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Premier League | Ein Meister aus anderen Sphären und Chelseas Horror-Jahr: Die Tops und Flops der Saison 2022/23!

1. Juni 2023 | Trending | BY Michael Bojkov

Spotlight | Die Premier-League-Saison 2022/23 steht in den Geschichtsbüchern. Zeit, auf Spektakel, Überraschungen, aber auch Enttäuschungen zurückzublicken. Unsere Tops und Flops.

Premier League 2022/23 – Unsere Tops

Brillanz küsst Dominanz: Die Meistersaison von Manchester City

Zugegeben, ManCity spielte eine für seine Verhältnisse holprige erste Halbserie und wirkte schlagbar. Das war auch der Grund, weshalb sich Arsenal zwischenzeitlich bis auf neun Punkte davonstahl. Rückblickend wirkten die Prä-WM-Skyblues wie eine Art Köder für Kritiker – um diese hinterher doppelt und dreifach Lügen zu strafen. Denn das, was City seit Februar, spätestens März auf den Platz bringt, gleicht einer Dominanz, wie sie die Fußballwelt selten zuvor gesehen hat.

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24 Pflichtspiele am Stück blieb die Mannschaft von Pep Guardiola ungeschlagen, feierte in der Premier League zwölf Siege in Serie. Zuweilen machten die Cityzens mit ihren Gegnern, was sie wollten. Mit Real Madrid und dem FC Bayern mussten das auch zwei Schwergewichte des europäischen Fußballs auf schmerzhafte Weise erfahren.

Wenn man über ManCity spricht, weiß man kaum noch, wohin mit den Superlativen. Eines, das in unseren Tops unumgänglich Erwähnung finden muss und sogar einen eigenen Text verdient gehabt hätte, heißt Erling Haaland. Alle Rekorde aufzuzählen, die er in seiner Debütsaison in der Premier League aufgestellt hat, würde den Rahmen um ein Vielfaches sprengen. Die 36 Saisontore sprechen schon für sich.

Man möchte am liebsten seitenlang weiterphilosophieren – über das Spielverständnis eines Rodris, die Eleganz eines Kevin de Bruyne oder das gestikulierende Genie an der Seitenlinie. Die dritte Meisterschaft in Folge mögen viele neutrale Fans als langweilig empfinden. Mindestens genauso viele aber werden sich bedankt haben, wenn der Schlusspfiff im Etihad ertönte – für das, was sie in den zurückliegenden 90 Minuten zum Staunen gebracht hat.

Artetas (Fast-)Meisterwerk: Arsenal wächst über sich hinaus

Die brillante Rückrunde von City war auch der Grund, weshalb sich ein anderes herausragendes Team nicht an der Spitze der Premier League halten konntet. Die Rede ist vom FC Arsenal. Die Gunners spielten auf einem konstant hohen Level, performten im Grunde stets über ihren eigenen Möglichkeiten. Es war die Kombination aus Spielstärke der Mannschaft und das über sich hinauswachsen des Einzelnen – ob ein William Saliba, Bukayo Saka oder Martin Ödegaard –, die Arsenal lange an der Tabellenspitze der Premier League thronen ließ.

Dazu bewies die Mannschaft von Mikel Arteta in gleich mehreren Drucksituationen eine unfassbare mentale Stärke und entwickelte im Laufe der Spielzeit eine Resilienz, die zurecht Hoffnung auf den eigentlich unverhofften Gewinn der Premier League machte. Hinten raus war es auch die fehlende Reife einer jungen Mannschaft, die den großen Titeltraum zum Platzen brachte. Und natürlich ein überdimensionales Manchester City.

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(Photo by Stu Forster/Getty Images)

Seagulls verlassen britische Landesgrenzen

Brighton & Hove Albion hat sich erstmals in seiner fast 122-jährigen Vereinsgeschichte für das internationale Geschäft qualifiziert. Alleine das ist einen Platz unter unseren Tops der Premier League wert. Noch beeindruckender ist aber das Wie. Seit Jahren wird an der englischen Südküste herausragende Arbeit geleistet, auf wie neben dem Platz. Mit Hilfe eines seit Jahren treffsicheren Scoutings und einer klaren Vereinsphilosophie hat es Graham Potter geschafft, einen attraktiven Fußball aufs Feld zu zaubern, mit dem die Seagulls regelmäßig auch größere Gegner dominiert haben. 

