Premier League | Wer muss zittern? Eine Übersicht zum Abstiegskampf
1. Februar 2022 | Trending | BY Lukas Heigl
Spotlight | Das Transferfenster ist geschlossen, die Kader für die nächsten Monate stehen. Am kommenden Wochenende, wenn die Premier League eigentlich eine FA-Cup-Pause einlegt, treffen im Nachholspiel des 17. Spieltags der Burnley FC und der Watford FC aufeinander. Ein absolutes Endspiel im Kampf gegen den Abstieg. Im Zuge dessen wollen wir einmal auf die Ausgangsposition im Abstiegskampf blicken und die Wahrscheinlichkeit auf den Klassenerhalt einschätzen.
Die Ausgangslage im Abstiegskampf der Premier League
Da in den letzten Wochen die Teams im Tabellenkeller regelmäßig punkten konnten, gibt es inzwischen wieder deutlich mehr Mannschaften, die sich mit dem Thema Klassenerhalt beschäftigen müssen. Wir haben die Linie bei Platz zwölf gezogen:
Wenig gefährdet
Southampton FC
Die Saints hatten einen schweren Saisonstart, der vor allem den Abgängen dreier Leistungsträger geschuldet war. Inzwischen haben sich die Nachfolger jedoch akklimatisiert, allen voran Tino Livramento (19) und der geliehene Armando Broja (20), den Southampton nun fest verpflichten möchte. Auch Spieler, die schon länger dabei sind, wie Innenverteidiger Mohammed Salisu (22) machten den nächsten Schritt. In den letzten sieben Spielen sammelte Southampton neun Punkte, geht die Entwicklung normal weiter, wird man mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Gefahr eines Abstiegs: 10%
Crystal Palace
Die Eagles haben im Sommer einen radikalen Umbruch vollzogen. Neu sind unter anderem Trainer Patrick Viera (45), beide Stamminnenverteidiger sowie zwei Stammspieler im Mittelfeld, Conor Gallagher (21) und Will Hughes (26). Dazu wurde der Spielstil umgestellt, man agiert deutlich offensiver. Auch die Londoner brauchten einige Zeit, um sich in der Saison zurechtzufinden, inzwischen klickt es bei den Eagles. Da der Kader auch breit genug ist, um Ausfälle wie zuletzt den von Superstar Wilfried Zaha (29) kompensieren zu können, dürfte der Klassenerhalt die logische Folge sein. Gefahr eines Abstiegs: 5%
Leeds United
Die Whites haben in dieser Saison ein ganz großes Problem: Verletzungen. Die Feldspieler der nominellen Stammelf fehlten im Schnitt fast acht Spiele. Auch die Reservespieler fielen regelmäßig aus, sodass teilweise ausschließlich Nachwuchsspieler auf der Bank saßen. Besonders betroffen sind Stratege und Kapitän Kalvin Phillips (25) sowie Mittelstürmer Patrick Bamford (28). Bamford, der letzte Saison noch an 25 Treffern direkt beteiligt war (17 Tore, acht Vorlagen), stand in dieser Saison gar erst sechsmal auf dem Platz. Sollte sich das Verletzungspech im Rest der Saison legen, wird Leeds in der Tabelle klettern und nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Gefahr eines Abstiegs: 10%
Mehr gefährdet
Brentford FC
Die Bees spielten zu Saisonbeginn mit der von Aufsteigern bekannten Euphorie und holten überraschend viele Punkte. In den letzten Wochen ging es ergebnistechnisch deutlich nach unten. Spielerisch kann die Mannschaft von Trainer Thomas Frank (48) mit den meisten Gegnern zwar weiterhin mithalten, man kassiert jedoch zu viele Gegentore. In den letzten sieben Spielen, aus denen man nur drei Punkte holen konnte, waren es 16 Gegentreffer. Zum Vergleich: In den ersten 16 Partien kassierte Brentford 22 Tore. Der Hauptgrund hierfür ist, dass sich der zu Saisonstart überragende Keeper David Raya (26) nach neun Spieltagen am Knie verletzte und seither ausfällt. Da der Spanier bald zurückerwartet wird, dürfte sich die Mannschaft insgesamt wieder stabilisieren. Aufpassen muss man aber trotzdem. Spannend zu sehen wird auch sein, wie Christian Eriksen (29) sich in die Mannschaft einfügen wird. Gefahr eines Abstiegs: 30%
