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Kann der BVB die „schwarze Serie“ gegen den FC Bayern brechen? Das Streitgespräch

31. März 2023 | Trending | BY 90PLUS Redaktion

Auch wenn der FC Bayern München den Meistertitel in den letzten Jahren serienmäßig gewann und vor allem zuhause gegen den BVB fast immer gut aussah, ist das direkte Duell das wohl packendste Spiel im deutschen Fußball. Das Hinspiel mit dem späten 2:2 durch Anthony Modeste könnte dabei nur ein Vorgeschmack auf das gewesen sein, was nun auf die Zuschauer wartet. 

Bayern gegen den BVB mit umgekehrten Vorzeichen

Den Meistertitel in der Bundesliga hat der FC Bayern in den letzten Jahren regelmäßig gewonnen. Keine Saison verging, in der am Ende nicht doch der Klub aus München die Schale in die Höhe recken durfte. Die Konkurrenz hofft in jeder Spielzeit auf Ausrutscher, diesmal gab es diese fast schon regelmäßig. Und genau deswegen steht der FC Bayern auf Platz zwei, ehe sich beide Teams am Samstagabend in der Allianz Arena zum direkten Duell treffen. Das kam in den letzten Jahren nicht vor, ebensowenig ein Sieg des BVB in München oder überhaupt in der Bundesliga gegen diesen schier übermächtigen Gegner.

 

 



 

In dieser Saison jedoch wirkt der Branchenprimus angreifbar. Die Diskrepanz zwischen dem Leistungshoch und dem Leistungstief ist immens, die Konstanz fehlt vor allem in der Liga über die gesamte Saison hinweg. Genau dort will der BVB ansetzen und mutig spielen, dem FC Bayern jederzeit das Gefühl vermitteln, dass er auf einen motivierten und gleichzeitig gut eingestellten Gegner ohne Angst trifft. Die Serie nach der WM-Pause spricht für sich, Dortmund verlor in der Bundesliga kein Spiel, auch wenn gegen Schalke im Derby (2:2) ein Dämpfer zu verkraften war. Derartige Vorzeichen gab es eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr, zumal es beim aktuell Tabellenzweiten auch noch einen Trainerwechsel und Unruhe gab. Und genau deswegen stellt sich die Frage: Können die Gäste aus Dortmund die „schwarze Serie“ brechen?

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Das Spiel kommt genau zum richtigen Zeitpunkt für den BVB

Ganz klar für Borussia Dortmund spricht die aktuelle Verfassung der Mannschaft. Im Jahr 2023 ist das Team von Trainer Edin Terzic in zehn Bundesligaspielen noch ungeschlagen und konnte neun davon gewinnen. Das Auftreten des BVB zeigt sich nach der WM-Pause stark verbessert und die Leistungen wirken mittlerweile stabil. Neben Spielen, in denen der BVB zweifelsohne auch Spielglück hatte, gab es auch offensive Feuerwerke wie zuletzt das 6:1 vor eigenem Publikum gegen den 1. FC Köln. Vor allem die Defensive um Nico Schlotterbeck gibt dem Team eine Sicherheit, auf der das Spiel der Dortmunder basiert.

Schlotterbeck jubelt nach einem Treffer.

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

In der Länderspielpause herrschte beim Rekordmeister das Chaos. Erst sickerten Gerüchte durch, dass man sich beim FC Bayern mit Thomas Tuchel einig sei und bereit wäre Julian Nagelsmann zu entlassen. Dann dauerte es eine gefühlte Ewigkeit, bis seitens des Klubs ein offizielles Statement folgte. Aufgrund der Länderspielpause hatte Thomas Tuchel kaum Zeit Abläufe mit der Mannschaft zu trainieren, geschweige denn alle Spieler intensiv kennenzulernen. Für einen Perfektionisten wie Tuchel sicherlich eine schwierige Situation. Außerdem scheint die Entlassung Nagelsmanns viele Spieler getroffen zu haben, da vor allem Stützen wie Kimmich oder Goretzka einen intensiven Austausch mit dem 35-Jährigen gepflegt haben.

Klar haben die Dortmunder gegen den FC Bayern zuletzt vor allem in München alles andere als gut ausgesehen, allerdings erleben wir derzeit den stabilsten BVB seit langem. Die Dortmunder haben in dieser Saison gezeigt, dass sie gegen die großen mithalten können. Man erinnere sich nur an das Hinspiel, als Anthony Modeste in der letzten Sekunde den Ausgleich köpfte oder an die Siege gegen Leipzig und Chelsea. Sie sind nicht nur gegen die kleinen Teams stabil, sondern können es auch mit den Top-Mannschaften aufnehmen.

