Seoane bald weg? – 3 Thesen zum 1. Spieltag der Champions League

6. September 2022 | Champions League | BY Michael Bojkov

Endlich wieder Champions League! Der erste Spieltag bringt schon eine ganze Menge interessanter Spiele und spannender Storys mit sich. Zeit für unsere drei Thesen, die wir euch fortan pünktlich vor jedem Spieltag servieren.

1. Für Seoane wird die Luft dünner

Pokalaus in Elversberg, 0:1 in Dortmund, 1:2 gegen Augsburg, 0:3 gegen Hoffenheim, 1:2 gegen Freiburg – Leverkusen hat einen Fehlstart nach Maß hingelegt. Der bislang einzige Lichtblick war ein 3:0-Erfolg in Mainz, ansonsten hagelte es Niederlagen. Dabei ist vieles nicht so schlecht wie es auf der Ergebnistafel aussieht. Die Basics stimmen weitestgehend, in der Offensive erspielt man sich Torchancen, hat zuweilen etwas Pech im Abschluss.

Allerdings leistet man sich in der Defensive immer wieder Aussetzer, bringt so den Gegner unnötig zurück ins Spiel. Auf die Art und Weise gab man zuletzt eine Führung gegen Freiburg aus der Hand, auch das Debakel gegen Hoffenheim war gespickt von Stellungsfehlern und Unaufmerksamkeiten in der Defensive.

Im Sommer konnten alle Leistungsträger gehalten werden, Trainer Gerardo Seoane (43) hatte eine komplette Vorbereitung. Dazu wurde die Mannschaft punktuell sinnvoll mit Neuzugängen ergänzt. Das personelle wie spielerische Grundgerüst ist also eigentlich vorhanden, was heißt, dass Bayer jetzt liefern muss. Ein Sieg in der Champions League zum Auftakt in Brügge wäre somit nicht nur der drei Punkte wegen, sondern auch für das eigene Gemüt extrem wichtig.



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Allerdings sind die Belgier alles andere als ein Rehabilitationsgegner. Wenngleich sie auf dem Papier das schwächte Gruppenglied sind und im Sommer einige Leistungsträger inklusive dem Trainer verloren haben, verfügt die Mannschaft weiterhin über eine gefestigte Achse. Dazu wurden die erzielten Transfererlöse sinnvoll in Neuzugänge reinvestiert, die sich schnell eingefunden haben und in der Mannschaft funktionieren.

Brügge empfängt die Leverkusener mit einem breiten Kreuz aus vier Ligasiegen in Folge, das mit knapp 25.000 frenetischen Fans im Rücken nach der Champions-League-Hymne noch ein Stück breiter wird. Vergangene Saison stolperte PSG im stimmungsvollen Jan-Breydel-Stadion (1:1), diesmal erwischt es Bayer Leverkusen. Für Seoane wird die Luft damit immer dünner.

2. Liverpools Déjà-vu in Neapel

Auf Dinge, mit denen man in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht hat, wird man ungerne angesprochen. So dürfte es Liverpool-Fans mit Neapel gehen. Die SSC war bereits 2018 und 2019 Gruppengegner der „Reds“, gewann die Heimspiele jeweils zu Null. In beiden Spielen fehlte dem LFC offensiv die nötige Durchschlagskraft. Dass der Champions-League-Sieger von 2019 aktuell mit ähnlichen Problem zu kämpfen hat, macht die Vorzeichen für die dritte Neapel-Reise innerhalb von vier Jahren nicht besser.

Momentan schaffen es die „Reds“ nicht, die nötige Intensität auf den Platz zu bringen – und die ist gerade für ihre Spielweise unabdingbar. Mit Ausnahme des furiosen 9:0-Siegs über Bournemouth wirken die Auftritte über weite Strecken trostlos, dazu kommen immer wieder individuelle Aussetzer und Spieler, die nicht an ihr gewöhnliches Leistungslimit herankommen. Die Konsequenz: Nur zwei Siege nach fünf Spielen, Platz sieben und schon fünf Punkte Rückstand auf Manchester City, sechs auf Tabellenführer Arsenal. Ein Faktor, der die anderen Probleme auch bedingt, ist das Verletzungspech, mit dem Liverpool seit Saisonbeginn zu kämpfen hat. Vor allem das Fehlen von Thiago (31) macht sich signifikant in der Statik des Spiels bemerkbar.

