Final Whistle: Warum die VAR-Panne gegen Liverpool verheerende Folgen hat

Ein bekanntes Bild aus der Premier League: Eine Szene wird durch den VAR überprüft.
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Der 7. Spieltag der Premier League wurde von einer VAR-Panne überschattet. In seiner Kolumne „Final Whistle“ erklärt Chris McCarthy, warum diese so verheerende Folgen hat. 

Die VAR-Panne von Tottenham gegen Liverpool

Am Samstagabend war es mal wieder soweit. Die Schiedsrichter-Organisation PGMOL (Professional Game Match Officials Limited), die in England für die Spielleitung im Profifußball verantwortlich ist, sah sich gezwungen, ein Statement zu veröffentlichen.



„Die PGMOL räumt ein, dass es während der ersten Spielhälfte der Partie Tottenham gegen Liverpool einen signifikanten menschlichen Fehler gegeben hat“, hieß es darin. Das Tor von Luis Diaz, es wäre das 1:0 für die Reds gewesen, wurde fälschlicherweise wegen Abseits aberkannt. „Das war ein klarer und faktischer Fehler. Der VAR aber verpasste es, einzugreifen.“

Es war nicht das erste Mal, dass PGMOL, ein Vertreter oder ein Schiedsrichter seit der Einführung des Video-Assistent-Referee 2019 einen Fehler einräumen musste. Daran haben wir uns gewöhnt. Dieser aber war anders. Und: er hat verheerende Folgen.

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An zwei Elementen des VAR gab es bislang nichts zu rütteln

Zugegeben, das technische Hilfsmittel war auch in der Premier League seit Tag eins umstritten. Zu schwammig waren die Hintergründe einer Entscheidung, zu langsam der Prozess dahinter. Kurz gesagt: Der Faktor „Mensch“ spielt weiterhin eine tragende Rolle. Und der macht nunmal Fehler.

Das beginnt beim Impuls des VAR-Verantwortlichen, den Schiedsrichter überhaupt zu Rate zu ziehen, selbst wenn es sich nicht unbedingt um eine „klare Fehlentscheidung“ handelt, wie eigentlich vorgesehen. Und es endet bei der subjektiven Auslegung der ohnehin undurchsichtigen Handspielregel. Solche strittige Entscheidungen gab es aber schon vor dem VAR. Und die wird es auch immer geben. Das ist nicht zu verhindern.

Aber, an zwei Elementen des VAR gab es bislang nichts zu rütteln: Die Torlinientechnik und die „klassischen“ unkomplizierten Abseitsentscheidungen. Der Chip im Ball, die präzisen Linien auf dem Bildschirm: hier gab es keinen Interpretationsspielraum. Nur harte Fakten, ermittelt durch eine zuverlässig Technik. Darauf konnten wir uns alle verlassen. So dachten wir.

Zu früh gefreut: Luiz Diaz setzt zum Jubel, wird aber zurückgepfiffen. Fehlentscheidung, auch wenn der VAR nicht eingriff.

(Photo by Ryan Pierse/Getty Images)

Final Whistle: „Menschliche Inkompetenz hat verheerende Folgen für den VAR“

Am Samstag änderte sich das. Da entschied der Linienrichter beim Treffer von Luis Diaz fälschlicherweise auf Abseits. Das kann bei dem Tempo durchaus passieren. Was die VAR-Verantwortlichen im Anschluss fabrizierten, allerdings nicht.

Der VAR-Schiedsrichter Darren England packte jedenfalls sofort sein Geodreieck aus und erkannte direkt, dass der Kolumbianer keineswegs im Abseits stand. Gut gemacht! Dann funkte er Schiedsrichter Simon Hooper an und sagte „Check complete“ – die Bestätigung, dass die Entscheidung auf dem Platz korrekt ist. Nicht so gut! Denn diese lautete nunmal Abseits.

Und das war England übereinstimmenden Medienberichten zufolge entgangen! Obwohl der Linienrichter die Fahne hob, Diaz seinen Jubel abbrach und der Ball bereits zum Freistoß positioniert wurde. Menschlich? Vielleicht.

Dass England aber zu faul war, sein Statement um zwei mickrige Worte, wie etwa „goal stands“, zu ergänzen, oder der zweite professionelle (!) Schiedsrichter neben ihm, Daniel Cook, zu keinem Moment einschritt, ist an Inkompetenz und Fahrlässigkeit nicht zu überbieten. Beide wurden vorübergehend aus dem Verkehr gezogen. Doch der Schaden ist irreparabel.

Für den FC Liverpool, der in Unterzahl in Führung gegangen wäre und am Ende zu neunt mit 1:2 verlor. Für den Wettbewerb in der Premier League, denn anders als vor dem VAR wird sich solch ein signifikanter und außergewöhnlicher Fehler nicht einfach wieder „ausgleichen“. Und vor allem für die Zukunft des VAR!

Am Samstag hat sich nämlich eines in die Köpfe von Trainern, Spielern und Fans eingebrannt: Selbst einer der vermeintlich zuverlässigen Säulen des technischen Hilfsmittels kann man nicht trauen, solange die Menschen, die es bedienen, nicht zuverlässig sind.

Von Chris McCarthy

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.

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