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SSC Neapel: Neuer Trainer, veränderter Kader – gut genug für die Titelverteidigung?

18. August 2023 | Spotlight | BY Jannek Ringen

Die vergangene Saison hätte für die SSC Neapel nicht besser laufen können. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten konnte man den Scudetto gewinnen und überzeugte mit atemberaubendem Fußball. Doch in der kommenden Saison stehen einige Veränderungen an.

SSC Neapel: Die Sehnsucht wurde gestillt

Insgesamt 33 Jahre mussten die Fans des SSC Neapel auf die Meisterschaft ihres Klubs warten. Das letzte Mal, als der Klub den Scudetto holte, versprühte noch ein gewisser Diego Maradona seinen Glanz in der Stadt am Vesuv. Fünf Spieltage vor Schluss sicherte man sich letzte Saison bereits die Meisterschaft. 90 Punkte und ein attraktiver Fußball waren am Ende die Bilanz. Zudem erreichte man das Viertelfinale der Champions League, war dort gegen AC Mailand sogar Favorit und musste sich dennoch geschlagen geben. Luciano Spalletti hat es geschafft, dass Napoli wieder eine Nummer im europäischen Fußball geworden ist. Doch lässt sich der Erfolg der vergangenen Saison wiederholen?



Spalletti verlässt Neapel, Rudi Garcia übernimmt

Der Erfolg der SSC Neapel ist eng an die Personalie Luciano Spalletti (64) geknüpft. Er ist das Gesicht der vergangenen Meisterschaft, da er nicht nur die talentierten Spieler zusammenbrachte sondern zu einer Einheit formte. Dabei setzte er auf ein kontrolliertes Spiel, das gepaart mit den dribbelstarken Außenspielern jeden Gegner vor Probleme stellte. Mit 62 Prozent Ballbesitz und weit über 500 Pässe pro Partie waren jeweils Höchstwerte in der Serie A. Diese Kontrolle ermöglichte es dem Team, ein gutes Gleichgewicht zwischen Offensive und Defensive zu wahren, weshalb man sowohl den besten Angriff als auch die beste Abwehr stellte.

Luciano Spalletti feiert die Meisterschaft mit der SSC Neapel.

(Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)

Spalletti hat sich jedoch entschlossen, Napoli nach dem großen Erfolg zu verlassen. Als Nachfolger verpflichteten die Verantwortlichen Rudi Garcia (59), der die italienische Liga noch aus seiner Zeit bei der AS Rom kennt. Ansonsten verfügt er über viel Erfahrung in der französischen Liga, wo er 2011 überraschend das Double mit dem OSC Lille gewann. Insgesamt stehen fast 500 Spiele als Trainer in der höchsten französischen und italienischen Liga in seiner Vita.

Unter Luciano Spalletti spielte Neapel zumeist ein offensives 4-3-3, in welchem besonders das starke Mittelfeld um Piotr Zieliński und Stanislav Lobotka die Fäden zog. Die Außen sorgten mit ihrem Tempo und der Dribbelstärke immer wie dafür, dass enge Räume überspielt wurden. Blickt man auf Rudi Garcia, so ist auffällig, dass er ein 4-2-3-1 favorisiert, allerdings immer mal wieder komplett andere Aufstellungen in seine Teams einstreut.

Diese taktische Flexibilität ermöglicht es ihm, auf bestimmte Gegner und Umstände zu reagieren. In der Vorbereitung änderte er beim italienischen Meister jedoch nicht wirklich viel und baut eher auf dem Grundstein, den sein Vorgänger gelegt hatte, auf. Auch er favorisiert bei den Partenopei ein 4-3-3 und setzt auf ein kontrolliertes Ballbesitzspiel. Die Anpassung von Garcia zu Spalletti scheint auf dem Papier nicht allzu groß.

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Der große Umbruch bleibt aus – Wie schwer wiegt der Abgang von Kim?

