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Callum Hudson-Odoi | Chelseas Fehler und Bayerns Chance

8. Januar 2019 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Dass der FC Bayern München Interesse an einer Verpflichtung des 18-jährigen Callum Hudson-Odoi besitzt, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Dennoch sind weiter einige Fragen offen. Wie ist der aktuelle Stand? Wie kann der Spieler dem FC Bayern helfen, was könnte der langfristige Plan sein? Und welche Kritik müssen sich Chelsea und andere englische Topklubs gefallen lassen?

Hudson-Odoi: Der aktuelle Stand

In den vergangenen Tagen wurden zahlreiche Updates zur Personalie Hudson-Odoi veröffentlicht. Doch wie ist der aktuelle Stand? Wir arbeiten die Meldungen chronologisch auf! Zunächst einmal ist man beim FC Chelsea der Meinung, dass der Spieler bei den „Blues“ gut aufgehoben ist. Maurizio Sarri war die letzte Person im Verein, die es nun mit einer Charmeoffensive in Richtung des Spielers versuchte. Der Trainer stellte Hudson-Odoi auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Tottenham in Aussicht, dass er in der Rückrunde mehr Spielzeit erhalten wird. 

„Sky Sport“ berichtete zudem, dass der Spieler einen erneuten Wechselwunsch im Verein hinterlegt hat. Sky-Reporter Max Bielefeld teilte bei „Sky Sport News HD“ sogar mit, dass die Familie des Spielers mitgeteilt habe, dass Chelsea die Entscheidung nicht mehr beeinflussen kann. Der FC Bayern soll sich mit dem Spieler einig sein und ihm eine entsprechend gute Perspektive aufgezeigt haben. Ed Aarons, Redakteur des englischen „Guardian“, teilte zudem mit, dass der FC Chelsea immer noch nicht auf das 3. Angebot des FC Bayern reagiert hat. 

Das dürfte bedeuten, dass man bei den „Blues“ noch einen Versuch gestartet hat den Spieler von einem Verbleib zu überzeugen. Am heutigen Dienstag folgte aber das nächste Update seitens „Sky“. Demnach habe der FC Bayern ein 4. Angebot abgegeben, bietet nun 35 Millionen Pfund und sei sich mit dem FC Chelsea grundsätzlich einig. Es heißt, dass ein Deal in Kürze vollzogen werden kann. Auch der „Guardian“ lieferte ein Update und teilte mit, dass man beim FC Bayern von einem Abschluss überzeugt sei. 

Diese Qualitäten bringt Hudson-Odoi mit

(Photo by Michael Regan/Getty Images)

Callum Hudson-Odoi hat noch nicht viele Pflichtspielminuten auf Profiniveau sammeln können, bringt aber viele Qualitäten mit, die er schon in der Saisonvorbereitung zeigte. Der 18-jährige ist ein noch ungeschliffener Rohdiamant mit viel Potenzial, gehört zu einer jungen Generation an englischen Talenten, die derzeit für Furore sorgen. Im FA-Cup gegen Nottingham Forest deutete er an, warum er bei einem Verein wie dem FC Bayern auf der Liste steht. 

Hudson-Odoi besticht vor allem durch seinen Antritt und seine immense Schnelligkeit. Er ist ein klassischer Flügelspieler, der seine Gegner mit Tempo überrennt, präzise Flanken schlagen kann und ein großes Selbstvertrauen mitbringt. Seine Ballführung ist eng, seine technischen Fähigkeiten sind gut. Zudem geht er auch nicht in jeder Situation sofort ins Dribbling, sondern beteiligt sich am Kombinationsspiel, versucht das Tempo durch schnelle, kurze Pässe aufrecht zu erhalten. Gegen Nottingham zeigte er mit 2 präzisen Torvorlagen von der Außenbahn, was in ihm steckt, zudem tauchte er im Verlauf des Spiels auf beiden Flügeln auf, was seine Flexibilität unterstreicht.  

Ist dieser Spieler deutlich mehr als 30 Millionen Euro wert? Das kann man zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nicht sagen, zumal auch hinsichtlich seiner Spielweise noch Zweifel bestehen. Die Entscheidungsfindung in einigen Situationen ist ausbaufähig, man konnte den Spieler zudem noch nicht über mehrere Wochen am Stück verfolgen, weil ihm einfach die Einsatzzeiten fehlten. Aber: Hudson-Odoi ist ein Rohdiamant und fertige Spieler zu erschwinglichen Preisen zu verpflichten ist schwer, wenn nicht gar fast unmöglich, insbesondere wenn Transfers auf mehreren Positionen zu tätigen sind. Wenn finanzielle Ressourcen vorhanden sind und ein Umbruch ansteht, muss man eben als Verein gewisse Risiken eingehen. Zur Erinnerung: Auch Kingsley Coman wurde als talentierter Spieler von Juventus Turin verpflichtet, ohne dort groß aufgespielt zu haben, wenngleich das Risiko aufgrund des Leihmodells damals geringer war. 

