Ligue 1 Vorschau – Teil 5: Lyon, Montpellier, Metz, Reims
21. August 2020 | Weiteres | BY 90PLUS Redaktion
Die Ligue 1 startet als erste der großen Ligen in die Saison 2020/21. 20 Teams kämpfen dabei um das bestmögliche Ergebnis, vor allem Branchenprimus PSG soll geärgert werden.
- Vorschau Teil 5: Lyon, Montpellier, Metz, Reims
- Olympique Lyon will wieder ganz nach oben
- Montpellier: Wo geht die Reise hin?
Teil 1: Lille, Bordeaux, Straßburg, Angers
Teil 2: Marseille, Rennes, Nimes, Lorient
Teil 3: Monaco, Lens, Saint-Etienne, Nantes
Teil 4: PSG, Nizza, Brest, Dijon
Olympique Lyon (Letzte Saison: 7. Platz)
Olympique Lyon hat in der Spielzeit 2019/20 die schlechteste Ligasaison seit 23 Jahren gespielt. Bei einer ausgeglichenen Bilanz von elf Siegen, sieben Remis und acht Niederlagen stand am Ende Platz sieben. Dabei startete die erste Saison von Trainer Rudi Garcia (56) mit zwei Siegen und 9:0 Toren in den ersten beiden Spielen vielversprechend.
Dann gab es zehn Ligaspiele lang keinen einzigen Sieg. In der Ligue 1 steckte man fortan im Tabellenmitteld fest und blieb dort auch bis Saisonende. In den Pokalwettbewerben lief es besser: „OL“ kam im Coupe de France bis ins Viertelfinale, wo man gegen PSG verlor. Auch im Coupe de la Ligue war gegen Paris Endstation, allerdings erst im Elfmeterschießen des Endspiels. In der K.O.-Phase der Champions League schmiss Lyon als Außenseiter Juventus Turin und Manchester City raus und kam sensationell bis ins Halbfinale.
Gegen große Gegner sah Olympique häufig besser aus als gegen vermeintlich schwächere. Das starke Umschaltspiel brachte auch den Erfolg über Manchester City im Viertelfinale der Champions League. Rudi Garcia probierte seit Amtsbeginn im Sommer 2019 taktisch einige Formationen aus, zu Anfang ließ er im offensiven 4-3-3 spielen und stieg später auf ein Vierer- und dann auf ein flexibles Fünfermittelfeld um. Im 3-5-2 oder 3-1-4-2 mit defensiverem „Sechser“ steht Lyon im Spiel gegen den Ball recht tief, hat aber die Umschaltmomente fast perfektioniert. Das Team treibt den Ball mit viel Tempo nach vorne und profitiert von schnellen Offensivspielern.
Nach einer kurzen Sommerpause im Anschluss an das Champions-League-Turnier steigt auch Lyon nachträglich in die Saisonvorbereitung 2020/21 ein. Ein großes Ziel wird es sein, vor allem in der Liga konstanter aufzutreten und gegen vermeintlich schwächere und vor allem defensivere Teams zu bestehen.
Olympique Lyon hat sich bisher kaum verstärkt
Der Kader wurde bisher kaum verstärkt. Die einzige Verpflichtung, die als sofortige Hilfe gesehen werden kann, ist mit Karl Toko Ekambi (27) auch nicht wirklich ein Neuer. Der Mittelstürmer kommt aus Spanien vom FC Villarreal für elfeinhalb Millionen Euro, war aber schon in der Rückrunde der abgelaufenen Spielzeit ausgeliehen. Er wird nun fest verpflichtet. Der in Paris geborene Kameruner und Afrikacupsieger von 2017 war von Beginn an Stammspieler. In der Liga traf er in acht Spielen zweimal und legte ein Tor auf.
