Europa League | BVB und Leipzig mit Pflichtaufgaben?

17. Februar 2022 | Vorschau | BY Sarom Siebenhaar

Vorschau | Für Borussia Dortmund ist die Europa League in dieser Saison vielleicht die einzig verbliebene Möglichkeit, einen Titel zu holen. Dort trifft der BVB in der Zwischenrunde auf den schottischen Vertreter, die Rangers. RB Leipzig bekommt es mit Real Sociedad zu tun.

  • Rangers und Real Sociedad Wundertüten?
  • Leipzig mit starker Form
  • BVB: Letzte Chance auf einen Titel?

Europa League einzige Chance auf Titel für den BVB?

Borussia Dortmund und RB Leipzig müssen nach dem Scheitern in der Gruppenphase der Champions League den „Abstieg“ in die Europa League antreten. Natürlich wird das nicht auf der Agenda der Verantwortlichen gestanden haben. Dennoch könnten vor allem Fans  diesem sportlichen „Abstieg“ eventuell etwas Positives abgewinnen. Denn der individuell wohl etwas schwächer besetzte Wettbewerb stellt zumindest für den BVB in dieser Saison wahrscheinlich die einzig realistische Chance auf einen Titel dar.

Denn Leipzig hat auch noch die Chance auf den DFB Pokal. Die Europa League bietet mit ihrem K.O.-System die Möglichkeit, die individuell vorhandene Leistung zumindest auf den Punkt abrufen zu können. Dortmund hat zweifelsohne einen der besten Kader der verbliebenen Mannschaften des Wettbewerbs. Vorausgesetzt es bleiben alle Akteure fit. Sollte die Mannschaft die Spiele mit der nötigen Ernsthaftigkeit annehmen, kann es weit gehen für Erling Haaland (21) und Co. In der Zwischenrunde wartet mit den Glasgow Rangers ein auf dem Papier schwächerer Gegner, der allerdings nicht unterschätzt werden darf.

Rangers: Wundertüte mit Überraschungspotential

Der schottische Traditionsklub hat sich in einer ausgeglichenen Gruppe mit Olympique Lyon, Brönby IF und Sparta Prag durchgesetzt. Seit Dezember steht Giovanni van Bronckhorst (47) an der Seitenlinie. Die Qualität seiner Mannschaft ist auch wegen der vergleichsweise schwachen nationalen Konkurrenz schwer einzuschätzen. Aufschluss können die Auftritte in der Gruppenphase der Euro League sowie die Duelle im Old Firm Derby gegen Celtic Glasgow geben. Den Großteil der EL-Spiele absolvierte das Team noch unter der Leitung des ehemaligen Trainers Steven Gerrard (41).

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Nach Auftaktniederlagen gegen Lyon (0:2) und Prag (0:1) kämpfte sich die Mannschaft wieder in den Wettbewerb zurück und blieb ungeschlagen. Erst bei den letzten beiden Partien gegen Sparta Prag (2:0) und Lyon (1:1) stand dann van Bronckhorst an der Seitenlinie. Nachdem die Rangers in der Liga lange Zeit von der Tabellenspitze grüßten, verloren sie durch das überraschende 3:3 gegen Abstiegskandidat Ross County an Boden. Nach der Niederlage gegen Celtic (0:3) musste man die Tabellenführung sogar an den Rivalen abgeben. Mit Siegen über Heart of Midlothian (5:0) und Hibernian FC (2:0) holten sich die Rangers zuletzt aber wieder etwas Selbstbewusstsein.

James Tavernier, Alfredo Morelos (beide Rangers) beraten sich

Photo: Ian MacNicol/Getty Images/Imago

Da Dortmund in dieser Saison vor allem in der Defensive anfällig zu sein scheint, könnte das Matchup der Rangers Offensive gegen die Abwehrreihe des BVB interessant werden. Beim amtierenden schottischen Meister teilen sich Alfredo Morelos (25), Kemar Roofe (29) und Fashion Sakala (24) die Einsatzzeiten im Sturmzentrum. Mit Abstand der gefährlichste Akteur ist aber Morelos, der bislang auf 20 Torbeteiligungen (15 Treffer, fünf Assists) kommt. In punkto Torbeteiligungen folgt auf den Kolumbianer überraschend ein Verteidiger: Kapitän und Rechtsverteidiger James Tavernier (30) steht bei 19 Scorerpunkten (sechs Tore, 13 Assists) und spielt im Offensivspiel der Rangers eine große Rolle. Defensiv wird also wahrscheinlich vor allem die linke Dortmunder Seite mit Raphaël Guerreiro (28) gefordert sein. Die wirkt in dieser Saison etwas anfälliger als die rechte Seite, wo Thomas Meunier (30) verteidigt.

