Europa League | Domenico Tedescos Feuertaufe gegen Atalanta Bergamo

7. April 2022 | Vorschau | BY Florian Weber

Vorschau | Im Viertelfinale der Europa League trifft RB Leipzig auf Atalanta Bergamo. Während die Sachsen ihren Aufwärtstrend unter Domenico Tedesco fortsetzen wollen geht es für die Italiener darum, in einer schwierigen Saison auf europäischer Bühne zu glänzen.

Hinwendung zum Pragmatismus?

Eine furiosere, wildere und temporeichere Partie als RB Leipzig gegen Atalanta Bergamo war bis zur letzten Saison kaum vorstellbar. Beide Teams sind bekannt für ihr oft unbedarft wirkendes Pressing, ihre offensive Ausrichtung und dem Willen zum Spektakel. So hätte man die Begegnung beschreiben können, wenn die beiden Mannschaften sich in den vergangenen Jahren gegenüber gestanden hätten. Der Charakter beider Teams hat sich allerdings verändert. Leipzig hat unter Domenico Tedesco (34) einen wohltuenden Pragmatismus entdeckt, während Atalanta Bergamo die Wucht der vergangenen Jahre etwas abhanden gekommen ist.



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RB Leipzig: Der heilige Domenico

Dieser Europapokalabend kommt für RB Leipzig genau zur richtigen Zeit. Am Wochenende schockten die Sachsen Borussia Dortmund, besiegten die Westfalen im erstmals seit über zwei Jahren wieder ausverkauften Signal-Iduna-Park mit 4:1 und stürzten den Gegner in eine Krise. In einer solchen steckte Leipzig in der ersten Saisonhälfte ebenfalls. Unter Jesse Marsch (48) spielte RB zwar ihrer typischen Philosophie folgend mit viel Leidenschaft, die Ergebnisse und die Konstanz blieben aber aus. Darauf reagierten die Vereinsverantwortlichen und verpflichteten im Dezember 2021 Domenico Tedesco als neuen Cheftrainer. Der Trend zeigt seitdem stetig nach oben.

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Die RB-typische Intensität im Pressing bewahrend legte der neue Trainer den Fokus seiner Arbeit darauf, die Ballbesitzphasen zu verlängern, die Raumaufteilung im Spiel mit Ball zu verbessern und der unter Marsch stets über das gesamte Spielfeld pressende Mannschaft mehr Flexibilität einzuhauchen. Mittelfeldpressing und Phasen des kompakten Verteidigens sind seit Tedesco im Spiel der Leipziger implementiert. Diese Hinwendung zum Pragmatismus schlug sich nach einer kurzen Phase der Eingewöhnung auch in den Ergebnissen wieder. Seit zehn Spielen ist das Team wettbewerbsübergreifend ungeschlagen. Eine beeindruckende Serie, deren Basis einen neuentdeckte defensive Stabilität bildet: In nur einem dieser Spiele kassierte das Team mehr als ein Gegentor.

„Wir dürfen nicht die Geduld verlieren und nicht zu gierig sein“

Dieses Mantra, Kontrolle über das Spektakel zu stellen, gab Tedesco auch für das bevorstehende Duell gegen Atalanta Bergamo aus. Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel sagte er: „Es ist das erste von zwei Spielen. Wir dürfen nicht die Geduld verlieren und nicht zu gierig sein. Wir müssen die richtigen Situationen abwarten.“ Zu erwarten ist wohl ein nicht allzu hoch pressendes Leipzig, das ein wildes und von Intensität geprägtes Spiel vermeiden möchte. Tedesco warnte darüber hinaus vor der „extremen Körperlichkeit“ der Gäste. Diese mit längeren Ballbesitzphasen zu umgehen und den Gegner mit der neuen Kühle zu brechen, diesem Plan könnten die Leipziger folgen.

