Champions League | „Es gibt ein Gefühl um den Klub, dass diese Saison zum Scheitern verurteilt ist…“ – Vorschau PSG vs FC Bayern

14. Februar 2023 | Vorschau | BY Victor Catalina

Vorschau | Am Dienstagabend tritt der FC Bayern in der Champions League bei Paris Saint-Germain an. Für beide Teams ist es ein vorgezogenes Endspiel in einer turbulenten Saison.

Anpfiff der Partie ist am Dienstag, 21:00 Uhr, live bei Amazon Prime.

  • Paris Saint-Germain: Von Benfica kalt erwischt, aber der eigenen Situation bewusst
  • FC Bayern München: PSG als Beginn der Schicksalswoche, um wieder „von null auf hundert da zu sein“
  • Johnson: Glaube, dass PSG in Paris gewinnen wird

Vor dem Spiel haben wir uns mit Jonathan Johnson (Frankreich-Korrespondent für CBS) unterhalten.

Paris Saint-Germain: Jugendstil und eine überraschende Wendung

Es ist eine Saison, die – mal wieder – extrem schwer zu greifen ist für Paris Saint-Germain. In der Ligue 1 läuft es, zumindest auf dem Papier, weitestgehend wie immer. Nach 23 Spieltagen steht man fünf Zähler vor Olympique Marseille. Der elfte Meistertitel wäre ein besonderer. Man würde die AS Saint-Étienne hinter sich lassen und alleiniger Rekordmeister werden.

 



 

Dennoch wäre das erneut nur ein schwacher Trost. Das Ziel des Klubs ist weiterhin ganz klar der erstmalige Gewinn der Champions League. Allein, nach zwei aufeinanderfolgenden Saisons mit Endspiel 2020 und Halbfinalteilnahme 2021 scheint der Klub wieder in die Werkseinstellungen zurückversetzt. Vergangene Saison gab es gegen Real Madrid das nächste Achtelfinalaus. Viel schwerwiegender als die Tatsache selbst wiegt eher das Zustandekommen. 1:0 gewann PSG das Hinspiel im Prinzenpark. Mit seinem Treffer im Santiago Bernabéu schien Kylian Mbappé alles klar gemacht zu haben, bevor Karim Benzema die Begegnung nach der Pause per Hattrick binnen 17 Minuten komplett drehte.

Also, wieder von vorne. Zu Saisonbeginn kam mit Christophe Galtier und Luís Campos jenes Duo, das PSG 2020/21 mit Lille um die Meisterschaft erleichterte. Das Ziel war somit vorgegeben: Man wollte, ein Stück weit, weg vom reinen Luxuskader und mehr auf junge Spieler vertrauen. Im Sommer kamen Vitinha (23), Hugo Ekitiké (20), Nuno Mendes (20) und Renato Sanches (25). Dazu integrierte Galtier den erst 16-jährigen Warren Zaïre-Emery in den Kader.

„Er dachte anfangs, sein Trainer mache Witze“ – Benfica lässt PSG ungläubig zurück

Die längste Zeit schien auch in der Champions League alles nach Plan zu verlaufen. Paris Saint-Germain führte die Gruppe an. Bis auf zwei Remis gegen Roger Schmidts Benfica ließ man sich nichts zu Schulden kommen. An Spieltag 6 sollte der Ausgang von Gruppe H jedoch eine unerwartete Wendung nehmen: PSG führte auswärts bei Juventus 2:1, als Benfica parallel in Haifa anfing, Tor um Tor zu erzielen. „Als Benfica angefangen hat, wurde es klarer, dass es möglich ist“, so Jonathan Johnson über die Möglichkeit, den Gruppensieg zu verspielen. „PSG hatte das schwerere Auswärtsspiel bei Juventus. Aber Haifa ist auch nicht einfach. Daher war es schon eine Überraschung, dass Benfica es geschafft hat, die Tordifferenz auszugleichen.“

Nur eine Woche zuvor schienen die Pariser mit dem 7:2 über Maccabi alle Fragen beantwortet zu haben. Als João Mário in Minute 92 das 6:1 für Benfica erzielte, zogen die Portugiesen doch noch vorbei. Knappstmöglich, nach Auswärtstoren. Es war letztlich sogar die Partie in Haifa, die den Ausschlag gab. In Turin setzten sich beide Teams 2:1 durch, die direkten Duelle endeten jeweils 1:1. Während PSG in Haifa jedoch „nur“ 3:1 gewann, erzielte Benfica auch die Auswärtstore sieben, acht und neun.

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Photo by FILIPPO MONTEFORTE/AFP via Getty Images

„Wenn man sich die Bilder nach dem Spiel anschaut, wie Galtier mit Donnarumma spricht – der italienische Torhüter denkt anfangs, sein Trainer mache Witze, bevor er schockiert feststellte, dass PSG die Gruppe tatsächlich nicht gewonnen hat“, so Johnson. „Es gibt ein Gefühl um den Klub herum, dass diese Saison aufgrund der Weltmeisterschaft zum Scheitern verurteilt sein könnte. Wir werden es bald herausfinden…“

 

 

Bezüglich des Gegners gibt man sich auf Pariser Seite keinen falschen Illusionen hin: „PSG weiß um Bayerns Erfahrung und Qualität. Die Begegnung sah allerdings vor einigen Monaten, als sie gelost wurde, etwas vorteilhafter aus, als es jetzt der Fall ist. Es ist eigenartig, wie sich die Schicksale beider Teams gedreht haben. Dazu muss man auch sagen, dass PSG am besten ist, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen. Man kann erwarten, dass sie motivierter und fokussierter sind“, so Johnson, der ein enges Resultat über beide Spiele prognostiziert.