Everton FC
Die Toffees spielen eine gruselige Saison und laufen ihren Ansprüchen meilenweit hinterher. Im vergangenen Sommer waren dem Verein aufgrund des englischen FFP finanziell die Hände gebunden, daher konnte der inzwischen Ex-Trainer Rafael Benitez (61) den Kader nicht nach seinen Wünschen umbauen. Nach einem starken Saisonstart und Platz fünf nach sieben Spielen gewann Everton aus den letzten 14 Spielen nur ein einziges, holte dabei sechs Punkte. Grund hierfür waren vor allem Verletzungen wie die von Abwehrchef Yerry Mina (27) und Stürmer Dominic Calvert-Lewin (24). Mitte Januar wurde das Missverständnis Benitez beendet, Frank Lampard (43) übernimmt ab sofort. Da die verletzten Schlüsselspieler in den letzten Wochen nach und nach zurückkehrten und Everton auf dem Transfermarkt nochmals nachgelegt hat, unter anderem mit Donny van de Beek (24) und Dele Alli (25), sollte es für die Toffees in Sachen Punkteausbeute nun wieder etwas bergauf gehen. Gefahr eines Abstiegs: 20%
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Stark gefährdet
Norwich City
Die Canaries sind angekommen in der Premier League. Nachdem man vor drei Jahren vollkommen überraschend aufgestiegen und aufgrund der fehlenden Finanzkraft abgeschlagen direkt wieder abgestiegen war, hat man im vergangenen Sommer zum dritten Mal in Folge die Ligazugehörigkeit gewechselt. Und dieses Mal konnte man auch endlich Geld investieren. Die Mannschaft sieht inzwischen personell tatsächlich wie eine Premier-League-Truppe aus. Seit dem Trainerwechsel vom doppelten Aufstiegshelden Daniel Farke (45) hin zu Dean Smith (50) Mitte November zeigt man dies auch regelmäßig. Unter dem Engländer konnte die Mannschaft von elf Spielen immerhin drei gewinnen, zuletzt sogar zwei in Folge.
Vor allem gegen die direkte Konkurrenz holt Norwich seine Punkte, Everton (2:1) und Watford (3:0) wurden geschlagen, gegen Newcastle (1:1) gab es einen Punkt. Da es auch etliche Talente wie den ehemaligen Bremer Josh Sargent (21), der gegen Watford doppelt traf, im Team gibt, die sich noch weiter verbessern dürften, sollte der Trend nach oben zeigen. Die Chance auf den Klassenerhalt ist daher durchaus gegeben und deutlich höher als vor der Saison gedacht. Gefahr eines Abstiegs: 55%
Watford FC
Die Hornets sind ein ganz spezieller Verein. Die Eigentümer-Familie Pozzo, der auch der italienische Verein Udinese Calcio gehört, hat eine ganz eigene Art, die Geschäfte abzuwickeln. Dazu gehört unter anderem ein sehr großer Durchlauf an Spielern und Trainern. Zeit bekommt niemand, die Pozzos nutzen lieber den kurzfristigen Effekt, den neue Trainer oftmals haben, als etwas langfristig aufbauen zu lassen. Die letzten Jahre geben ihnen insofern recht, als dass die Londoner als eigentlich klassischer Zweitligist seit der Übernahme vor zehn Jahren öfter in der Premier League als in der Championship unterwegs waren.
