La Liga Vorschau 1/5 | Real Madrid, Granada, Getafe, Villarreal
12. August 2019 | Vorschau | BY Manuel Behlert
Vorschau | Genau wie die Bundesliga startet auch die höchste spanische Spielklasse an diesem Wochenende in die neue Saison. In unserer fünfteiligen Vorschau stellen wir alle Mannschaften aus La Liga vor!
Real Madrid
(Letzte Saison: 2. Platz)
Zidane ist Anfang, Ende und wieder Anfang
Über 20 Jahre ist es her, da „blitzdingste“ sich Will Smith in der Rolle des Agenten J in „Men in Black“ durch die Kinosäle. Ein kurzer Knopfdruck auf den Neuralyzer, und sein Gegenüber hatte das soeben Erlebte vergessen. Genau ein solches Gerät hätte Real Madrid am Ende der abgelaufenen Saison gut gebrauchen können. Denn die Saison war genau das: zum Vergessen.
Dabei ist die schlechteste Saison seit Jahren bei den Königlichen schnell erzählt. Cristiano Ronaldo und Zinédine Zidane verabschieden sich, Julen Lopetegui übernimmt, wird entlassen, Santiago Solari folgt, wird entlassen, Zidane kehrt zurück – 284 Tage nach seinem Abschied.
Nach einer verkorksten Saison mit einem größtenteils verkorksten Umbruch steht Real unter Rückkehrer Zidane wieder am Anfang des Umbruchs. Dieses Mal aber richtig. Denn die Schmach aus Dritter in der spanischen Meisterschaft mit Sicherheitsabstand zum Meister FC Barcelona und der K.o. in der Champions League haben Spuren hinterlassen. Nicht nur bei den Fans, auch bei den Real-Bossen.
Transferoffensive in Madrid
Und so ließ man sich nicht lumpen, holte Eden Hazard (28) für 100 Millionen Euro, Luka Jovic (21) für 60 Millionen, Éder Militão (21) für 50 Millionen, Ferland Mendy (24) für 48 Millionen, Rodrygo (18) für 45 Millionen. Jemand mitgezählt? Egal. Entscheidender ist: Das soll es noch nicht gewesen sein. Zidane Wunschspieler etwa ist Paul Pogba. Jener Pogba, der einst mit seinem 100-Millionen-Wechsel zu Manchester United für ordentlich Furore sorgte.
Mittlerweile beeindruckt die Summe niemanden mehr. Die Forderungen von United hingegen schon. 180 Millionen Euro sollen es an der Zahl sein. Und so kommt es, dass der Deal immer unwahrscheinlicher wird. Halb so wild für Real. Die Alternativen Donny van de Beek oder Christian Eriksen können schließlich auch bisschen was mit dem Ball anfangen. Auf der anderen Seite sollen Altgediente den Verein noch verlassen. Gareth Bale (30), James Rodríguez (28), vielleicht ja sogar ein Isco(27)?
Bleibt nur abzuwarten, wie Zidane diesen Umbruch mit den zahlreichen neuen Stars moderiert. Die Vorbereitung ging schon mal in die Hose. Der Tiefpunkt: Die 3:7-Klatsche gegen den Stadtrivalen Atlético. Doch was heißt schon eine schlechte Vorbereitung bei den Königlichen? Richtig, wenig bis gar nichts. Wichtig wird es erst ab dem 17. August. Dann geht es zum Ligaauftakt zu Celta Vigo. Der Umbruch ist eingeleitet. Mit Zidane. Aber ohne Ronaldo.
Im Fokus: Eden Hazard
Bei derart vielen Neuverpflichtungen sehen sich einige Spieler bei Real Madrid in dieser Saison dem Fokus der Fans und Medien ausgesetzt. Einer jedoch sticht heraus: Eden Hazard. Gefüllt seit der Wende ist die heimliche Liebesbeziehung zwischen dem Belgier und Real ein offenes Geheimnis. Doch der FC Chelsea ließ seinen Flügelflitzer nie ziehen – zumindest, bis zu diesem Sommer.
