Champions League | Nur Coman überzeugt für behäbige Bayern, Jaissles Plan greift – Die Einzelkritik zum Spiel

17. Februar 2022 | News | BY Victor Catalina

Spotlight | 1:1 trennten sich RB Salzburg und der FC Bayern im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals. Während der deutsche Rekordmeister damit den zweiten enttäuschenden Aufrtitt in Folge liefert, ging der Plan von Matthias Jaissle voll auf. Die Einzelkritik.

Coman verhindert die Überraschung – Bayern enttäuscht erneut

Nach dem 2:4 in Bochum blieb der FC Bayern auch im Achtelfinal-Hinspiel dieser Champions-League-Saison hinter den eigenen Erwartungen zurück.

 



 

Als Junior Adamu Salzburg in Führung brachte, sah es lange so aus, als würden die Münchener auch das zweite Pflichtspiel in Folge verlieren – bis Kingsley Coman in Minute 90 noch das Remis rettete. Damit ist für das Rückspiel am 8. März alles weiterhin offen. Die Akteure in der Einzelkritik.

RB Salzburg: Adeyemi bringt Bayerns Hintermannschaft in Schwierigkeiten – Jaissles goldener Wechsel

Philipp Köhn: Sicherer Rückhalt, wenngleich sich seine Tätigkeit bis eine Viertelstunde vor Schluss größtenteils darauf beschränkte, ideenlose Halbfeldflanken abzufangen. Parierte klasse gegen Kingsley Coman (73′) und Leroy Sané (75′). Mit der Schlusssirene musste er sich doch noch geschlagen geben. Beim Ausgleich trifft ihn allerdings keine Schuld. Hatte in Minute 94 Glück, dass Michael Oliver ihm eine zu kurze Abwehr genau auf Sané als Offensivfoul auslegte. Note: 2,5

Rasmus Kristensen: Hatte Kingsley Coman in der ersten Hälfte gut unter Kontrolle – wohlgemerkt, nur in der ersten Hälfte. Als der Franzose im zweiten Durchgang ernst machte, war Kristensen heillos überfordert, hielt zudem einen viel zu großen Sicherheitsabstand und ließ Coman so immer wieder mit Tempo auf sich zulaufen. Salzburg hatte Glück, dass der FC Bayern daraus nicht mehr Kapital schlagen konnte. Note: 4,5

Oumar Solet: Blockte heroisch gegen den durchgebrochenen Kingsley Coman mit dem Gemächt (52′), kam im entscheidenden Moment allerdings einen Schritt zu spät, sodass Thomas Müller per Kopf für Coman ablegen konnte. Dass Robert Lewandowski an diesem Abend keinen Torschuss verzeichnen konnte, war auch sein Verdienst. Note: 3,5.

Maximilian Wöber: Verschuldete nach einer Stunde im Zweikampf mit Thomas Müller fast einen Strafstoß. Ansonsten war auch er gut damit beschäftigt, Lewandowski unter Kontrolle zu halten. Note: 3,5

Andreas Ulmer: Hatte Serge Gnabry über weite Teile der Partie besser im Griff, als Kristensen Coman auf der anderen Seite. Defensiv zuverlässig, offensiv – trotz einiger Standards – eher unauffällig. Note: 3,5

Nicolás Capaldo: Ein undankbares Spiel für den Argentinier, vor allem im zweiten Durchgang, als der FC Bayern aufdrehte. Kam nur selten in Ballbesitz und so zur Möglichkeit, sich wirklich auszuzeichnen. Verlor zudem vor dem Ausgleich das Kopfballduell gegen Thomas Müller. Note: 3,5

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Mohamed Camara: Das Ein-Mann-Räumkommando im Salzburger Mittelfeld. Ging unermüdlich jedem Ball nach, eroberte früh die Kugel, um so die Gegenangriffe einzuleiten. Dem Salzburger Führungstreffer ging ebenfalls ein langer Ball Camaras auf Karim Adeyemi voraus. Einer der wenigen Salzburger, die noch genug Kraft hatten, sich den Münchenern auch in der Schlussphase entgegenzustellen. Note: 2,5

Nicolas Seiwald (bis 80′): Mit einigen Abschlüssen aus der Distanz. Ansonsten nahezu ausschließlich defensiv gebunden. Erledigte seinen Job dort allerdings souverän. Machte zehn Minuten vor Schluss Platz für Luka Sučić. Note: 3,0

Brenden Aaronson: Im System Jaissles das Verbindungsglied zwischen den defensiven Mittelfeldspielern und den beiden Stürmern. Vor allem in der Anfangsphase ein ständiger Unruheherd. Legte, halb zufällig, halb gewollt Junior Adamu das 1:0 auf. Wenig später verwehrte ihm Sven Ulreich das 2:0. Nach der Pause, wie seine gesamte Mannschaft, offensiv mit viel weniger Aktien. Note: 3,0

Noah Okafor (bis 12′): Sein erstes Heimspiel gegen einen Bundesligisten in dieser Saison behält Noah Okafor in bester Erinnerung. Beim 3:1 gegen den VfL Wolfsburg gelang ihm ein Doppelpack. Das zweite war für ihn verletzungsbedingt schon sehr früh beendet. Daher ohne Bewertung.

