FC Bayern | Pavard und Hernandez mit Wechselgedanken: Diese Verteidiger könnten für Ersatz sorgen
1. Juni 2023 | Spotlight | BY Manuel Behlert
Auf den FC Bayern München kommt ein spannender Transfersommer zu. Konrad Laimer wird beim Rekordmeister unterschreiben, ein 6er und ein 9er sollen zudem kommen. Dass die Abwehr zusätzlich zu einer Baustelle wird, damit hatten nur wenige Experten gerechnet. Das Ausmaß, das sich aktuell abzeichnet, überrascht aber alle.
FC Bayern: Die Abwehr als neue Großbaustelle
Dass Joao Cancelo den FC Bayern nach seiner Leihe wieder verlassen könnte, stand schon im Winter fest. Klar, er war zwar eine Soforthilfe, aber eben kein Spieler, der fix für die neue Saison eingeplant werden konnte. Das halbe Jahr war in einigen Phasen weniger, in anderen mehr erfreulich. Im Endeffekt ließe sich sein Abgang verkraften, insbesondere, wenn ein neuer Spieler verpflichtet werden kann, der technisch ebenfalls auf einem guten Level unterwegs ist. Benjamin Pavard ist dabei schon wieder eine ganz andere Geschichte, denn der Franzose spielte jahrelang beim Rekordmeister, kennt den Klub, harmoniert mit den anderen Verteidigern. Er spielte immer mit offenen Karten, will den Klub nun ein Jahr vor Vertragsablauf verlassen. Ein Problem: Er deckt gleich zwei Positionen ab.
Während der FC Bayern einen Pavard-Abgang wenigstens im Hinterkopf haben konnte, kommt der Wechselwunsch von dessen Landsmann Lucas Hernandez überraschend. PSG scheint ihm und seinem Berater den Kopf verdreht zu haben. Der Transfer im Sommer gilt mittlerweile als realistisch. Nun war Hernandez zwar häufig verletzt und ein Spieler, mit dem im Klub niemand planen konnte, wenn es darum ging, dass er 40 oder mehr Spiele absolviert, dennoch deckte auch er zwei Positionen ab. Es verlassen also möglicherweise drei Spieler den Rekordmeister, die jeweils zwei Positionen abdeckten.
In der Defensive wird es also dünn. Neues Personal muss her. Ein Innenverteidiger wäre Pflicht, zwei wären möglich. Und ein Außenverteidiger ebenfalls. Raphael Guerreiro, ablösefrei und noch beim BVB unter Vertrag, wäre hier eine Lösung. Dringlicher ist aber die Neubesetzung der Innenverteidigung, weil zunächst einmal geklärt werden muss, welches Anforderungsprofil gesucht wird. Kandidaten gäbe es reichlich, der Markt gibt einiges her. Und wir haben uns Gedanken gemacht, stellen einige potenzielle Neuzugänge beim Rekordmeister kurz vor.
Alessandro Bastoni (24, Inter, Vertrag bis 2024)
Alessandro Bastoni spielt seit Jahren eine gute Rolle bei Inter. In den meisten Phasen seiner Zeit bei den Nerazzurri bestach er durch eine große Konstanz. Sein Vorteil: Er muss nicht allzu häufig in Tacklings gehen und noch seltener Fouls ziehen, um erfolgreich zu verteidigen. Sein Spiel gegen den Ball zeichnet sich durch ein gutes Stellungsspiel aus, zudem antizipiert er viele Situationen klug und kann mit seiner ordentlichen Geschwindigkeit diverse Aktionen mit Gefahrenpotenzial im Anfangsstadium bereinigen.
Seine größte Stärke liegt aber im Passspiel. Rund 65 Pässe im Schnitt pro Spiel versucht der Italiener, geht dabei gerne ein gewisses Risiko. Die Quote der angekommenen Bälle (82,6 %) überzeugt nicht vollends, aber dafür die Art und Weise der Pässe. Sehr häufig versucht Bastoni, den Ball durch die Linien über eine große Distanz in das Angriffsdrittel zu befördern. Seine scharfen, flachen Pässe sind dabei für die gegnerischen Pressingspieler nur schwer zu verhindern oder abzufangen. Die Streuung ist manchmal zu groß, aber insgesamt kreiert der 24-Jährige viele gefährliche Aktionen durch seine klugen Ideen.
Jurrien Timber (21, Ajax, Vertrag bis 2025)
Jurrien Timber ist einer der Prototypen der Ausbildung bei Ajax. Der Innenverteidiger hat schon früh in der Jugend gelernt, wie ein moderner Verteidiger agiert. In einigen Teilbereichen seines Spiels ähnelt er Bastoni, auch Timber hat seine Stärken mit dem Ball. Sein Aufbauspiel ist formidabel, unabhängig des Gegnerdrucks. Auch er schafft es, in seinem Spiel ohne eine Vielzahl an Zweikämpfen, Tacklings und Fouls auszukommen. Deswegen fällt er bei Werten wie abgefangenen Bällen oder Blocks im Vergleich zu anderen Verteidigern deutlich ab.