Personell sieht es für die Pariser vor dem größten Spiel der Saison nahezu einwandfrei aus: Achraf Hakimi, Sergio Ramos, Lionel Messi und auch Kylian Mbappé, hinter denen aus diversen Gründen Fragezeichen standen, nahmen allesamt am Abschlusstraining teil und stehen im Spieltagskader.

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FC Bayern München: PSG als Einstieg in die Schicksalswoche

Besonders die Erkenntnis um Kylian Mbappé dürfte Julian Nagelsmann nicht überraschen, hatte er dessen potentiellen Ausfall ohnehin nicht für besonders realistisch erachtet. „Das ist nicht der Stil der Klubs und sicherlich nicht mein Stil“, polterte Christophe Galtier daraufhin. Nun ja, sein eigener vielleicht immer noch nicht.

Vor der WM hätte es für die Münchener nicht besser laufen können. Das 2:0 auf Schalke war der zehnte Pflichtspielsieg en bloc. In dieser Phase fielen auch die Erfolge in Barcelona (3:0) und gegen Inter (2:0), mit denen man die zweite perfekte Gruppenphase binnen der letzten drei Saisons spielte. Zweitbeste Offensive des Wettbewerbs (18 Tore), beste Defensive (zwei Gegentore), die Ausbeute stimmt.

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Photo by MICHAELA REHLE/AFP via Getty Images

Mit Jahreswechsel wurde der Klub jedoch vor einige Herausforderungen gestellt. Lucas Hernández kam mit Kreuzbandriss zurück nach München, Manuel Neuer zog sich beim Skifahren einen Unterschenkelbruch zu und wird ebenfalls bis Saisonende fehlen, Noussair Mazraoui laboriert nach COVID-19-Infektion an einer Herzbeutelentzündung. Dazu kam das Gros der Nationalspieler mit beiden Maxima der Enttäuschungsskala an die Säbener Straße: Vorrundenaus und Finalniederlage.

Um der Situation Herr zu werden, verpflichtete Sportvorstand Hasan Salihamidžić positionsgetreu Yann Sommer, Daley Blind und lieh am Deadline Day auch João Cancelo aus. Drei aufeinanderfolgenden 1:1-Remis in Leipzig, gegen den 1. FC Köln sowie Eintracht Frankfurt ließen die Münchener Siege im Pokalachtelfinale in Mainz (4:0), in Wolfsburg (4:2) sowie gegen den VfL Bochum (3:0) folgen.

„Können nicht mehr behaupten, dass wir von null auf hundert da sind“ – Bayern in der Schicksalswoche vor großer Chance

Rein ergebnistechnisch sind die Münchener zurück in der Spur. Phasenweise war wieder die alte Leichtigkeit und Spielfreude zu erkennen. Dennoch mahnte Julian Nagelsmann: „Wenn wir so spielen am Dienstag, dann wird es nicht reichen, um weiterzukommen.“ Es könnte ein Impuls zur richtigen Zeit sein. „Wir können aufgrund der jüngeren Vergangenheit einfach nicht mehr behaupten, dass wir bei den wichtigen Spielen von null auf hundert da sind“, hielt Leon Goretzka fest. Abseits des Champions-League-Sieges 2020 gab es 2019 für den FC Bayern das Aus im Achtelfinale gegen Liverpool. 2021 sowie 2022 schied man gegen Paris Saint-Germain, beziehungsweise Villarreal im Viertelfinale aus.

So wie PSG brauchen auch die Münchener selbst die Performance gegen einen gleichwertigen Gegner in der Champions League. Die kommenden drei Spiele könnten den Saisonverlauf des Rekordmeisters maßgeblich beeinflussen. Nach der Partie in Paris geht es zu Angstgegner Borussia Mönchengladbach und dann zuhause gegen den Tabellenzweiten Union Berlin. Sollten Performance und Ergebnis in Einklang stehen, könnte der FC Bayern daraus einen großen Boost für die Restsaison ziehen.

Prognose von Jonathan Johnson

Es wird schwer, jetzt schon vorherzusagen, wer sich über beide Spiele durchsetzt, besonders, da sich zwischen den Partien noch so viel verändern kann. Ich glaube allerdings, dass PSG in Paris gewinnen wird, aber beide Teams treffen könnten. Danach werden wir sehen, ob PSGs Kader verletzungstechnisch besser dasteht, wenn sie nach München reisen.

Voraussichtliche Aufstellungen

Paris Saint-Germain: Donnarumma – Sergio Ramos, Marquinhos (C), Danilo Pereira – Verratti, Fabián Ruiz – Hakimi, Neymar, Nuno Mendes – Messi, Mbappé
Trainer: Christophe Galtier

FC Bayern München: Sommer – Pavard, Upamecano, de Ligt – Kimmich – Coman, L. Sané, Musiala, João Cancelo – Müller (C), Choupo-Moting
Trainer: Julian Nagelsmann

Photo by LLUIS GENE/POOL/AFP via Getty Images

Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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