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Liverpools Investitionen zahlen sich aus; der FC Arsenal auf der Suche nach sich selbst

21. August 2018 | Spotlight | BY Chris McCarthy

Die Premier League ist zurück und nachdem die heiß begehrten 7 Awards in der ersten Woche urlaubsbedingt leider ausfielen, geht es am zweiten Spieltag nun auch mit diesem Format endlich in die neue Spielzeit. Es gibt reichlich Gesprächsstoff…

 

„Lohnenswerte Investitionen“ – Award: FC Liverpool

In einem sehr unangenehmen Auswärtsspiel bei Crystal Palace setzte sich der FC Liverpool etwas glücklich, allerdings auch verdient mit 2:0 durch.

Die Hausherren wurden von Roy Hodgson perfekt eingestellt, verteidigten leidenschaftlich, zweikampfstark und stellten die Verteidigung der Gäste mit langen Bällen vor große Probleme. Darüber hinaus hatten die Außenverteidiger Trent Alexander-Arnold und Patrick Robertson mit den schnellen Flügelspielern der Eagles, Wilfried Zaha und Andros Townsend, alle Hände voll zu tun. Dennoch ließen die Reds wenige Chancen zu, fanden einen Weg, zwei Tore zu erzielen und wichtiger noch, alle drei Punkte mitzunehmen.

Nach dem Spiel kursierte vielerorts die Meinung, dass genau das die Art von Spiel gewesen sei, das Liverpool noch vor 12 Monaten nicht gewonnen hätte. In der Vergangenheit tat sich die Klopp-Elf nämlich öfters mit solch pragmatischen, dafür aber effektiven Gegnern schwer.

Warum holte Liverpool gestern also alle drei Punkte? Nun, Jürgen Klopp hat in den vergangenen zwölf Monaten einige kostspielige Investitionen getätigt, die gerade gestern eine große Rolle spielten. Obwohl Mohamed Salah (42 Millionen Euro) ausnahmsweise kein Tor schoss, beschäftigte er permanent die Defensive der Eagles und holte dank seiner Beweglichkeit den wohl spielentscheidenden Elfmeter zum so wichtigen 1:0 heraus. Außerdem erzwang der Ägypter bei einem Konter eine Notbremse und damit die Rote Karte für Aaron Wan-Bissaka. In einer Phase, als Crystal Palace trotz Unterzahl auf den Ausgleich pochte, macht der stets gefährliche Sadio Mané (41 Millionen Euro) mit dem 2:0 eiskalt den Sack zu.

Der nächste Schlüsselspieler der gestrigen Partie war Naby Keita (60 Millionen Euro). Der Mittelfeldspieler unterband durch seine hervorragende Antizipation viele Gegenangriffe und verpasste der Schaltzentrale deutlich mehr Struktur. Im Tor entschärfte 70-Millionen-Euro-Mann Alisson einige brenzlige Situationen und strahlte dabei absolute Souveränität aus.

Kommen wir zu guter Letzt zum Mann des Spiels, der zugleich der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte ist. Virgil Van Dijk, vergangenen Winter für knapp 80 Millionen Euro vom FC Southampton verpflichtet, hat sich zum absoluten Fels in der einst so instabilen Innenverteidigung entwickelt. Ohne seine ordnende Präsenz, seinem resoluten Zweikampfverhalten und vor allem seiner sagenhaften Kopfballstärke hätte Liverpool gestern höchstwahrscheinlich mindestens einen Gegentreffer hinnehmen müssen.

Die Investitionen der letzten zwölf Monate hatten es in sich, doch sie zahlen sich aus…

(Photo PAUL ELLIS/AFP/Getty Images)

 

„Auf der Suche nach sich selbst“ – Award: FC Arsenal

Nach Manchester City letzte Woche konnte nur sechs Tage später auch der FC Chelsea die große Schwachstelle des „neuen“ FC Arsenal entblößen.

Dass die Innenverteidigung der Gunners, bestehend aus Shkodran Mustafi und Neuzugang Sokratis, für das Emery-System nicht gerade maßgeschneidert ist, war absehbar. Dass Emery sein System, in dem sowohl defensiv wie offensiv viel von den zwei zentralen Abwehrspielern abhängt, dennoch umsetzen wollte, wurde nun bestraft.

