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Der Sancho-Absturz: Deshalb lief es für ihn beim BVB so viel besser

13. September 2023 | Spotlight | BY Damian Ozako

Jadon Sancho und Manchester United: Sowohl Spieler als auch Verein haben sich von dieser Beziehung mehr versprochen. Warum spielte er beim BVB so viel besser?

Sancho-Post sorgt für Wirbel

Manchester United verlor das Spitzenspiel beim FC Arsenal mit 1:3, aber zum größten Thema wurde ein Akteur, der durch Abwesenheit auffiel: Jadon Sancho (23). United-Trainer Erik ten Hag strich den ehemaligen BVB-Spieler aus dem Kader und begründete dies mit schwachen Trainingsleistungen. Der 23-Jährige reagierte auf Social Media mit einem klaren Statement. Er wolle nicht mehr länger der Sündenbock sein, so seine Kernaussage. Mittlerweile haben die beiden miteinander gesprochen und der besagte Post wurde gelöscht. Der Schaden bleibt aber. Wie The Athletic herausfand, war Manchester United bereit, den Offensivkünstler nach Saudi-Arabien zu verkaufen, was Sancho und sein Umfeld allerdings ablehnten.


In Manchester ist man mit dem Verhalten des einstigen Toptalents unzufrieden. So flog Sancho unabgesprochen in der Länderspielpause nach New York, um dort an der Geburtstagsparty des NBA-Spielers John Wall teilzunehmen. Es sind genau solche Aktionen, die Sanchos Aktien beim Traditionsklub im Sturzflug haben sinken lassen.

Immer wieder unpünktlich

Ein großes Problem ist seine Unpünktlichkeit. Schon beim BVB fiel er damit negativ auf, dass er zu Trainingseinheiten und Meetings zu spät erschien. Damals begründete er dies mit Schlafproblemen. „Es gibt in Deutschland ein paar Dinge, an denen ich noch arbeiten muss“, gab er vor drei Jahren an und führte weiter aus: „Ich komme zum Beispiel manchmal zu spät zum Training, weil ich ein Schlafproblem habe[…]. Es sind Dinge, bei denen ich professioneller werden muss. Aber ich arbeite daran und das Team hilft mir auch dabei. Langsam, aber sicher, werde ich auch älter und lerne neue Dinge.“

Doch nach seiner England-Rückkehr sind es weiterhin diese Probleme, die ihn und seinen Arbeitgeber beschäftigen. Wie The Athletic weiter erfahren haben will, soll ten Hag sogar extra Deadlines für Sancho etabliert haben, um das Problem mit der Pünktlichkeit zu lösen. Anfangs zeigten die Maßnahmen auch Erfolg, aber mit der Zeit fiel Sancho in alte Muster, was auch seinen Teamkollegen sauer aufgestoßen sein soll.

Zoff mit Ronaldo?

Während er beim BVB immer wieder der Fixpunkt des Spiels war und das Team darauf ausgelegt war, ihn glänzen zu lassen, sieht es beim englischen Rekordmeister deutlich anders aus. Von Beginn an musste er einen Rückschlag nach dem anderen hinnehmen. So wurde überraschend Cristiano Ronaldo (38) verpflichtet, der ihm nicht nur die zuvor vereinbarte Trikotnummer 7 wegnahm, sondern auch noch Interimstrainer Ralf Rangnick (65) davon überzeugte, das Spielsystem so zu ändern, dass man mit zwei Spitzen auflief. Die Folge: Sancho landete infolgedessen trotz guter Leistungen wieder auf der Bank. Das Verhältnis des Youngsters zum Portugiesen war deswegen laut Athletic-Informationen angespannt.

Sancho und Ronaldo: Gab es Zoff zwischen den beiden?

(Photo by LINDSEY PARNABY/AFP via Getty Images)

Dass dann in der folgenden Saison ten Hag auch noch öffentlich über mentale Probleme des Engländers sprach, sorgte für weitere Spannungen. Intern wurden die Aussagen des Niederländers auch von den anderen Verantwortlichen kritisch gesehen.