Für die Abwehr kommt Innenverteidiger Cenk Özkacar (19) aus der zweiten türkischen Liga von Altay SK. Der türkische U21-Nationalspieler kostet 1 1/2 Millionen Euro, er kann sowohl auf beiden Innenverteidigerpositionen, als auch auf der des linken Außenverteidigers spielen. Özkacar wird die Qualität nachgesagt, sich in Lyon durchzusetzen, seine Verpflichtung ist aber eher eine langfristige Investition. Er ist noch keine Soforthilfe, zumal er sich zunächst einmal an das deutlich höhere Niveau in der Ligue 1 gewöhnen muss.
Lyon hat noch weitere Talente verpflichtet, beziehungsweise an die erste Mannschaft gebunden. Torwart Boris Essele (20) kommt von Ligakonkurrent Amiens und wird gleich in die dritte Liga verliehen. Linksverteidiger Melvin Bard (19) und Rechtsaußen Yaya Soumaré (20) kommen aus der eigenen Jugend. Der französische U19-Nationalspieler Soumaré traf 2019/20 in 14 Viertligaspielen für Lyons zweite Mannschaft zweimal.
Namhafter sind bislang die Abgänge. Lucas Tousart (23) verlässt Lyon für eine Ablöse von 25 Millionen Euro nach Berlin zu Hertha BSC. Er ist der bislang schwerwiegendste Ausfall. Im Angriff verliert Lyon Martin Terrier (23) für zwölf Millionen Euro an Stade Rennes. Der Linksaußen kam häufig zum Einsatz, war mit nur einem Tor in 23 Ligaspielen aber nicht torgefährlich. Ein weiterer Abgang ist Mittelstürmer Amine Gouiri (20). Er wechselt für sieben Millionen Euro zum OGC Nizza, konnte sich in Lyon aber nicht durchsetzen. Gleiches gilt für Innenverteidiger Oumar Solet (20), für den RB Salzburg viereinhalb Millionen Euro zahlt.
Im Fokus: Houssem Aouar (22)
Lyon hat in der Offensive viele Talente, das vielversprechendste spielt im zentralen Mittelfeld. Houssem Aouar ist erst 22 Jahre alt und zieht im Mittelfeld die Fäden. Er ist sehr dynamisch, hat ein gutes Ballgefühl und ist schnell im Kopf. Letzteres ist für Lyons stilprägendes Umschaltspiel besonders wichtig.
Seine Fähigkeiten mit dem Ball machen ihn zu einem sehr spektakulären Spieler, der die Zuschauer begeistern kann. Wettbewerbsübergreifend hat er 19/20 neun Tore erzielt und zehn vorbereitet. Bleibt Aouar noch ein weiteres Jahr in Lyon, kann er die Mannschaft weiter voranbringen und selbst reifen, ehe er früher oder später bei einem internationalen Top-Club spielt.
Prognose
Moussa Dembélé (24), Memphis Depay (26), Maxwel Cornet (23) und eben Houssem Aouar. OL hat eine besonders starke und noch entwicklungsfähige Offensive. Das Tempospiel ist Lyons große Stärke. Es ist nicht eindimensional, sondern variantenreich. Wenn sich Lyon in der Defensive noch weiter verstärkt und Rudi Garcia es schafft, das Mittelfeld weiter zu stabilisieren, kann Olympique Lyon wieder die Champions League Plätze erreichen. Das größte Risiko scheint derzeit, dass die Leistungsträger noch abgeworben werden. Trotzdem sollte Lyon gewarnt sein, auch gegen vermeintlich schwächere Teams in der Ligue 1 Lösungen finden zu müssen.
HSC Montpellier (Letzte Saison: 8. Platz)
Zum Zeitpunkt des vorzeitigen Saisonabbruchs lag Montpellier HSC auf dem achten Rang in der Ligue 1 und verpasste damit das internationale Geschäft nur knapp. Mit 40 Punkten und einem Torverhältnis von 35:34 fehlten letztlich nur zwei Zähler – 42 Punkten hätten zur Qualifikation zur Europa League genügt. Allerdings war der Grund für diese Ausbeute schnell ersichtlich, denn 32 der 40 Zähler holten die Südfranzosen vor der eigenen Fans. Dass nur acht magere Punkte in der Fremde erzielt worden sind, macht das Verpassen der Europa League um so ärgerlicher.
