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SGE-Neuzugang Santos Borre im Porträt: Mehr als nur ein Torjäger

16. Juli 2021 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Spotlight | Andre Silva hat Eintracht Frankfurt in Richtung Leipzig verlassen, doch ein Ersatz ist bereits gefunden. Rafael Santos Borre trägt in der neuen Saison das Trikot der SGE. Und der Kolumbianer bringt einiges mit. 

  • Santos Borre: Zweiter Anlauf in Europa
  • Von River Plate zu Eintracht Frankfurt
  • Wie gut ist der Silva-Ersatz?

Santos Borre nach Frankfurt: So kam der Deal zustande

Zwar soll sich Eintracht Frankfurt bereits seit Monaten mit einer Verpflichtung von Rafael Santos Borre (25) beschäftigt haben, so richtig ins Rollen kam der Deal aber erst seit dem Abgang von Andre Silva (25). Der Portugiese spielt in der neuen Saison für RB Leipzig, seine 28 Tore und seine insgesamt sehr guten Bewegungen im offensiven Bereich werden den Hessen fehlen. Nachdem der Wechsel von Silva nach Leipzig feststand, verdichteten sich die Zeichen, dass Santos Borre zur SGE wechselt. Sein Vertrag beim argentinischen Topklub River Plate lief aus, was einen Deal vereinfachte.

Am 5. Juli bestätigten die Hessen dann, dass der Kolumbianer in der neuen Saison das Trikot der SGE trägt. Bis zum Sommer 2025 unterschrieb Santos Borre bei Eintracht Frankfurt, wo er seinen zweiten Anlauf im europäischen Fußball wagt. Bereits 2015 wechselte er zu Atletico Madrid, allerdings folgte zunächst eine Leihe zurück zu Deportivo Cali in seine kolumbianische Heimat, später zum FC Villarreal, also innerhalb der spanischen Liga. Seine Bilanz in La Liga: 17 Spiele, zwei Tore und eine Torvorlage. Doch das hat nicht viel zu bedeuten.

Ein facettenreicher Angreifer für die SGE

In den letzten Jahren, die er in der argentinischen Liga bei River Plate verbrachte, ist Rafael Santos Borre sichtlich gereift. Sein Spiel ist facettenreicher, sein Selbstvertrauen wuchs stetig. 62 Spiele absolvierte er in der Liga Profesional, dabei war der Kolumbianer an 30 Toren direkt beteiligt. Das ist eine deutliche Steigerung zu seiner Quote in Spanien. Insgesamt lief er 149-mal im Trikot des Club Atletico River Plate auf, erzielte 56 Tore und bereitete 18 weitere Treffer vor. Doch vor allem lohnt sich bei genauer Betrachtung des Spielers Santos Borre der Blick auf den Spielstil, fernab der Zahlen. 

Santos Borre Frankfurt

Photo by Imago

Interessant ist, dass es schon auf den ersten Blick einen deutlichen Unterschied zwischen Santos Borre und dessen Vorgänger Andre Silva gibt. Denn der Kolumbianer ist etwas mehr als zehn Zentimeter kleiner, woraus sich automatisch ergibt, dass er ein etwas anderer Spielertyp ist. Santos Borre ist kein klassischer Strafraumstürmer, sondern eher ein Spieler, der sich gerne auch zurückfallen lässt und im Passspiel Akzente setzt. Das könnte den Hessen insbesondere dann zugute kommen, wenn andere abschlussstarke Akteure im offensiven Bereich gemeinsam mit dem Neuzugang auflaufen. Seine Ballkontrolle ist sehr gut, sein Passspiel präzise. Und wenn Santos Borre in Abschlusspositionen kommt, dann nutzt er diese auch sehr häufig. 

Eine noch offene Frage ist die Herangehensweise von Eintracht Frankfurt in der neuen Saison. Der Kader gibt es her, mehrere Formationen zu spielen. Nicht vergessen werden sollte, dass neben Silva auch Luka Jovic (23) nicht mehr bei der SGE spielt. Das bedeutet, dass sich eine komplett neue Konstellation im Angriff ergibt. Oliver Glasner (46), der in weiten Teilen auf eine eingespielte Mannschaft bauen kann, muss hier schnell Lösungen finden und Automatismen generieren. Dabei spielt es eine Rolle, wie die Strafraumbesetzung gestaltet wird. Je nach Formation und Ausrichtung ist es nämlich wichtig, dass die SGE – gerade wenn sich der Kolumbianer kombinativ einbringt und zurückfallen lässt – einen anderen Spieler hat, der den Strafraum besetzt und Anspielstation für eine Flanke ist. Hier könnte auf Ragnar Ache (22) eine größere Aufgabe zukommen.