Verzichten muss Leipzig dabei weiterhin auf Yussuf Poulsen (27), Muskelfaserriss in der Leiste, sowie die beiden Mittelfeldspieler Amadou Haidara (24) und Tyler Adams (23). Mit dabei sein wird allerdings wieder Benjamin Henrichs. Nach überstandenem Magen/Darm-Infekt steht er dem Trainer wieder zur Verfügung.

Atalanta Bergamo: Auf der Suche nach verlorengegangenen Wucht

Der Gegner, auf den Leipzig trifft, ist spätestens seit 2016, als Gian Piero Gasperini (64) beim Klub als Trainer übernahm, ein gefürchteter. Der 64-Jährige hat den Verein aus der Tristesse geholt. Dabei gewann er innerhalb kürzester Zeit internationales Renommee. Auch wegen der Art und Weise, wie er sein Team spielen lässt: Er lehrt Offensivfußball mit intensivem Pressing und schnellen Gegenstößen nach Ballgewinn. Eine wuchtige und körperliche Ausrichtung die manchen Mangel an Präzision kaschieren konnte.

In der der letzten Runde der Europa League war diese Wucht zu viel für Bayer Leverkusen, die sich über zwei Runden gegen die Italiener geschlagen geben mussten. Doch in dieser Saison läuft längst nicht alles rund bei Atalanta Bergamo. In der Liga steht man nur auf dem siebten Platz, die Champions-League-Qualifikation ist in akuter Gefahr. Auffällig ist in der laufenden Saison, das die Mannschaft aus Bergamo zwei Gesichter zeigt. Auswärts gehören sie zu den besten Teams der Serie A: Zehnmal gingen sie siegreich vom Platz, dreimal spielten sie Remis und sie verloren lediglich zwei Spiel auf fremden Geläuf. Zuhause hingegen läuft es kaum: Nur vier ihrer 15 Partien konnten sie im heimischen Gewiss Stadium gewinnen. Dort ging auch die Generalprobe gegen den SSC Neapel trotz mehr Ballbesitz in der ersten Hälfte und ein Chancenübergewicht in der zweiten Hälfte mit 2:3 verloren. Die durchschlagende Wucht ist in dieser Saison etwas abhanden gekommen.

(Photo by Miguel MEDINA / AFP)

„Es ist nochmal Zeit für einen italienischen Europa-League-Sieger“

„Mangelnde Konzentration und Unaufmerksamkeit“, machte Gasperini als die Hauptgründe für die Niederlage gegen Neapel aus. Etwas, was sich wie ein roter Faden durch die letzten Woche der Italiener zieht. „In der Europa League hatten wir die sonst manchmal fehlende Konzentration allerdings zuletzt oft. Wir haben weniger Fehler gemacht als in der Liga“, führt der Trainer aus und betonte entschlossen, dass es nochmal Zeit für einen italienischen Europa-League-Sieger sei.

Diese Mission soll nun gegen Leipzig fortgesetzt werden. Nur bedingt einsatzbereit ist weiterhin Topscorer Duván Zapata (31). Seine Verletzung hat der Angreifer zwar überwunden und ein Kurzeinsatz scheint möglich. Für die Startelf wir es wohl aber nicht reichen. Probleme gibt es außerdem in der Verteidigung. Kapitän Rafael Tolói (31) sowie Berat Djimsiti (29) und Merih Demiral (24) waren zuletzt angeschlagen oder verletzt. Die beiden erstgenannten fallen aller Voraussicht nach aus, ein Einsatz Demirals ist möglich.

Mögliche Aufstellungen

RB Leipzig: Gulacsi – Simakan, Orban, Gvardiol – Mukiele, Laimer, Kampl, Angelino – Dani Olmo – Silva, Nkunku

Atalanta Bergamo: Musso – Hateboer, Demiral, Palomino – Maehle, de Roon, Freuler, Zappacosta – Malinovskyi, Pessina – Boga

(Photo by ANDER GILLENEA / AFP)


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