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Premier League: „Big“ Arsenal, Liverpools Konstante und Citys irre Rot-Statistik

7. November 2022 | Spotlight | BY Chris McCarthy

Premier League: Der FC Arsenal ist wieder „big“. Was das bedeutet, wer Liverpools Konstante in einer unkonstanten Saison ist und die Hintergründe für Manchester Citys irre Rot-Statistik – in den fünf Awards zum Spieltag. 

„Big again“ – Award: Arsenal

In den letzten sechs Jahren wurde der große  FC Arsenal plötzlich ganz klein. Die Champions-League-Hymne verstummte im Emirates Stadium, die Europa League wurde zum Alltag und der Absturz aus der englischen Elite harte Realität. Besonders ersichtlich wurde das in den Duellen mit den großen Teams, den sogenannten Big Six, in denen die Gunners Packung um Packung kassierten.



Unter Mikel Arteta begann zwar die mühsame Rückkehr zu alter Stärke, doch selbst nach dem hervorragenden Saisonstart 2022/2023 blieben Zweifel. Zweifel daran, ob Arsenal es schon mit den Großen aufnehmen kann. Erst recht, weil das erste Spiel gegen ein solches Kaliber zur ersten Saisonniederlage führte – ein 1:3 gegen Manchester United. Rückblickend war diese (vermeidbare) Pleite ein Ausrutscher, denn das Narrativ von den Ladehemmungen in den Topspielen gehört allmählich in die Tonne.

Am Sonntag schlug Arsenal den FC Chelsea hoch verdient mit 1:0. Nach den Siegen gegen Tottenham und Liverpool war dies bereits der dritte Sieg in Folge gegen ein Team der Big Six. Das gelang laut Statistikdienst Opta zuletzt zwischen Februar und April 2012. Die Serie ist kein Zufall. Das zeigte der Auftritt gegen die Blues. Arsenal kam als Favorit an die Stamford Bridge und spielte wie einer auf: die jungen Gunners hatten in allen Phasen des Spiels die Kontrolle (56 Prozent Ballbesitz). Sie hatten die Geduld, an einem glücklosen Tag in der Offensive (14:5 Schüsse) nicht zu überpacen sondern auf das 1:0 zu warten (Gabriel, 63.). Und sie hatten die Ruhe, am Ende die enge Führung cool herunterzuspielen.

Nach 15 Spieltagen ist Arsenal Tabellenführer. Das mag aufgrund der Qualität, Mittel und Erfahrung Manchester Citys zwar nicht halten. Aber eines steht für die Gunners schon jetzt fest: Sie können es nicht nur gegen die Großen. Sie sind wieder einer der Großen.

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„Die Konstante“ – Award: Mohamed Salah

Nach zwei Niederlagen in Serie konnte der FC Liverpool am Sonntag wieder durchatmen. Auswärts gegen die Tottenham Hotspur feierten die Reds einen hart erkämpften aber letztendlich verdienten 2:1-Sieg. Der erste Auswärtsdreier 2022/2023. Das unterstreicht schon ganz gut, was für eine Achterbahnfahrt die Saison für Jürgen Klopps Mannschaft geworden ist. Dass sie sich nun wieder auf einem Hoch befinden, hatten sie am Sonntag allen voran Mohamed Salah zu verdanken.

Der Ägypter war nicht nur ständiger Aktiv- und Kreativposten sondern auch zweifacher Vollstrecker. Beide Treffer waren hoch anspruchsvoll und doch so verschieden. Beim 1:0 nahm Salah einen Pass von Darwin Nunez im Sechzehner butterweich an und schoss flach und überlegt ins untere Eck. Das 2:0 war dank der missglückten Kopfballrückgabe von Eric Dier zwar ein Gastgeschenk, die Art und Weise wie der 30-jährige Linksfuß jedoch gedankenschnell reagierte, den Ball annahm, mit dem Knie vorantrieb und letztendlich einlupfte, aus dem allerhöchsten Regal.

In einer Saison, in der der FC Liverpool noch keine drei Siege in Folge eintüten konnte und selbst auf Leistungsträger (Trent Alexander-Arnold oder Virgil van Dijk) kein Verlass ist, ist Mo Salah die Konstante: In 20 Pflichtspielen 2022/2023 war er an 19 Toren (14 Treffer, fünf Vorlagen) direkt beteiligt. „Selbst während seines langsamen Starts war Mo europaweit an den meisten Chancen beteiligt, aber er oder wir konnten sie nicht verarbeiten. Das kann passieren“, sagte Klopp nach dem Spiel, ehe festhielt, dass Salah als einer der besten Stürmer aller Zeiten in die Geschichte gehen würde. Sein Zutun mag diese Saison zwar nicht zu einem Meistertitel führen, aber für eine strauchelnde Mannschaft womöglich genug sein, um die sieben Zähler Rückstand auf die Top-Four aufzuholen.

Mo Salah feiert sein 1:0 für den FC Liverpool beim 2:0-Sieg über Tottenham in der Premier League

(Photo by IAN KINGTON/AFP via Getty Images)

„Good ebening“ – Award: Unai Emery

Traumeinstand für Unai Emery als Trainer von Aston Villa! In seinem ersten Spiel an der Seitenlinie der Villains sah der Spanier mit an, wie seine Mannschaft gegen Manchester United bereits nach elf Minuten mit 2:0 in Führung ging. Der Schwung des Trainerwechsels? Möglich. Aber im Anschluss waren eindeutig die Intensität, Kompaktheit und Organisation zu erkennen, die sein Villarreal insbesondere beim Europa-League-Sieg 2021/2022 zu so einem unbequemen Gegner machte und die Red Devils nicht in die Partie ließen. Aston Villa gewann verdient mit 3:1.

