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Ein Hauch von Messi – wie Mo Salah Liverpool träumen lässt

4. Oktober 2021 | Trending | BY Chris McCarthy

Spotlight | Mohamed Salah lieferte am Sonntag für den FC Liverpool einen der genialsten Momente der Saison. Der Ägypter ist derzeit einer der besten Spieler der Welt und der Grund, wieso die Reds vom Titel träumen können.

Wer einmal in den Genuss kam, Lionel Messi live in Barcelona spielen zu sehen, der kennt diese magische Atmosphäre: Knapp 100.000 Menschen hielten den Atem an, wenn der sechsfache Weltfußballer zum Dribbling ansetzte. Selbst an der Mittellinie war Messi dieser eine magische Moment zuzutrauen, der ein Spiel oder eine ganze Saison verändern könnte.

 

Während diese Magie im Sommer aus dem Camp Nou verschwand und in Paris noch nicht ganz angekommen ist, hat sich in den vergangenen Jahren eine ähnliche Elektrizität an der Anfield Road aufgebaut. Der Ursprung? Mohamed Salah.

Nach einer schwierigen Saison für den FC Liverpool, in der die Titelverteidigung schon früh abgehakt wurde, dürfen die Fans 2021/2022 nun zumindest wieder träumen. Und das liegt vor allem an dem kleinen Ägypter mit den buschigen Haaren und dem feinen linken Fuß.

Liverpool ist wieder fit

30 lange Jahre mussten die Fans des FC Liverpool warten, ehe sie im Mai 2020 endlich wieder die englische Meisterschaft feiern durften. Wie eine rote Welle schwappte das Team 2019/2020 über die Premier League, erstickte nahezu jeden Gegner durch schonungslose Intensität, blitzsaubere Defensivarbeit und eiskalte Effizienz.

2020/2021 wirkte die rote Quelle regelrecht ausgetrocknet. Die Mannschaft von Jürgen Klopp wurde von Verletzungs- und Formproblemen heimgesucht. Kaum ein Innenverteidiger blieb verschont, Mittelfeldspieler mussten in die Abwehr. Das Gefüge bröckelte, das Spielglück ging flöten und die Beine wurden schwer. Schon früh konnte die Mission Titelverteidigung abgehakt werden. Einzig Mohamed Salah tat das, was er immer tut: Haken schlagen, den Ball streicheln und Tore schießen. Ohne seine 22 Saisontore, fünf davon in den letzten acht Spielen, hätte der FC Liverpool wohl sogar die Qualifikation zur Champions League verpasst.

2021/2022 könnte Salah wieder zu höheren Zielen beitragen, denn die Reds sind wieder fit. Virgil van Dijk hat seinen Kreuzbandriss auskuriert und rührt in der Innenverteidigung neben dem ebenfalls wiedergenesenen Joel Matip deutlich mehr Beton an. Fabinho und Jordan Henderson dürfen im Mittelfeld wieder das tun, was sie am liebsten machen: die Abwehr entlasten, das Spiel lenken und die torhungrigen Offensive um die Wirbelwinde Sadio Mané, Diogo Jota und natürlich Salah in Szene setzen.

Mo Salah und Virgil van Dijk beim Auswärtssieg des FC Liverpool in Norwich

(Photo by Shaun Botterill/Getty Images)

Premier League: Manchester City und Chelsea die Favoriten

Nach sechs Spieltagen der laufenden Saison hatte der FC Liverpool die meisten Punkte auf dem Konto, 14 an der Zahl. Nichtsdestotrotz fiel die Wahl der meisten Experten bei der Frage nach dem kommenden Meister zumeist auf Manchester City und den FC Chelsea (jeweils 13 Punkte). So dominant ist der Fußball des amtierenden Meisters unter Pep Guardiola, so perfekt schien Romelu Lukaku das fabelhaft harmonierende Konstrukt des Champions-League-Siegers von Thomas Tuchel zu komplettieren.

Am Sonntag aber, zu Hause gegen Manchester City, demonstrierten die Reds, warum auch mit ihnen zu rechnen ist. Es war nicht mal das Ergebnis – Liverpool und der Titelverteidiger trennten sich mit 2:2. Es war schon gar nicht die erste Halbzeit, in der die Cityzens dominierten und das Team von Jürgen Klopp eine regelrecht eingeschüchterte Vorstellung bot. „kalte Pommes“ nannte der deutsche Trainer die Leistung vor dem Seitenwechsel im Anschluss. Viel mehr war es der Mann, der dazu in der Lage ist, blitzartig die Temperatur aufzudrehen.

