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Bundesliga | Musiala, Füllkrug und Xabi Alonso als Protagonisten – fünf Prognosen für die zweite Saisonhälfte

17. Januar 2023 | Trending | BY Victor Catalina

Spotlight | Am 20. Januar geht die Bundesliga in die zweite Saisonhälfte 2022/23. Fünf Prognosen, was sich in dieser noch tun könnte – und warum.

1. Niko Kovač führt den VfL Wolfsburg in die Champions League

Im Sommer wurde Niko Kovač als Nachfolger Florian Kohfeldts beim VfL Wolfsburg vorgestellt, mit dem Ziel, nach einer durchwachsenen Spielzeit 2021/22 wieder an das Niveau anzuknüpfen, das man unter Oliver Glasner zeigen konnte. Zu Saisonbeginn deutete nicht besonders viel darauf hin. Aus den ersten sieben Partien gab es lediglich einen Sieg, ein 1:0 in Frankfurt – dafür aber vier Niederlagen.

Der Oktober hingegen begann mit einem 3:2 über den VfB Stuttgart. Yannick Gerhardt erzielte in Minute 91 den Siegtreffer. Für das Team schien gerade diese Partie ein Schlüsselerlebnis gewesen zu sein. Zwar gab es im Anschluss drei Remis, dennoch zeigte die Formkurve nach oben. Die letzten vier Spiele vor der WM-Pause konnte der VfL allesamt gewinnen und kassierte dabei nur ein einziges Gegentor. Unter anderem gab es ein 2:0 über Borussia Dortmund, den ersten Pflichtspielsieg gegen Schwarzgelb seit dem Pokalfinale 2015.

 



 

Die Innenverteidigung aus Micky van de Ven und Sebastiaan Bornauw steht. Genauso wie die Zentrale mit Maximilian Arnold und Felix Nmecha. Allein, vor der Weltmeisterschaft verließ sich die Mannschaft zu oft nur auf ihre Defensive. Sollte es Kovač gelingen, über die Winterpause mit etwas mehr spielerischen Elementen während der Partien für Entlastung zu sorgen, ist dem VfL auch ein Sprung in die Top 4 zuzutrauen. Nicht zuletzt, weil sich Kovač-Teams in der Rolle des Underdogs am Wohlsten fühlen. So bereits bei Eintracht Frankfurt gesehen, als er mit dem Pokalsieg 2018 das Fundament für den heutigen Erfolg legte. Eine Saison später holte Kovač mit dem FC Bayern neun Punkte Rückstand auf Borussia Dortmund auf und gewann das Double. Auch die AS Monaco, die in den Jahren vor seiner Verpflichtung zwischenzeitlich im Abstiegskampf steckte, qualifizierte Kovač für Europa und erreichte 2021 das Finale der Coupe de France.

Vier Zähler beträgt Wolfsburgs Rückstand auf die Champions League. Durch die vergangene Saison kann man aus der aktuellen Position die Rückrunde befreit angehen. Der Kader verfügt über einige junge, vielversprechende Spieler wie van de Ven, die Nmecha-Brüder, Patrick Wimmer oder Jonas Wind. Gleich zu Wiederbeginn kann man sich mit einer Mannschaft auf Augenhöhe messen: dem SC Freiburg. Sollte der Sprung in die Champions League gelingen, wäre es der nächste logische Schritt für die Mannschaft und Niko Kovač selbst.

2. Füllkrug beerbt Lewandowski – und Musiala Nkunku

In jüngerer Vergangenheit stellte sich nicht die Frage, wer die Torjägerkanone gewinnt, sondern nur, ob Robert Lewandowski es mit mehr oder weniger als 35 Treffern tut. Während seiner acht Jahre beim FC Bayern konnten ihn einzig Alex Meier 2014/15 sowie Pierre-Emerick Aubameyang 2016/17 von der Spitze verdrängen. Mit seiner siebten Torjägerkanone stellte Lewandowski vergangene Saison den Rekord von Gerd Müller ein.