Seit dem überraschenden Meistertitel aus dem Jahr 2012 konnte Montpellier nur noch selten konstant oben mitspielen – die Konsequenz war keine weitere Qualifikation zum internationalen Geschäft. Der MHSC landete meist im Mittelfeld des Tableaus und nahm zunehmend die Rolle der grauen Maus ein. Mit Trainer Michel Der Zakarian (57) soll dieser Status aber mehr und mehr abgetreten werden, die Tendenz zeigt sportlich durchaus nach oben. Doch klappt nun endlich auch die erhoffte Rückkehr nach Europa?
Montpellier HSC: Trotz weniger Transfers erfolgreich?
Wie viele andere Vereine zeigte sich auch Montpellier auf dem Transfermarkt noch eher zurückhaltend. Verpflichtet wurden bislang lediglich für sechs Millionen Euro Torhüter Jonas Omlin (26) vom FC Basel und für 6,3 Millionen Euro der 22-jährige Angreifer Stephy Mavididi von der zweiten Mannschaft Juventus Turins. Außerdem holte man von der eigenen Zweitvertretung Samy Benchama (20) und empfing die Leihgaben Mathías Suárez (24), Yanis Ammour (21), Killian Sanson (23), Bastian Badu (20) und Petar Skuletic (30) zurück.
Abgegeben wurden Bilal Boutobba (21) und leihweise Kylian Kaiboué (21). Darüber hinaus beendete Souleymane Camara (37) seine Karriere und Gerónimo Rulli (28) musste zu seinem Stammverein Real Sociedad zurück. Ablösen wurden aus diesen Geschäften nicht generiert, demnach steht Montpellier derzeit bei einem Transferminus von 12,3 Millionen Euro. Insgesamt sieht sich Montpellier mit diesem Kader dennoch weitestgehend gut aufgestellt, viele Veränderungen mit Blick auf der Vorsaison waren nicht nötig, um einen erneuten Angriff auf die internationalen Plätze zu starten.
Wohin geht die Reise mit Michel Der Zakarian?
Michel Der Zakarian ist seit Mai 2017 Trainer beim MHSC. Der 57-jährige Übungsleiter konnte die Südfranzosen in seiner ersten kompletten Spielzeit zumindest in die unmittelbare Nähe der internationalen Plätze bringen, ein sechster Rang stand am Ende zu Buche, der jedoch nicht für eine Qualifikation zur Europa League reichte. Und auch in dieser Saison blieb das erhoffte Abschneiden aus, obwohl wahrlich nicht viel fehlte. Somit steht Der Zakarian durchaus unter Druck, Montpellier sehnt sich schon ein Stück weit nach Europa.
Der in der damaligen UdSSR geborene Trainer lässt seine Mannschaft stets mit defensiver Dreier- oder Fünferkette agieren, was sich entweder in einem 3-4-1-2 oder in einem 5-3-2 zeigt. Das Spiel von Der Zakarian ist nicht auf Spektakel ausgelegt, vielmehr entscheiden meist nur Nuancen über Sieg oder Niederlage, die jeweiligen Torverhältnisse sind demnach in der Regel ausgeglichen. Die Spiele von Montpellier endeten in der vergangenen Saison ganze 20 mal Unentschieden oder mit nur einem Tor Unterschied, auch wenn Ausnahmen wie ein 3:0 Sieg gegen Straßburg oder eine 5:0 Niederlage gegen Rennes die Regel bestätigen.
Die Ergebnisse der vergangenen Saison sollten die Fans jedoch optimistisch stimmen, der Weg, den Montpellier mit Der Zakarian geht, ist durchaus der richtige. Sollte die kommende Spielzeit nun wie geplant gespielt werden, ist die Chance, dass der MHSC am Ende wieder im oberen Drittel steht, auf jeden Fall gegeben.
