Champions League | Manchester City und Pep Guardiola – gegen Real Madrid und die eigene Geschichte

26. April 2022 | Spotlight | BY Florian Weber

Vorschau | Manchester City trifft am Dienstagabend im Champions-League-Halbfinale auf Real Madrid. Pep Guardiola will nach über zehn Jahren ohne Henkelpott seinen persönlichen Champions-League-Fluch brechen, während Carlo Ancelotti die Fabelsaison von Real Madrid fortsetzen möchte.

Ein Champions-League-Halbfinale mit Finalklang: Manchester City trifft am Dienstagabend im Etihad Stadium auf Real Madrid. Auf Seiten der Königlichen, die die Königsklasse im vergangenen Jahrzehnt viermal gewannen, steht Carlo Ancelotti an der Seitenlinie. Dreimal stellte er schon unter Beweis, dass er ein Team zum größten europäischen Titel coachen kann und auch auf dem Rasen ist Real Madrid gespickt mit Champions-League-Titeln. Gegenüber wird mit Manchester City eine Mannschaftstehen, der seit Jahren nachgesagt wird, die beste der Welt zu sein.

Und mit Pep Guardiola ein Trainer, dem ebenfalls niemand abspricht, der beste seiner Zunft zu sein. Seine Beziehung zur Champions League ist allerdings eine angespannte. Er gewann den Titel zuletzt 2011 mit dem FC Barcelona. Seitdem wirkt ein Fluch auf die Mannschaften des Spaniers, der erst die Bayern und nun die „Skyblues“ vom Henkelpott wegzuhalten scheint. Davon will Guardiola jedoch nichts wissen. „Wenn es nur um die Geschichte geht, haben wir keine Chance, dann sind sie besser“, sagte Guardiola am Montag auf der Pressekonferenz. Doch das Duell gegen Real Madrid wird in der Gegenwart spielen.

(Photo by GLYN KIRK/AFP via Getty Images)

Es knarzt auf den Außenverteidigerpositionen

Real Madrid muss am Dienstag nur auf einen Spieler definitiv verzichten. Eden Hazard wird aufgrund einer Blessur am Wadenbein nicht im Kader stehen, spielte in der laufenden Spielzeit aber sowieso keine wichtige Rolle bei den Madrilenen. Casemiro wird wohl zur Verfügung stehen. Manchester City muss allerdings auf einen Leistungsträger verzichten. João Cancelo fehlt gelbgesperrt.

Unklar ist außerdem, ob John Stones oder Kyle Walker rechtzeitig fit werden. Bei Walker gab sich Guardiola auf der Pressekonferenz hoffnungsvoll. Mit Nathan Aké und Oleksandr Zinchenko stehen zwei Optionen als Cancelo-Ersatz zur Verfügung, sollten weder Walker noch Stones rechtzeitig genesen muss Guardiola wohl auf beide zurückgreifen und etwas tüfteln.



Etwas, das Guardiola in den letzten Jahren in der Champions League immer wieder teuer zu stehen kam. Prominente Beispiele bieten die letzten beiden Jahre. 2020 stellte er sein Team im Rückspiel des Viertelfinales gegen Olympique Lyon überraschend defensiv und passiv ein. Sein Team hatte in einer 3-4-3-Grundordnung kaum Zugriff und schied als klarer Favorit nach einer 1:3-Niederlage aus. Im vergangenen Jahr verzichtete Guardiola im Finale gegen den FC Chelsea auf einen Ankersechser. Fernandinho und Rodri saßen auf der Bank, während Ilkay Gündogan vergeblich versuchte, die Räume im löchrigen City-Mittelfeld zu schließen.

Dass sich Guardiola gegen Real Madrid erneut in einem taktischen Kniff verliert, hält Joe Bray, Manchester-City-Korrespondent der „Manchester Evening News„, für unwahrscheinlich: „Guardiola ist dafür bekannt, dass er viel zu kompliziert vorgeht, aber seine Herangehensweise in dieser Saison war ziemlich geradlinig – er hat seine beste verfügbare Mannschaft aufgestellt und auf die Taktik vertraut, die er in den letzten fünf Jahren entwickelt hat.“

Gewohnte Muster im Spielaufbau

Die Grundordnung, auf die Guardiola in dieser Saison meist vertraute, ist ein 4-3-3. Der Spielaufbau wird dabei von den zwei Innenverteidigern übernommen und vom heranrückenden Rechtsverteidiger, meist Kyle Walker, zu einer Dreierkette komplettiert. Der Linkverteidiger hingegen rückt etwas höher und sucht die freien Räume neben dem tiefstehenden und den Spielaufbau ankurbelnden Rodri. Teilweise besetzt der Linksverteidiger dabei sogar den Sechserraum gemeinsam mit Rodri, sodass eine 3-2-Grundordnung im Spielaufbau entsteht.

Von diesem Grundmuster wird Manchester City wohl auch gegen Real Madrid nicht abweichen. Die Königlichen bauen ihrerseits ganz ähnlich auf. Allerdings komplettiert nicht ein Außenverteidiger, sondern ein in den linken Halbraum abkippender Toni Kroos die beiden Innenverteidiger im Spielaufbau zu einer Dreierkette. Davor prunkt ein etwas unflexibler Casemiro und ein hyperflexibler und sich immer wieder auf Pressingsituationen windender Luka Modric.

