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Premier League: Was uns ManUnited vs. Arsenal verraten hat

5. September 2022 | Trending | BY Chris McCarthy

Premier League: Das Spiel zwischen Manchester United und dem FC Arsenal hat uns einiges über beide Teams verraten. Der VAR sorgt mal wieder für Kontroversen und ist Leicester City plötzlich ein Abstiegskandidat? Die Erkenntnisse des sechsten Spieltags. 

Arsenal ist weiter, kann von ManUnited aber etwas lernen

Vergangener Woche sprachen wir davon, wie sehr der FC Arsenal gereift ist, nicht nur spielerisch sondern auch in Sachen Widerstand. Zwei Tage später folgte bei Manchester United die erste Saisonniederlage (1:3). 90PLUS-Jinx?



Nicht unbedingt, denn das Spiel bestätigte eher einen Trend – für beide Teams. Die Gunners waren nach einer wilden Anfangsphase die deutlich bessere Mannschaft. Die Spielidee war klar, der Ball lief flüssig und schnell über den Rasen, während die Red Devils zumeist reagierten. Und auch an der Mentalität gab es nichts zu bemängeln, Arsenal drückte nach dem unglücklichen Rückstand, kombinierte sich mehrfach sehenswert durch und erzielte in Durchgang zwei den überfälligen Ausgleich. Woran fehlte es der Mannschaft von Mikel Arteta, die weiterhin einer der jüngsten der Premier League ist, also? An spielerischer Reife.

Bereits in der ersten Halbzeit schienen die Young Guns etwas zu sehr vom Traumstark euphorisiert zu sein. Sie wirkten zu verspielt, zu naiv. Zu oft wurde der spektakuläre Pass gesucht, zu selten der direkte Weg Richtung Tor. Und: zu oft wurde die Absicherung vergessen, gerade durch den 22-jährigen Sambi Lokonga auf der Sechs: Enter United. Sie standen tief, warteten auf Fehler und schalteten dann eiskalt um. Erst zum 2:1, dann zum 3:1.

Und genau das war am Sonntagabend der Unterschied: Der FC Arsenal ist in Sachen Spielkultur viel weiter als Manchester United, was nicht nur anhand der 61 Prozent Ballbesitz und 461 zu 307 erfolgreichen Pässe abzulesen war. Das ist keine Kritik an United, sondern aufgrund der unterschiedlichen Entwicklungsphasen nur logisch: Arteta hat zweieinhalb Jahre an Kader und Spielphilosophie geschraubt, Erik ten Hag steht ganz am Anfang, versucht durch einen Fokus auf die Basics Resultate und Selbstbewusstsein zu ernten. Auch er bevorzugt einen anderen Fußball, den Ajax-Fußball.

Und dennoch hat die erfahrenere Mannschaft von Manchester United Arsenal bereits etwas voraus: Geradlinigkeit und Effizienz.

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VAR sorgt in der Premier League für Kontroverse

Auf der Insel sorgte der Video Assistent Referee (VAR) am sechsten Spieltag in der Premier League für Frust – und das nicht zum ersten Mal. Zur Erinnerung, das technische Hilfsmittel sollte nur bei „klaren und offensichtlichen Fehlern“ eingesetzt werden. Das war bei den folgenden, spielentscheidenden Szenen am Wochenende nicht der Fall:

  1. Chelsea gegen West Ham, 89. Minute, Spielstand 2:1: Reece James‘ Kopfballrückgabe ist zu kurz, Jarred Bowen und Chelsea-Keeper Edouard Mendy gehen im Sechzehner auf den Ball. Mendy lässt abprallen, im Fallen stolpert Bowen über ihn. Maxwel Cornets Nachschuss landet im Tor. Der Schiedsrichter entscheidet auf Tor, wird allerdings gebeten, sich die Szene zu betrachten und nimmt aufgrund eines vermeintlichen Foulspiels das Tor zurück. „Skandalös“, sagte Hammers-Trainer David Moyes. Er hatte einen Punkt: Bowen hatte das Recht, auf den Ball zu gehen und streift den Keeper lediglich im Fallen. Es war kein Foul, schon gar nicht aber eine „klare und offensichtliche“ Fehlentscheidung.
  2. Newcastle gegen Crystal Palace, 51. Minute, Spielstand 0:0: Nach einem Freistoß landet der Ball im Fünfmeterraum. Newcastles Joe Willock versucht zu köpfen, wird dabei in den Torhüter gestoßen. Palace-Verteidiger Tyrick Mitchell sieht den Ball zu spät und lenkt ihn ins eigene Tor. Auch hier griff VAR ein, entschied auf Foul von Willock. „Schockierend“, sagte Newcastle-Legende und BBC-Experte Alan Shearer. „Willock will den Ball köpfen, also schubst Mitchell ihn. [Schiedsrichter] Michael Salisbury gibt ihm Recht, Lee Mason [VAR-Schiedsrichter] sagt ihm seltsamerweise: ‚Du hast einen Fehler gemacht‘. Auch hier war es kein Foul, schon gar nicht eine „klare und offensichtliche“ Fehlentscheidung.

