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Rundumschlag beim FC Bayern: Die richtige Reaktion auf die falsche Art und Weise

27. Mai 2023 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Eigentlich hat der FC Bayern München an diesem Samstag nach dem 34. Spieltag einen guten Grund, um zu jubeln. Der elfte Meistertitel in Folge wurde eingefahren, obwohl der Rekordmeister als Tabellenzweiter in die Partie gegen den 1. FC Köln ging. Doch rund um den Klub herrscht wieder einmal Unruhe. Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn verlassen den Rekordmeister im Sommer. 

Kahn und Salihamidzic verlassen den FC Bayern

Es war nicht viel später als 17 Uhr, als zunächst die Bild-Zeitung berichtete, dass Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic den FC Bayern im Sommer verlassen werden. Die Entscheidung, so bestätigten später auch weitere Medien wie die Abendzeitung München, fiel auf einer außerordentlichen Vorstandssitzung schon vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln. Zum Zeitpunkt, als die Meldung die Runde machte, stand es gerade 1:1 zwischen dem „Effzeh“ und dem FCB, der BVB war trotz des Rückstandes von 1:2 gegen Mainz 05 Meister. Es brodelte also kurz vor dem Abpfiff, die dunklen Wolken wurden dichter. Dann kam Jamal Musiala und traf zum 2:1. Der Siegtreffer und die damit verbundene Meisterschaft kaschierten aber nur kurz, was sich in den Minuten vor dem Abpfiff zusammenbraute.

Eigentlich herrschten nach Spielende die perfekten Rahmenbedingungen, um zu erfragen, wie der FC Bayern es doch noch schaffte, in Köln zu gewinnen, nachdem die letzten Wochen eher schleppend verliefen. Und wie die Gefühlslage nach dieser durchwachsenen Saison ist, welche Veränderungen es benötigt. Eigentlich. Denn schon im ersten Interview mit Thomas Müller wurde die Thematik rund um die scheidenden Bosse zur Sprache gebracht. Der Offensivspieler wusste noch nichts von dieser Meldung, die wenig später dann auch offiziell bestätigt wurde. Kahn und „Brazzo“ sind Geschichte, Jan-Christian Dreesen übernimmt das Amt des Vorstandsvorsitzenden, die Aufgaben des Sportvorstandes werden auf mehrere Schultern verteilt, bis ein Nachfolger gefunden ist.

FC Bayern: Die Entscheidung per sé lässt sich begründen

Soweit, so normal. Bis auf den Zeitpunkt eben. Und die Entscheidung ansich ist keine, die komplett überraschend kommt. Über die Kritik an Kahn wurde ohnehin schon mehrfach berichtet. Intern soll der CEO nicht den größten Rückhalt besessen haben, in manchen Interviews ging ihm die Souveränität ab, auch klar ersichtlich negative Entwicklungen wurden schöngeredet. Sein Anteil an der Entlassung von Julian Nagelsmann zu einem höchst fragwürdigen Zeitpunkt darf natürlich auch nicht vergessen werden. Ohnehin machte sich der gesamte Vorstand damit angreifbar. Das Triple sei in Gefahr, deswegen müsse reagiert werden. Beinahe wäre kein einziger Titel herausgesprungen. In München war man also nur einen Schritt vom ultimativen Debakel entfernt.

Warum die Saison so schwierig war, hat auch mit der Kaderplanung zu tun. Hasan Salihamidzic wurde für einige Transfers gefeiert und in der Tat erwies sich die Verpflichtung von Matthijs de Ligt als guter Griff, auch an Mathys Tel und Noussair Mazraoui könnte der Rekordmeister in der Zukunft seine Freude haben. Aber seit einigen Transferperioden die Dringlichkeit eines Thiago-Nachfolgers zu ignorieren, obwohl die fehlende, umfassende Qualität gegen und mit dem Ball im Maschinenraum häufig deutlich wurde, sorgte für eine Dysbalance auf dem Platz, das Mittelfeld wurde nicht selten überrannt.

Salihamidzic FC Bayern

(Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

An der Entscheidung, keinen klaren Neuner als Lewandowski-Nachfolger zu verpflichten, hatte auch Ex-Coach Nagelsmann einen Anteil. Gleichzeitig wurde Salihamidzic dafür gefeiert, dass Sadio Mane vom FC Liverpool verpflichtet werden konnte. Ein Coup, so dachten viele. Doch die Zweifler lagen richtig. Der Senegalese passte überhaupt nicht zum Spiel des FCB, aus dem Topdeal wurde ein Missverständnis, das am letzten Spieltag selbst in der prekären Phase des Spiels nicht zum Einsatz kam. Dass der Kader keine homogene Einheit ist, hat auch der Sportvorstand zu verantworten, wenngleich auch die Spieler nicht aus der Gesamtgleichung, die zu dieser in vielen Elementen enttäuschenden Saison führt, herauszunehmen sind. Doch das ist ein Thema für die Kaderplanung im Sommer.

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Bayern-Beben: Das Problem ist die Art und Weise

Der FC Bayern München ist ein großer Klub in Europa, der immer im Fokus der Medien steht. Vieles wird kritisch beäugt, wenn es nicht nach Plan läuft. Vor allem dann, wenn die Kommunikation auch noch Fragen aufwirft. Das war rund um die Nagelsmann-Entlassung so, als alle aus den Medien erfuhren, was Sache ist. Und auch am heutigen Samstag gibt es Grund zur Verwunderung. Immerhin wurde hier, wie Thomas Tuchel nach dem Spiel bestätigte, die Entscheidung zuerst intern und allen Beteiligten verkündet, doch das ist ein schwacher Trost. Die reguläre Vorstandssitzung im Laufe der kommenden Woche hätte auch noch abgewartet werden können, gerade wenn der Ausgang der Meisterschaft keinen Einfluss auf die Entscheidung hat.

Noch dazu gibt der Klub kein gutes Bild ab, wenn am Tag, an dem die elfte Meisterschaft in Folge errungen wurde, ein anderes Thema die Schlagzeilen bestimmt. Oliver Kahn warf dem Klub in einem Tweet sogar vor, dass ihm seitens des FCB untersagt wurde, mit dem Team nach Köln zu fahren. Schon während des Spiels herrschte Verwirrung, weil Salihamidzic vor Ort war, der 53-Jährige aber nicht. Diese Maßnahme wurde noch nicht weiter begründet, wirft aber Fragen auf. Denn welchen negativen Einfluss hätte Kahn denn ausüben können? Wo ist der Unterschied zwischen dem Sportvorstand, der vor Ort war und dem CEO, der zuhause bleiben musste?

Der Rekordmeister ist gut beraten, an seiner Außendarstellung zu arbeiten. Diese sorgt nämlich nicht nur für den Unterschied zwischen Ruhe und Unruhe, sondern hat auch einen Einfluss auf potenzielle Neuzugänge. Im Zweifel kann nämlich ein gewisser Hang zum Chaos das Zünglein an der Waage sein. Und hier kommt ein Mann ins Spiel, der eher zu selten kritisiert wird, nämlich Präsident Herbert Hainer. Der Gegenwind gegen seine Person beim FC Bayern dürfte aber größer werden, wenn die offenen Baustellen in Sommer nicht behoben werden und sich auch sonst nicht viel verändert.

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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