Das könnte der FC Bayern mit Hudson-Odoi planen

(Photo by Richard Heathcote/Getty Images)

Der aktuelle Stand auf den Außenpositionen beim FC Bayern ist der, dass mit Franck Ribery, Arjen Robben, Kingsley Coman, Serge Gnabry und Winterneuzugang Alphonso Davies 5 Spieler im Aufgebot stehen. Die Flügelzange „Robbery“ wird den Verein am Saisonende verlassen, dementsprechend ist spätestens im Sommer Bedarf. Doch der FC Bayern will Hudson-Odoi schon jetzt verpflichten – und das ist durchaus sinnvoll. Einerseits für den FC Chelsea, der im Falle eines Abgangs mehr Geld als im Sommer erhalten würde und zudem – beachtet man die drohende Transfersperre – mehr Ressourcen für einen Vorgriff auf den Sommer hätte.

Andererseits natürlich für den Spieler, der sich im Laufe der Rückrunde schon im Verein integrieren kann. Und abschließend auch für den FC Bayern, der während der „Robbery“-Abschiedstour bereits 4 mögliche Nachfolger im Kader hat. Es ist ungewiss ob sowohl Alphonso Davies als auch Callum Hudson-Odoi bereits im Sommer bereit sind einen der begehrten Kaderplätze beim Rekordmeister einzunehmen. 

Ein Wintertransfer von Hudson-Odoi würde also auch bedeuten, dass man beim FC Bayern beide Spieler, die nicht den ganz großen Druck haben, über ein halbes Jahr beobachten kann. Basierend auf diesen Eindrücken könnte der Rekordmeister im Sommer dann reagieren und entweder mit diesen 4 Spielern in die Saison gehen oder einen Flügelspieler respektive einen kreativen Offensivallrounder wie Kai Havertz hinzuholen, einen der beiden Youngster zu Sammeln von Spielpraxis ausleihen. Und das wäre eine lukrative Ausgangsposition. 

Welche Fehler muss sich Chelsea eingestehen?

Ademola Lookman zeigte bei RB Leipzig seine Klasse, Reiss Nelson wirbelt gerade auf Leihbasis für die TSG Hoffenheim, Jadon Sancho ist einer der absoluten Newcomer der Saison und gehört beim BVB zum Stammpersonal, Brahim Diaz verließ Manchester City in Richtung Real Madrid und selbst bei Phil Foden mussten die „Skyblues“ viel Überzeugungsarbeit leisten, damit der talentierte Mittelfeldspieler in Manchester bleibt. Callum Hudson-Odoi wird der nächste Spieler sein, der einen Topklub in England verlässt. Und zwar nicht um einen Schritt zurück zu tätigen, sondern um zu einem anderen, ambitionierten Topklub zu wechseln. Das Muster ist eindeutig: Die jungen Talente aus England wechseln regelmäßig zu Teams, die in der Champions League spielen. 

Teure Neuzugänge, die die Ambitionen der Topvereine in England unterstreichen und aufgrund der finanziellen Situation machbar sind, sind zwar notwendig und müssen in dieser Form auch getätigt werden, allerdings müssen sich die englischen Vereine fragen, warum es nicht gelingt den jungen Spielern, die den Absprung wollen und auch wagen, eine entsprechende Perspektive aufzuzeigen. Zur Erinnerung: Der FC Chelsea verpflichtete zuletzt Christian Pulisic und auch wenn dieser Transfer eher ein Vorgriff auf den Sommer ist und auch mit dem Gedanken eines möglichen Hazard-Abgangs im Hinterkopf getätigt wurde: Das Signal für Hudson-Odoi war offenbar klar. Chelsea hat es versäumt dem Spieler frühzeitig eine Perspektive aufzuzeigen, einen klaren Plan. 

Für Mannschaften aus der Bundesliga – und auch anderen Ligen – besteht wie hier im speziellen Fall des FC Bayern eine große Chance. Sie können den Spielern eine Perspektive aufzeigen, ihnen einen Wechsel schmackhaft machen und derzeit von der extrem guten Jugendarbeit im englischen Fußball profitieren. Die Vereine aus der Premier League müssen verstehen, dass es auch miteinander zu vereinbaren ist Topspieler zu verpflichten und gleichzeitig ein Auge auf die eigene Jugend zu haben. Solange das nicht der Fall ist, werden Teams aus der Bundesliga, der Ligue1, auch aus der Serie A und La Liga davon profitieren, dass junge Spieler mittelfristig keine entsprechende Perspektive sehen. Und es wird wieder zu solchen Transfers kommen. 


Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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