Dafür sind die Passwerte umso überragender. Über 81 Pässe spielt er pro Partie, über 90 Prozent kommen an. Mehr als acht Pässe mit signifikantem Raumgewinn pro Spiel sind exzellent, zudem verteidigt er sehr offensiv, setzt Akzente im Pressing und bewegt sich sogar oft im Bereich des eigenen Offensivdrittels. Seine Freiheiten, die er bei Ajax erhält, müssen bei einem Wechsel zu einem größeren Klub möglicherweise einer größeren Disziplin weichen, dennoch wäre er vor allem im Aufbauspiel ein riesengroßer Gewinn. Nur: Günstig wird er nicht.
Goncalo Inacio (21, Sporting CP, Vertrag bis 2026)
Ein im Vergleich vielleicht eher unbeschriebenes Blatt ist Goncalo Ignacio, der aktuell sein Geld bei Sporting verdient. Insbesondere, weil Teams wie Benfica oder der FC Porto aktuell nicht nur bessere Leistungen zeigen, sondern insgesamt prominenter sind. Sporting hat aber dennoch einen guten Ruf und vor allem einen sehr interessanten Spielstil, bei dem viel Wert auf einer guten Technik legt. Somit überrascht es nicht, dass auch der dritte Spieler im Bunde im Aufbau- und Passspiel seine Stärken hat. Aber es gibt auch Unterschiede zu Bastoni und Timber.
90PLUS sucht Verstärkung: Jetzt bewerben
Im Vergleich zu beiden ist der Portugiese bei offensiven Standards gefährlicher, noch dazu sucht er häufiger den direkten Zweikampf, hat sichtlich Spaß daran, sich auch im Duell mit seinem Gegenspieler aufzureiben. Zwar spielt er, ebenso wie Timber, nicht in einer großen Liga, bringt aber genügend Talent mit, um sich in einer solchen etablieren zu können. Eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag existiert auch, diese soll bei rund 45 Millionen Euro liegen. Geld, das der FC Bayern zur Verfügung hätte.
Micky van de Ven (22, VfL Wolfsburg, Vertrag bis 2027)
Warum muss unbedingt im Ausland geshoppt werden, wenn auch die Bundesliga gute Verteidiger im Angebot hat? Einer davon ist Micky van de Ven vom VfL Wolfsburg. Er war wohl der Spieler bei den Niedersachsen, der 2022/23 den größten Sprung machte. 2021 aus Volendam gekommen entwickelte er sich rasant, akklimatisierte sich früh in der Bundesliga und reifte stetig. Bis 2027 ist er zwar an die Wölfe gebunden, doch da die Qualifikation für Europa nicht gelang, scheint ein Wechsel im Sommer möglich zu sein. Auch der FC Liverpool hat Interesse, der Rekordmeister müsste im Fall der Fälle also möglichst frühzeitig reagieren.
Sein Aufbauspiel ist zwar nicht schlecht, aber der Niederländer ist eher der Typ Allrounder in der Innenverteidigung. Das offensive Verteidigen liegt ihm, vor allem, weil er die Geschwindigkeit mitbringt, um einen Gegner abzulaufen, selbst wenn dieser von einem Fehler profitiert und einen Vorsprung hat. Diese Fähigkeit ist nicht unwichtig, wenn es ihn zu einem größeren Klub ziehen würde. Denn Teams wie Bayern oder auch Liverpool verteidigen nicht nur aktiv, sondern stehen dabei oftmals auch hoch.
Aymeric Laporte (29, Manchester City, Vertrag bis 2025)
Während die bisherigen Kandidaten allesamt eher jung waren, ist Aymeric Laporte der erfahrene Spieler in diese Auflistung. Der Spanier von Manchester City verfügt unbestritten über ein breites Spektrum an Qualitäten. Der 29-Jährige ist unter Pep Guardiola mittlerweile alles andere als gesetzt und wurde schon im Winter lose mit einem Wechsel in Verbindung gebracht. Dabei würde sich der FCB nicht von der Resterampe bedienen, im Gegenteil. Laporte ist noch immer ein absolut herausragender Spieler, der sowohl für eine Dreier- als auch Viererkette infrage kommt.
Natürlich hätte Bayern auch die finanziellen Möglichkeiten, um den Spanier zu verpflichten, noch dazu verfügt der Klub über die entsprechende internationale Anziehungskraft. Technisch steht er möglicherweise über allen anderen genannten Akteuren, er ist der Inbegriff des modernen Verteidigers, der auch noch vier, fünf oder sechs Jahre auf höchstem Niveau hat. Verteidiger wie er haben nämlich die Fähigkeit, altersbedingt fehlende Spritzigkeit durch Stellungsspiel, Cleverness und Weitblick zu kaschieren.
(Photo by CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images)
Manuel Behlert
Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.