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Warum der FC Bayern der Gewinner des Lewandowski-Deals ist

17. Juli 2022 | Spotlight | BY Manuel Behlert

Der FC Bayern München hat einem Wechsel von Robert Lewandowski zum FC Barcelona zugestimmt. Der Spieler wollte diesen Schritt ein Jahr vor Vertragsablauf unbedingt gehen. Auch wenn der Verlust eines Offensivspielers dieser Qualität nie leicht aufzufangen ist, besteht für den FC Bayern die Chance, viele Vorteile aus dem Transfer zu ziehen. 

  • FC Bayern: Lewandowski wechselt zum FC Barcelona
  • Rekordmeister erhält wichtige Einnahmen für Neuzugänge
  • Chance für Veränderungen im Sommer

Lewandowski wechselt zum FC Barcelona

In den letzten Jahren war Robert Lewandowski (33) konstant einer der besten Stürmer der Welt. Der Pole gewann mit dem FC Bayern zahlreiche Meistertitel, die Champions League im Jahr 2020 ebenso. Zudem knackte er den Uralt-Rekord, gehalten bis dahin von Gerd Müller, und erzielte 41 Tore in einer Saison in der Bundesliga. Wenn ein solcher Spieler wechselt, ist das natürlich ein Verlust. Die Qualität des Spielers ist unbestritten hoch, derAngreifer ist topfit und war in den letzten Jahren fast nie verletzt.



Doch der Wechsel lief nicht ohne Nebengeräusche ab. Die Spielerseite übte Druck aus, Lewandowski mitsamt Berater machten den Wechselwunsch öffentlich, das Tischtuch zwischen den Parteien schien früh im Sommer zerschnitten zu sein. Vor allem, weil die Verantwortlichen des Rekordmeisters früh öffentlich dagegen hielten und dem Wechselwunsch zunächst nicht entsprachen. Sogar von einem möglichen Fernbleiben vom Training war zwischenzeitlich die Rede, dazu kam es aber nicht.

Verkauf ein „Einknicken“ der Verantwortlichen?

Oliver Kahn, Hasan Salihamidzic und Herbert Hainer wurden in diesem Sommer nicht müde zu betonen, dass sie Robert Lewandowski nicht abgeben wollen, ihn zum Trainingsauftakt erwarten und der Vertrag bis 2023 erfüllt werden soll. Manch einer wird den Verantwortlichen diese Aussagen nach dem erfolgten Verkauf des Angreifers zur Last legen. Aber ist das wirklich so zu bewerten?

Nein. Die Aussagen waren taktischer Natur. „Mit ‚Basta‘ beendet man eine Diskussion. Und genau das wollte ich zum damaligen Zeitpunkt, denn wir hatten vor zwei Monaten weder ein Angebot für Robert noch Alternativen in Aussicht“, teilte Oliver Kahn am Wochenende mit. Nach anfänglicher, größerer Unruhe beruhigte sich die Situation rund um den Lewandowski-Wechsel doch schnell.

Salihamidzic Lewandowski

(Photo by Adam Pretty/Getty Images)

In München werden sich die Entscheidungsträger zusammengesetzt und entschieden haben, dass die 50 Millionen Euro, die der FC Bayern nun erhält, die Schmerzgrenze sind. Diese Summe rechtfertigt einen Verkauf und ein gesichtswahrendes Abnicken des Deals für die Herren Salihamidzic & co. Die Gesamtgemengelage hatte sich in den letzten Tagen geändert. Einen unzufriedenen Spieler behalten, 50 Millionen Euro für einen 33-Jährigen mit einem Jahr Restvertrag abzulehnen, wäre durchaus problematisch gewesen. Vor allem vor dem Hintergrund der Planungen in diesem Sommer.

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FC Bayern: Lewandowski-Thema rechtzeitig beendet

Die schwierige Gesamtsituation rund um Lewandowski ordentlich zu moderieren, war eine Herausforderung für die Verantwortlichen beim Rekordmeister. Das ist im Endeffekt durchaus gut gelungen, von „bösem Blut“ zum Abschied war nichts zu spüren, auch wenn der Abgang ein recht kühler war, was sich die Spielerseite am Ende auch selbst zuzuschreiben hat. Sehr wertvoll ist, dass nun Ruhe einkehrt an der Säbener Straße. Die Teampräsentation am Wochenende gilt als Startschuss für die heiße Phase der Saisonvorbereitung. Kein wichtiger Spieler wird den Verein mehr verlassen, jetzt fängt die Phase der härtesten Arbeit an.