Die übliche Konsequenz, nachdem ein Team mit einer derart starken Leistung überraschend die Meisterschaft gewinnt, wäre ein Ausverkauf der Stars. Aktuell hat vom Stammpersonal des letzten Jahrs allerdings nur Kim Min-Jae (26) mit seinem Wechsel zum FC Bayern den Absprung gewagt. Auch Piotr Zielinski (29), der heftig aus Saudi-Arabien umworben wird, könnte den Klub noch in diesem Sommer verlassen. Ansonsten scheint es so, als würden die Stützen wie Victor Osimhen (24) und Kvicha Kvaratskhelia (22) dem italienischen Meister erhalten bleiben. Um Osimhen gab es in diesem Transferfenster zwar diverse Gerüchte, allerdings könnte er nun sogar seinen Vertrag verlängern. Die Situation bei Kvaratskhelia, der wohl die größte Überraschung der vergangenen Saison war, ist sehr ruhig geblieben.

Auf der Zugangsseite sind die großen Transfers ebenfalls ausgeblieben. Nach den erfolgreichen Leihen wurden Giacomo Raspadori (23/ US Sassuolo) und Giovanni Simeone (27/ Hellas Verona) fest verpflichtet. Besonders Raspadori spielt in den Plänen von Rudi Garcia eine wichtige Rolle, denn er soll das Offensiv-Trio um Osimhen und Kvaratskhelia ergänzen. Des Weiteren kamen mit Jens Cajuste (24/ Stade Reims), Natan (22/ RB Bragatino) und Elia Caprile (21/ SSC Bari) Spieler, die den Kader erst einmal in der Breite verbessern sollen. In der Gerüchteküche wird derzeit noch der spanische Mittelfeldspieler Gabri Veiga (21) von Celta Vigo gehandelt. Mittlerweile sollen sich die SSC Neapel und Celta Vigo über eine Ablösesumme von 30 Millionen Euro plus Boni geeinigt haben.

Ein Ersatz für Kim Min-Jae wurde indessen noch nicht verpflichtet und derzeit gibt es keine heiße Spur auf einen Nachfolger. Die Fußstapfen des Südkoreaners sind groß, denn er war ein elementarer Baustein unter Luciano Spalletti. Zum einen trieb er das Spiel mit seinen progressiven Läufen mit Ball und dem starken Aufbauspiel von hinten heraus an. Zum anderen war er mit seinen physischen Voraussetzungen und seinem enormen Tempo ein wichtiger Teil in der Konterabsicherung für das hohe Pressing.

In diese Lücke soll wahrscheinlich der junge Norweger Leo Östigard (23) stoßen, sofern kein Neuzugang mehr kommt. Er bringt ähnlich wie Kim enorme Stärken im Aufbau mit, verfügt über eine enorme Kopfballstärke, ist jedoch nicht so schnell wie der Südkoreaner.

Kim Min-Jae hat die SSC Neapel verlassen.

(Photo by Francesco Pecoraro/Getty Images)

Neapel erneut ein Kandidat für den Titel

Ein Trainerwechsel bedeutet zumeist Veränderung und Ungewissheit. Allerdings ist in der Praxis doch mehr gleich geblieben als zunächst erwartet. Rudi Garcia setzt auf das Erfolgssystem der vergangenen Saison und lässt einen sehr ähnlichen Fußball spielen. Zudem hat man bis auf Kim Min-Jae keinen Leistungsträger abgegeben, auch wenn der Abgang des Südkoreaners enorm schmerzen wird. Kvaratskhelia und Osimhen werden in der Serie A jedoch weiter für Furore sorgen, sodass die SSC Neapel auch in der kommenden Saison um den Titel mitspielen sollte. Die Azzurri möchten nicht noch einmal 33 Jahre auf den nächsten Scudetto warten.

(Photo by CIRO FUSCO/POOL/AFP via Getty Images)

Jannek Ringen

Sozialisiert durch die Raute von Thomas Schaaf, gebrochen durch den Abstieg unter Florian Kohfeldt. Fußball in Deutschland ist sein Fachgebiet, aber immer mit einem Blick in England und Italien.


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