Umso spannender nun, wer der erste Toptorschütze nach der Ära Lewandowski wird. Momentan führt Christopher Nkunku das Ranking mit zwölf Treffern an, gefolgt von Niclas Füllkrug (10), Marcus Thuram (10), Jamal Musiala (9) sowie Vincenzo Grifo (9). Marco Rose hofft, „Im ersten Champions-League-Spiel“ wieder auf Nkunku, der sich vor der Weltmeisterschaft einen Außenbandriss im linken Knie zuzog, zurückgreifen zu können. Das Hinspiel gegen Manchester City findet am 22. Februar statt. Bis dahin ist es sehr wahrscheinlich, dass Nkunku seinen Vorsprung einbüßen wird. Auch die Zukunft von Thuram, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, ist noch ungeklärt.

Blieben als sichere Kandidaten Füllkrug, Musiala und Grifo. Dass Letzterer sich in dieser Position befindet, hat nicht zuletzt mit seinem Dreierpack beim 4:1 gegen Union Berlin zu tun. Will man die Torjägerkanone gewinnen, geht es allerdings in erster Linie um Konstanz. In dieser Hinsicht hat Grifo das Nachsehen.

Bundesliga Niclas Füllkrug Jamal Musiala

Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images

Als „ein gutes Ziel“ bezeichnete Musiala den Gewinn der Torjägerkanone im BILD-Interview und eine Herausforderung, vor der er nicht wegrennen wolle. Nach der WM telefonierte er, laut BILD-Informationen mit Neuroathletiktrainer Steffen Tepel und arbeitete, zusammen mit Co-Trainer Dino Toppmöller, an seinem Abschluss. Vergangenen Samstag übte er im Anschluss an die zweite Trainingseinheit bereits Elfmeter und verwandelte mehrfach souverän – Toppmöller übrigens auch. Vor der Winterpause konnten weder Sadio Mané (1/2 Versuche), noch Eric Maxim Choupo-Moting (0/1 Versuche) als Nachfolger Lewandowskis restlos überzeugen. Gut möglich, dass nun Musiala selbst antreten darf.

Nur taugten Elfmeter beim FC Bayern in der jüngeren Vergangenheit bedingt dazu, die eigene Torquote aufzubessern. Drei sind es in der bisherigen Saison, fünf in der vorherigen. Das Gros der Tore muss Musiala aus dem Spiel heraus erzielen – oder per Freistoß, was der nächste logische Entwicklungsschritt wäre. Dahingehend gilt es zuvor Joshua Kimmich und Leroy Sané zu verdrängen, womit man beim nächsten Thema wäre. Die Tore des Rekordmeisters sind in dieser Saison wesentlich gleichmäßiger aufgeteilt: Direkt hinter Musiala steht Serge Gnabry mit acht Treffern, Choupo-Moting sowie Mané haben jeweils sechs auf dem Konto und Sané fünf. Gerade ohne Lewandowski beruht das Bayern-Spiel, wie der damalige RB-Trainer Domenico Tedesco es nach dem 3:5 im DFL-Supercup beschrieb, darauf, dass „ihre Pfeile von überall“ kämen. Gerade diese Vielseitigkeit im Angriff wird Musiala bis Saisonende die Liste der Topscorer anführen lassen und ihm letztlich als Nachfolger Christopher Nkunkus den Titel des Spielers der Saison einbringen.

Die Torjägerkanone sichert sich derweil erstmals seit Miroslav Klose im Jahr 2006 wieder ein Bremer: Niclas Füllkrug. Sieben Tore steht er im internen Ranking vor Sturmpartner Marvin Ducksch. Das Kriterium, hauptverantwortlich für die Treffer seiner Mannschaft zu sein und ständig von seinen Mitspielern gesucht zu werden, ist somit beinahe übererfüllt. Auch die Regelmäßigkeit, in der er trifft, ist mit 8/14 Spielen ordentlich. Zudem ist Füllkrug ebenfalls ein sicherer Elfmeterschütze. Dieses Komplettpaket reicht, um Lewandowski zu beerben, der die Torjägerkanone zuletzt fünfmal in Serie gewinnen konnte.

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3. VfL Bochum gelingt der Klassenerhalt erneut

Mit sechs Niederlagen am Stück startete der VfL Bochum in die neue Saison. Nach dem 1:3 auf Schalke trennte sich der Verein von Thomas Reis. Nachfolger Thomas Letsch konnte den Verein stabilisieren. Mit einem 3:0 über Eintracht Frankfurt zerschlug man die Sieglosserie. Vor der WM gab es gegen Union Berlin (2:1), Borussia Mönchengladbach (2:1) sowie in Augsburg (1:0) drei Siege aus den letzten fünf Spielen. Mit dieser Bilanz steht Bochum lediglich einen Zähler hinter dem Relegationsplatz sowie der punktgleichen Hertha.