Im Fokus: Andy Delort
Der 28-jährige Mittelstürmer Andy Delort trägt nun seit zwei Jahren das Trikot der Südfranzosen. Zunächst konnte Delort als Leihgabe vom FC Toulouse in Montpellier auf Anhieb überzeugen und traf in 36 Spielen ganze 14 mal, zudem steuerte er sieben Torvorlagen hinzu. Daraufhin verpflichtete der MHSC seinen Mittelstürmer für neun Millionen Euro und sah sich in der Verpflichtung vollends bestätigt. In der verkürzten Spielzeit traf Delort neunmal in 26 Spielen Spielen, hinzu kommen drei Torvorlagen.
Der Algerier zeigte sich dementsprechend einmal mehr als Lebensversicherung für seinen Arbeitgeber, denn seine Treffer waren vor allem in der abgelaufenen Spielzeit von immenser Bedeutung. Delort traf in keinem Spiel doppelt, sondern in neun unterschiedlichen Partien. Außerdem waren sechs der neun Tore entscheidend im Ausgang und bescherten Montpellier somit wichtige Punkte.
Auch in der kommenden Saison ist einiges vom Goalgetter zu erwarten. Im Hinblick auf die gesteckten Ziele sollte besonders auf den Mittelstürmer geachtet werden, der nun schon seit mehreren Spielzeiten eindrucksvoll zeigte, dass er weiß wo das Tor steht und das er absolut spielentscheidend sein kann. Ein wichtiger Pluspunkt für den Montpellier HSC.
Prognose
Montpellier HSC hat in dieser Saison das Zeug dazu, den Sprung auf die internationalen Plätze zu schaffen. Mit einem abgeklärten Spiel und einem Mangel an Spektakel versucht man die Punkte zu holen, für die Tore soll Andy Delort sorgen. Klappt nun der erste Sprung nach Europa seit der Meistersaison 2012?
FC Metz (Letzte Saison: 15. Platz)
Der zweimalige französische Pokalsieger FC Metz hat eine schwierige Saison 2019/20 hinter sich. „Les Granats“ belegten am Saisonende den 15. Platz, hatten lange mit Abstiegssorgen zu kämpfen. Das lag unter anderem an der schwachen Offensive, denn nur zwei Klubs haben weniger Tore erzielte als der FC Metz. Als Aufsteiger stand am Ende der abgebrochenen Saison aber der Klassenerhalt und das war die wichtigste Nachricht für die Lothringer.
Seit Dezember 2018 wird die Mannschaft von Vincent Hognon (46) trainiert. Er baut auf ein 4-3-3-System, das eigentlich durchaus offensiv ausgerichtet ist. Dennoch fehlt abgesehen von Habib Diallo (25) ein zuverlässiger und treffsicherer Angreifer. Für die Saison 2020/21 muss das Ziel also lauten, weniger vom Toptorjäger abhängig zu sein und die Last im Offensivspiel auf mehrere Schultern zu verteilen.
FC Metz: Vieles lief gut auf dem Transfermarkt
Die notwendigen Vorkehrungen dafür wurden getroffen. Auf dem Transfermarkt zeichnete sich bisher ein überraschendes Bild ab. Denn allen coronabedingten Problemen zum Trotz wurden einige Deals festgezurrt. Natürlich verließen auch Spieler den Klub, aber es sind eher die Neuzugänge, die auffallen. Kevin N’Doram (24, Monaco), Thierry Ambrose (23, Manchester City) und Vincent Pajot (29, Angers) wurden nach vorheriger Leihe fest verpflichtet. Drei wichtige Spieler konnten also gehalten werden.