Es gab weitere Szenen am Spieltag. James fiel bereits vor der VAR-Szene auf, als er auf dem Boden liegend mit beiden Beinen nach West Hams Michail Antonio ausholte. Nicht der härteste Tritt, aber auch der Versuch einer Tätlichkeit ist Rot-würdig. Bei Manchester United gegen Arsenal wurde das 1:0 der Gäste aufgrund eines Einsteigens von Martin Ödegaard in der Entstehung aberkannt. Wohl die richtige Entscheidung, allerdings ließ sich auch hier über eine „klar und offensichtliche“ Fehlentscheidung diskutieren.

Mit VAR können viele Ungerechtigkeiten aus dem Sport verbannt werden. Nach vier Jahren mit dem Hilfsmittel ist das Problem bei der Nutzung jedoch offensichtlich. Es fehlt eine klare Linie bei der Einsetzung und schließlich bei der Auslegung. Shearer brachte es auf den Punkt: „VAR ist nicht das Problem, sondern die Leute, die ihn betreiben.“

Spieler von West Ham diskutieren mit dem Schiedsrichter. Das Spiel gegen Chelsea sorgte in der Premier League für Aufregung.

(Photo by Mike Hewitt/Getty Images)

Wieso spielt Leicester City wie ein Abstiegskandidat?

Wir hatten es bei unserem Experten-Panel zur Premier League bereits befürchtet: Für Leicester City wird 2022/2023 eine schwere Saison. Dabei ist es nur sechs Jahre her, dass die Foxes spektakulär Meister wurden. Seit der Einstellung von Brendan Rodgers 2019 gewannen sie zudem erstmals den FA Cup, wurden zweimal Fünfter und einmal Achter. Nach sechs Spieltagen dieser Spielzeit steht Leicester mit einem Punkt und 8:16 Toren auf dem letzten Platz, das 2:5 gegen Brighton am Sonntag war der Tiefpunkt.

Rodgers sagte schon vor zwei Wochen, dass Leicester „nicht mehr der Klub ist, der er vor zwei Jahren war“ und er gerne „fünf oder sechs neue Spieler“ gehabt hätte. Vorstand Aiyawatt Srivaddhanaprabha betonte zwar, dass Leicester finanziell gut aufgestellt ist, aber „die Einhaltung der Regularien gewährleisten müsse“. Die Folge? Mit Wesley Fofana (80 Millionen Euro, Chelsea) und Keeper Kasper Schmeichel (OGC Nizza) gingen diesen Sommer die nächsten Schlüsselspieler. James Maddison und Youri Tielemans blieben zwar, waren wohl ebenfalls nicht abgeneigt. Und Wout Faes (24, 17 Millionen Euro), ein später Ersatz für Fofana, ist der einzige echte Neuzugang seit letztem Sommer.

Nein, Leicester hat nicht mehr die Basis einer Mannschaft, die um die europäischen Plätze spiel kann. Nichtsdestotrotz ist mit Spielern wie Wilfred Ndidi, Harvey Barnes, Patson Daka und Co. sehr viel Talent vorhanden. Zu viel Talent für einen Absteiger. Und dennoch spielt und vor allem verhält sich die Mannschaft derzeit so. Wieso?

Rodgers mag für den Trend zwar nicht alleine verantwortlich sein. Aber womöglich hat er ihn mit seinen lautstarken Hilfeschreien und Urteilen (das Fenster war „destabilisierend für Gruppe und Mentalität“) zu sehr heraufbeschworen. Der Mangel an Plan, Selbstbewusstsein, Glaube und Einheitsgefühl ist nicht zu übersehen.

"Rodgers out" - Fans von Leicester City fordern die Entlassung ihres Trainers.

(Photo by ADRIAN DENNIS/AFP via Getty Images)

Kurzpässe zum 6. Spieltag der Premier League

Haaland alleine langt nicht: Wer dachte, Manchester City würde nach der Ankunft von Erling Haaland einfach so durch die Premier League marschieren, der irrt sich. Die norwegische Naturgewalt erzielte gegen Aston Villa im sechsten Spiel sein zehntes Tor. Doch trotz der spielerischen Dominanz (70% Ballbesitz) blieb es nur bei einem Treffer der Ciryzens, Villa erkämpfte sich durch den Ausgleich von Leon Bailey einen Punkt. „Wir waren nicht präzise genug“, gestand Guardiola. Auch Haaland, der zwei weitere Chancen hatte.

Der FC Liverpool läuft noch nicht auf allen Zylindern: Der späte 2:1-Comebacksieg gegen Newcastle war ein erstes Warnsignal, das 0:0 gegen Everton die Bestätigung: Das 9:0 der Reds über Bournemouth war nicht der erhoffte Befreiungsschlag. Die Reds, insbesondere ihre Schlüsselspieler wie Virgil Van Dijk, Trent Alexander-Arnold und Mohamed Salah, sind noch nicht in der Saison angekommen, wirken behäbig und außer Form.

Tottenham hat sich in die Saison gekämpft: Die Spurs waren nach fünf Spieltagen zwar ungeschlagen, im Spiel nach vorne aber nicht sonderlich überzeugend, regelrecht pragmatisch. Dass das Team von Antonio Conte auch anders kann, zeigte der 2:1-Sieg über Fulham am Samstag. Tottenham feuerte 23-mal auf den Kasten, scheiterte lediglich an einem starken Bernd Leno und dem eigenen Abschluss. Ein gutes Zeichen Conte und auch für Neuzugang Richarlison, der in seinem ersten Starteinsatz ein belebendes Element war.

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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