Jene Hertha gastiert zu Wiederbeginn anne Castroper. Sollte Bochum dieses Schlüsselspiel gewinnen, könnte die positive Dynamik, die sich bereits vor der Winterpause eingestellt hat, weiter an Fahrt aufnehmen. Besonders die Erfolge über Frankfurt, Union und Gladbach zeigen, dass – trotz der Abgänge von Stammspielern wie Armel Bella-Kotchap, Maxim Leitsch, Miloš Pantović oder Sebastian Polter – die Bochumer Mannschaft im eigenen Stadion noch immer eine Einheit mit ihren Fans formen kann, die sie zu Punktgewinnen trägt, zu denen die Konkurrenz vielleicht nicht imstande ist.

Bundesliga VfL Bochum Eintracht Frankfurt

Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images

Die Konkurrenz ist unter anderem der VfB Stuttgart. Mit den Abgängen von Pellegrino Matarazzo und Sven Mislintat endete eine der erfolgreicheren, vor allem aber die kohärenteste Ära der jüngeren Stuttgarter Geschichte. Selten zuvor lief der Verein dermaßen ruhig. Mislintat entdeckte und verpflichtete Talente wie Dinos Mavropanos, Hiroki Ito oder Silas. Matarazzo holte das Maximum aus ihnen heraus. Der VfB hatte eine klare Identität und es machte Spaß, ihnen zuzuschauen.

Nun beginnt der Verein mehr oder minder bei Null. Dass Bruno Labbadia in der Lage ist, eine Entwicklung anzukurbeln, bewies er bereits in Wolfsburg. Diesmal allerdings muss er mitten in der Saison einsteigen und mit Vereinen konkurrieren, die mit der Philosophie ihres Trainers besser vertraut und eingespielter sind, als es beim VfB Stuttgart der Fall ist. Auch Hertha BSC zeigte unter Sandro Schwarz positive Ansätze. Es wird ein enges Rennen, das letztendlich alle drei gewinnen werden: Stuttgart und Bochum direkt – und Hertha in der Relegation.

4. Xabi Alonso erreicht mit Leverkusen Europa

Über weite Teile war es eine erste Saisonhälfte, die alle Leverkusener am liebsten ganz weit nach hinten ins Gedächtnis packen wollen. Vor allem den Teil zwischen den Vertragsverlängerungen von Patrik Schick sowie Florian Wirtz und den letzten drei Partien der Saison, die man allesamt gewinnen konnte.

Mit dem Pokalaus in Elversberg (3:4) traf Leverkusen die Krise komplett unvermittelt, was man der Mannschaft ansehen konnte. Auch den gestandenen Nationalspielern fehlte komplett die Selbstsicherheit, sodass das Gebilde ein ums andere Mal in sich zusammenfiel. Nach einem 0:4 in München sowie der 0:2-Niederlage in Porto trennte sich der Verein von Gerardo Seoane und stellte Xabi Alonso als Nachfolger vor.  Der ehemalige Weltklassespieler musste einige herbe Niederlagen einstecken: Gegen Porto gab es ein 0:3 und in Frankfurt ein 1:5. Dennoch brachte Alonso die Mannschaft letztlich wieder in die Spur.

Bundesliga Bayer Leverkusen Union Berlin

Photo by Lars Baron/Getty Images

In jenen drei siegreichen Partien – vor allem dem 5:0 über Union Berlin – gelang es ihm, die Mannschaft wieder auf ihre Stärken zurückzubesinnen. Angeführt von Moussa Diaby und Jeremie Frimpong sprang Leverkusen aus dem unteren Tabellendrittel auf Platz 12. Genauso wie der Erfolg über Union wird auch der Derbysieg in Köln (2:1) das Team mental stärken. Die Barriere, die man über Wochen nicht zu durchbrechen vermochte, scheint endgültig gesprengt.

