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Punkt im Derby als Mutmacher: Reis-Stil nimmt Schalke 04 die Angst

12. März 2023 | Trending | BY Manuel Behlert

Mit Spannung wurde das Revierderby zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund am Samstagabend erwartet. Schließlich waren vor dem Spiel beide Teams in der Rückrunde noch komplett ungeschlagen. Trotzdem konnten die Vorzeichen unterschiedlicher kaum sein, Schalke stand auf einem Abstiegsplatz, der BVB hätte mit dem FC Bayern nach Punkten gleichziehen können. 

Hätte. Denn das Spiel endete 2:2. Borussia Dortmund war fußballerisch zwar überlegen, Schalke 04 zog seinen Stil aber bis auf wenige Phasen konsequent durch. Die Königsblauen kaschierten die individuelle Unterlegenheit durch Kampf und Struktur, nutzten einen Teil der BVB-Fehler eiskalt aus. Trotz spielerischer Vorteile der Gäste aus Dortmund war das Remis nicht einmal unverdient.



Schalke erkämpft sich den Punkt im Revierderby

Von Beginn an übernahm Borussia Dortmund am Samstagabend auf Schalke die Spielkontrolle. Der BVB hatte mehr Ballbesitz, spielte mehr Pässe, war bei der Passgenauigkeit deutlich vorne. Schalke versuchte, so kompakt wie möglich zu stehen, doch die schnellen Tempowechsel der Dortmunder, die phasenweise eingestreut wurden, brachten die Defensive in Schwierigkeiten. Doch entweder verzog ein BVB-Angreifer, der letzte Pass war nicht perfekt, Ralf Fährmann parierte oder ein Schalker Verteidiger war in letzter Sekunde zur Stelle. So dauerte es bis zur 38. Minute, ehe Nico Schlotterbeck den Bann brach. 

Was sich zuvor aber schon andeutete: Schalke lauerte auf Fehler des Gegners und einen solchen von Mats Hummels, der nach einem schwachen Schlotterbeck-Anspiel den Ball an Rodrigo Zalazar verlor, hätten die Königsblauen beinahe zur Führung genutzt. Trotzdem konnte der BVB mit der ersten Halbzeit deutlich zufriedener sein als der Gastgeber. Die Elf von Trainer Thomas Reis konzentrierte sich auf die Grundtugenden im Abstiegskampf, konnte sich aber zu selten spielerisch befreien. In der 2. Halbzeit trat Königsblau dann aber verbessert auf, die Halbzeitansprache des Trainers musste in die Köpfe der Spieler vorgedrungen sein. 

Schalke Reis

(Photo by Lars Baron/Getty Images)

Mit mehr Engagement kam Schalke aus der Kabine und nach einem Ballverlust von Jude Bellingham spielte der Gastgeber einen Angriff endlich mit der nötigen Geschwindigkeit und Präzision zu Ende. Marius Bülter glich aus, jeder BVB-Verteidiger war einen Schritt zu spät. Jetzt entwickelte sich ein rassiges Derby, in dem es Dortmund nicht gelang, das Spiel ruhig zu gestalten. Dennoch hatte Emre Can einen Geistesblitz, bediente Raphael Guerreiro mustergültig und der Portugiese traf zum 1:2. Doch Schalke stresste den Gegner, hatte Glück, dass Jamie Bynoe-Gittens nicht das 1:3 erzielte und traf in der Offensive dank Kenan Karaman selbst zum 2:2. Eder Balanta hätte sogar noch für die komplette Wende sorgen können, das wäre aber möglicherweise zuviel des Guten gewesen.