Nun ist er da, der Hazard. In Madrid. Im Santiago Bernabéu. Und seine Aufgabe ist groß. Er soll den Abgang von Cristiano Ronaldo mit einem Jahr Verzögerung endlich vergessen machen. Klar, Hazard ist ein ganz anderer Spielertyp. Er taucht weniger in der Box auf, dafür mehr auf dem Flügel, löst viele Situationen spielerisch und ist nicht permanent auf den Abschluss fixiert. Der Effekt ist jedoch derselbe. Hazard gewinnt Spiele für seine Teams. Wie Ronaldo. In der Vorbereitung wirkte er allerdings häufig noch nicht auf der Höhe, manch‘ einer wollte sogar ein kleines Bäuchlein beim 100-Millionen-Mann erkannt haben. Im Test gegen RB Salzburg (1:0) traf er dann aber doch.
Newcomer: Rodrygo
Auch in die Kategorie Newcomer könnte man bei Real Madrid gleich eine Handvoll Spieler stecken. Eintracht-Neuzugang Jovic etwa oder das japanische Wunderkind Takefusa Kubo. Stattdessen ist es der Brasilianer Rodrygo geworden. 45 Millionen Euro waren Real seine Dienste wert. Beim 18-Jährigen erhofft man sich einen ähnlichen Sprung wie bei Vinícius Júnior, der für die gleiche Summe vor einem Jahr den Gang nach Madrid antrat und sich dort überraschend schnell akklimatisierte.
Wie Vinícius kommt auch Rodrygo primär über die linke Seite, ist schnell, dribbelstark und bringt das gewisse Etwas mit. Genau das wollten sie bei Real. Wieder Spieler, die die eigenen Anhänger aus den Sitzen reißen und die gegnerischen zum Schweigen bringen. Rodrygo könnte genau so einer werden. Schon in der Vorbereitung ließ er sein Können immer wieder aufblitzen.
Dennoch ist seine Rolle im Team keine einfache. Hinter Stars wie Hazard, Isco und Asensio sowie Aufsteiger Vinícius wird sich Rodrygo zunächst gedulden müssen. Das Talent, um sich durchzusetzen, hat er allemal. Zidane wird es in diesen Wochen und Monaten des Umbruchs dringend gebrauchen können.
Prognose
Angesichts der Transferphase und der Rückkehr von Sieg-Garant Zidane fällt es schwer, an eine weitere schwache Saison von Real Madrid zu glauben. Die Königlichen haben endgültig den nötigen Umbruch eingeleitet. Schafft es Zidane, diesen einigermaßen reibungslos zu moderieren, und gelingt es den verbliebenen Altgedienten, das Tief der abgelaufenen Saison zu überwinden, ist Real ab dem 17. August wieder an Anwärter auf sämtliche Trophäen.
FC Granada
(Letzte Saison: Aufstieg)
Es geht natürlich um den Klassenerhalt
Der FC Granada ist zurück in La Liga! Nach einer sehr guten Saison unter Trainer Diego Martinez (38), der erst zu Saisonbeginn installiert wurde, gelang am Ende der Saison der Aufstieg. Martinez lässt sein Team in einem relativ unspektakulären 4-2-3-1-System spielen, das aber sehr kompakt ist. Die Defensive war in vielen Spielen der letzten Saison, die 1:0, 2:0 der 2:1 gewonnen werden konnten, der Schlüssel zum Erfolg. Granada ließ wenig zu, erspielte sich konzentriert seine Chancen und nutzte diese.
Und im Transfersommer hat man sich auch noch sehr ordentlich verstärkt. Wichtig war, dass man kaum Spieler verloren hat – und schon gar keine wichtigen. Die Abgänge von Alberto Martin (30), Nicolas Aguirre (29) oder Pablo Vazquez (24) sind zu verkraften und im Rahmen der Möglichkeiten tätigte man clevere Investitionen.
So wurde beispielsweise Innenverteidiger Jose Antonio Martinez (26) aus Eibar ausgeliehen, Yangel Herrera (21) kam auf Leihbasis von Manchester City. Mit Yan Brice (21, Sevilla), Fede Vico (24, Leganes) und Domingos Duarte (24, Sporting) verpflichtete man vor allem recht junge Spieler, Darwin Machis (26, Udine) kam ebenso und soll auf Linksaußen wirbeln. Der prominenteste Neuzugang ist aber Roberto Soldado. Der 34-jährige Angreifer kam ablösefrei von Fenerbahce und soll in der Offensive für die nötige Durchschlagskraft sorgen.