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(Photo credit should read ALBERTO PIZZOLI/AFP via Getty Images)

Napoli kann derweil von einem gelungenen Saisonstart sprechen. Die scheidenden Leistungsträger hat man gut ersetzen können, die Mannschaft wirkt eingespielt. Khvicha Kvaratskhelia (21), den wir vor kurzem in einem Porträt ausführlich vorgestellt haben, hat sich bestens eingefügt und blüht im offensiv ausgerichteten System von Trainer Luciano Spalletti (63) auf. Der Neuzugang aus Georgien ist ein ständiger Gefahrenherd für die Gegner und netzte in seinen ersten fünf Serie-A-Spielen schon vier Mal.

Auch defensiv passt es, wo Min-jae Kim (25) zusammen mit Amir Rrahmani (28) ein starkes Innenverteidiger-Pärchen bildet und den Abgang von Kalidou Koulibaly (31/Chelsea) vergessen macht. Nach fünf Spieltagen stehen elf Punkte und Platz zwei zu Buche. In der Champions League wollen die „Azzurri“ den positiven Saisonstart bestätigen. Die „Reds“ sind zwar eine harte, aufgrund ihrer aktuellen Probleme aber keinesfalls unlösbare Aufgabe. Die jüngere Fußballhistorie hat zudem gezeigt, dass die Neapolitaner Heimspiele gegen Liverpool mögen. These: Die SSC wird auch 2022 ihren Heimauftritt gegen Liverpool siegreich gestalten und damit den Hattrick neu erfinden. Denn alle guten Dinge sind bekanntlich drei.

3. Klassenunterschied in der Champions League: PSG zeigt Juve, wo der Hammer hängt 

PSG gegen Juventus ist auf dem Papier ein Topspiel in der Champions League. Aber eben nur auf dem Papier. Die Realität auf dem Platz ist dieser Tage eine andere und könnte kaum größere Unterschiede zwischen den beiden Kontrahenten aufzeigen. Beim französischen Meister stimmt momentan alles, während bei den „Bianconeri“ recht wenig ineinandergreift. 

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(Photo by DENIS CHARLET / AFP) (Photo by DENIS CHARLET/AFP via Getty Images)

Neutrainer Christophe Galtier (56) hat in seinen wenigen Wochen Amtszeit an der Seine offenbar schon einiges bewirkt, denn die Mannschaft funktioniert herausragend. Insbesondere der offensive Dreizack Neymar (30), Kylian Mbappe (23) und Lionel Messi (35) ist endlich das „Trio infernale“, das sich die PSG-Fans so sehnlichst gewünscht haben. An ganzen 29 Toren waren die drei zusammen in den ersten sechs Ligaspielen direkt beteilig, schießen momentan einen Gegner nach dem anderen ab. Allen voran Neymar ragt heraus, der aktuell seine wohl beste Phase im Trikot des Scheich-Klubs hat.

Dem gegenüber steht ein Juventus, das sich zwar ausgesprochen gut auf dem Transfermarkt verstärkt hat, aber auf dem Spielfeld derzeit jeglicher Biss fehlt. Die Auftritte wirken trost- und ideenlos, vor allem gegen tief stehende Gegner fehlt im wahrsten Sinne des Wortes der Schlüssel zum Tor – ein Problem, das unter Trainer Massimiliano Allegri (55) kein neues ist. Von fünf Ligaspielen konnte die „Vecchia Signora“ lediglich zwei siegreich gestalten, findet sich nur auf Tabellenrang sieben wieder.

Immerhin: Nur zwei Gegentore hat man bislang hinnehmen müssen. Dabei profitierte man aber auch von der Ineffizienz der Gegner. Schaut man auf die Expected-Goals-Statistik (fbref.com), wären nämlich immerhin fünf Gegentore zu erwarten gewesen, womit die Welt natürlich nochmal ein Stück anders ausgesehen hätte. Gegen PSG wird all das bei weitem nicht reichen. Die Pariser lechzen seit Jahren nach dem ersten Henkelpott der Vereinsgeschichte, gehen top motiviert und mit breiter Brust in die Partie. Die von oben bis unten mit Weltklasse gespickte Mannschaft wird ihre Muskeln spielen lassen und einen deutlichen Sieg gegen die Italiener einfahren. Für Leandro Paredes (28) und Angel Di Maria (34) wird es daher eine unschöne Rückkehr in die französische Hauptstadt.

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Michael Bojkov

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 bei 90PLUS und vorwiegend in Spanien unterwegs.


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