BVB: Defensive Anfälligkeit abstellen

Unterm Strich verläuft die Saison für Dortmund wohl alles andere als zufriedenstellend. In der Champions League schied man in einer als mehr als machbar betitelten Gruppe aus. Immerhin: Der dritte Platz berechtigt den BVB zur Teilnahme an der K.O.-Phase der Europa League. Da in der Liga aller Wahrscheinlichkeit nach alles geklärt zu sein scheint (sechs Punkte Rückstand auf Tabellenführer Bayern) und man im DFB Pokal ebenfalls bereits die Segel streichen musste, könnte Trainer Marco Rose (45) den Fokus auf den internationalen Wettbewerb legen. Vor allem die Rückkehr von Haaland auf den Trainingsplatz dürfte Hoffnung machen, gleichwohl reicht es wohl erst für den Einsatz im Rückspiel. Darüber hinaus dürfte der Sieg auswärts beim 1. FC Union Berlin (3:0) Mut gemacht haben. Nochmal: Die individuelle Klasse der Dortmunder ist unbestreitbar vorhanden, lediglich die Konstanz fehlt. Einem fulminanten 5:1-Sieg gegen eigentlich formstarke Freiburger folgte beispielsweise ein enttäuschendes Pokalaus gegen den FC St. Pauli (1:2).

Vor allem die defensive Anfälligkeit ist auffällig. Den letzten Auftritt ohne Gegentor vor dem Spiel gegen Union legte der BVB Mitte Dezember hin, beim 3:0-Sieg über Aufsteiger und Tabellenschlusslicht Greuther Fürth. In der Liga stellen Mats Hummels (33) und seine Kollegen mit 36 Gegentoren den viertschlechtesten Abwehrverbund. Und dass Schwarz-Gelb vor Aussetzern und Überraschungen nicht gefeit ist, zeigen die Ergebnisse gegen Hertha BSC (2:3), St. Pauli, VfL Bochum (1:1) sowie die Niederlagen in der Königsklasse gegen Ajax Amsterdam (0:4, 1:3) und Sporting Lissabon (1:3).

BVB-Kapitän Marco Reus schlägt sich enttäuscht die Hand vors Gesicht

Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images

Prognose

Dortmund ist individuell deutlich besser besetzt als die Rangers und dürfte an einem normalen Tag keine Schwierigkeiten haben. Aber was scheint in dieser Saison schon normal zu laufen. Glasgow wird mit Sicherheit alles reinwerfen und fighten. Wenn die Einstellung bei den Spielern des BVB nicht stimmt oder manche nur ein paar Prozent von der Leistungsspitze entfernt sind, könnte es eine erneute Überraschung geben. Wie bereits im Pokal gegen St. Pauli.

Mögliche Aufstellungen:

Borussia Dortmund: Kobel – Meunier, Akanji, Hummels, Guerreiro – Witsel, Bellingham, Dahoud, Brandt – Reus (C), Malen

Glasgow Rangers: McGregor – Tavernier (C), Goldson, Helander, Barisic – Kamara, Aribo, Ramsey – Diallo, Morelos, Kent

RB Leipzig: Formkurve zeigt nach oben

RB Leipzig scheint nach dem Trainerwechsel von Jesse Marsch (48) zu Domenico Tedesco (36) wieder in der Spur zu sein. 16 von 24 möglichen Punkten holte RB unter Tedesco und katapultierten den Verein in der Bundesliga wieder auf einen Startplatz für die Champions League. Im DFB Pokal steht man im Viertelfinale, dort wartet mit Hannover 96 eine mehr als machbare Aufgabe. Und auch spielerisch hat die Mannschaft einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Zudem scheint die Tormaschinerie der Roten Bullen wieder Fahrt aufgenommen zu haben. Während der Ausgang vieler Spiele unter Marsch sehr knapp war, gelingen den Leipzigern nun Tore am Fließband. Mit Tedesco an der Seitenlinie schoss RB in sieben von neun Partien immer mindestens zwei Treffer.