Es muss noch jemand kommen
Trotz allem ist der Kader insgesamt recht klein. Nur 21 Spieler stehen im Aufgebot, es muss sich definitiv noch etwas tun. Die Linksverteidigerposition, auf der Alex Martinez (28) spielt, ist nicht doppelt besetzt, auch auf den offensiven Außenbahnen stehen insgesamt nur drei Spieler zur Verfügung. Mit Rodri (29), dem bundesligabekannten Adrian Ramos (33) und dem schon angesprochenen Soldado ist zumindest der Sturm gut besetzt.
Die zuvor erwähnte Kompaktheit wird für den FC Granada ein sehr wichtiges Element auf dem Weg zum Klassenerhalt sein. Insgesamt fehlen die großen Namen im Kader natürlich, aber Diego Martinez steht ein großer Teil der Aufstiegself zur Verfügung, die die Vorgaben des Trainers kennt. Wichtig war auch die Erhöhung der Qualität in der Innenverteidigung, die durch den Duarte-Transfer erfolgte. Der großgewachsene Portugiese überzeugte in der Vorsaison, als er auf Leihbasis für Deportivo La Coruna spielte und einen ähnlichen Effekt erhofft man sich nun auch in Granada.
Allerdings nutzen die bisher guten Anpassungen und das gefestigte System wenig, wenn der Kader nicht noch aufgefüllt wird. Zumindest die doppelte Besetzung aller Positionen sollte gewährleistet sein, damit man jederzeit auf Ausfälle reagieren kann.
Im Fokus: Roberto Soldado
Der wohl bekannteste Spieler im Kader ist Neuzugang Roberto Soldado. Und nur weil er mittlerweile 34 Jahre alt ist bedeutet das nicht, dass er dem Team nicht mehr weiterhelfen kann. Seine Quote in der letzten Saison in der Süperlig unterstreicht das. Soldado erzielte 6 Tore und bereitete 5 weitere Treffer vor – in weniger als 1400 Spielminuten.
Verlernt hat Soldado, der in seiner Karriere 110 Treffer in La Liga erzielt hat, jedenfalls nichts. Seine Bewegungen sind sehr clever, er setzt seinen Körper clever ein und ist überdies auch noch – zumindest auf diesem Level – ein solider Kombinationsspieler, der der gesamten Offensive einen positiven Impuls mitgeben kann. Soldado wird sicher nicht in allen 38 Spielen von Anfang bis Ende auf dem Platz stehen, als Rotations- und Jokerstürmer ist er aber ein sehr, sehr guter Griff.
Newcomer: Yangel Herrera
Im Winter 2017 verpflichtete Manchester City den jungen Yangel Herrera, der in der Folge zunächst bei New York City FC und später in Huesca auf Leihbasis spielte. Der Rechtsfuß aus Venezuela ist im defensiven Mittelfeld zuhause und ist ein sehr dynamischer Spieler, der sehr laufstark ist, den Ball gerne nach vorne treibt. Der 21-jährige könnte im sonst eher auf Technik oder Kontrolle ausgelegten Mittelfeld überraschen und einen guten Gegenpol zum restlichen Spielermaterial herstellen. Dementsprechend dürfte Yangel Herrera auf viel Spielzeit kommen und sich für höhere Aufgaben empfehlen.
Prognose
Für einen Aufsteiger wie den FC Granada steht der Klassenerhalt naturgemäß an erster Stelle. Positiv ist, dass man den Kader nicht komplett auf links gedreht hat, sondern sich auf gute und notwendige Ergänzungen beschränkt. Sollten die aufgezählten Verstärkungen noch erfolgen, dann hat Granada gute Chancen die Ziele auch zu erreichen. Gelingt das nicht, dann wird eine sehr, sehr schwere Saison für den Aufsteiger.
FC Getafe
(Letzte Saison: 5. Platz)
Fast in der Champions League
Der FC Getafe hat in Spanien derzeit die Rolle als Überraschungsteam inne. Nachdem man vor zwei Jahren aufgestiegen ist, schnupperte man anfangs direkt an der Europa League, verpasste die Qualifikation hierzu letztlich nur knapp. Die vergangene Saison erwies sich als noch erfolgreicher. Getafe schaffte es über die komplette Saison vorne mitzuspielen, lange Zeit hatte man sogar berechtigte Hoffnungen auf die Qualifikation zur Champions League.