Der plötzliche Abgang von Potter, der in Chelsea (fälschlicherweise, dazu später mehr) einen großen Karrieresprung sah, war ein Schock für Spieler und Fans, der sich mit der Ankunft von Roberto De Zerbi alsbald aber wieder legte. Der Italiener knüpfte nämlich nahtlos an Potters Fußball an, dessen hinterlassene Fußstapfen von Spiel zu Spiel kleiner wurden. An Brightons Qualifikation zur Europas League haben beide Übungsleiter einen riesigen Anteil. Potter, der über Jahre aus einem Abstiegskandidaten eine der spielstärksten Mannschaften Europas geformt hat und De Zerbi, der den Seagulls in der Kürze der Zeit einen noch brillanteren Feinschliff verpasst hat. 

Gekommen, um zu bleiben: Die Aufsteiger

Erstmals seit der Saison 2017/18 haben alle Aufsteiger den Klassenerhalt geschafft. Der FC Fulham, Nottingham Forest und der AFC Bournemouth werden in der kommenden Saison Premier League spielen. Absehbar war das beileibe nicht

Fulham war in den vergangenen Jahren die Fahrstuhlmannschaft schlechthin im englischen Fußball. In den vergangenen sechs Spielzeiten wechselten die Cottagers munter zwischen Premier League und der Championship. Unter Trainer Marco Silva, der die Westlondoner schon zum Aufstieg geführt hatte, spielte die Mannschaft eine rundum sorgenfreie Saison und konnte schon frühzeitig den Klassenerhalt klarmachen.

Für den Klassenerhalt in Nottingham war Steve Cooper hauptverantwortlich. Ganze 30 Neuzugänge musste der 43-Jährige teils innerhalb kürzester Zeit integrieren und ein Sammelsurium aus sich untereinander Fremden zu einer Mannschaft formen – eine schier unlösbare Aufgabe, so dachten viele. Die Mannschaft steckte zwar bis zuletzt tief im Tabellenkeller, konnte sich aber durch wichtige Punkte gegen die Big-Six-Clubs und einer Serie von vier ungeschlagenen Spielen zu Saisonende aber über Wasser halten.

Noch überraschender ist der Klassenerhalt von Bournemouth. Unter Fans und Experten waren die Cherries schnell der erste ausgemachte Absteiger. Mit sieben sieglosen Partien in Serie sah es zu Jahresbeginn auch alles andere als gut aus, doch nicht zuletzt durch gezielte Wintertransfers sammelte die Mannschaft von Gary O’Neil die nötigen Punkte und konnte sogar bereits drei Spieltage vor Schluss den sicheren Verbleib in der Premier League feiern.

Premier League 2022/23 – Unsere Flops

Die Katastrophen-Saison des FC Chelsea

Der mit Abstand offensichtlichste Flop der Saison kommt aus dem Westen Londons. 44 mickrige Pünktchen fuhr Chelsea in der Premier League ein – seit Einführung der Drei-Punkte-Regel die schlechteste Ausbeute in der Vereinshistorie der Blues. Platz zwölf ist das Resultat, den Abstiegsrängen näher als der Qualifikation zur Conference League. Aus der Saison der Blues lässt sich kaum etwas ziehen, was nicht ernüchternd wäre.

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(Photo by Alex Broadway/Getty Images)

Die Probleme kamen und begannen mit dem neuen Klubbesitzer Todd Boehly, der nicht nur Erfolgstrainer Thomas Tuchel aus mehr oder minder heiterem Himmel entließ, sondern mit einer Vielzahl an undurchdachten Millionen-Transfers für eine ständige Fluktuation im Kader sorgte, mit der sich unmöglich in Ruhe arbeiten ließ. 600 Millionen Euro gab der Klubbesitzer für 16 neue Stars aus. Davon kann ein Großteil kaum richtig eingebunden werden oder sitzt auf der Ersatzbank, weil Positionen doppelt und dreifach stark besetzt sind, während Baustellen mit dringendem Bedarf kaum angerührt werden. 

