Ballon d’Or: Messis letzte Krönung
30. Oktober 2023 | Global News | BY Damian Ozako
Am Montagabend wird im Theatre du Chatelet in Paris der Ballon d’Or vergeben und übereinstimmenden Medienberichten wird es Lionel Messi sein, der zum besten Spieler der Welt gekürt wird. Ein Kommentar.
Ballon d’Or: (K)ein Duell zwischen Haaland und Messi
Beim BVB und in der Bundesliga wussten bereits alle Personen, die diesen Sport auch nur im Ansatz verfolgen, wie gut Erling Haaland (23) ist. Dass Leute nach seinem Wechsel zu Manchester City an ihm zweifelten, war recht unverständlich. Im Rekordtempo ließ er aber all jene Skeptiker verstummen. 52 Tore und neun Vorlagen in 53 Spielen, Premier-League-Rekord mit 36 Ligatreffern geknackt und direkt im ersten Jahr das Triple mitgenommen. Im Normalfall reicht das, um bei der Ballon-d’Or-Vergabe glasklarer Favorit zu sein.
Das Problem des 23-Jährigen: In der vergangenen Saison sorgte Lionel Messi (36) mal wieder dafür, dass eben jener Normalfall nicht eingetreten ist. Bevor wir auf die entscheidenden sieben Spielen im vergangenen November sowie Dezember zu sprechen kommen, darf auch mal ein Blick auf seine Saison im Trikot von PSG geworfen werden. Dass die Zusammenarbeit mit den Franzosen ein einziges Missverständnis war, ist ohne jeden Zweifel klar. Was der Argentinier trotzdem Woche für Woche in einem dysfunktionalen Team zeigte, war beeindruckend.
Messi: Kaum Beachtung für den Argentinier
Dass das vielen Personen nicht bekannt oder eben einfach egal ist, liegt an mehreren Aspekten. Zum einen findet die Ligue 1 außerhalb Frankreichs kaum Beachtung. Wer guckt schon regelmäßig PSG-Spiele, wenn es nicht gerade Topspiele in der Liga oder eben in der Champions League sind? Deshalb kriegt man vor allem auch auf Social Media schnell den Eindruck, dass Messi nur im Trikot der Albiceleste Leistung gezeigt hätte. Dabei hat der 36-Jährige in 41 Pflichtspielen für die Franzosen 41 Torbeteiligungen gesammelt.
Das führt dann direkt zu einem hausgemachten Problem des Weltklasse-Profis: Messi spielt schon seine gesamte Karriere derart brillant, dass herausragende Aktionen oder Auftritte schlichtweg untergehen. Wenn jede Woche gezaubert wird, wird es für so manchen Beobachter schwer noch Magie zu spüren. Das kriegen natürlich auch andere Profis in dieser Form ab. Haaland steht in der aktuellen Saison bei 13 Toren und drei Vorlagen in 15 Pflichtspielen. Trotzdem interessiert es einfach nicht mehr so viele, wie es noch in der vergangenen Spielzeit der Fall war. Ein Abnutzungseffekt, der bei Messi wohl so ausgeprägt ist, wie bei kaum einem anderen Spieler.
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Und doch lohnte es sich immer und immer wieder für ihn einzuschalten. Weil er eben genau das machte, was er schon seit seinem Karrierebeginn machte: Spiele dirigieren, seine Mitspieler besser machen, Angriffe initiieren, um selber dann auch abzuschließen oder für andere aufzulegen. Auch mit Mitte 30 hob er sich so sehr von allen anderen auf dem Platz ab, dass sein Wechsel in die MLS gefühlt eine Verschwendung war. Dass Messi auch noch in Europa auf dem allerhöchsten Niveau spielen könnte, ist mehr als ersichtlich. Stattdessen genießt er jetzt halt gefühlte Freizeitkicks mit alten Freunden aus Barcelona in Miami.
Eine historische WM
Diesen Schritt hat er sich durch ein kleines Turnier im vergangenen Winter ermöglicht. Am 18. Dezember 2022 hat er den Sport durchgespielt. Für Messi gab es nichts mehr zu holen. Seine größte Aufgabe, die er durch sein Talent auferlegt bekam, hat er auf spektakuläre Art und Weise erledigt. Sieben Tore und drei Vorlagen in sieben Spielen auf dem Weg zum WM-Titel lesen sich beeindruckend, aber auch außerhalb dieser zehn Torbeteiligungen legte er ein Turnier für die Geschichtsbücher hin. Er ist durch den WM-Sieg nicht im Fußball-Olymp angekommen, er hat seinen Platz dort nur vergoldet.
Jede Person, die Fußball liebt, wird Bewunderung für Messi und seine Leistungen aufbringen können. Klar, es gibt nicht wenige, die eine persönliche Abneigung gegen den Argentinier haben, aber tief in ihrem Herzen werden auch diese Menschen wissen, dass er sich ein letztes Mal vom Rest der Fußball-Elite abgehoben hat. Spielfreude, Kreativität, Führungsqualitäten, Leidenschaft, Drama, Rückschläge und letztendlich Brillanz: Die WM war ein Ebenbild seiner Karriere in Kurzform.
Als Fan schwankte man zwischen Freude vor dem Gesehenen und oft auch Verwirrung, weil man sich fragen musste, wie er es jetzt schon wieder schaffte, zu treffen, vorbereiten oder was auch immer in den jeweiligen Momenten sein Ziel war. Er hat so viele Qualitäten, die eben auch nicht durch Statistiken abgedeckt werden, mit denen so gerne argumentiert wird. Messi muss man spielen sehen, um ihn wertzuschätzen.
Allein die sieben WM-Spiele heben ihn von Haaland ab, der in der vergangenen Saison abseits der Statistiken keine spielerischen Momente für die Ewigkeit hinterließ. Der Norweger wird irgendwann seine Chance erhalten, jene Trophäe zu gewinnen, die Messi am Montagabend sehr wahrscheinlich zum achten Mal empfangen wird. Aber dieses Mal ereilt ihn ein Schicksal, dem schon andere Größen des Sports zum Opfer geworden sind: Er geht im Schatten des besten Fußballers aller Zeiten unter. „Messis schlechteste Saison seiner Karriere wäre die beste Spielzeit der restlichen Spieler“, teilte Haaland-Coach Pep Guardiola (52) vor kurzem mit. Eine klare Übertreibung, die allerdings einen – wenn auch verzerrten – wahren Kern hat. Haaland war der beste Stürmer der vergangenen Saison, Messi der beste Spieler. Am Montag findet dann die letzte Krönung des Argentiniers statt, bevor er der nächsten Generation die Bühne überlässt.
(Photo by Alex Pantling/Getty Images)
Damian Ozako
Als Kind von Tomas Rosicky verzaubert und von Nelson Haedo Valdez auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht worden. Geblieben ist die Leidenschaft für den (offensiven) Fußball. Seit 2018 bei 90PLUS.