Überdies wurden einige Akteure aus der zweiten Mannschaft hochgezogen. Mit Rechtsaußen Vagner (24) kam zudem ein Spieler, der in der Offensive für mehr Wirbel sorgen und Diallo unterstützen soll. Marc-Auréle Caillard (26) verstärkt das Torhüterteam, Warren Tchimbembe (22, Troyes) soll im Mittelfeld den Konkurrenzkampf verstärken. Und hier sind wir bereits beim zentralen Punkt. Der Kader des FC Metz ist zum aktuellen Zeitpunkt sehr groß und umfasst 32 Spieler.
Ein gesunder Konkurrenzkampf und viele Optionen in der Breite sind generell äußerst positiv zu bewerten. Doch in diesem Fall sind es zu viele Spieler, die unter Vertrag stehen. Es wird automatisch unzufriedene Spieler geben, deswegen muss der Kader noch ausgedünnt werden. Die ersten wichtigen Schritte zur Optimierung der Personalsituation konnten aber bereits gegangen werden.
Talententwicklung und Punkte gegen den Abstieg
Das Durchschnittsalter im Kader ist mit 24,9 Jahren auch verhältnismäßig gering. Viele junge Talente stehen zur Verfügung, diese benötigen natürlich auch Spielpraxis. Für Trainer Hognon ist es eine zentrale Aufgabe, diese Spieler zu fordern und fördern, gleichzeitig muss er aber auch den Spagat zwischen der Talententwicklung und dem Einfahren der nötigen Punkte schaffen. Die jungen Spieler sind unkonstanter, machen möglicherweise unter Druck mehr Fehler. Das muss einkalkuliert werden und kann im Abstiegskampf ausschlaggebend sein.
Wenn der Kader noch verkleinert werden muss und es sehr viele junge Talente gibt, die Spielpraxis benötigen, würden sich natürlich einige Leihgeschäfte anbieten. Möglicherweise werden dadurch sogar noch Ressourcen frei, um den Kader auch in der Spitze zu verstärken. Beim Blick auf den Kader fällt auf, dass die Mischung schon auf mehreren Positionen stimmt, wenn man die Überfüllung ausblendet.
Mit Dylan Bronn (25) und Mamadou Fofana (22) steht dem FC Metz ein gutes Innenverteidiger-Duo zur Verfügung, Fabien Centonze (24) ist zudem ein sehr gut ausbalancierter Rechtsverteidiger. Die positiven Eindrücke setzen sich zum Teil auch im Mittelfeld fort, wenngleich hier ein dominanter Spielgestalter fehlt. N’Doram, Habib Maiga (24), Victorien Angban (23) & Co. sind dynamische Akteure, aber keine Spielmacher. Ein Aufbauspieler aus dem Mittelfeldzentrum, der aus der Tiefe Angriffe initiiert, fehlt. Die physische und läuferische Komponente ist allerdings ausreichend abgedeckt.
Im Offensivbereich konzentrierte sich in der Vorsaison wie erwähnt fast alles auf Habib Diallo, der zwölf Ligatore erzielte. Damit gingen fast die Hälfte der Treffer des Klubs auf sein Konto. Zweitbester Schütze war Flügelspieler Opa Nguette (26), der fünfmal traf. Eine Mannschaft auf diesem Niveau ist häufig leichter auszurechnen, wenn sie nur über einen klassischen Torjäger verfügt. Die Hoffnungen ruhen jetzt auf Neuzugang Vagner, der auf der rechten Seite für mehr Schwung sorgen soll. Sind alle drei Offensivspieler gefährlich, muss die gegnerische Defensive umso aufmerksamer sein. Letzte Saison war eben jener Vagner in die Ligue 2 verliehen und war in Nancy in 18 Spielen an elf Toren direkt beteiligt.
Im Fokus: Habib Diallo
Ja, der FC Metz verfügt über viele junge Talente und es gibt viele Medien, die nur darauf warten, dass der noch vor wenigen Jahren hochgelobte Vincent Thill (20) endlich seinen Durchbruch schafft, im Fokus steht aber wieder Habib Diallo. Der Torjäger ist zugleich Lebensversicherung des FC Metz. Seine zwölf Tore und drei Vorlagen aus der Vorsaison waren ein maßgeblicher Indikator für den Klassenerhalt.