Auch in dieser Saison hat es bereits zwei Trainer erwischt, Aufstiegstrainer Xisco Munoz (41) musste nach sieben Spielen und einer soliden Punkteausbeute von einem Punkt pro Spiel gehen, sein Nachfolger Claudio Ranieri (70) wurde Anfag letzter Woche nach nur einem Punkt aus den letzten acht Spielen entlassen. Für den Italiener übernahm Roy Hodgson (74). Sportlich hat im Kader kaum jemand Premier-League-Format. Ob die ständigen Trainerwechsel sowie die erneut zahlreichen Wintertransfers – man verpflichtete im Januar sechs Spieler aus verschiedensten Ligen für insgesamt 25 Millionen Euro – am Ende reichen, den Abstieg zu verhindern, ist möglich, aber eher unwahrscheinlich. Gefahr eines Abstiegs: 60%
Newcastle United
Die Magpies, seit dem Einstieg einer Investorengruppe unter der Führung der saudi-arabischen Königsfamilie der Verein mit den reichsten Besitzern in ganz Europa, spielt eine grausam schlechte Saison. Ohne die Übernahme der Mehrheitsanteile von Vorbesitzer Mike Ashley (57) wäre Newcastle mit ganz großer Sicherheit abgestiegen. Nun ist die Hoffnung auf den Klassenerhalt jedoch wieder da. Die erste Veränderung nach dem Besitzerwechsel fand auf der Trainerposition statt. Der bei den Fans nicht gerade beliebte Steve Bruce (61), der jedoch aus dem schwachen Kader noch viel herausholte, musste gehen. Ihn ersetzte Anfang November Eddie Howe (41).
Im Winter wurden zudem eine Vielzahl von Neuzugängen verpflichtet. Rechtsverteidiger Kieran Trippier (31) kam von Atletico Madrid, Stürmer Chris Wood (30) wurde per Ausstiegsklausel aus Burnley losgeeist. Mittelfeldmann Bruno Guimaraes (24) ist sicherlich der größte Name, der Brasilianer war in Lyon Stammspieler und ist brasilianischer Nationalspieler. Linksverteidiger Matt Targett (26) kam leihweise von Aston Villa. Dan Burns (29) Verpflichtung hingegen wirkte etwas planlos, der Engländer war in Brighton lediglich Innenverteidiger Nummer 5. Burn kommt jedoch aus dem Großraum Newcastle, ist Fan des Vereins und kann somit als Wohlfühl-Transfer eingestuft werden. Vor allem Guimaraes dürfte eine derart große Verstärkung darstellen, dass die Chancen auf den Klassenerhalt nun deutlich gestiegen sind. Gefahr eines Abstiegs: 45%
Burnley FC
In dieser Saison könnte es nach fünf Jahren erfolgreichem Kampf gegen den Abstieg tatsächlich einmal wieder in die Championship gehen für die Clarets. Die Mannschaft aus dem Nordwesten Englands ist der letzte echt-britische Verein im englischen Oberhaus. Die Spielweise der Mannschaft von Sean Dyche (50) könnte englischer nicht sein. Das Problem ist, dass in den letzten Jahren sukzessive derart viel Qualität weggekauft wurde, ohne diese zu ersetzen, dass man inzwischen qualitativ wohl den schwächsten Kader der Liga hat. Dazu hat sich Dyche in dieser Saison auf das Experiment eingelassen, etwas mehr Fußball spielen und weniger arbeiten zu wollen, was bisher überhaupt nicht funktioniert.
Neuzugang Maxwel Cornet (25) ist zwar gut eingeschlagen, der Kern der Mannschaft ist für eine kreativere Spielweise aber einfach nicht gemacht. Bereits letzte Saison musste nach einem grauenhaften Start ein starker Lauf zwischen Mitte Dezember und Ende Januar her, um die Klasse zu halten. Ein solcher Lauf blieb diese Saison bisher aus. Nötig wird er aufgrund von vier Punkten Rückstand auf das rettende Ufer werden. Mithelfen soll Wout Weghorst (29), der aus Wolfsburg kam und Wood ersetzt. Was für sie spricht ist, dass die Clarets aufgrund von Spielverlegungen noch einige Nachholspiele haben. Aktuell hat man bis zu vier Spiele weniger als die Konkurrenz gespielt. Gefahr eines Abstiegs: 65%
(Photo by Stu Forster/Getty Images)
Lukas Heigl
Liebhaber des britischen Fußballs: Von Brighton über Reading und Wimbledon bis nach Inverness. Ist mehr für Spiele der dritten englischen Liga als für den Classico zu begeistern. Durch das Kommentatoren-Duo Galler/Menuge auch am französischen Fußball interessiert