„Ich bin so glücklich“, sagte der ehemalige Trainer des FC Arsenal nach dem Spiel zur BBC. „Wir haben Spieler mit Energie, technischen Fähigkeiten und wir wollten diszipliniert sein. Und ich glaube zusammen mit unserem Matchplan haben es die Spieler geschafft. Es war ein besonderer Tag.“

Auch bei den Gunners, die Emery zwischen 2018 und 2019 trainierte, waren diese Elemente zu Beginn immer wieder zu erkennen. Was fehlte, war die Weiterentwicklung. Zum einen, weil die Londoner in dieser Phase einem Scherbenhaufen glichen und zum anderen weil die Aufgabe für viele Kritiker – wie bei Paris Saint-Germain – vielleicht eine Nummer zu groß war.

Wie schon bei Sevilla oder Villarreal sind Mittel und Ambitionen bei Aston Villa bescheidener. Vielleicht der richtige Ort für den 51-Jährigen sich zu entfalten und eine Mannschaft wieder über sich hinauswachsen zu lassen. Dann könnte das „good ebening“ (good evening/guten Abend; r.Red.), für das der Spanier mal liebevoll mal weniger liebevoll aufgrund seines Akzents geneckt wurde, tatsächlich mit einem Aufbruch und nicht mit einem glanzlosen Abschied assoziiert werden.

Premier League: Unai Emery gibt bei seinem Einstand den Spielern von Aston Villa Anweisungen

(Photo by GEOFF CADDICK/AFP via Getty Images)

„Rotsünder“ – Award: Manchester-City-Spieler, die im Mai 1994 geboren sind

Was nach der Anfangsviertelstunde wie ein gemütlicher Nachmittag gegen einen Aufsteiger aussah, wurde für Manchester City am Samstag gegen Fulham bald zu einer Geduldsprobe. Beim Stand von 1:0 rang Citys Joao Cancelo tollpatschig Harry Wilson im Strafraum nieder: Rot, Elfmeter und der Ausgleich.

Ein vermeidbarer Platzverweis, und einer mit einem irren Muster. Wie Opta herausfand, gingen die letzten vier Roten Karten an die Cityzens allesamt auf Spieler, die am 27. oder 28. Mai 1994 geboren wurden: Zweimal Cancelo (27.5.) sowie jeweils einmal Aymeric Laporte (27.5.) und John Stones (28.5.).

Manchester City schaffte es zwar, auch in Unterzahl den FC Fulham zu dominieren, musste sich aber bis zur letzten Minute der Nachspielzeit gedulden, bis auch die Londoner in Person von Antonee Robinson einen Aussetzer hatten. Dieser brachte Kevin De Bruyne leichtsinnig im Sechzehner zu Fall, der eingewechselte Erling Haaland verwandelte den fälligen Strafstoß mit dem Schlusspfiff. Ein verdienter, aber nervenaufreibender 2:1-Sieg.

Pep Guardiola wird erleichtert sein, dass diese drei Akteure die einzigen in seinem Kader sind, die im Mai 1994 geboren wurden. Manchester City bleibt nach dem Zittersieg bis auf einen Zähler an Tabellenführer Arsenal dran.

„Rat- und joblos“-Award: Ralph Hasenhüttl

Am Sonntag musste der FC Southampton eine 1:4-Heimpleite gegen Newcastle United hinnehmen. Damit haben die Saints nur eines der letzten acht Spiele gewonnen, zwölf Punkte und der drittletzte Tabellenplatz in der Premier League sind die Folge.

Auf dem Papier eine klare Sache, allerdings war die Pleite gegen Newcastle ein gutes Beispiel dafür, warum es bei Southampton diese Saison nicht funktionieren will. Zwischen den beiden Strafräumen machten die Saints nicht mal eine schlechte Partie und spielten sich gegen die formstarken Magpies am Ende des Tages sogar ein Chancenplus (1,65 zu 1,42 expected Goals) heraus. Genau das ist aber 2022/2023 das Problem: Ob Pech oder Unvermögen, Southampton macht aus seinen Gelegenheiten zu wenig, verteidigt dafür aber auch richtig schlecht.

Sicher, es wäre zu leicht Trainer Ralph Hasenhüttl hier frei zu sprechen. Und dennoch war es angesichts der überschaubaren Ambitionen und Mittel respektabel, dass er den Klub seit seiner Ankunft im Dezember 2018 stets in der Premier League gehalten hat. Diese Saison aber scheint der Österreicher das Ruder nicht mehr rumreißen zu können. Oder er weiß nicht wie, was wohl am besorgniserregendsten ist. Wie The Athletic berichtet, wurde Hasenhüttl auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gefragt, ob er einen Weg aus der Misere sehe. Seine Antwort? „Nein…aktuell nicht.“

Vielleicht wusste er auch schon, dass seine Tage an der Südküste Englands bereits gezählt sind. Die Entscheidung über seine Zukunft ist bereits gefallen und soll laut Medienberichten bereits länger geköchelt haben: Hasenhüttl muss gehen.

 

(Photo by Ryan Pierse/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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