Die technisch limitierten Innenverteidiger taten sich im Spielaufbau schwer. Schlimmer noch, um sein Pressing effektiv durchzusetzen, spielte der Trainer mit einer sehr hohen Verteidigungslinie. Eine Ausrichtung mit der die langsamen Innenverteidiger, aber auch der taktisch verwirrte Hector Bellerin extrem überfordert waren. Immer wieder konnten die Blues die Verteidigung überspielen oder gar überlaufen und gingen daher bereits nach 20 Minuten 2:0 in Front (Pedro, Morata).

Auf der anderen Seite zeigt der FC Arsenal nach der Verpflichtung von Emery schon jetzt klasse Ansätze in der stark besetzten Offensive und ganz nebenbei einen starken Willen. Das ungewohnte Pressing verursachte Fehler im Aufbau der Gastgeber und die Angriffe wirkten trotz der anfänglichen Missverständnisse durchdacht. Nach mehreren kläglich verpassten Großchancen konnten sich die Nordlondoner zurück in die Partie kämpfen. In der 37. Minute erzielte Mkhitaryan den Anschlusstreffer, ehe er beim Ausgleich durch Iwobi in der 41. Minute als Vorbereiter glänzte. Insbesondere der zweite Treffer, eine Passstafette über 19 Stationen – ligaweit die meisten in dieser Saison – trägt die Handschrift des neuen Trainers. Die Gunners hätten vor dem Halbzeitpfiff sogar noch einen Treffer nachlegen können.

(Photo ERIK SIMANDER/AFP/Getty Images)

Die wackelige Defensive blieb jedoch ein Dorn im Auge und so entschloss sich Emery in der Halbzeit dazu, die Ausrichtung zu ändern. Das Pressing wurde deutlich reduziert und die Viererkette stand sichtlich tiefer. So sehr das der Stabilität beitrug, so sehr schwanden plötzlich auch die Offensivaktionen. Arsenal konzentrierte sich nur noch aufs Verteidigen, zu sehr. Chelsea machte Druck und so war es ausgerechnet ein individueller Fehler des eingewechselten Alexandre Lacazette, der zur Entscheidung führte. Der Franzose leitete mit seinem katastrophalen Rückpass in der 81. Minute das glückliche, allerdings nicht unverdiente 3:2 durch Marcos Alonso ein. Eine bittere Lektion für die roten Stadtrivalen.

Die Direktheit der Offensive macht Hoffnung und sollte mit zunehmender Präzision für viele Tore sorgen. Das Pressing der Gunners zeigt schon jetzt Wirkung, allerdings noch auf Kosten der Defensive. Der spontane Versuch, die Abwehr zu stabilisieren, raubte dem so potenten Angriff gegen Chelsea jegliche Durchschlagskraft. Unai Emery und Arsenal werden Zeit brauchen, die richtige Balance zu entwickeln und sich selbst zu finden. Nach dem schonungslosen Auftaktprogramm, vielen Fehlern, aber auch vielen hoffnungsvollen Ansätzen sollte und wird der Wenger- Nachfolger diese Zeit auch erhalten.

 

„Gestrichenes Taschengeld“ – Award: José Mourinho

Auf diese Thematik gingen wir ausführlicher in einer Kolumne ein:

400 Millionen Euro in zwei Jahren waren scheinbar nicht genug. Wenige Tage vor Transferschluss fragte sich José Mourinho in aller Öffentlichkeit, ob von seiner fünf Spieler umfassenden Wunschliste zumindest einer noch verpflichtet werden könnte. Die Antwort lautet nein.

Warum der Portugiese weitere Verstärkungen forderte, war trotz der effektiven Saison als Vizemeister auf dem Platz durchaus zu erkennen. Warum United seinem Trainer das Taschengeld kürzte, allerdings auch. Das war bei der Niederlage gegen Brighton & Hove Albion sehr deutlich zu erkennen…

Hier zum Text:

http://ec2-35-159-50-186.eu-central-1.compute.amazonaws.com/taschengeldkuerzung-warum-sich-jose-mourinho-nicht-beschweren-darf/

 

„Vergessener Weltklasse-Stürmer“ – Award: Sergio Agüero

Bei den ganzen Hochkarätern in der Offensive von Manchester City und der Entwicklung von Gabriel Jesus ist die Klasse Sergio Agüeros im vergangenen Jahr etwas in Vergessenheit geraten. Obwohl kaum einer über ihn redete, schoss der Argentinier letzte Spielzeit stolze 21 Tore.