Dazu kann Bayer in der zweiten Saisonhälfte wieder auf Florian Wirtz zählen. Im Testspiel gegen Zürich (4:1) gab er sein Comeback – standesgemäß mit eigenem Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0. Beim 2:1 gegen Venezia traf Wirtz erneut. „Das ist nicht meine Arbeit, das ist die Magie der besonderen Spieler“, lobte Xabi Alonso nach dem jüngsten Erfolg – mahnte aber: „Bis er topfit ist, ist es ein Prozess. Ich sage weiterhin: Wir müssen geduldig sein.“

Einen weiteren mentalen Schub wird die Mannschaft durch Wirtz‘ Rückkehr dennoch bekommen. Mit der ohnehin vorhandenen individuellen Qualität wird das reichen, um den Sieben-Punkte-Rückstand auf Europa auszuradieren und die Saison doch noch versöhnlich zu beenden.

5. Mindestens zwei Bundesligisten ziehen ins Viertelfinale der Champions League ein

In der Champions League ist Leverkusen nicht mehr vertreten. Dafür stehen mit dem FC Bayern, Borussia Dortmund, RB Leipzig sowie Eintracht Frankfurt vier Bundesligisten im Achtelfinale. Mindestens zwei davon wird auch der Sprung unter die besten Acht gelingen.

Die Münchener sind Paris Saint-Germain vor allem mannschaftlich überlegen. Laut BILD-Informationen soll Julian Nagelsmann durch verstärkte Kommunikation mit allen Spielern die Stimmung noch weiter gehoben haben. Sollte sich für die Torhüterposition noch eine adäquate Lösung finden lassen und es bis zum Hinspiel am 14. Februar nicht allzu viele Ausfälle geben, hat man eine gute Chance, ins Viertelfinale einzuziehen.

Bundesliga Champions League

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Eine solche besitzt auch Borussia Dortmund gegen einen Chelsea Football Club, der unter Graham Potter nur in den seltensten Fällen überzeugen konnte. In der Premier League stehen die Blues lediglich auf Platz 10. Jüngst verabschiedete man sich im Etihad sang- und klanglos 0:4 aus dem FA Cup. Das 2:0 über Bournemouth ist der einzige Sieg aus den letzten sieben Pflichtspielen – bei fünf Niederlagen. Zudem lieferte der BVB diese Saison, trotz aller Leistungsschwankungen, vor allem in den großen Duellen, wie gegen den FC Bayern (2:2), Manchester City (1:2, 0:0), den Sevilla FC (4:1, 1:1) oder dem Revierderby (1:0).

Eintracht Frankfurt bekommt es mit der SSC Napoli zu tun, die die Serie A souverän anführt und in der Gruppe den Liverpool FC hinter sich ließ. Wenn es allerdings einer Mannschaft zuzutrauen ist, besonders in solchen Duellen über sich hinauszuwachsen, dann Eintracht Frankfurt. Ein Team, das mit dem eigenen Support für große Nächte in Pokalwettbewerben gebaut ist. Dazu kommt, dass Napoli den Nimbus der Unbesiegbarkeit zuletzt abgeben musste. Am 6. Spieltag unterlag man 0:2 in Anfield. Kurz nach Jahreswechsel besiegelte Inters Edin Džeko zudem die erste Saisonniederlage in der Liga.

Einzig für RB Leipzig könnte es gegen Manchester City kompliziert werden. Natürlich trat der amtierende Premier-League-Sieger in dieser Saison nicht nur restlos überzeugend auf, was in fünf Zählern Rückstand auf Arsenal mündete. Selbst in solchen Spielen haben sie allerdings mit Erling Haaland, mit Julián Álvarez, Riyad Mahrez oder Phil Foden mehr als genug Qualität, solche Partien auf die eigene Seite zu ziehen. Brentford (2:1) und Liverpool (1:0) haben bewiesen, dass es nicht unmöglich ist, Manchester City zu besiegen. Sollten sie allerdings so auftreten, wie man es erwarten darf, wird es das Ende für den nächsten Bundesligisten in der Champions League bedeuten.

 

 

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Victor Catalina

Victor Catalina

Mit Hitzfelds Bayern aufgewachsen, in Dortmund studiert und Sheffield das eigene Handwerk perfektioniert. Für 90PLUS immer bestens über die Vergangenheit und Gegenwart des europäischen Fußballs sowie seine Statistiken informiert.


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