben wir nur einen Gedanken im Kopf: Die müssen sterben“, sagte ein Lazio-Fan. Im übertragenen Sinn natürlich. „Sie sollen 3:0, 4:0 verlieren, ich will Tränen in ihren Gesichtern sehen.“ Es mag auch an der langen Titel-Durstrecke beider Vereine liegen, dass vielen Fans ein Derbysieg wohl wichtiger ist, als eine Trophäe. „Es geht darum, wer der Kaiser von Rom ist“, sagte eine Anhängerin der Roma.

Ära der Identifikationsfiguren vorbei?

Es scheint heutzutage mehr eine Rivalität der Fans zu sein, denn eine Rivalität der Spieler. „Ich glaube, dass die Fans es deutlich mehr als Derby sehen, als die Jungs auf dem Rasen“, sagte 2014 der damalige Roma-Coach Rudi Garcia (58) vor dem Derby. Damals waren bei der Roma noch Spieler wie Daniele de Rossi (38), Francesco Totti (45) und Alessandro Florenzi (31) aktiv.

Diese drei bezeichnete Garcia als „Romanisti“ und dass sie diese Partie wohl noch am ehesten als echtes Derby sehen würden. Spieler mit solch einer Verbundenheit finden sich heute bei beiden Vereinen kaum. Bei den Giallorossi trifft dieses Attribut eigentlich nur auf Lorenzo Pellegrini (25) zu, der passenderweise auch Kapitän seiner Mannschaft ist. Der 25-Jährige stammt aus der Jugend der Roma und fand über den Umweg US Sassuolo (2015-2017) wieder zu alter Wirkungsstätte zurück.

Unter seinem neuen Trainer José Mourinho (59) ist er Schlüsselspieler und aktuell in einer sehr guten Verfassung. Auf Seiten der Laziali ist eigentlich nur Danilo Cataldi (27) zu nennen. Der 27-Jährige ist im aktuellen Kader von Trainer Maurizio Sarri (63) der einzige Akteur aus der eigenen Jugend. Anders als Pellegrini ist er aber kein essentieller Schlüsselspieler und darüber hinaus momentan auch verletzt. Seit drei Spieltagen fällt er mit muskulären Problemen aus. Ein Blick auf beide Kader zeigt außerdem, dass auf beiden Seiten viele Legionäre spielen.

Francesco Totti und Daniele de Rossi (AS Rom)

Photo: Dino Panato/Getty Images/Imago

Während im 26er-Kader von Lazio nur fünf Italiener zu finden sind, sind es bei der Roma zehn (von 28). Bei den Giallorossi ist die Durchlässigkeit von der Jugend zu den Profis deutlich höher. Sechs Talente aus der eigenen Jugend stehen momentan im Kader der Roma. Mit Felix Afena-Gyan (19), Nicola Zalewski (20), Edoardo Bove (19) und Ebrima Darboe (20) kommen sogar vier Youngster bereits auf angemessene Einsatzzeiten unter Mourinho.

Lazio und die Roma auf Augenhöhe

Sportlich ist das Derby ein Duell auf Augenhöhe. Lazio rangiert mit 49 Punkten momentan auf dem fünften Platz, die Roma hat mit 48 Punkten nur einen Zähler Rückstand und lauert auf dem sechsten Rang. Beide Mannschaften kämpfen mit Atalanta B.C. und der AC Fiorentina um die Europa-League-Qualifikation. Sieben beziehungsweise acht Punkte beträgt der Abstand auf Juventus Turin, die auf dem vierten Platz liegen, der zur Champions-League-Teilnahme berechtigt.

Formtechnisch dürfte Mourinhos Truppe mit einer breiteren Brust in das Spiel gehen. Die Mannschaft des Portugiesen ist wettbewerbsübergreifend seit sieben Partien ungeschlagen, in der Liga sogar seit acht Spielen. In bester Mourinho-Manier blieb das Team dreimal ohne Gegentor. Zudem qualifizierte man sich gegen Vitesse Arnheim (1:0, 1:1) für das Viertelfinale der Europa Conference League.