Maßgeblich beteiligt an den Toren sind vor allem Christopher Nkunku (24), der momentan in exzellenter Verfassung ist, und André Silva (26). Nkunku steht bei mittlerweile 32 Torbeteiligungen in 31 Spielen. Unter Tedesco gelangen ihm fünf Treffer und vier Vorlagen. Während der Franzose aber schon die ganze Saison über brilliert, ist Silva erst in den letzten Wochen explodiert. Sechs Treffer in neun Spielen sprechen eine deutliche Sprache. Insbesondere wenn man den Vergleich zum Rest der Saison zieht. Unter Marsch lag die Torausbeute des Portugiesen zwar ebenfalls bei sechs Treffern, allerdings benötigte er dafür 22 Partien.

Real Sociedad ist ohne Zweifel der stärkste Gegner von RB in den kommenden Wochen. In der Liga sind Hertha BSC (20. Februar) und der VfL Bochum (27. Februar) machbare Aufgaben, im Pokal wartet wie erwähnt Hannover. Abgesehen von Marcel Halstenberg (30, Kapselverletzung) wird Tedesco in den englischen Wochen aus dem Vollen schöpfen können. Wegen der hohen Taktzahl der Partien durch die zusätzliche Zwischenrunde der Europa League wird er den großen Kader auch brauchen.

Nkunku, Gvardiol und Haidara (alle RB Leipzig) jubeln über Nkunkus Tor gegen Köln

Photo: Alexander Hassenstein/Getty Images/Imago

Real Sociedad: Defensive Stabilität führt zum Erfolg

Die Mannschaft von Trainer Imanol Alguacil (50) ist ähnlich wie Leipzig in bestechender Form. In der Liga ist der Klub aus dem Baskenland seit vier Spielen ungeschlagen, im Achtelfinale der Copa del Rey bezwang man vor wenigen Wochen zudem Atlético Madrid (2:0). Nun ist man in LaLiga wieder in Schlagdistanz zu den internationalen Startplätzen. Maßgeblich verantwortlich für den guten Lauf ist vor allem die Defensive. Während es zwischenzeitlich untypischerweise Gegentore hagelte, konnte dies zuletzt abgestellt werden. Denn Real Sociedad zeichnet sich durch eine stabile Grundordnung aus.

Von den wettbewerbsübergreifend 34 Partien spielte Txuri-Urdin beeindruckende 18-mal zu null, in LaLiga stellt man die drittbeste Defensive. Von diesen 34 Partien konnte Real Sociedad 16 gewinnen, 14-mal sogar ohne Gegentor. Wird allerdings mal eines kassiert, bleibt es oft nicht nur bei diesem einen Gegentreffer. Zehnmal musste Keeper Álex Remiro (26) zwei oder mehr Gegentore hinnehmen. Hinzu kommt: Schafft es eine Mannschaft, den Abwehrriegel zu durchbrechen, geht Real Sociedad oft als Verlierer vom Platz. Nur gegen CD Leganés (3:2) und den FC Granada (3:2) konnte Alguacils Team trotz Gegentreffer gewinnen.

Prognose

RB Leipzig scheint sich aktuell in einen Rausch zu spielen, auch gegen die Bayern war man auf Augenhöhe. Mit Real Sociedad wartet ein defensiv äußerst stabiler Gegner. Dennoch sollte die individuelle Klasse der Offensive des Bundesligisten ausreichen, um das spanische Abwehrbollwerk zu überwinden. Leipzig wird in einer Woche mit einem Hinspielsieg im Gepäck die Auswärtsfahrt nach Spanien antreten.

Mögliche Aufstellungen:

RB Leipzig: Gulácsi – Klostermann, Órban (C), Gvardiol – Mukiele, Haidara, Laimer, Angeliño – Nkunku, Forsberg- André Silva

Real Sociedad: Remiro – Gorosabel, Le Normand, Elustondo, Muñoz – Merino, Zubimendi – Portu, Silva, Oyarzabal (C) – Isak

Photo: INA FASSBENDER/AFP via Getty Images/Imago

Sarom Siebenhaar

Die Oranje-Connection entfachte seine Leidenschaft für den HSV. Durch zahlreiche Tiefen schmecken die vereinzelten Höhen umso süßer. Schätzt attraktiven Offensivfußball genauso wie kämpferische Höchstleistungen. Internationaler Top-Fußball findet sich nicht nur in den Big Five. Seit 2021 bei 90PLUS.


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