Auch diese Saison kommt Agüero hervorragend aus den Startlöchern. Gegen ein überfordertes Huddersfield erzielte der Stürmer drei Tore – sein insgesamt neunter Hattrick in der Premier League. Damit fehlen Agüero nur noch zwei Dreierpacks um Rekordhalter Alan Shearer einzuholen. Betrachtet man sich die Offensiv-Maschinerie der Cityzens erscheint dies noch in dieser Spielzeit machbar zu sein. Es wäre die Gelegenheit, die Welt eindrucksvoll daran zu erinnern, dass Agüero in den letzten Jahren einer der besten Stürmer des Planeten war und immer noch ist.

 

„Frühstarter“ – Award: Harry Kane

Im ersten Saisonspiel merkte man den vielen WM-Teilnehmern Tottenhams, allen voran Harry Kane, noch sichtlich die Müdigkeit an. Die individuelle Qualität genügte dennoch, um Newcastle 2:1 zu besiegen.

Gegen Fulham waren die nach der Transferphase unveränderten, dafür aber sichtlich eingespielten Spurs zwar noch nicht in Bestform, aber immer noch deutlich besser als die unabgestimmten Cottagers. Ausschlaggebend dafür war die Leistung des Goalgetters der Hausherren. Harry Kane wirkte frisch, war ein ständiger Aktivposten im Angriffsspiel und beschäftigte permanent die Defensive der Gäste.

Abrunden konnte der englische Nationalstürmer seine starke Leistung mit dem Treffer zum 3:1. Kein unbedeutendes Tor für Harry Kane, denn es war im 15. Versuch sein erster Treffer im Monat August! Der für ihn ungewohnte Frühstart kommt den müden Spurs gelegen…

 

„Flop des Tages“ – Award: Kenedy

Es war ein ganz schwaches, torloses Remis zwischen Cardiff und Newcastle. Passenderweise brachte diese Partie auch den „Flop“ des zweiten Spieltags hervor.

Kenedy, nach starker Rückrunde bei den Magpies für eine weitere Saison von Chelsea ausgeliehen, hatte einen Tag zum Vergessen. Zunächst hätte der Brasilianer nach einer Tätlichkeit an Victor Camarasa mit Rot vom Platz fliegen müssen. Doch der Schiedsrichter, dem der Video Assistent Referee übrigens nicht zur Seite steht, übersah den späten Tritt an seinem Gegenspieler. Es würde der einzige glückliche Moment für Kenedy bleiben. Der Flügelspieler brachte in der ersten Halbzeit nicht einen Pass an den Mann und ist damit der erste Spieler seit Nikola Kalinic (2010), dem dieses „Kunststück“ gelang.

Damit nicht genug. In der sechsten Minute der Nachspielzeit hätte der Linksfuß dennoch zum Held werden können. Kenedy zementierte mit seinem kläglich ausgeführten und damit parierten Strafstoß allerdings den wohl schwärzesten Tag seiner Profi-Karriere.

 

„Zweifacher Klassenunterschied“ – Award: Huddersfield

Dass es Huddersfield bei Manchester City nicht einfach haben würde, war absehbar. Das 6:1 belegt, wie dominant die Cityzens die total überforderten Terrier zerlegten. Ein Klassenunterschied war zu erkennen und ist, wie in der Saisonvorschau angedeutet, auch faktisch ein realistisches Szenario für die nächste Spielzeit.

Das Ungleichgewicht zwischen den Teams war allerdings nicht der einzige Klassenunterschied des Tages. Ben Hamer, vor der Saison ablösefrei von Leicester gekommen, sollte den Konkurrenzkampf im Huddersfielder Tor beleben. Nicht nur das. Da der Däne eine gute Vorbereitung spielte und Stammkeeper Jonas Lössl nach der WM laut Wagner nicht in der besten Verfassung gewesen sei, erhielt Hamer gegen Chelsea und Manchester City den Vorzug.

Der 30-Jährige, beim 0:3 gegen die Blues schon unsicher, verschuldete gegen den amtierenden Meister im Alleingang zwei Treffer und sah bei einem weiteren nicht sonderlich gut aus. Hamer war nicht alleine Schuld an der Niederlage, dafür erspielte sich City zu viele Chancen. Doch im Kasten der Terrier, Verfassung und Vorbereitung hin oder her, scheint es ebenfalls einen Klassenunterschied zu geben. Wohl nur eine Frage der Zeit, bis Lössl wieder zwischen den Pfosten steht.

 

Chris McCarthy

Gründer und der Mann für die Insel. Bei Chris dreht sich alles um die Premier League. Wengerball im Herzen, Kick and Rush in den Genen.


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