Allerdings ließ man zum Ende hin etwas Federn und muss sich „nur“ mit der Europa League begnügen. Eine Leistung, die absolut bemerkenswert ist und viel Respekt verdient. In der Abschlusstabelle landete Getafe auf dem fünften Rang, konnte insgesamt 59 Punkte erbeuten und hatte ein Torverhältnis von 48:35 vorzuweisen.
Mehrfachbelastung ein Thema
Mit der erfolgreichen Qualifikation zur Europa League kommt nun auch die ungewohnte Mehrfachbelastung für das Überraschungsteam der vergangenen Saison. In der Liga gilt es sich weiter in der oberen Tabellenhälfte zu etablieren, zudem möchte man sich im internationalen Wettbewerb natürlich von seiner besten Seite zeigen. Neben einer Menge Erfahrung und Eigenwerbung geht es dabei ebenfalls um die finanzielle Komponente, die nicht unerwähnt bleiben darf.
Jedoch kann eben jene Mehrfachbelastung zur großen Gefahr werden. Der Kader kennt eine solche Belastung nicht, die Truppe ist die hohe Anzahl an kräftezehrenden Reisen und Pflichtspielen schlicht nicht gewohnt. Genau hier droht die Gefahr, dass die Leistung in La Liga darunter leidet. Jährlich gibt es international prominente Beispiele von Klubs, die diese Belastung nicht über eine komplette Saison hinweg leisten könne und in der Liga wichtige Punkte verlieren. Sollte sich Getafe hier einordnen, droht ein Kampf um den Klassenerhalt, der schnell ins Auge gehen kann. In dieser Hinsicht sei dem unerfahrenen Getafe vielleicht sogar ein frühes Aus erwünscht, um den Fokus in der Liga nicht zu verlieren.
Die Mannschaft ist weitestgehend intakt geblieben, weder gab es eine Vielzahl an Abgängen, noch wurden bislang viele Neuverpflichtungen geholt. Mit Gallego (32) und Harper (23) kamen zwei Stürmer, die den Fußball in Spanien kennen und die die Offensivabteilung beim FC Getafe weiter verstärken sollen. Zudem konnte man Linksverteidiger Marc Cucurella vom FC Barcelona ausleihen, auch er dürfte das Niveau im Kader noch einmal erhöhen. Wichtig wird sein, dass die Automatismen in der Defensive früh greifen, denn die Kompaktheit war in der Vorsaison der Schlüssel zum Erfolg.
Im Fokus: Stürmerduo Molina/Mata
Die beiden Spanier Jorge Molina (37) und Jaime Mata (30) sorgten in der vergangenen Saison für reichlich Furore. Trotz ihres hohen Alters wussten beide Stürmer sehr zu gefallen und kamen zusammen auf 39 Torbeteiligungen. Während Molina, Kapitän der Mannschaft, auf 14 Treffer und fünf Torvorlagen kam, konnte Mata in seiner Premierensaison in Getafe sogar sechs Torvorlagen beisteuern, bei ebenfalls 14 eigenen Treffern.
Die große Frage ist nun, ob die beiden an dieser grandiosen Saison anknüpfen können. Die Erwartungen sind hoch, dennoch wurden mit Gallego und Harper weitere Stürmer verpflichtet, um das kongeniale Duo bei der hohen Anzahl an Pflichtspielen zu entlasten.
Newcomer: Jack Harper
Der Neuzugang ist mit seinen 23 Jahren einer der Jungspunde im Kader von Pepe Bordalas. Für eine Ablösesumme von 1,5 Millionen Euro wechselte der Stürmer vom FC Malaga von FC Getafe. In der vergangenen Saison gelangen ihm in Spaniens zweiter Liga in 25 Spielen vier Treffer und zwei Torvorlagen. Diese Ausbeute soll nun in La Liga ausgebaut werden. Um sich weiter entwickeln und verbessern zu können, wird sich Harper viel vom Erfolgsduo Molina/Mata abschauen können.
Der Linksfuß geht ohne den ganzen großen Druck in die neue Spielzeit. Bordalas wird ihm die Zeit geben, die er braucht um sich an das Niveau zu gewöhnen, dennoch darf man gespannt sein, wie Harper in Spaniens Oberhaus zurecht kommen wird.