Der BVB wird mit einem extrem hohen Selbstbewusstsein nach München reisen und im direkten Duell alles dafür geben, die Bayern auf vier Punkte zu distanzieren. Hinzu kommt noch das Chaos beim deutschen Meister, welches intern zu einigen Unruhen geführt haben dürfte. Die Serie im Rücken und die erste Meisterschaft seit elf Jahren vor Augen wird dem BVB die nötige Motivation geben, um den Rekordmeister zu besiegen. Das Spitzenspiel gegen die Bayern kommt genau zum richtigen Zeitpunkt für die Schwarzgelben.

Jannek Ringen

Tuchels Erfahrung und das Überraschungsmoment greifen: Bayerns Serie geht weiter

Als Borussia Dortmund letztmals ein Bundesligaspiel in der Allianz Arena gewann, war Spanien Weltmeister, Barack Obama US-Präsident, Jamal Musiala zehn und Jude Bellingham neun Jahre alt. Die Rede ist vom 12. April 2014. Henrikh Mkhitaryan, Marco Reus sowie Jonas Hofmann erzielten die Treffer bei Dortmunds 3:0-Sieg. Sucht man nach dem letzten BVB-Sieg, der einen Ausschlag im Titelrennen gegeben hat, muss man bis zum 19. November 2011 zurückgehen. Der 19-jährige Mario Götze erzielte damals den einzigen Treffer des Spiels.

Bei dieser Serie wird es vorerst auch bleiben. Bereits unter Julian Nagelsmann lieferte der FC Bayern, vor allem in den großen Spielen. Gegen Inter (2:0, 2:0), Barcelona (2:0, 3:0) sowie Paris Saint-Germain (1:0, 2:0) blieb man jeweils makellos. Das Hinspiel in Dortmund gestaltete der Rekordmeister ähnlich abgezockt und hätte wohl auch hier die volle Punktzahl mitgenommen, wenn Jude Bellingham für sein grobes Foulspiel an Alphonso Davies regelkonform mit Gelb-Rot des Feldes verwiesen worden wäre.

Thomas Tuchel hat zwar nicht viel Zeit, die Mannschaft auf das Duell mit seinem Ex-Klub vorzubereiten. Bei Chelsea bewies er bereits, dass er das auch nicht braucht. Mit Erfolgen über Atlético Madrid (1:0, 2:0), den FC Porto (2:0, 0:1), Real Madrid (1:1, 2:0) und Manchester City (1:0) führte er die Blues überraschend zum zweiten Champions-League-Titel der Vereinsgeschichte und gewann in der Premier League in Anfield (1:0), im Etihad (2:1) sowie das FA-Cup-Halbfinale gegen Pep Guardiola und die Seinen (1:0).

Bundesliga FC Bayern München Borussia Dortmund

Photo by Manu Fernandez – Pool/Getty Images

Ein wichtiger Baustein für Tuchels Erfolg in London: Kommunikation. Sein Vorgänger Frank Lampard habe es, gegen Ende seiner Amtszeit, vor allem an dieser mangeln lassen, so Ex-Spieler und DAZN-Experte Sebastian Kneißl im 90PLUS-Interview. Glaubt man dem, was infolge von Nagelsmanns Entlassung ans Tageslicht kam, war die Art der Kommunikation, die der Ex-Trainer vermissen ließ, weniger taktischer, sondern mehr zwischenmenschlicher Natur. Tuchel war, mit der Erfahrung aus Paris und Chelsea, sofort darauf bedacht, eine positive Atmosphäre, Aufbruchstimmung zu erzeugen. Als er erstmals die Kabine betrat, ging er sofort zum Trikot von Eric Maxim Choupo-Moting, mit den Worten: „Zum dritten Mal, der arme Kerl.“ Jener „arme Kerl“, dessen Präsenz in Leverkusen an allen Ecken und Enden fehlte, war am Donnerstag wieder im Mannschaftstraining.

Damit hat Tuchel eine Alternative mehr – und auch das Überraschungselement auf seiner Seite. Edin Terzic wird seine Mannschaft vor der Länderspielpause darauf eingestellt haben, auf Nagelsmanns Bayern zu treffen. Allerdings ist nicht bekannt, wen Tuchel genau spielen lassen wird und in welchem System. Diese Faktoren werden dazu führen, dass Borussia Dortmund in München die nächste Niederlage wird einstecken müssen, während sich der FC Bayern, zu Beginn des Final-Frühlings, die Tabellenführung zurückholt.

Victor Catalina

Photo by GUENTER SCHIFFMANN/AFP via Getty Images


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