Potter, der im Oktober Tuchel ablöste, witterte in Chelsea eine große Karrierechance. Diese erwies sich als Himmelfahrtskommando, das ihm im April den Job kostete. Trifft das gleiche Schicksal auch Mauricio Pochettino?

Tottenham und Chaos

Als Chelsea-Fans dürfte aus 2022/23 höchstens positiv in Erinnerung bleiben, dass ein Stadtrivale aus den Big Six mit ähnlich vielen Problemen zu kämpfen hatte. Tottenham hat zwar keine Katastrophen-Saison in der Form hinter sich, aber mindestens mal eine, mit der keiner im Klub zufrieden sein kann und darf. Erstmals seit 2009/10 verpassten die Spurs das internationale Geschäft. Mit 63 Gegentoren in 38 Spielen wurde die Defensive als langjährige Stärke der Nordlondoner plötzlich zur Problemzone, was darin resultierte, dass man im Kampf um Platz sieben den Kürzeren zog.

Unzulänglichkeiten in der Abwehr waren aber beileibe nicht das einzige Problem der Spurs, die sich schon früh mit Trainerdiskussionen, nicht behobenen Baustellen im Kader und letztendlich einer Mannschaft auseinandersetzen mussten, die schlichtweg nicht mehr intakt war. Normalform hatte einzig Harry Kane, der mit 30 Saisontoren dafür sorgte, dass man das Wort Europa im Norden Londons bis zum Saisonfinale überhaupt noch in den Mund nehmen durfte. Anderenfalls hätte es womöglich ein Fernduell um Platz zwölf mit Chelsea gegeben.

Keine Kontinuität an der Seitenlinie: Schleudersitz Premier League

14-mal wurde in der Saison 2022/23 der Trainer gewechselt – mehr als jemals zuvor in der Premier League. Dabei sind Interimslösungen noch nichtmal mit einberechnet. Zwölf Mannschaften und damit mehr als die halbe Liga haben während der Saison von einer oder mehreren Trainerentlassung(en) Gebrauch gemacht. Dass sich nicht wenige Klubbesitzer von Aktionismus haben leiten lassen, dafür ist Tuchel das prominenteste, nicht aber das einzige Beispiel. Das Stichwort Kontinuität scheint auch und vielleicht gerade in der Premier League immer mehr an Wert zu verlieren. Dabei gibt es auch auf der Insel genügend Vorbilder, die zeigen, wie es anders laufen kann. Dafür muss nichtmal nach Liverpool oder in den blauen Teil Manchesters geschaut werden.



Arsenal hat gezeigt, dass es sich auszahlt, am Trainer festzuhalten – trotz zwischenzeitlicher Krisen und vieler Kritiker. Aber auch kleinere Klubs wie Brentford (Thomas Frank, seit Oktober 2018 im Amt) oder Brighton (Potter, 2019-2022) haben auf eine eindrucksvolle Weise unter Beweis gestellt, wie wichtig Kontinuität an der Seitenlinie ist und was daraus wachsen kann. Spätestens nach dieser Saison sollten sie so einigen Klubs als Vorbilder dienen.

Der eigentlich zu gute Absteiger: Leicester City

Bei Leicester City konnte man von einer schwierigen Saison ausgehen. Zu viele Baustellen, die nicht geschlossen wurden, darunter schmerzhafte Abgänge, die man nicht zu kompensieren wusste. Und doch gibt der Kader eigentlich deutlich mehr her als Platz 18. In der Premier League spielen mindestens eine Handvoll Teams, die individuell schwächer aufgestellt sind als die Foxes.

Die Gründe für den Absturz sind unterschiedlicher Natur. Vor allem die Defensive offenbarte Unzulänglichkeiten und war immer wieder für einen Aussetzer gut. Damit einher ging ein Intensitätsverlust, der sich durch sämtliche Mannschaftsteile zog, und auch taktische Fehlgriffe vonseiten der Trainerbank. Die perfekten Zutaten für eine Negativspirale, aus der Leicester nicht mehr aus eigener Kraft herausfand. Damit ist der Klub aus den East Midlands erst der zweite Meister, der aus der Premier League absteigt.

Michael Bojkov

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 im Team. Hat unter anderem das Champions-League-Finale 2024 und die darauffolgende Europameisterschaft vor Ort für 90PLUS begleitet.


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