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Magische Momente in Anfield

Als Salah nach knapp einer Stunde auf Höhe der Mittellinie an der Außenbahn den Ball erhielt und Joao Cancelo mit Leichtigkeit überlupfte, war es wieder so weit. Die Fans sprangen auf, Magie lag in der Luft. Der Hoffnungsträger lief auf die Box zu, zog nach innen und spielte einen perfekt getimten Pass in den Lauf seines kongenialen Partners Mané. Der Senegalese verwandelte souverän zum 1:0. Nach dem Seitenwechsel war Liverpool stärker geworden, doch es war Salah, der das Spiel auf den Kopf stellte.

Diese Aktion genügte allerdings nicht. Zu stark war der Gast, der postwendend durch Phil Foden ausglich. Salah hatte allerdings ein wunderschönes Ass im Ärmel. 76. Minute. Umzingelt von drei Mann erhielt er am rechten Strafraumeck den Ball. Er drehte sich, Bernardo Silva setzte zur Grätsche, Salah lässt ihn mit einer gefühlvollen Ballrolle wie in Zeitlupe ins Leere rutschen. Das Stadion steht. Entschlossen steuerte er in die Box, zog in die Mitte und band somit zwei Gegenspieler. Mit einer kleinen aber so wirkungsvollen Berührung änderte er seine Richtung. Rodri konnte nur zusehen, Aymeric Laporte wurde schwindelig. Salah lief auf die Grundlinie zu und feuerte den Ball aus spitzem Winkel mit seinem vermeintlich schwachen Rechten ins lange Eck: 2:1.

Manchester City glich im Anschluss erneut aus, was alles andere als unverdient war. Das Thema des Tages war jedoch Salahs Treffer der Marke „Tor des Jahres“. Der nächste Moment, der nicht nur wegen der Antizipation der Zuschauer, sondern wegen Salahs Balance, geschmeidiger Bewegung und makelloser Ausführung diese Messi-ähnliche Atmosphäre im Stadion aufkommen ließ. „Außergewöhnlich“, sagte Klopp nach dem Spiel. Noch in 50 bis 60 Jahren werde man über das Tor sprechen. Und: „Wenn Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi das Tor erzielen, sagt die Welt, es ist Weltklasse. Mo Salah schießt das Tor, weil er Weltklasse ist.“

Mo Salah: der beste Spieler der Welt?

Manchester City ist nach dem 2:2 beim FC Liverpool wohl noch immer der Topfavorit auf den Premier-League-Titel. Auch wenn der Mannschaft von Pep Guardiola das Fehlen eines Topstürmers in der ersten Halbzeit sicherlich nicht zum letzten Mal teuer zu stehen kam. Der FC Chelsea folgt wohl weiterhin dicht dahinter. Auch wenn die Blues zuletzt nicht ganz so schlagfertig und etwas überspielt wirkten.

Die Reds sind allerdings keinesfalls chancenlos, denn sie haben mit Salah aktuell einen der, wenn nicht den besten Spieler der Welt in ihren Reihen. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand auf der Welt besser spielt“, sagte Liverpool-Legende Jamie Carragher bei Sky Sports. Stärker habe er ihn noch nie gesehen.

2021/2022 hat Salah besonders eindrucksvoll eröffnet. Sein Treffer am Sonntag war das siebte Tor in den letzten sieben Pflichtspielen, mit sechs Treffern steht er gemeinsam mit Jamie Vardy an der Spitze der Torjägerliste der Premier League. Darüber hinaus ist der Ägypter der einzige Spieler in Englands Oberhaus, der gemäß „expected Goals“ und „expected Assists“ durchschnittlich auf eine zu erwartende Torbeteiligung pro Spiel kommt – mit 2,9 xA führt er die Liga an. Fernab der Zahlen sind es aber jene Momente wie am Sonntag, die Salah so besonders machen. Kaum ein Spieler auf dem Planeten hat derzeit so einen Einfluss auf das Spiel seiner Mannschaft und verändert es so schlagartig wie er.

Gegen Manchester City genügte das nicht zum Sieg, doch als einziges Team der Liga ist Liverpool weiterhin ungeschlagen. „Wir wollten unbedingt gewinnen, aber wir sind noch im Spiel“, ließ Salah bei Instagram verlauten und schickte eine Nachricht an die Premier League: „Wir greifen nach dem Titel. Wir haben das Zeug dazu.“ Allen voran haben sie Mo Salah.

 

Von Chris McCarthy

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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