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Santos Borre: Ein belebendes Element für Eintracht Frankfurt

Ein direkter Vergleich zwischen Santos Borre und Andre Silva ist also nicht wirklich sinnvoll. Beide sind sehr gute Stürmer, aber haben ihren ganz eigenen Spielstil. Das Spiel des Kolumbianers findet mehr außerhalb des Strafraumes statt, er kommt mehr über Dynamik und Geschwindigkeit als über Wucht im gegnerischen Sechzehner. Das macht ihn auch zu einem exzellenten Spieler bei Kontern, denn seine Technik, sein Spielverständnis und auch seine Übersicht sorgen dafür, dass er in der Lage ist, im Offensivdrittel die richtigen Entscheidungen zu treffen und so vielversprechende Angriffe auch zum Abschluss zu bringen. 

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Doch auch im Strafraum bringt der 25-Jährige viele Voraussetzungen mit, um eine gute Verstärkung zu sein. Seine Tore sind nicht nur schön, er kann den Ball auch über die Linie drücken und aus zwei Metern einschieben. Zudem schießt Santos Borre zuweilen auch Elfmeter, bleibt dabei in der Regel cool und verwandelt diese Gelegenheiten. Eintracht Frankfurt hat, blickt man genau auf die Qualitäten und das Entwicklungspotenzial des Neuzugangs, einen Coup gelandet und noch dazu ablösefrei. Das ermöglicht den Hessen, weitere Ergänzungen zu verpflichten und mit Jesper Lindström (20, Brøndby) ist das auch schon gelungen.

Die offene Frage nach der Einbindung

Eine Frage, die sich beim Blick auf Santos Borre und seine Zukunft in Frankfurt zwingend stellt, ist die nach der Einbindung. Zu Beginn der Vorbereitung lässt sich Trainer Oliver Glasner noch nicht in die Karten schauen. Die Hessen spielten in der Vorsaison häufig mit einer Dreierkette und variierten dabei im Offensivbereich zwischen einem System mit einem Spielmacher und zwei Angreifer und einer Variation mit einer „Doppel-10“ und einem klassischen Stürmer, der meist Andre Silva hieß. Glasner hingegen setzte in Wolfsburg überwiegend auf ein 4-2-3-1/4-3-3-System, bei dem mit Wout Weghorst (28) ein wuchtiger Stürmer der Zielspieler war. Nun ist bekannt, dass der 25-Jährige Borre eben kein wuchtiger Zielspieler im Angriff ist.

Die Einbindung des Kolumbianers hängt von mehreren Faktoren ab. Wie setzt Glasner die noch vorhandenen Topspieler bei der SGE, wie zum Beispiel Filip Kostic (28), ein? Der Serbe spielte zuletzt überragend als Wingback vor der Dreierkette. Spielt er in einer Viererkette als Linksverteidiger, dann kommen seine Qualitäten nicht gänzlich zur Geltung. Eine Lösung wäre hier, sollte die Viererabwehr bleiben, dass Kostic wieder komplett im Offensivbereich spielt. Doch wer sagt uns, dass Glasner bei seiner neuen Station nicht bereit ist, das System zu verändern? Noch sind zudem einige Planstellen im Kader offen. Was passiert mit Daichi Kamada (24), der mit einem Abgang in Verbindung gebracht wird? Traut die SGE Ragnar Ache eine wichtige Rolle zu, soll Gonçalo Paciencia (26) nach seiner Leihe ein größerer Faktor sein oder handeln die Verantwortlichen im Sturm sogar noch einmal?

Wenn diese Fragen abschließend beantwortet sind, lässt sich noch deutlicher erkennen, wie Santos Borre im Idealfall eingebunden wird und wie er seine Qualitäten bestmöglich auf den Platz bringen kann. In jedem Fall ist klar, dass ein weiterer, sehr spannender und vielversprechender Spieler in der Bundesliga auf Torejagd gehen wird. Mit seinem Spielerprofil kann er zu einer Bereicherung für die Bundesliga werden.

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Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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