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Gelingt dem HSV diesmal der Aufstieg? Warum die Rückkehr 2023 wirklich bevorsteht

11. Februar 2023 | Trending | BY Jannek Ringen

Der Hamburger SV ist seit dem Abstieg 2018 in der zweiten Liga gefangen. Nach drei vierten Plätzen und einem Scheitern in der Relegation an der Hertha, soll dieses Jahr endlich der Aufstieg fällig sein. Die Chancen für den HSV stehen aktuell gut, vielleicht sogar besser denn je.

HSV: Vertrauen in Trainer Tim Walter 

Die Zahlen sprechen Bände: 28 Trainer waren in diesem Jahrtausend beim Hamburger SV beschäftigt. Bezogen auf die Anzahl der Spiele, hat ein Trainer beim HSV eine Halbwertszeit von 31 Spielen. Mit Tim Walter bricht man an der Elbe jedoch diese Muster und hält auch in schwierigen Zeiten, wie in der vergangenen Saison kurz vor dem Saisonendspurt, zu seinem Übungsleiter.

Seit dem Abstieg ist Walter nun der sechste Trainer und keiner seiner Vorgänger war länger als ein Jahr bei den Hamburgern beschäftigt. Der HSV scheint aus Übersprungshandlungen wie den Entlassungen von Christian Titz oder Daniel Thioune gelernt zu haben und setzt nun auf Konstanz. Walter zahlt dieses Vertrauen mit Ergebnissen zurück. In der 2. Bundesliga hat er mit einem Punkteschnitt von 1,9 Punkten pro Partie den besten der bisherigen Trainer (Interimstrainer Horst Hrubesch ausgenommen). Außerdem hat der HSV sich auf die Fahne geschrieben, mehr Talente auszubilden. Bereits bei seinen Stationen in Kiel und in Stuttgart hat Walter gezeigt, dass er mit jungen Spielern arbeiten kann.

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Zudem steht er für eine klare Spielphilosophie. Er lässt seine Mannschaft zumeist in einem offensiv ausgerichteten 4-3-3 auflaufen. Sein Positionsspiel erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich, ist aber innovativ und oftmals schwierig für die Gegner zu greifen. Die Spieler sollen nach einem gespielten Pass sofort neue Räume besetzen und damit den Gegner immer wieder vor neue Aufgaben stellen. Zudem ist das Spielen von langen Bällen unter Tim Walter gerade zu verpönt. Der HSV steht unter Tim Walter für ein attraktives Offensivspiel, welches jedoch auch seine Risiken birgt. Greift das gegnerische Pressing, wird es für die Mannschaft äußerst gefährlich.

(Photo by Cathrin Mueller/Getty Images)

Der Kader des HSV: Kontinuität macht sich bemerkbar 

Der Hamburger SV verfügt wahrscheinlich über den qualitativ besten Kader im deutschen Unterhaus. Alleine individuell haben die Norddeutschen einige der besten Spieler der Liga. Den Verantwortlichen ist es gelungen, Stützen wie Robert Glatzel oder Sonny Kittel zu halten und den Kader durch punktuelle Verstärkungen wie Laszlo Benes oder Jean-Luc Dompe auf ein stärkeres Niveau zu heben.

Die Defensive war bereits im vergangenen Jahr die beste der Liga. Zudem ist Daniel Heuer Fernandes der vielleicht stärkstenKeeper der Liga. Seine fußballerische Klasse ist unbestritten und er konnte in dieser Saison dreiviertel der Torschüsse abwehren. Die Innenverteidigung wurde durch den Ausfall von Vuskovic (positive Dopingprobe, offenes Verfahren) zwar geschwächt, jedoch macht Eigengewächs Jonas David seine Aufgabe neben Kapitän Sebastian Schonlau ordentlich. Mittelfristig könnte der von Besiktas geliehene Innenverteidiger Javi Montero die Innenverteidigung mit internationaler Erfahrung verstärken. Auf den Außenbahnen spielen Miro Muheim, ein zweikampfstarker Verteidiger mit Offensivdrang, und Moritz Heyer, ein polyvalenter Verteidiger, der perfekt in das Positionsspiel von Tim Walter passt.

Im Mittelfeld agieren Jonas Meffert und Laszlo Benes, zwei „alte Bekannte“ von Tim Walter. Beide spielten bereits in Kiel unter dem Coach, kennen dessen Prinzipien. Meffert gelingt es immer wieder das Übergangsspiel der Hamburger anzukurbeln und ist eine absolute Konstante, da er bisher noch keine Minute in dieser Saison verpasste. Vor Meffert ist die Auswahl mit spielstarken Spielern wie Reis, Kittel und Benes groß. Kittel, der letzte Saison zu den besten Vorbereitern der Liga gehörte, spielt des Öfteren auch auf der Position am linken Flügel. Aktuell schwanken seine Leistungen zwar, jedoch wird dies von La-Masia-Schüler Reis (fünf Tore) und Laszlo Benes (sieben Vorlagen) sehr gut aufgefangen.

