Champions League | Weit mehr als ein Freilos – Lyon bittet Barcelona zum Tanz

18. Februar 2019 | Vorschau | BY Steffen Gronwald

Die Champions League geht nun auch für Olympique Lyon und den FC Barcelona in die heiße Phase. Doch wird es wirklich eine so klare Angelegenheit, wie manch einer vermutet?

Anpfiff der Partie ist am Dienstag, 21:00 Uhr, live auf DAZN (Registriere dich jetzt auf DAZN und erhalte einen Gratismonat).

Olympique Lyon

Ein hart erkämpfter zweiter Platz

Zusammen mit Manchester City, der TSG 1899 Hoffenheim und Schachtar Donezk duellierte man sich in der Gruppe F. Und aus Sicht Lyons begann es sehr turbulent, so bezwang man am ersten Spieltag direkt den großen Favoriten aus Manchester mit 2:1 und dies in deren Etihad-Stadium. Eine große Überraschung zu Beginn, die definitiv Hoffnung auf ein Weiterkommen schürte. Es folgte ein 2:2 vor den eigenen Fans gegen Donezk und ein ereignisreiches 3:3 bei der TSG Hoffenheim. Lyon zeigte sich sehr torhungrig, aber auch ebenso fahrlässig in der Defensive. Dementsprechend belegte man nach der „Hinrunde“ der Gruppenphase mit fünf Punkten den zweiten Platz, einen Zähler hinter ManCity und drei vor Donezk und Hoffenheim.

(Photo by Clive Rose/Getty Images)

Es folgte abermals ein torreiches Unentschieden gegen die TSG, welches diesmal allerdings „nur“ 2:2 ausging. Zu Hause gegen favorisierte Citizens zeigte man sich erneut bärenstark und blieb wieder ungeschlagen. Auch diese Partie endete 2:2, ein neues Lieblingsergebnis seitens Lyon schien endgültig geboren zu sein. Am letzten Spieltag ging es dann noch einmal heiß her, im direkten Duell musste man bei Schachtar Donezk mindestens einen Punkt holen, um den Einzug in die K.O.-Phase perfekt zu machen. Und Lyon machte es, wie es das bekannte Sprichwort besagt: Ein gutes Pferd springt nicht höher als es muss – durch das 1:1 feierte die Franzosen den verdienten Einzug ins Achtelfinale.

(Photo by SERGEI SUPINSKY / AFP)

Lyon marschierte ungeschlagen aus der Gruppe F gen Achtelfinale, zeigte sich oftmals kämpferisch extrem stark und wusste sowohl als Außenseiter und als Favorit innerhalb der Partien zu gefallen. Mit einem Torverhältnis von 12:11 bei acht gesammelten Punkten, weiß man als Außenstehender ziemlich schnell wo Stärken und Schwächen der Franzosen liegen. Vorne Hui, hinten Pfui. So auch im Achtelfinale?

Die aktuelle Form

Die Formkurve der Lyonnais kann sich derzeit absolut sehen lassen. Von den vergangenen sieben Ligaspielen verlor man lediglich das Auswärtsspiel in Nizza. Ansonsten konnte man nicht nur gegen beispielsweise St. Etienne gewinnen, auch der bis dato ungeschlagene Spitzenreiter PSG wurde vor heimischer Kulisse geschlagen. Damit liegt man in der Ligue 1 derzeit auf dem dritten Rang und hat ein sechs-Punkte-Polster auf Verfolger Marseille. Mit den 40 erzielten Treffern stellt man den drittstärksten Angriff, eine Qualität, die sich so auch schon, wie bereits angesprochen, in der Champions League zeigte.

(Photo by FRANCOIS LO PRESTI / AFP)

Zudem zeigt der Blick auf die Heimtabelle, dass Lyon durchaus Qualität in der Defensive hat. Vor den eigenen Fans kassierte man in 13 Spielen lediglich zehn Gegentreffer. Zum Vergleich, auf fremdem Grün sind es in zwölf Partien 18 Gegentreffer gewesen.

Das Vertrauen in die eigene Stärke

Olympique Lyon zeichnet sich als gesamtes Kollektiv aus. Die Einsatz- und Laufbereitschaft, die Homogenität innerhalb der Truppe sowie sich zu keinem Zeitpunkt aufzugeben, sind Eigenschaften, die Lyon ins Achtelfinale gebracht haben. Unabhängig davon, ob der Gegner Manchester City oder Schachtar Donezk hieß, die Lyonnais sind als Einheit angetreten, haben Fehler füreinander ausgebessert und sich auch durch zwischenzeitliche Rückschläge nicht verunsichern lassen.