Prognose
Der FC Getafe hat auch in dieser Saison das Zeug für die obere Tabellenhälfte. Mit dem gewohnten 4-4-2 System und einer eingespielten Mannschaft kann man dem Großteil der Liga gefährlich werden und eine Vielzahl an Punkten einfahren. Allerdings droht die angesprochene Gefahr der Doppelbelastung im internationalen Wettbewerb. Kommt man mit dieser nicht zurecht, muss der Blick zwangsläufig nach hinten gehen, um nicht als Fahrstuhlmannschaft zu enden. Doch diese Naivität sollte einem Trainer wie Pepe Bordalas (55), dem Star der Truppe, eigentlich nicht passieren.
FC Villarreal
(Letzte Saison: 14. Platz)
Anders als geplant
Die letzte Saison verlief für den FC Villarreal nicht gerade nach Plan. Nachdem das „Gelbe U-Boot“ in den fünf Jahren zuvor jeweils zwischen Platz 4 und Platz 6 landete, sollte eigentlich der nächste Schritt folgen, der Abstand zu den Champions League Rängen sollte verringert werden. Doch es kam ganz anders, auf einmal war Abstiegskampf angesagt.
Nicht einmal in 38 Spieltagen stand Villarreal in der oberen Tabellenhälfte, 11 Spieltage lang standen sie sogar auf einem Abstiegsplatz, letztmals am 31 Spieltag. Doch am Ende reichte es immerhin noch für den 14 Tabellenplatz und sieben Punkten Vorsprung vor dem ersten Absteiger. Der Grund dafür ist aber in erster Linie ein starker Endspurt mit 14 Punkten in den letzten sieben Spielen. Eine Kehrtwende zur genau richtigen Zeit.
Ein Grund für diese Kehrtwende war auch die Rückkehr von Trainer Javier Calleja. Der 41-jährige Spanier führte Villarreal in der Saison 2017/18 auf den fünften Rang, musste in der letzten Spielzeit aber nach 15 Spielen, auf Rang 17 stehend, seinen Hut nehmen. Sein Nachfolger, Luis Garcia, blieb daraufhin aber äußerst glücklos und musste schon nach sechs (!) Ligaspielen, in denen er sieglos blieb und mit seiner Mannschaft auf Rang 19 abrutschte, gehen. Und dann war Calleja auch schon wieder da.
In der kommenden Spielzeit wird er nun versuchen Villarreal zurück in die gewohnten Gefilde, die obere Tabellenhälfte, zu führen. Dass das mit der Mannschaft aus dem Vorjahr so nicht möglich ist, war dabei natürlich klar, weshalb es einige Veränderungen gab. Das Torverhältnis von 49 Toren (achtbeste Offensive der Liga) zu 52 Gegentoren (sechstschlechteste Defensive der Liga) stellte dabei einen guten Indikator dafür dar, wo die Probleme lagen.
Mit den Zugängen von Rechtsverteidiger Ruben Peña (27, SD Eibar, 8 Millionen Euro Ablöse), Innenverteidiger-Routinier Raul Albiol (33, SSC Neapel, 5 Mio. €) und Linksverteidiger Alberto Moreno (27, FC Liverpool, ablösefrei) bekommt die Viererkette ein komplett neues Gesicht. Außerdem kommt mit Andre Zambo Anguissa (23, Fulham, Leihe) ein neuer „Sechser“ und mit Moi Gomez (25, Gijon, 1,3 Mio. €) ein neuer Flügelspieler.
Fornals-Abgang schmerzt
Auf deren anderen Seite wurden aber auch zahlreiche, durchaus prominente, Spieler abgegeben: Pablo Fornals (23, West Ham, 28 Millionen Euro Ablöse), Ruben Semedo (25, Piräus, 4,5 Mio. €), Javi Fuego (35, Gijon, ablösefrei), Alvaro (29, Marseille, Leihe), Alfonso Pedraza (23, Betis, Leihe) und Daniele Bonera (38, Karriereende). Außerdem wurden auch noch bisher verliehene Spieler wie Sansone oder Cheryshev fest verkauft.