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Im Fokus der Offensive steht Stürmer Robert Glatzel. Nachdem er letzte Saison bereits 22 Tore erzielen konnte, führt er aktuell die Torjägerliste wieder mit 13 Toren an. Um ihn herum sind mit Bakkery Jatta, Jean-Luc Dompe und Ransford Königsdörffer dynamische Flügelspieler, die allesamt über gute Qualitäten im 1vs.1 verfügen. Die beiden Neuzugänge Dompe (sechs Vorlagen) und Königsdörffer (fünf Tore) fügten sich super in das Spiel der Hamburger ein.

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Ein Problem, was bei Aufstiegskandidaten in der zweiten Bundesliga jedoch oftmals normal ist, ist das Gefälle im Kader. Der HSV besitzt 14 bis 15 Spieler mit sehr gutem Zweitliganiveau, dahinter wird es jedoch eng, was vor allem auch an den zahlreichen Talenten im Kader liegt. In dieser Saison setzte man bereits 29 Spieler ein, absoluter Topwert in Liga zwei. Letztes Jahr kamen in der kompletten Saison 25 Spieler zum Einsatz. Die Kaderbreite ist zwar gegeben, jedoch können Ausfälle meist nur schwierig aufgefangen werden. Dies war allerdings im vergangenen Jahr auch bei den beiden Aufsteigern Werder und Schalke der Fall.

Gute Ausgangslage und endlich keine Konkurrenz durch Absteiger

Ein großes Handicap, welches die Aufstiegsambitionen jeher erschwert hat, war der Abstieg von anderen Schwergewichten aus der Bundesliga. Im vergangenen Jahr kam die Konkurrenz aus Bremen und Schalke, davor erschwerten Köln und Stuttgart dem HSV das Leben. In diesem Jahr sind die Absteiger mit Bielefeld und Fürth keine Schwergewichte und befinden sich im Abstiegskampf. Der größte Konkurrent ist aktuell der SV Darmstadt, der letztes Jahr auf Platz vier hinter den Hamburgern landete.

15 Spiele sind in der zweiten Bundesliga noch zu gehen und der HSV befindet sich in einer komfortablen Ausgangssituation. Zwei Punkte hinter Darmstadt und vier Punkte vor Heidenheim auf Platz zwei sorgen für das nötige Selbstbewusstsein. Die weiteren Konkurrenten kommen aus Kaiserslautern und Paderborn. Aufsteiger Kaiserslautern schwebt aktuell zwar auf einer Erfolgswelle, jedoch ist es schwer vorstellbar, dass diese bis zum Saisonende anhält. Paderborn bietet, zusammen mit dem HSV, wahrscheinlich den attraktivsten Offensivfußball der Liga. Die Paderborner zeigten sich doch in der jüngeren Vergangenheit oftmals zu inkonstant, um Darmstadt und dem HSV noch gefährlich zu werden. Hinzu kommt, dass die heißgehandelten Teams aus Hannover und Düsseldorf in dieser Saison absolut unter ihren Möglichkeiten spielen und bereits einen viel zu großen Rückstand gegenüber den Hamburgern haben.



Fazit: Wenn der HSV den Frühjahresfluch brechen kann, ist man nächstes Jahr erstklassig

Ähnlich traditionell wie der Klassenerhalt des HSV es früher war, ist auch der Einbruch im Frühjahr. Letztes Jahr konnte man erstmals seit dem Abstieg ein Spiel im April gewinnen und damit den Fluch brechen. Die Ausgangssituation, die Qualität des Kaders und die Konstanz auf den verantwortlichen Positionen können sich in diesem Jahr auszahlen. Bereits jetzt hat man einen guten Vorsprung und spielt konstanter als noch in den Jahren zuvor. Am Wochenende kann der Vorsprung beim Auswärtsspiel in Heidenheim (Samstag 20:30, Sky/Sport1) ausgebaut werden. Tim Walter hat es geschafft dem HSV eine klare Identität zu geben und steht nun in einer guten Ausgangslage, um die Rückkehr in die Bundesliga zu schaffen. Die Chancen stehen gut, aber wir wissen auch alle, dass beim Hamburger SV alles möglich ist.

(Photo by Boris Streubel/Getty Images)

Jannek Ringen

Sozialisiert durch die Raute von Thomas Schaaf, gebrochen durch den Abstieg unter Florian Kohfeldt. Fußball in Deutschland ist sein Fachgebiet, aber immer mit einem Blick in England und Italien.


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