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Schalke 04: Die Konsequenz nimmt die Angst

Das Spiel gegen Dortmund steht sinnbildlich für die Entwicklung von S04 unter Trainer Reis. Das Team weiß, dass es spielerische Defizite hat und nicht mit den Topteams der Liga mithalten kann. Umso wichtiger ist die Einstellung. Die Entschlossenheit, von Beginn an um jeden Ball zu kämpfen und sich gegenseitig zu unterstützen. „Dass Dortmund uns fußballerisch überlegen war, muss man anerkennen. Aber wenn man so zurückkommt und diese Mentalität zeigt, genießt man das. Bei mir ist es immer so, dass die Mannschaft auf dem Platz gestanden hat und dann auch die Anerkennung ernten darf“, resümierte der Coach nach der Partie.

Die oberste Regel bei den Königsblauen ist, dass jeder seinen Teil dazu beitragen muss, Gegentore zu verhindern. In den Spielen gegen Köln, Gladbach, Wolfsburg, Union, Stuttgart, Bochum und Dortmund kassierte der Aufsteiger nur drei Gegentreffer. Einen defensiven Fokus verfolgte die Mannschaft auch über weite Strecken der Hinrunde, doch die Art und Weise hat sich geändert. Reis holt aus dem Kader heraus, was drinsteckt. Er hat die Leidenschaft wieder zurückgebracht und jeder gewonnene Zweikampf wird gefeiert. Das wiederum stachelt auch die Fans an, die Stimmung auf Schalke ist derzeit hervorragend. 

Königsblau tritt auf dem Feld ganz anders auf als über weite Strecken der Saison. Unter dem neuen Trainer kam Schritt für Schritt die Zuversicht zurück. Elemente, die Reis anpasste, zeigten auf dem Feld schnell eine Verbesserung. Der Glaube an die eigene Stärke kehrte zurück, auch mental machte das etwas mit dieser Mannschaft. Die Konsequenz mit der die Spieler auftreten und die Zweikämpfe führen, nimmt die Angst. Fehler? Passieren. Wichtig ist, dass jeder Spieler aufmerksam ist, diese erkennt und ausbügelt. Und genau das passiert beim Aufsteiger seit Wochen und ist eminent wichtig für das Erreichen des großen Ziels am Ende der Saison. Der Klassenerhalt in der Bundesliga soll her.

Schalke: Das stabilste Team im Abstiegskampf

Es mag paradox klingen, doch Schalke könnte trotz eines möglichen Abrutschens auf Platz 18, sollte die TSG 1899 Hoffenheim am Sonntag gewinnen, das Team sein, dass den größten Schub für den Abstiegskampf aus diesem Wochenende mitnimmt. Bochum gewann zwar in Köln, wirkt aber derzeit sehr unkonstant. Auch bei Hertha BSC wechseln sich engagierte und schwache Leistungen ab, Stuttgart zeigt selten über 90 Minuten das nötige Engagement und Hoffenheim sammelt Niederlage um Niederlage. All diese Teams sind nicht so gefestigt wie die Reis-Elf, die konsequent ihr Ding durchzieht und Punkt um Punkt sammelt. 

Der nächste Gegner von Schalke 04 ist der FC Augsburg, der bei einem Sieg der Königsblauen sogar noch einmal in den Abstiegsstrudel hereingezogen werden kann. Danach steht eine Länderspielphase auf dem Programm, es folgen Spiele gegen Leverkusen, Hoffenheim und Hertha BSC. Kurzum: Die kommenden Wochen werden sehr wichtig für S04, direkte Konkurrenten können bezwungen und demoralisiert werden. Bleibt sich Schalke treu und schafft es Reis weiterhin, die richtigen Worte zu finden und das Team weiter zu stabilisieren, dann ist der Klassenerhalt nicht nur Wunschdenken.

(Photo by INA FASSBENDER/AFP via Getty Images)

Manuel Behlert

Vom Spitzenfußball bis zum 17-jährigen Nachwuchstalent aus Dänemark: Manu interessiert sich für alle Facetten im Weltfußball. Seit 2017 im 90PLUS-Team. Lässt sich vor allem von sehenswertem Offensivfußball begeistern.


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