Dass eine der beiden Mannschaften von diesen gewohnten Muster abweichend wird, ist unwahrscheinlich. Vor allem Real Madrid präsentierte sich in dieser Saison zuweilen unflexibel. Wie schon in ihrem Champions-League-Threepeat unter Zinedine Zidane verlassen sich die Königlichen oftmals auf ihre individuelle Klasse, wie sich in den beiden Spielen gegen den FC Chelsea eindrucksvoll zeigte. Nur ein überragender Karim Benzema und ein zaubernder Modric schleppten ihr Team ins Halbfinale.

Fehler, wie etwa der von Chelsea-Torhüter Édouard Mendy, nutzen die Madrilenen konsequenter aus als jedes andere Team Europas. Deswegen, und wegen dem überragenden Benzema, betonte Guardiola auf der Pressekonferenz: „Wir müssen versuchen, sehr gut zu verteidigen.“ Experte Joe Bray geht ebenfalls von einer wenig riskanten Grundordnung Citys aus: „Ich denke, dass man angesichts der Offensivkraft von Real den Fokus darauf legen wird, in der Defensive kompakt zu stehen.“

(Photo by David Ramos/Getty Images)

Real Madrid: Erst Barcelona, dann Chelsea und nun City?

Spannend wird zu sehen sein, wie Machester City offensiv agieren wird. Der FC Chelsea und der FC Barcelona zeigten in ihren Spielen gegen Real Madrid eine Schwachstelle der Königlichen auf. Beide agierten, genau wie City, mit drei Stürmern. Diese unterstützten sie mit extrem weit aufrückenden Außenverteidigern und hatten damit phasenweise fünf Anspielstationen auf der Verteidigungslinie der Madrilenen, die ihrerseits extreme Zuordnungsprobleme hatten. Etwas, was sicherlich auch Guardiola bemerkt hat. Breitegebend sind im Spiel von Manchester City aber in der Regel nicht die Außenverteidiger, sondern die Flügelstürmer. Also werden es wohl eher die Achter sein, die die Verteidigung der Königlichen mit hohen Positionierungen vor Probleme stellen werden.

Doch dass sich Real Madrid erneut von einer Überladung der letzten Linie überraschen lassen wird, daran glaubt Nils Kern, Chefredakteur von „Real Total„, nicht: „Dass die Außenverteidiger Unterstützung benötigen, dürfte Ancelotti aber mittlerweile erkannt haben, so deutete er auf der Pressekonferenz an, mit vier Mittelfeldspielern beginnen zu wollen, sodass man außen etwas besser aufgestellt ist. Wichtig wird sein, dass Mendy zurück und auch wieder fit ist.“

Zudem sei aus Sicht von Real zu hoffen, dass Manchester City auf ein hohes Pressing setzen wird. „Real Madrid will selbst gerne Ball und Kontrolle haben, stößt dabei aber speziell gegen tiefstehende Gegner auf Probleme. Sobald ein Kontrahent etwas aufrückt oder höher verteidigt, können die Blancos aber schnell zuschlagen, beispielsweise mit langen Bällen auf Vinícius. Dadurch, dass Casemiro wahrscheinlich fehlen wird, ist Real zudem nicht ganz so Pressing-anfällig, Kroos, Modric und Co. dürften so Citys Pressing neutralisieren“, sagt Kern.

Die Schlüsselspieler

Sollten sich für Real Madrid also Räume für Konter ergeben, sieht Kern nicht Benzema, sondern den jungen, unermüdlichen Vinícius Junior als Schlüsselspieler. „Ihm mag nicht immer alles gelingen, aber das Zusammenspiel mit Benzema findet gerne auch mal spät noch Früchte – er gibt nie auf und hat auch die Ausdauer dazu. Sollte City wie erhofft hoch verteidigen, könnte der Youngster ähnlich gefährlich sein wie schon gegen Liverpool 2021 oder zuletzt im Hinspiel gegen Chelsea“, blickt Kern voraus.

Auf der Seite der Skyblues ist noch unklar, wer stürmen wird. Gabriel Jesus erzielte bei der Generalprobe beim FC Watford vier Tore und wurde von Guardiola auf der Pressekonferenz regelrecht angehimmelt. „Wenn es eine Person im Weltfußball gibt, die solche Nächte verdient hat, dann ist er es“, sagte der Spanier. Die Schlüsselpositionen sind für City-Experte Bray allerdings andere: „Wenn es Ruben Dias gelingt, Karim Benzema zu bremsen, ist City dem Finale einen Schritt näher. Allerdings müssen sie das über die gesamten 180 Minuten schaffen. Rodri und Bernardo Silva werden ebenfalls wichtig sein, um Toni Kroos und Luka Modric in Schach zu halten.“

Voraussichtliche Aufstellungen

Machester City: Ederson – Walker, Ruben Dias, Laporte, Zinchenko (Ake) – De Bruyne, Rodri, Bernardo Silva (Gündogan) – Mahrez, Foden (Gabriel Jesus), Sterling

Real Madrid: Courtois – Carvajal, Eder Militao, Alaba, F. Mendy – Modric, Casemiro (Camavinga), Kroos – Fede Valverde, Benzema, Vinicius Junior


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