Während dieser Phase noch stündlich Wasserstandsmeldungen aushalten zu müssen, die sich zum x-ten Male um ein mögliches neues Angebot, einen neuen Post in den sozialen Medien oder eine neue Aussage von Berater Zahavi drehen, würde die Vorbereitung stören. Stattdessen ist das Thema vom Tisch und der Spieler nicht mehr Bestandteil des Trainings, wodurch auch bei den Trainingsinhalten mit dem Kader gearbeitet werden kann, der auch zu Saisonbeginn zur Verfügung steht. Dass mit der Vertragsverlängerung von Serge Gnabry (27) auch noch die letzte große Verhandlung mit dem bestehenden Personal beendet ist, hilft zusätzlich.

Lewandowski-Wechsel ermöglicht die nächsten Schritte auf dem Transfermarkt

Das ist allerdings nur die Spitze des Eisbergs. Der Abgang von Robert Lewandowski ermöglicht es, die nächsten Schritte auf dem Transfermarkt zu gehen. Mit den 45 Millionen Euro, die sofort für den Polen gezahlt werden, hat der Rekordmeister knapp 80 Millionen Euro eingenommen und rund gut 50 Millionen Euro ausgegeben. Ein gewisses Transferminus ist beim gut wirtschaftenden Rekordmeister trotz der Corona-Probleme, die jeder Klub hatte, möglich. Durch die Einnahmen für den polnischen Angreifer werden nun Möglichkeiten frei, um die nächsten Transfers abzuarbeiten.

Königstransfer soll dabei Matthijs de Ligt (22, Juventus werden). Die Bianconeri fordern eine Ablösesumme im Bereich von 80 Millionen Euro, mit Bonuszahlungen soll der FC Bayern bisher 70 Millionen Euro bieten. Gut möglich, dass hier zeitnah nachgelegt und eine Einigung erzielt wird. Auch beim jungen Mathys Tel (17, Stade Rennais) soll das nächste Angebot in Kürze folgen und bei 30 Millionen Euro inklusive Boni liegen. Und auch bei Konrad Laimer (24, RB Leipzig) könnte sich zeitnah noch etwas tun. Ein Transferdreierpack für rund 125 Millionen Euro, nachdem bereits drei Spieler nach München wechselten, ist also durchaus möglich und durch den Verkauf wahrscheinlicher geworden.

Mehr Flexibilität, mehr Nagelsmann-Ideen

Interessant wird natürlich, wie der Rekordmeister den Abgang auf dem Platz auffängt. Aktuell deutet vieles darauf hin, dass – neben dem möglichen Neuzugang Tel, dem viel Potenzial nachgesagt wird – Sadio Mane (30) und Serge Gnabry häufig im Sturmzentrum auflaufen sollen, gerne auch einmal gemeinsam. Gnabry ist ein abschlussstarker Spieler, Mane spielte schon in Liverpool oftmals im Zentrum. Gemessen an den reinen Torjägerqualitäten hat Lewandowski gegenüber beiden seine Vorteile, die Torquote spricht für sich.

Das muss aber nicht bedeuten, dass die Offensive des amtierenden Meisters schwächer wird. Es ist mehr Platz für Flexibilität und Fluidität, die Offensive kann mit den richtigen Anpassungen auf taktischer Ebene unberechenbar werden. Jamal Musiala (19) kann den nächsten Schritt machen, Kingsley Coman (26) seine sehr starke Saison noch einmal übertrumpfen und auch Leroy Sane (26) könnte davon profitieren, wenn es mehr Freiräume für die Offensivspieler gibt.

Dass nach einer durchwachsenen Rückrunde mit einigen Problemen im gesamten Bereich der Mannschaft Veränderungen notwendig sind, scheint ohnehin klar zu sein. Der Lewandowski-Abgang ermöglicht es Trainer Julian Nagelsmann (34) nun, diese Veränderungen deutlich radikaler umzusetzen, als er es bei einem Verbleib gekonnt hätte. Für Bayern und Nagelsmann, die einen klaren, langfristigen Plan haben, ist dieser Sommer jetzt also auch die Chance, eine kleine Revolution zu starten. Ohne Lewandowski, aber mit extrem viel Qualität im Kader, wenn die Pläne aufgehen.

(Photo by Matthias Hangst/Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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