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Raphael Guerreiro: Bayerns Allzweckwaffe spielt sich in den Mittelpunkt

18. April 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Der FC Bayern steht im Halbfinale der UEFA Champions League, setzte sich gegen Arsenal im Rückspiel zuhause mit 1:0 durch. Einen essenziellen Anteil am Sieg hatte ein Spieler, der sich zuletzt ohnehin in den Mittelpunkt spielte: Raphael Guerreiro. 

Der Portugiese, der zu Saisonbeginn zweimal länger und zuletzt kurz fehlte, weil er diverse Blessuren erlitt, agierte beim Rekordmeister jetzt schon auf drei verschiedenen Positionen, links in der Viererkette, im zentralen Mittelfeld und nun wie gegen Arsenal gesehen auch im linken Mittelfeld. Damit wird er zur Allzweckwaffe des FC Bayern.

Guerreiro erfüllt die Erwartungen

Als der FC Bayern vor der Saison Raphael Guerreiro ablösefrei aus Dortmund verpflichtet, hielt der ein oder andere Experte das für einen Coup. Denn den besten Vorlagengeber eines der Topteams der Liga ohne Transfersumme zu verpflichten, klang in jedem Fall sehr gut. Allerdings verpflichtete der Rekordmeister auch einen Spieler, der in Dortmund immer mal wieder verletzt ausgefallen ist. Und wie fügte sich der Spieler bei seinem neuen Klub ein? Richtig, Muskelbündelriss, 45-Minuten-Comeback, Muskelfaserriss. Wirklich integriert werden konnte der 30-Jährige erst ab November, weswegen die Kritiker schon ihre Finger mahnend hoben.

 



Doch die ersten Eindrücke auf dem Platz waren durchweg positiv. Der Portugiese fügte sich sofort sehr gut ein, passte zum Spiel des FC Bayern, egal ob als Linksverteidiger oder im zentralen Mittelfeld. Wo er gebraucht wurde, da spulte er sein Pensum ab. Weil er ein zuverlässiger Spieler ist und Thomas Tuchel das weiß, durfte er gerade im Winter häufig starten. Die technischen Fähigkeiten stachen dabei vor allem im Mittelfeldzentrum hervor. Guerreiro versteht es, in engen Räumen die richtigen Entscheidungen zu treffen, sich aus Drucksituationen zu lösen.

Spieler, die mit dem Ball instinktiv die richtige Lösung finden und sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, findet man im Kader des Rekordmeisters heutzutage nicht mehr so häufig wie noch vor einigen Jahren. Alleine deswegen war die Integration Guerreiros eine Wohltat. Und selbst in den schwierigen Phasen der Saison, in denen andere Spieler in ihren Leistungen sehr schwankend unterwegs waren, spielte der Portugiese konstant auf einem guten Niveau, steuerte mittlerweile auch fünf Torbeteiligungen bei. Seit seiner Rückkehr im November wurde er immer besser – und verpasste nur ein Spiel verletzt. Die Erwartungen wurden bisher also erfüllt.

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Guerreiro: Besonders stark als Allzweckwaffe

Jeder Kader, insbesondere bei einem Topteam, benötigt ein, zwei, vielleicht sogar drei Spieler, je nach Systemflexibilität, die auf mehreren Positionen ihre Leistung abrufen können. Gegen Arsenal bewies Guerreiro, dass er noch eine weitere Position im Spiel des FC Bayern auf höchstem Niveau ausfüllen kann, nämlich die des linken Mittelfeldspielers. Gegen die Gunners musste er defensiv mithelfen, die starke rechte Seite White/Saka zu kontrollieren, offensiv mit seiner guten Technik und seiner Spielintelligenz aber Angriffe initiieren. Und beides gelang ihm mit Bravour, ebenso die Torvorlage zum entscheidenden 1:0 mit einer brillanten Flanke.

Bayern Guerreiro

(Photo by ODD ANDERSEN/AFP via Getty Images)

Der Linksfuß war gemeinsam mit Joshua Kimmich der Mann des Spiels, ackerte, gewann Zweikämpfe, war sich nicht zu schade für Grätschen, aber gleichzeitig hatte er immer eine gute Idee parat, spielte Hackenpässe, wenn es sich anbot, leitete weitere Chancen ein, traf den Pfosten. Guerreiro und Bayern, das ist ein Match, das zeigte sich in den letzten Wochen immer mehr. Der 30-Jährige spielte sich immer weiter in den Mittelpunkt, selbst die unauffälligen Spiele von ihm folgen immer einer klaren Struktur, Fehler mit dem Ball geschehen nur selten und selbst die leichten defensiven Defizite können kaschiert werden.

Das ist ohnehin ein wichtiger Punkt. Guerreiro ist ein Tuchel-Spieler. Schon beim BVB war das deutlich zu spüren. Beide haben einen guten Draht zueinander, der Trainer weiß, wie er den Spieler einsetzen muss. Als Linksverteidiger profitiert er beim FC Bayern vom Dominanzsystem, als Mittelfeldspieler davon, dass er Freiheiten genießt, sich neben einem defensivstarken Mann auch häufiger nach vorne einschalten oder gemeinsam mit Aleksandar Pavlovic ein sehr spielstarkes Duo bilden kann. Und links im Mittelfeld? Da fehlt ihm zwar die Explosivität, die ein Spieler wie Kingsley Coman mitbringt, dennoch kann er viele Facetten seines Spiels gewinnbringend einsetzen.

Die Kombination aus diesen Elementen macht Raphael Guerreiro derzeit zu einem unverzichtbaren Spieler für den Rekordmeister. Und das auf gleich mehreren Positionen. Wichtig ist nun, dass er im Endspurt fit bleibt. Denn Real Madrid wartet im Halbfinale der Champions League, das Coman und wohl auch Serge Gnabry verpassen werden. Und wer weiß, vielleicht muss Guerreiro dann ja wieder auf der linken Seite wirbeln.

 

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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