Mit diesem Wissen und dem Vertrauen in die eigene Stärke sollte man die Aufgabe gegen den FC Barcelona mit breiter Brust angehen. Im eigenen Stadion konnte man auch die hochfavorisierten Gäste aus Paris schlagen, ebenso ist es auch möglich Barca ins Stolpern zu bringen. Eine defensive Kompaktheit, ein schnelles Umschaltspiel und geniale Momente eines Fekirs, eines Depays oder Dembélés sind Eigenschaften, die es braucht um eine Überraschung im Hinspiel zu kreieren. Und in Lyon glaubt man an die eigene Stärke, immerhin ist man als eins der wenigen Teams in der Champions League noch ungeschlagen…

Schlüsselspieler:

Normalerweise ist Nabil Fekir der Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Lyonnais. Der Kapitän stand in dieser Saison wettbewerbsübergreifend schon fast 2.000 Minuten auf dem Platz, hat in 27 Partien elf Treffer und und fünf Vorlagen beisteuern können. Gerade die Bilanz in der Champions League ist in diesem Jahr fantastisch, in fünf Partien konnte der Franzose ebenso viele Scorer-Punkte erzielen. Drei Treffer und zwei Vorlagen bedeuten, dass der Mittelfeldmann fast an der Hälfte aller Lyon-Tore direkt beteiligt war. Doch dieser fehlt im Hinspiel gesperrt und wird erst im Rückspiel eingreifen können.

Daher wird nun noch mehr Druck auf Mittelfeldmotor Houssem Aouar lasten. Der 20-jährige Franzose muss im Mittelfeld nun noch mehr Verantwortung übernehmen und seine Mitspieler führen. Doch auch seine Statistik kann sich sehen lassen. In allen 25 Ligaspielen kam er zum Einsatz, erzielte dabei aus defensiverer Position sechs Tore und gab zwei Vorlagen. Auch in der Champions League stand er in jeder Partie auf dem Feld, konnte drei Vorlagen zum Erfolg beisteuern, von Müdigkeit keine Spur. Nun wartet mit dem FC Barcelona eine große Reifeprüfung auf den jungen Franzosen. Doch er hat allemal das Zeug dazu, diese mustergültig zu bestehen.

(Photo by ROMAIN LAFABREGUE / AFP)

FC Barcelona

Souverän in die K.O.-Phase

Der FC Barcelona marschierte – trotz vermeintlicher Hammer-Gruppe – nahezu problemlos durch diese Phase. Man sah sich in der Gruppe B PSV Eindhoven, Inter Mailand und Tottenham Hotspur gegenüber, wusste aber ohne großes Stolpern die Gruppenphase zu überstehen. Direkt zum Auftakt setzte man sich deutlich mit 4:0 gegen Eindhoven durch. Ein erstes Statement war gesetzt, auch wenn der Sieg letztlich etwas zu hoch ausfiel. Auch der zweite Spieltag wurde vom FCB dominiert, im Londoner Wembley Stadium bezwang man Tottenham in einer mitreißenden Partie mit 4:2 und hatte die erste große Hürde souverän gemeistert. Anschließend gewann man auch gegen Inter Mailand mit 2:0 und hatte für die „Rückrunde“ der Gruppenphase eine makellose Ausgangslage vorzuweisen.

(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)

Die letzten drei Spiele waren dann aber etwas holpriger als gedacht, zunächst gab es ein 1:1 in Mailand, gefolgt von einem mühsamen 2:1 Auswärtssieg in Eindhoven. Damit stand das Weiterkommen als Gruppenerster zwar fest, doch die fußballerische Brillanz aus den ersten Partien hatte teils deutlich nachgelassen. Zum Abschluss der Gruppenphase gab es noch ein weiteres 1:1 Unentschieden gegen die Spurs, anschließend durfte erst das souveräne Weiterkommen endgültig gefeiert werden, dann das vermeintliche Glückslos Lyon.