Der 1,86 m große Senegalese ist der Prototyp eines Stürmers, der mit einem umfangreichen Qualitätsspektrum versehen ist. Diallo ist physisch stark, antrittsschnell, dynamisch und verfügt über einen guten Abschluss. Ihn kann man im Konterspiel einsetzen, aber auch aus dem geordneten Spiel heraus einbinden. Kurzum: Er wird wieder einmal der Schlüssel zum Erfolg für den FC Metz sein.
Prognose
Der FC Metz verfügt über den ein oder anderen spannenden Spieler. Trotzdem müssen noch einige Baustellen im Kader behoben werden, vor allem muss er verkleinert werden. Gelingt das und schafft man, weniger abhängig von Habib Diallo zu sein, gelingt der Klassenerhalt erneut.
Stade Reims (Letzte Saison: 6. Platz)
Im zweiten Jahr nach der Rückkehr ins französische Fußball-Oberhaus knüpfte Stade Reims an die erfolgreichen Zeiten früherer Jahre an. Aufstiegstrainer David Guion (52) führte den Traditionsverein auf Platz sechs und damit erstmals seit 1963 zurück ins europäische Geschäft.
Ausschlaggebend für den Erfolg: Die Defensive, welche mit 21 Gegentreffern die wenigsten Tore der Ligue 1 kassierte und unter anderem bei den Auswärtssiegen gegen Olympique Marseille und Paris Saint-Germaine (jeweils 2:0) die gegnerischen Angriffsreihen zur Verzweiflung trieb. Die französische Liga wurde aufgrund der Coronavirus-Pandemie zwar nach 28 Spielen abgebrochen, doch bei 0,75 Gegentoren pro Spiel hatten in den fünf europäischen Top-Ligen 2019/2020 einzig Real Madrid und Atlético eine besseren Quotienten vorzuweisen. Auch in der kommenden Saison soll die Abwehr die Basis bilden.
Stade Reims: Berisha der Transfercoup
„Nur“ Platz sechs trotzt der rekordverdächtigten Defensive lassen vermuten, wo bei Stade Reims der Schuh drückt: Der Angriff erzielte lediglich 26 Tore, die zweitschlechteste Ausbeute der Ligue 1. Folglich lag der Fokus im Transfersommer insbesondere auf der Offensive.
Mit Valon Berisha (27, 4 Millionen Euro, Lazio Rom) hofft der Klub aus der Champagne, nicht nur einen wahren Coup gelandet zu haben, sondern zugleich das Problemkind in den Griff zu bekommen. In Berishas Schatten soll zudem Fraser Hornby (20) herangeführt werden. Der Schotte kam für zwei Millionen Euro von der Reserve des FC Everton. Anastasios Donis (23) wurde nach seiner torlosen Leihe vom VfB Stuttgart für vier Millionen Euro fest verpflichtet, die Franzosen antizipieren einen Durchbruch. Weitere Transfers in der Offensive könnten folgen, speziell weil das Interesse am Toptorjäger der vergangenen Runde, Boulaye Dia (23), nicht nachzulassen scheint. Der 23-Jährige erzielte 2019/2020 sieben Saisontore und könnte mit etwas mehr Ruhe vor dem Tor durchstarten. Dia steht bei zahlreichen Klubs aus Frankreich und aus England auf dem Zettel.
In der vielumjubelten Hintermannschaft musste Stade Reims im Sommer einen gewaltigen Rückschlag hinnehmen. Senkrechtstarter und Innenverteidiger Axel Disasi (22) wechselte für die klubinterne Rekordablösesumme von 13 Millionen Euro zur AS Monaco. Er soll durch Leih-Rückkehrer Wout Faes (22, KV Oostende) ersetzt werden. Linksverteidiger Hassane Kamara (26) zog es für 4 Millionen Euro zur OGC Nizza. Der Vertrag von Kapitän Alaixys Romao, auch mit 36 Jahren vergangene Saison eine Konstante im defensiven Mittelfeld, wurde nicht verlängert.