Karim Adeyemi (bis 87′): „Wir wollen dem FC Bayern ein Klotz am Bein sein“ – und er war es in besonderem Maße. Legte mit seinem irrsinnigen Tempo vor allem in der ersten Halbzeit ein ums andere Mal die Münchener Defensivschwächen offen, als er beispielsweise Süles Unsicherheit roch (3′) oder sich nach einem Einwurf vom zu zögerlich agierenden Pavard fast elfmeterreif foulen ließ (45’+1). Leitete den Führungstreffer maßgeblich mit ein, blieb nach der Pause allerdings eher blass und machte kurz vor Schluss Platz für Maurits Kjærgaard. Note: 2,5

Auswechslungen

Junior Adamu (ab 12′): Wie golden kann ein Wechsel sein? Erster Ballkontakt, erster Torschuss, erster Champions-League-Treffer – und das in der ersten K.O.-Phase seines Klubs gegen den FC Bayern München. Hätte neun Minuten vor Schluss auf 2:0 stellen können, vielleicht sogar müssen. Nichtsdestotrotz ein starker Auftritt des 20-Jährigen. Note: 2,5

Luka Sučić (ab 80′): Ersetzte zehn Minuten vor Schluss Nicolas Seiwald. Aufgrund von druckvollen Bayern und der Kürze der Spielzeit konnte er sich nicht mehr wirklich auszeichnen. Ohne Bewertung

Maurits Kjærgaard (ab 87′): Was für Sučić gilt, gilt auch für ihn. Kam drei Minuten vor Schluss, damit sich Karim Adeyemi den verdienten Applaus der Red Bull Arena abholen konnte. Ohne Bewertung

Matthias Jaissle: Sein Plan, den Münchenern mit Tempo beizukommen und durch extrem frühes wie hohes Anlaufen nicht nur auf individuelle Fehler zu spekulieren, sondern sie zu erzwingen, ging voll auf. Vor allem in den Anfangsminuten kam seine Mannschaft immer wieder in Gleichzahlsituationen, die – noch einen Tick sauberer ausgespielt – zu mehr Großchancen hätten führen können. Über weite Teile des Spiels gelang es Salzburg zudem, Joshua Kimmich in Zweikämpfe zu verwickeln und so ein geordnetes Münchener Mittelfeldspiel lange zu unterbinden, sodass auch Sané und Müller kaum in Situationen kamen, um Angriffe zu inszenieren. Die Einwechslung von Junior Adamu war eine glatte Eins. Rechtzeitig mit taktischer Umstellung, um seine Mannschaft aus einer tieferen Ebene heraus verteidigen zu lassen, dabei trotzdem immer aktiv zu bleiben, wie man bei der Doppelchance von Adeyemi und Adamu in Minute 81 sehen konnte. Der Gewinner des Duells der jungen Trainer. Note: 2,0

Victor Catalina

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FC Bayern: Coman nach der Pause wie ausgetauscht – und mit der späten Belohnung

Sven Ulreich: Wackelte bei einer Szene in der Anfangsphase, ansonsten war Neuers Ersatzmann heute ein sicherer Rückhalt. Bewahrte die Bayern gegen Brenden Aaronson (24′) und Karim Adeyemi (81′) zweimal vor dem 0:2. Note: 2,0

Benjamin Pavard: Gute Anfangsphase. Verhinderte kurz vor Schluss den möglichen Doppelpack von Junior Adamu und damit den Knockout, war meist nah am Gegner und griffig in den Zweikämpfen. Baute im Laufe des Spiels allerdings ab, nach vorne zudem phasenweise unterirdisch. Note: 4,0

Niklas Süle: Ein Schnitzer in der Anfangsphase hätte fast zum frühen Gegentor geführt. Danach fand Süle besser ins Spiel, war der Verteidiger, der Adeyemi noch am besten im Griff hatte und in letzter Instanz ausbremste. Hielt sich im Spielaufbau zurück, wählte vorwiegend den Querpass. Erst mit zunehmender Spieldauer wurde auch sein Passspiel progressiver, wobei nicht immer erfolgreich. Note: 3,5

Lucas Hernández: Viele Unaufmerksamkeiten im Spielaufbau, die umgehend für Gefahr sorgten. Auch im Eins-gegen-Eins zu zögerlich, ließ sich ein ums andere Mal von Adeyemi und Co. abkochen – unter anderem beim Gegentor. Nach dem Bochum-Spiel der nächste schwache Auftritt des Franzosen. Note: 4,5