(Photo by Alex Caparros/Getty Images)

Die aktuelle Form

Die Auftritte der Katalanen sind derzeit weit weg von der anfänglichen Leichtigkeit. Viele Erfolge sind derzeit hart erarbeitet, zudem reihen sich immer wieder überraschende Punkteteilungen in die Formkurve ein. Dennoch führt man die Tabelle in La Liga eindrucksvoll an, hat sieben Punkte Vorsprung auf Atletico Madrid, sogar neun Punkte Vorsprung auf Real Madrid. Dazu stellt Barca den mit großen Abstand gefährlichsten Angriff (61 Treffer). Jüngst konnte man einen einen hart erkämpften 1:0 Heimsieg gegen Valladolid einfahren, der Siegtreffer gelang Lionel Messi per Elfmeter. Überraschend dabei war, dass Barca den Gegner zwar komplett dominierte, aber entweder kläglich an Schlussmann Masip scheiterte oder den Angriff nicht zielstrebig genug ausspielte. Tatsachen, die im Spiel gegen Lyon nicht passieren dürfen.

(Photo by Angel Martinez/Getty Images)

Auf fremdem Grün zeigt sich der FC Barcelona unter Ernesto Valverde meist etwas zurückhaltend. In der Regel wartete man zunächst ab, wie sich der Gegner verhält, ob gepresst wird oder ob der Gegner mit Abwehrbollwerk agiert. Dies führte dazu, dass Barca erst zu einem späten Zeitpunkt wirklich sein Spiel aufziehen konnte, die Ergebnisse dementsprechend knapp ausfielen. Des Weiteren tut man sich in dieser Saison damit schwer Räume zu kreieren, wenn es dem Gegenüber gelingt über 90 Minuten kompakt zu verschieben.

Als absolute Konstante hat sich abermals Marc-André ter Stegen bewährt. Der deutsche Keeper zeigt Woche für Woche atemberaubende Paraden, hielt schon den einen oder anderen Punkt fest und wird mit Komplimenten nur so überschüttet. Solch eine Konstante wird auch in der Champions League von enormer Relevanz sein.

Absolute Weltklasse in der „Crunchtime“

Die Katalanen sind bekannt dafür in bestimmten Momenten mehrere Gänge hoch zu fahren. Ob im Ligapokal, der Champions League oder auch in La Liga, es gibt immer wieder dieses eine Spiel, in dem Barcelona den Gegner nur so überrumpelt und Fahrt aufnimmt. Das mussten in diesem Jahr bereits Levante und der FC Sevilla spüren, beide haben das Pokalhinspiel gegen Barca deutlich gewonnen, beide hatten im Rückspiel letztlich nicht den Hauch einer Chance und wurden aus dem Camp Nou geschossen.

Dieses Momentum, diese „Crunchtime“ zeigt der FC Barcelona in gnadenloser Konstanz. Das Hochschalten von 0 auf 100 kann auch in dieser Partie von höchster Relevanz sein, man muss sich variabel zeigen und dem Gegner klare Grenzen auftun. Und im Zweifel gibt es da immer noch einen gewissen Argentinier…

Schlüsselspieler: Lionel Messi

Eigentlich sollte es reichen diesen Namen als Schlüsselspieler zu schreiben, jedem Beobachter sollte bekannt sein, zu was der Argentinier in der Lage ist und wie er auf seine Art und Weise die Fans ins Staunen versetzt. Dennoch sollte man sich an dieser Stellen einmal seine Zahlen zu Gemüte führen. Mit seinem Siegtreffer im Heimspiel gegen Valladolid schaffte es Messi zum elften Mal in Folge wettbewerbsübergreifend innerhalb einer Saison mindestens 30 Tore zu erzielen. Ein weiteres Mal führt er die Torjägerliste in La Liga an, konnte in 22 Spielen ebenso viele Treffer erzielen. Auch in der Champions League gelang ihm bislang nahe zu alles, von Freistoßtor bis Sololauf, der Ball gehorcht Messi wie er will.