Stade Reims: Defensive als Prunkstück
Das Prunkstück der Les Rouges et Blancs wird auch 2020/2021 die Defensive sein. Das liegt am Serben Predrag Rajkovic (24), der nach seiner Ankunft von Maccabi Tel Aviv im Sommer 2019 auf Anhieb zu einem der besten Torhüter Frankreichs avancierte und vor allem an Yunis Abdelhamid (32). Der Abwehrchef und Vize-Kapitän hat seit Januar 2018 – damals noch in Ligue 2 – keine einzige Minute verpasst und hält den Laden hinten zusammen. Disasi-Nachfolger Faes dürfte von der Erfahrung des marokkanischen Ruhepols profitieren. In der Vorbereitung deutete das Duo eine gute Harmonie an.
Ist der Ball erstmal erobert, wird im 4-2-3-1-System von Trainer Guion zunächst geduldig aufgebaut, ehe es im letzten Drittel schnell und direkt wird. Hier kommt Berisha ins Spiel, der auf der Zehn als kreatives Bindeglied fungieren soll. Mit Moreto Cassama (22) und Xavier Chavalerin (27) hat er jeweils vielversprechenden sowie einen hochzuverlässigen Mittelfeldpartner im Rücken. Im Angriff stehen dem Kosovaren mit Landsmann eine Vielzahl an spannenden, schnellen und hochtalentierten Anspielstationen zur Verfügung: Landsmann und Flügelspieler Arber Zeneli (25), Kaj Sierhuis (22) und Mathieu Cafaro (23) wollen nach Verletzungen durchstarten. Die Top-Talente El Bilal Touré (18), Nathanaël Mbuku (18) und – sofern er bleibt – der begehrte Dia möchten den nächsten Schritt machen.
Im Fokus: Valon Berisha
Ob die Offensive zusammenwächst, könnte wie bereits angedeutet, alleine von Berisha abhängen. Es ist ein großes Fragezeichen, welches Stade Reims in der Saison 2020/2021 begleitet. Das Talent des 27-Jährigen ist unbestritten, konstant einsetzen konnte er es nach seinem Wechsel von RB Salzburg zu Lazio Rom 2018 allerdings kaum.
Verletzungen, Fitnessprobleme und Formschwankungen warfen den gebürtigen Schweden immer wieder zurück, sodass er bei den Italienern kaum zum Zug kam. Auch während seiner Leihe bei Fortuna Düsseldorf vergangene Rückrunde blieb es lediglich bei guten Ansätzen.
Bei Stade Reims wird Berisha nun von Anfang das Vertrauen geschenkt und spielstarke, wenngleich unerfahrene, Optionen an die Seite gestellt. Erfüllt nur ein Teil der Talente in der kommenden Saison ihr Potential und bleibt Berisha fit, könnte er nicht nur die komplette Offensive sondern zugleich seine eigene Karriere revitalisieren. Die positiven Eindrücke in der Vorbereitung waren ein Anfang.
Prognose
Die Defensive sollte trotz des Abgangs von Disasi das Prunkstück bleiben. Wenngleich die Offensive von Fragezeichen umgeben ist, dürfte sich das Problemkind alleine wegen Berishas Ankunft, der Entwicklung der vielen interessanten Talente und der Rückkehr der Langzeitverletzten ebenfalls in die richtige Richtung bewegen. Stade Reims sollte sich zumindest in der oberen Tabellenhälfte halten und erneut auf die europäischen Plätze schielen. Alleine die Europa League und die einhergehende zusätzliche Belastung lassen daran Zweifel aufkommen.
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(Photo by FRANCK FIFE/AFP via Getty Images)