Joshua Kimmich: Wurde aggressiv angelaufen, hatte kaum Chancen, das Spiel der Bayern in gewohnter Manier aufzuziehen. Stattdessen war der Mittelfeld-Regisseur mit viel Knochenarbeit und hohen Bällen beschäftigt. Nach dem Seitenwechsel ließ der Würgegriff der Salzburger nach, Kimmichs Passpräzision dafür ebenso. Kein guter Auftritt des Nationalspielers. Note: 4,0

Corentin Tolisso (bis 80.): Leistete viel Laufarbeit, kam in der Anfangsphase auch gut und wichtig in die Zweikämpfe. Mit der Zeit wurde aber auch seine Abwehrarbeit fahriger. Im Spiel nach vorne mit einigen guten Diagonalbällen, ansonsten mit Mängeln. Note: 3,5

Serge Gnabry (bis 77.):In der ersten Halbzeit nahezu komplett abgemeldet, Ulmer und Wöber hatten ihn gut im Griff. Nach dem Seitenwechsel wirkte der Nationalspieler spritziger, machte es seinen Bewachern schwerer. Wirklich gefährlich wurde es über seine rechte Seite aber selten. Note: 4,0

Thomas Müller: Sonst der Initiator, heute oft nicht griffig genug im Gegenpressing. Auch die Präzision im Passspiel ließ zu wünschen übrig. Setzte seine Mitspieler hier und da gut in Szene, leistete auch viel Arbeit ohne Ball. Dennoch: Müller hatte allein in diesem Kalenderjahr schon viel bessere Auftritte. Note: 3,5

Leroy Sané: Leistete viel Laufarbeit, holte sich die Bälle auch in tieferen Zonen ab. Wirklich Gefahr erzeugen konnte Bayerns Nummer 10 jedoch zu selten, war zudem im Passspiel nicht immer sauber genug. Note: 3,5

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Kingsley Coman: Sah gegen Kristensen zunächst wenig Land, leistete sich auch ungewöhnlich viele technische Fehler. Dafür drehte Coman nach der Pause auf: Wenn die Bayern gefährlich wurden, dann hatte meist der Franzose seine Finger im Spiel. Belohnte eine starke zweite Halbzeit mit dem wichtigen Ausgleichstreffer. Note: 2,0

Robert Lewandowski: War wenig bis gar nicht ins Spiel eingebunden, was jedoch auch der Tatsache geschuldet war, dass Bayern die Bälle nicht ins letzte Drittel bekam. Ließ sich mit der Zeit tiefer fallen und beteiligte sich am Kombinationsspiel. Gefahr erzeugen konnte Lewandowski heute jedoch nicht. Dafür wurde er viel zu selten in Szene gesetzt. Undankbares Spiel für den Polen. Note: 4,0

Julian Nagelsmann: Entschied sich, entgegen des Bochum-Spiels, wieder auf eine Dreierkette mit Doppelsechs davor zu setzen. Sein Plan ging jedoch nicht auf: Gegen das Salzburger Pressing war die Dreierkette maßlos überfordert, bei Coman und Gnabry war die defensive Rollenverteilung zudem unklar. Darüber hinaus schaffte Bayern es kaum, das Pressing aufzulösen und das Spiel in die gegnerische Hälfte zu verlagern. Trotz lang anhaltender Probleme reagierte Nagelsmann nicht, nahm auch nach dem Seitenwechsel keine Veränderungen vor – ein Spiel mit dem Feuer. Gut für Nagelsmann und die Bayern: Salzburg nahm deutlich den Fuß vom Gaspedal und offerierte mit zunehmender Spieldauer auch immer mehr gefährliche Räume. Note: 4,0

Einwechslungen

Eric-Maxim Choupo-Moting (77. Für Gnabry): keine Benotung

Marcel Sabitzer (80. für Tolisso): keine Bewertung

Michael Bojkov

Michael Oliver: 93 Minuten und 30 Sekunden lang war der Brite auf einem guten Weg, eine unauffällige Partie zu liefern – bis er aus dem Nichts ein Foul von Thomas Müller an Philipp Köhn erdachte und den Münchenern somit die Chance auf den Last-Minute-Sieg nahm. Die Szene hätte er zwingend laufen lassen müssen und im Zweifelsfall von Chris Kavanagh sowie Darren England am Bildschirm überprüfen lassen können. Entschied sich kurz vor der Pause korrekterweise gegen den Strafstoß, als Karim Adeyemi im Duell mit Benjamin Pavard zu Fall kam. Anonsten großzügig in der Zweikampfbewertung. Note: 3,0

Spielnote: Eine packende Achtelfinalpartie. Auch, weil Salzburg sie zu einer solchen machte. Über 94 Minuten präsentierte sich die Mannschaft von Matthias Jaissle dank guter Planung und disziplinierter Einhaltung dessen einem bisweilen behäbigen deutschen Rekordmeister ebenbürtig und verdiente sich das Remis. Nicht zwingend durchgehend hochklassig, aber der dramatische Spielverlauf mit der sich lange anbahnenden Überraschung sowie dem späten Ausgleich kamen bisweilen dafür auf. Note: 2,5

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Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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