Lazio konnte an den letzten beiden Spieltagen jeweils Erfolge gegen die abstiegsbedrohten Klubs Cagliari Calcio (3:0) und FC Venezia (1:0) feiern. Das Spitzenspiel gegen die SSC Napoli vor drei Wochen verlor man mit 1:2. Gegen die Top-Teams tut sich Lazio in dieser Saison schwer. Von den bisher zehn Duellen konnte man nur zwei gewinnen. Neben zwei Unentschieden gegen Atalanta ging man auch sechsmal als Verlierer vom Platz.

Lazio Roma AS Rom Spieler Clinch

Photo: Paolo Bruno/Getty Images/Imago

Einer der angesprochenen Siege war das Hinspiel des Derbys. In einer umkämpften Partie setzte sich Lazio letztlich mit 3:2 durch. Roma-Coach Mourinho tobte nach der Partie und machte in seiner einzigartigen Art und Weise die Schiedsrichter verantwortlich. „Jemand wie ich, der vor zehn Jahren Trainer in Italien war, hat das Gefühl, dass sich der italienische Fußball so sehr verbessert hat, vom Spiel bis zum Siegeswillen“, lobte er zwar zunächst die Entwicklung im italienischen Fußball. Dann holte er aber gegen die Offiziellen aus: „Leider hatten der Schiedsrichter und das VAR-System nicht die richtige Größe für ein Spiel auf diesem Niveau.“

Lazio offensiv stark, Roma mittelmäßig

Der direkte Vergleich gibt Aufschluss über die Stärken und Schwächen beider Teams. Lazio stellt nach dem amtierenden Meister Inter mit 58 erzielten Treffern die zweitbeste Offensive der Liga. Garant dafür ist wieder einmal Ciro Immobile (32), der mit 21 Treffern in 24 Partien an der Spitze der Torschützenliste steht.

Die Roma kommt wie erwartet über ihr Umschaltspiel und die defensive Stabilität zum Erfolg. Trotzdem merkt man, dass The Special One erst seit dem Sommer da ist. Mit 35 Gegentoren ist man weit entfernt von der besten Defensive der Liga, 47 erzielte Treffer sind ebenfalls nur Mittelmaß. Dennoch könnte man behaupten, dass die Mourinho-Truppe als Einheit gefestigter wirkt, vor allem in den letzten Wochen.

Ciro Immobile (Lazio Rom)

Photo: Marco Rosi – SS Lazio/Getty Images/Imago

Sarri lobte den kommenden Gegner. „Sie sind eine hochkarätiger Mannschaft, aber in diesen Spielen ist das nicht wichtig. Das Derby ist ein anderes Spiel“, sagte er (via football-italia) und verwies darauf, dass seine Mannschaft eine Woche Zeit hatte, sich auf das Derby vorzubereiten. Mourinho betonte nach der Partie unter der Woche gegen Arnheim, dass er nun die Belastung seiner Spieler vor dem Derby im Auge behalten müsse. Seiner Meinung nach ein deutlicher Nachteil (via dailymail).

„Mannschaften, die am Donnerstag spielen, haben dann am Wochenende oft nicht gewonnen“, so Sarri. „Ich denke nicht, dass das Zufall ist. Am Donnerstag und Sonntag zu spielen, manchmal nach nicht einmal 72 Stunden, ist übertrieben.“ In der Tat hat Lazio nach den Europa-League-Partien in der Liga nur einmal gewonnen. Die Roma schlug sich dahingehend etwas besser, verlor nach Belastung unter der Woche durch Conference League nur zwei Spiele und holte drei Siege.

Egal wie das Spiel ausgeht, ob es ein trostloses 0:0 oder ein torreiches Spektakel wird, eines ist sicher: Vor allem die Fans dürften zum wiederholten Mal ihren Spaß haben und das altehrwürdige Olimpico di Roma zum Beben bringen. Hoffentlich ohne Krawalle oder gewalttätige Auseinandersetzungen.

Photo: Imago/Sarom Siebenhaar

Sarom Siebenhaar

Die Oranje-Connection entfachte seine Leidenschaft für den HSV. Durch zahlreiche Tiefen schmecken die vereinzelten Höhen umso süßer. Schätzt attraktiven Offensivfußball genauso wie kämpferische Höchstleistungen. Internationaler Top-Fußball findet sich nicht nur in den Big Five. Seit 2021 bei 90PLUS.


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