Dennoch wirkt der Kader insgesamt leicht verbessert. Albiol dürfte der Abwehr mit seiner Erfahrung und seiner nach wie vor vorhandenen Klasse Stabilität verleihen, während Moreno und Peña, der eine fantastische Saison für Eibar spielte, tolle Optionen für die Außenverteidiger-Positionen sind. In Kombination mit Rodrigo Funes Mori, Victor Ruiz, Mario Gaspar und Jaume Costa, die geblieben sind, verfügt Villarreal über ein solide defensives Fundament.
Und auch im Mittelfeld hat Calleja weiterhin viele gute Optionen: Santiago Caseres, Vicente Iborra, Manu Trigueros, Bruno, Anguissa, Morlanes, Moi Gomes und natürlich den ewigen Santi Cazorla. Der 34-jährige blüht, seit seiner Rückkehr vom FC Arsenal, wieder richtig auf und konnte selbst in der vergangenen Saison vollauf überzeugen. Wenn er fit bleibt, ist es einfach ein wahres Vergnügen ihn spielen zu sehen.
Ganz vorne verfügt man mit Gerard Moreno, Toko Ekambi und Bacca zwar durchaus über Optionen, doch so wirklich überzeugen konnte zuletzt keiner. Und mit Samu Chukwueze, (20), der in der abgelaufenen Saison seinen Durchbruch schafft, hat man nur einen richtig guten Flügelspieler. Hier macht sich der Abgang von Pedraza schmerzlich bemerkbar. Ein paar Ergänzungen könnte offensiv also nicht schaden. Insgesamt gibt es aber durchaus Anlass zur Hoffnung, dass Villarreal eine deutlich positivere Spielzeit erleben wird.
Im Fokus: Santi Cazorla
Was soll man noch über Santi Cazorla sagen? Ein unfassbar guter Fußballer, ein großer Kämpfer und ein wahnsinnig sympathischer Typ. Man muss ihn einfach mögen, auch als Fußballer. Cazorla ist kreativ, versteht es bestens andere Spieler in Szene zu setzten und den Gegner perfekt zu sezieren. Er ist technisch brillant, trotzdem enorm zweikampfstark und er schießt auch noch Tore.
Doch es gibt ein „Aber“, ein sehr großes „Aber“ – seine Verletzungsgesichte. Der 34-jährige Spanier hat viel und stark gelitten, eine Horror-Verletzung kostete ihn beinahe seine Karriere und ein Bein. Es war knapp, sehr knapp. Und man kann nur hoffen, dass er fit bleibt und uns weiterhin mit seiner Kunst verzückt.
Newcomer: Samu Chukwueze
So ein richtiger Newcomer ist Samu Chukwueze nicht mehr. Schon in der abgelaufenen Saison absolvierte er 26 Erstliga-Spiele für Villarreal, in denen er fünf Tore erzielte und zwei weitere vorbereitete. Doch weil er erst im November 2018 dauerhaft in die erste Mannschaft befördert wurde und demzufolge in seine erste vollständige Profi-Saison geht, lassen wir es nochmal durchgehen.
Chukwueze ist ein klassischer inverser Flügelspieler. Er zieht mit Vorliebe mit seinem starken linke Fuß von der rechten Seite in die Mitte, um Chancen zu kreieren. Seine Stärken liegen im Tempo, seinem starken Dribbling und seinem Durchsetzungsvermögen. Auch sein Schuss kann sich durchaus sehen lassen, doch mitunter ist er noch etwas roh und wild, was sich teilweise in vielen unglücklichen Entscheidungen äußert. Doch sein Potenzial ist gigantisch und die letzte Saison war erst der Anfang.
Prognose
Villarreal hat sich defensiv sehr gut verstärkt und sollte somit das größte Problem des Vorjahres behoben haben. Weniger Gegentore dürften zwangsläufig zu mehr Punkten führen, was sich auch positiv in der Tabelle bemerkbar machen wird. Auf der anderen Seite könnte es offensiv dieses Jahr etwas hapern. Gerard und Toko Ekambi wussten bisher nicht vollauf zu überzeugen, Bacca hat in den letzten Jahren nachgelassen und auch Fornals‘ und Pedrazas Abgänge dürften nicht spurlos vorübergehen. Für die Europapokal-Plätze dürfte es somit nicht reichen, doch ein Platz in der oberen Tabellenhälfte ist definitiv realistisch. Platz 7-11 ist ein dehnbarer Zielkorridor.
(Photo by Christof STACHE / AFP)
Manuel Behlert
Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.