(Photo by David Ramos/Getty Images)

Auch im Achtelfinal-Hinspiel werden alle Augen auf den kleinen Dribbelkünstler gerichtet sein. Der Druck lastet auf ihm, wie auf keinem anderen Spieler, die Erwartungen hängen klar an seinen 169 cm. Doch eben diesen Druck braucht und liebt Messi, er schafft es immer wieder diesem Stand zu halten und die Erwartungen mit genialen Momenten zu übertreffen. Von daher scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis die Kinnladen der Fans vor Staunen wieder herunterfallen…

Prognose zum Hinspiel

Die Ausgangslage dürfte auf dem Papier jedem klar sein, wenn der FC Barcelona kommt, ist nahezu jeder Gegner als Außenseiter abgestempelt. Die Faktenlage zeigt jedoch, dass Lyon weit mehr als als Freilos sein kann – jedoch nur, wenn einige Faktoren, wie beim Heimsieg gegen PSG, zusammen kommen. Der FC Barcelona ist dagegen gerade in der für gewöhnlich nun startenden „Crunchtime“ mehr als gefährlich, die Katalanen schaffen es für gewöhnlich gerade in solchen Spielen nicht nur einen, sondern gleich drei Gänge hochzuschalten und den Gegner zu überrumpeln. Sollte dies auch heute gelingen, scheint sich bereits im Hinspiel eine Entscheidung klar zu machen.

DAZN-Kommentator Jan Platte erwartet folgendes von der Partie: „Lyon ist im eigenen Stadion einiges zuzutrauen, das hat u.a. der Liga-Heimsieg gegen PSG gezeigt. Sich eine gute Ausgangsposition fürs Rückspiel zu verschaffen, wird im Duell mit Barca aber sehr schwer. Für die Katalanen hat die Königsklasse höchste Priorität! Sie haben ihre Lehren aus dem letztjährigen Viertelfinal-KO bei der Roma gezogen und werden dementsprechend konzentriert auftreten. Olympique hat mit Fekir, Depay oder Traoré starke Offensivspieler, doch ich glaube, dass in diesem Spiel Barcelonas übliche Verdächtige den Unterschied machen werden. Es würde mich nicht überraschen, wenn Messi und seine Kollegen schon in Lyon ein klares Zeichen setzen.“

Alles in Allem dürfen sich nicht nur die Fans beider Lage auf diese Partie freuen, auch der neutrale Beobachter sollte voll auf seine Kosten kommen. Das favorisierte Barcelona wird vermutlich auch bei diesem Auswärtsspiel erstmal zurückhaltend agieren und schauen, wie sich Lyon verhält. Im Laufe der Partie wird das Spiel aber vermutlich das bekannte Muster erreichen und Barca versuchen, die Weichen auf Kurs Viertelfinale zu stellen. Trotz des Wissens um die eigenen Stärken wird Lyon hier vermutlich nicht über 90 Minuten mithalten können und sich letztlich den Katalanen geschlagen geben müssen.

Mögliche Aufstellungen

Trainer Bruno Génésio hat seinem Namen scheinbar alle Ehre erwiesen, nahezu der komplette Kader ist fit, um nicht zu sagen wieder genesen. Einzig Amine Gouiri fällt mit einem Kreuzbandriss längerfristig aus, allerdings fehlt Nabil Fekir gesperrt, was durchaus spielentscheidend sein kann. Wie reagiert Génésio darauf?

Ernesto Valverde hat im Gegensatz zu seinem Gegenüber in Sachen Personal schon einige Sorgenfalten mehr auf der Stirn, dem spanischen Übungsleiter fehlen gleich mehrere Akteure. Neben Ersatztorhüter Jasper Cillessen fallen auch Thomas Vermaelen, Arthur und Rafinha aus. Aus Sicht der Katalanen zwar mehr oder weniger ersetzbare Spieler, doch dies wirkt sich natürlich negativ auf die Gesamtqualität des Kaders aus. Erfreuliche Nachrichten gibt es aber auch aus Barcelona, so ist Samuel Umtiti nach seiner langwierigen Knieverletzung mit nach Lyon geflogen und steht vor der Partie bei seinem Ex-Klub zumindest im vorläufigen Aufgebot.

Olympique Lyon: Lopes – Dubois, Marcelo, Denayer, Mendy – Aouar, Ndombélé, Tousart – Traoré, Dembélé, Depay

FC Barcelona: ter Stegen – Roberto, Piqué, Lenglet, Alba – Rakitic, Busquets, Vidal (Coutinho) – Messi, Suarez, Dembélé (Coutinho)

(Photo by David Ramos/Getty Images)

Steffen Gronwald

Steffen verfolgt primär den Vereinsfußball, fühlt sich im deutschen Ober- und Unterhaus zu Hause - verfolgt zugleich aber auch La Liga und die Premier League intensiv. Ob Offensivspektakel oder "park the Bus", fesseln tut ihn beides, zudem steht bei ihm auch der Schiedsrichter im Fokus. Seit 2016 bei 90PLUS.


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