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Darum sollte Thomas Müller seine Karriere am Saisonende beenden

5. Dezember 2024 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Thomas Müller steht beim FC Bayern nur noch bis zum Sommer 2025 unter Vertrag. Der erfahrene Offensivspieler ließ seine Zukunft zuletzt offen, auch weil der Zahn der Zeit an ihm nagt. Ein Karriereende oder zumindest ein Ende seiner Zeit beim FC Bayern ist vorstellbar – und wäre wohl ein guter Abschluss einer großen Laufbahn. 

Thomas Müller: Eine große Karriere

Thomas Müller ist eine Ikone des FC Bayern, eine Ikone des deutschen Fußballs. Seit mehr als 15 Jahren ist er fester Bestandteil der Mannschaft des Rekordmeisters, feierte mit dem FCB zwölf Meistertitel, gewann zweimal die UEFA Champions League und sechsmal den DFB-Pokal. Auch im Dress der Nationalmannschaft gab er sich seiner Leidenschaft hin, erlebte Höhen wie den Weltmeistertitel 2014 und Tiefen wie das zweimalige Gruppen-Aus bei Weltmeisterschaften.

Würde man den Spieler fragen, was er in seiner Karriere anders gemacht hätte, dann würde ihm wohl nicht viel einfallen. Die Entscheidung, die gesamte Laufbahn beim FC Bayern zu absolvieren, stellte sich als völlig richtig heraus, Müller erlebte hier in seiner Zeit die wohl erfolgreichste und dominanteste Phase, die es im deutschen Fußball gab. Er selbst war meist einer der Hauptdarsteller, ein unprätentiöser Künstler sozusagen. In den Mittelpunkt stellen wollte er sich nicht, auch wenn er wahrhaftig ein Lautsprecher war und ist, auf und neben dem Platz. 



Bayern hat Müller viel zu verdanken, umgekehrt sieht es genauso aus. Deswegen sind beide Seiten auch völlig tiefenentspannt, was die Gespräche über die Zukunft angeht. Im Sommer 2025 läuft der Vertrag des Offensivspielers aus und aktuell gibt es noch keine Entscheidung, wie es genau weitergehen soll. Im Endeffekt liegt diese sehr wahrscheinlich beim 35-Jährigen selbst. Wenn er sagt, dass er noch ein Jahr weitermachen will, findet sich sicher eine Lösung. Doch wie sinnvoll wäre das überhaupt?

Der Zahn der Zeit nagt auch an Müller

35 Jahre alt ist Thomas Müller nun. Wer sich im Profifußball auskennt, der weiß, dass sich der 131-fache Nationalspieler nun im Spätherbst seiner Karriere befindet. Nur wenige Fußballer schaffen es, noch zwei, drei oder vier Jahre länger auf höchstem Niveau zu spielen. Und auch bei Müller stellt man aktuell immer häufiger fest: Für das ganz hohe Niveau reicht es entweder nicht, im Vergleich zu früheren Jahren zu selten oder nicht über einen längeren Zeitraum. Das ist weder eine Kritik, noch ein Vorwurf, sondern schlicht eine Feststellung. 

Müller Bayern

(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)

Ein Körper, der so viel geleistet hat und so viele Spiele in den Beinen hat (alleine 485 in der Bundesliga), darf mit Mitte dreißig abbauen. Dass er das tut, wird auf dem Feld immer deutlicher. In den letzten Jahren verlor der Offensivspieler sukzessive an Spritzigkeit im Antritt und letzten Endes dadurch auch generell an Geschwindigkeit. Nach seiner Einwechslung in Dortmund am vergangenen Wochenende wurde das deutlich, als er beinahe verzweifelt den etwas zu kurz geratenen Rückpässen der BVB-Abwehr hinterher hechelte, um einen Ballgewinn zu provozieren. Ein junger, frischer, sprintstarker Profi hätte hier natürlich Vorteile gehabt. 

Es soll auch nicht der Einruck entstehen, Müller könne dem Spiel nichts mehr geben, denn das ist falsch. Sechs Torbeteiligungen hat er auf dem Konto, im Schnitt gelingt ihm alle 100 Minuten eine. Allerdings ist er kein Spieler mehr, der von Minute eins bis 90 das Pressing koordiniert, das Anlaufen steuert und immer wieder weite Wege geht, um Räume zu öffnen. Er versteht weiterhin das Spiel, kann entscheidende Bälle spielen, aber hat doch einen deutlich besseren Einfluss auf das Spiel, wenn er nach 65-70 Minuten eingewechselt wird. 

Ein Karriereende 2025 wäre ein Abtreten zum richtigen Zeitpunkt

Hier sind wir auch beim Kernthema angekommen. Wie soll es mit Müller weitergehen? Seine Rolle wird sich nicht mehr positiv verändern, für den Rest der Saison wird er wohl ein Kaderspieler bleiben, der im Rotationsprinzip den ein oder anderen Einsatz von Beginn an erhält, ansonsten eher von der Bank kommt, mitunter auch mal ganz außen vor bleibt. Wichtig ist er intern definitiv, denn er ist ein Spieler, der das Team führen kann, der für junge Spieler ein Ansprechpartner und nach außen ein Sprachrohr sein kann. Allerdings ist das eine Stellenbeschreibung, für die man 17-20 Millionen Euro Jahresgehalt rechtfertigen würde. Und gerade weil Max Eberl & co. dazu angehalten sind, Gehaltskosten zu reduzieren, muss sich die Kosten-Nutzen-Frage beim verdienten Offensivspieler stellen.

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Wer den Spieler Thomas Müller und seine Aussagen in den letzten Monaten und Jahren aber verfolgt hat, der wird wissen, dass er sich wohl selbst am intensivsten Gedanken über seine Situation macht. Ihm selbst ist guten Gewissens zuzutrauen, den richtigen Moment für das Ende seiner Laufbahn beim FC Bayern oder das Karriereende zu erkennen, wie es beispielsweise bei einem Philipp Lahm der Fall war. Und dieser richtige Moment ist – das kristallisiert sich immer mehr heraus – das Saisonende. Es wäre einfach ein runder Abschluss, vermutlich sogar mit einem weiteren Meistertitel, auch wenn selbst das vorletzte Wort im Titelkampf noch nicht gesprochen ist.

So traurig es aufgrund der vielen guten Jahre und der Nostalgie auch sein mag, es erscheint offensichtlich, dass sich die Karriere des Thomas Müller langsam aber sicher dem Ende neigt. Und zuletzt erweckte der Spieler nicht den Eindruck, dass ihn noch einmal ein Jahr in der MLS oder in einer anderen Liga besonders reizt, weil er einige andere Pläne im Hinterkopf hat. Stattdessen hat er die ideale Chance, die Fußballschuhe zum perfekten Zeitpunkt an den Nagel zu hängen, ehe ihm noch jemand sagt: „Hätte er doch mal früher aufgehört.“

(Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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