Extra-Betreuung beim BVB

Blickt man auf die Statistiken im United-Trikot, sind diese natürlich ernüchternd. Zwölf Tore und sechs Vorlagen in 82 Pflichtspielen, sind eine schwache Ausbeute. Aber wenn man Sancho auf dem Platz beobachtet, sieht man nach wie vor die großartigen Anlagen, die er besitzt. „Ich habe viele seiner Spiele in Dortmund gesehen und Jadon ist hier nicht so viel anders, als er es dort war“, ließ ten Hag verlauten, machte aber auch deutlich klar, dass er mehr Konstanz sehen will.

Aber warum schaffte es Sancho, in Dortmund deutlich regelmäßiger sein Potenzial auszuschöpfen? Weil der BVB erkannte, dass man viel Zeit und Arbeit in diesen jungen Spieler investieren muss, um dann auch mit guten Leistungen belohnt zu werden. Die Verantwortlichen waren genauso von seiner Unpünktlichkeit und seinem punktuell unprofessionellen Verhalten genervt, aber eben auch gewillt, ihn in vielerlei Hinsicht zu unterstützen.

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The Athletic will erfahren haben, dass Edin Terzic (40), damals noch Co-Trainer unter Lucien Favre (65), ihn persönlich aus dem Hotelzimmer geklopft haben soll, wenn er mal wieder zu spät dran war. Als Terzic im Dezember 2020 als Interimstrainer übernahm, ordnete er spezielle Betreuung für den Engländer an, der sich nach seinem zunächst geplatzten United-Wechsel in einem ersten tiefen Formloch befand. Sancho wurde sichtlich fitter und seine Formkurve zeigte steil nach oben.

Darüber hinaus wollte Terzic, dass der Dribbelkünstler bei jeder passenden Gelegenheit so viel Zeit mit Erling Haaland (23) verbringen soll. Egal ob auf dem Platz, in der Kabine oder im Bus: Die Verantwortlichen erhofften sich, dass er sich an der Professionalität des Norwegers etwas abgucken würde. Die beiden führten den BVB schließlich zum DFB-Pokalsieg 2021 und initiierten eine grandiose Aufholjagd, um sich doch noch für die Champions League zu qualifizieren.

Sancho und Haaland führten den BVB zum DFB-Pokalsieg

(Photo by Martin Rose/Getty Images)

Sancho: Nächster Wechsel muss sitzen

Der 23-Jährige besitzt ein immenses Potenzial und könnte einer der besten Spieler der Welt sein. Doch dafür braucht er das richtige Umfeld, das ihm Fehltritte verzeiht und Arbeit sowie Zeit investiert, um ihn zu einem besseren Profi zu machen. Beim BVB war es recht simpel: Für etwas Extra-Betreuung bekam der Klub einen der besten Spieler der jüngeren Vereinsgeschichte und machte ihm zu Fixpunkt des Teams. Bei United gibt es diese Geduld nicht. Sancho kam als 85-Mio.-Transfer zu den Red Devils und sollte sofort liefern. Fällt dann der teure, aber formschwache Neuzugang auch noch mit Unprofessionalität auf, macht es die Situation nicht gerade leichter.

Ob Sancho noch die Wende im United-Trikot hinbekommt, ist mehr fraglich. Sowohl die Verantwortlichen als auch die Teamkollegen scheinen sich von ihm abgewendet zu haben. Bei seinem nächsten Vereinswechsel sollte er sich genau überlegen, ob die Rahmenbedingungen für ihn passen. Dass er eigentlich ein brillanter Fußballer ist, wissen alle. Bei ihm muss aber auch wirklich das Umfeld genau passen. Das ist der entscheidende Unterschied zu den absoluten Topspielern.

(Photo by Catherine Ivill/Getty Images)

Damian Ozako

Als Kind von Tomas Rosicky verzaubert und von Nelson Haedo Valdez auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht worden. Geblieben ist die Leidenschaft für den (offensiven) Fußball. Seit 2018 bei 90PLUS.


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