Bericht: Katar schränkt TV-Berichterstattung auch während WM massiv ein

16. Oktober 2022 | WM 2022 | BY Michael Bojkov

News | Während der WM sollen TV-Sender in ihrer Berichterstattung massiv eingeschränkt werden.

Katar bestimmt reihenweise Restriktionen für die Presse

Internationale Fernsehteams, die für die Berichterstattung zur WM in Katar sind, werden wohl eine Reihe ungewöhnlicher Auflagen einhalten müssen. Das geht aus einem Bericht des Guardian hervor. So wird es ihnen etwa verboten sein, Anwohner in ihren eigenen vier Wänden zu filmen. Mit Beeinträchtigungen wie diesen soll gegenüber Medien eine abschreckenden Wirkung erzielt werden.

So dürfen internationale Fernsehsender wie BBC und ITV nicht in Unterkünften filmen, in denen Wandarbeiter untergebracht sind. Den Bedingungen zufolge sind auch Aufnahmen in Regierungsgebäuden, Universitäten, Kirchen und Krankenhäusern verboten, ebenso wie bei Privatunternehmen und in Wohnungen. Die Einschränkungen sind Teil einer Liste von Bedingungen, die Drehteams unterschreiben müssen, wenn sie während der WM in Katar berichten wollen.



Die Regeln verbieten zwar keine Berichte über bestimmte Themen, könnten eine ausgewogene und seriöse Berichterstattung jedoch massiv einschränken. So dürfte es zu einer große Herausforderung werden, einheimische Interviewpartner für gesellschaftlich relevante Themen zu finden, wie etwa wie die menschenrechtswidrigen Arbeitsbedingungen oder die Unterdrückung von queeren Personen.

James Lynch von FairSquare, einer in London ansässigen Menschenrechtsgruppe, ist der Ansicht, dass die Restriktionen die „Meinungsäußerung stark einschränken“ werden. „Wie viele Organisationen werden eine Berichterstattung über die sozialen Probleme Katars genehmigen, wenn sie dabei Gefahr laufen, vor Gericht zu landen?“. Die Beschränkungen stellen ein ethisches Dilemma für die Rundfunkanstalten dar.

Der britische Fernsehsender ITV teilte mit, sein Nachrichten- und Zeitgeschichtsteam habe „ausführlich über die Entscheidung, das Turnier an Katar zu vergeben, und über die Fragen im Zusammenhang mit der Menschenrechtslage des Gastgeberlandes berichtet und wird dies auch weiterhin tun“. Weiter sagte ein Sprecher: „Unser Journalismus wird robust und unabhängig sein. Die Berichterstattung von ITV über die Fußballweltmeisterschaft wird sich auf den Fußball konzentrieren, aber auch die Kontroversen abseits des Spielfeldes nicht verschweigen.“

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Wenngleich das Oberste Komitee von Katar harte Regelungen bestreitet, ist es schon seit Jahren mehr als ein offenes Geheimnis, dass die Pressefreiheit in Katar massiv beeinträchtigt ist. Schon früher wurden Journalisten in Katar inhaftiert, weil sie über Themen berichteten, die von den Behörden als umstritten angesehen wurden.

Im Jahr 2015 wurde eine Gruppe von BBC-Reportern in Doha verhaftet und verbrachte zwei Nächte im Gefängnis, als sie die Wohnbedingungen für Wanderarbeiter untersuchten. Im vergangenen November wurden zwei norwegische Journalisten, die über die Arbeitsbedingungen von Wanderarbeitern an den Austragungsorten der Fußballweltmeisterschaft recherchierten, verhaftet und 36 Stunden lang festgehalten, als sie versuchten, das Land zu verlassen.

(Photo by David Ramos/Getty Images)

Michael Bojkov

Lahm & Schweinsteiger haben ihn einst zum Fußball überredet – mit schwerwiegenden Folgen: Von Newcastle über Frankfurt bis Cádiz saugt Micha mittlerweile alles auf, was der europäische Vereinsfußball hergibt. Seit 2021 bei 90PLUS und vorwiegend in Spanien unterwegs.


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